flugzeug1„Ich würde das nie aushalten, ich würde meine Kinder so vermissen“, hörte ich kürzlich von einer Freundin, als ich ihr völlig beseelt von meinem dreitägigen, kinderlosen Berlin-Trip erzählte. Und – oh mein Gott – es war der Himmel auf Erden, ein Wochenende zwischen Cocktails, Kaufrausch und Knochenarbeit (wir haben quasi ganz Berlin zu Fuß erkundet). Gleich hat sich mein schlechtes Gewissen gemeldet – ich hab nämlich meine Familie nur beim Einschlafen und Aufwachen vermisst, ansonsten war ich völlig drin im „Big City Life“.

Doch nun die Gegenfrage: Warum sollte ich es nicht aushalten, mich drei Tage wieder richtig selbst zu spüren? Nebenbei bemerkt war ich am Sonntag Abend pünktlich wieder zu Hause, um die Kinder höchstselbst ins Bett zu legen. Warum glauben wir Mütter, oder einige von uns, dass wir unersetzlich sind? Dass die Kinder-Welt nach drei Tagen zusammen bricht? Dass der Mann einer unzumutbaren Belastung ausgesetzt ist, weil er drei Tage den Nachwuchs hüten muss? Warum fesselt uns die vermeintliche (?) Sehnsucht so sehr ans traute Heim? Ist es nicht vielmehr so, dass frau loslassen müsste? Dass frau auch spürt, dass es einige Tage ohne sie geht – und das gar nicht so schlecht?

Ich bin jedenfalls froh, dass es auch ohne mich geht. Zumindest drei Tage lang war der Himmel über Berlin ziemlich weit weg von Salzburg.

… meldet sich zurück. Nach längerer Schaffenspause muss ich sagen, dass es verdammt schwer ist, mit den Augenringen noch auf den Bildschirm zu schauen. Glücklicherweise habe ich jetzt eine neue Brille – ein modisches Accessoire um vom wahren Zustand abzulenken. Immerhin bin ich jetzt schon 38 und sehe aus wie 48.

kiAber reden wir mal von wirklich wichtigen Dingen. Thema Kinderbetreuung. Wie wichtig ist es, was die lieben Kleinen so den ganzen Tag machen, wenn wir nicht dabei sind? Der Kindergarten als erste Bildungseinrichtung auf der einen Seite, einfach spielen und Kind sein auf der anderen Seite?

„Mein Kind soll gut betreut werden, aber die Erziehung findet zu Hause statt“, behauptet mein Nachbar (der in Karenz war und jetzt in Elternteilzeit ist – also weiß, wovon er spricht). „Pädagogische Konzepte sind total wichtig“, sagt meine innere Stimme. Ich will das Gefühl haben, dass alles suuuuhuuuper durchdacht ist. Ich will, dass mir das von suuuuuhuuper qualifizierten BetreuerInnen mitgeteilt wird. Am besten noch in Form einer „Portfolio-Mappe“ (da steht alles Wichtige drin, samt den Zeichnungen der Kinder und so).

skWarum eigentlich? Weil die Kinder mein ein und alles sind? Weil wir nur das Allerbeste für sie wollen? Weil wir nicht loslassen können? Weil wir an den eigenen Fähigkeiten zur perfekten Erziehung zweifeln? Weil wir unseren Kindern nicht zutrauen, dass sie in einer nicht perfekten Welt aufwachsen und sich auch mit Betreuungspersonen rumschlagen müssen, die sie nicht mögen? Weil es schwierig ist zu akzeptieren, dass zwei BetreuerInnen im Kindergarten nicht 25 Kinder gleichzeitig in den Mittelpunkt stellen können?

Ich muss cooler werden, lautet mein Vorsatz! Denn perfekte Begleitung von Kindern gibt es nicht, weder zu Hause noch im Kindergarten. Jetzt geh‘ ich erst Mal ganz gelassen meine Mädels abholen.

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

XelaWir wählen am 9. März 2014 den Salzburger Gemeinderat. Der nette ältere Verkäufer in einem kleinen Shop in der Getreidegasse wusste vorige Woche noch nichts davon. Eine der Kellnerinnen im Stammlokal geht nie wählen – sie traut sich nicht zu, das politische Angebot richtig zu bewerten und eine Entscheidung zu treffen. Ein anderer Freund, mehrfach akademisch gebildet, geht schon lang nicht mehr wählen – er fühlt sich allgemein nicht vertreten. Einige gute Bekannte, manche davon schon eher Freundinnen, engagieren sich für manche der Parteien und KanditatInnen, die antreten. Die Erfahrungen bei dieser Knochenarbeit sind manchmal lustig (sie bekommen bei Hausbesuchen frisches Gebäck geschenkt), manchmal verstörend (jemand fängt zu weinen an) und manchmal hart (die Angesprochenen beschimpfen sie). Ja, es ist wohl so: die meisten politisch Tätigen genießen nicht viel Respekt. Sie sind „an allem“ schuld, verdienen zu viel, tun zu wenig oder das falsche und geben zu viel Geld aus. Gleich nach ihnen kommen alle die in der Verwaltung oder woanders im öffentlichen Dienst arbeiten (zB in den Schulen…). Die sind faul, überbezahlt und korrupt.

Wofür wahlkämpfen? Wofür politisch tätig sein? Wofür „ins Amt“ gehen?

Für mich ist das völlig klar: für ein gutes Leben für alle. Ein gutes Leben, das ist ein Einkommen mit dem man auskommt und ein bisschen was bleibt übrig, keine Sorge wovon die Miete/der Wochenendeinkauf/der Schulschikurs/das Pflegeheim bezahlt wird diesen Monat. Und nächsten. Genug Freizeit für Zeit im Kreise lieber Menschen, an der frischen Luft, im Kino/Theater/Konzert, beim Wirten und im Verein. Genug freie Tage zum faul sein/ sporteln/ wegfahren/ daheimbleiben/ wahlzettelmithelfen. Eine Arbeit mit Anerkennung. Eine Schule ohne Druck. Gute Chancen. Guter Schlaf. Eine Ärztin oder einen Arzt wenn nötig. Leere Mülltonnen, funktionierende Straßenbeleuchtung und am Samstag um eins in der Früh angstfrei heimgehen. Das gute Leben, das meint nicht, dass alle das gleiche oder gleich viel haben oder hergeben. Es heißt, dass jede Person in der eigenen persönlichen Situation viele Wohlfühlmomente hat und wenige  Sorgen. Dass es ein gutes Miteinander gibt. Dass unter dem Strich ein Plus steht. Dafür sollen die Menschen in der Politik sorgen und den Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten die Voraussetzungen und Ressourcen geben. Wir haben die Wahl.

Das findet, ehrlich wahr, eure Xela

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

„Bürger, lasst das Glotzen sein, kommt herunter, reiht euch ein!“ – ein oft skandierter Spruch in Deutschland bei den Anti-Vietnam und großen Friedens-Demonstrationen der 1970er Jahre. Zur Zeit gibt’s wieder viele Demos „gegen rechts“, dieser Tage in Linz zB. Kürzlich war eine riesige Demo gegen den Akademikerball in Wien, 7.800 friedliche und rund 200 image001[1]randalierende DemonstrantInnen – der sogenannte „schwarze Block“, gefürchtet, berüchtigt auf allen Demos: die Teilnehmenden sind vermummt und aggressiv, und nachher in den Berichten geht’s nur um sie. Jetzt planen Burschenschafter einen Aufmarsch in Wien in Reaktion auf die Akademikerball-Demo – aaaach, muss das sein? Stermann und Grissemann haben in „Willkommen Österreich“ den „goldenen Block“ angekündigt, der am diesjährigen Opernball IN der Oper gegen die Erhöhung der Sektsteuer demonstrieren wird – wir dürfen gespannt sein. In den 1980er Jahren war die Anti-Opernball-Demo VOR der Oper so was wie ein Pflichttermin für alle „gegen das Establishment“.

Es gab später viele regelmäßige Demos: Montagsdemonstrationen in der früheren DDR und dann gegen Stuttgart 21, bei uns Donnerstagsdemonstrationen ab dem Jahr 2000 gegen die schwarz-blaue Regierung. Im „arabischen Frühling“ haben regelmäßig Demonstrierende wertvolle Umbrüche in Richtung Demokratie in Gang gesetzt, dabei ihr Leben riskiert oder verloren und sind oft doch gescheitert. Aktuell gibt’s große Demos gegen Premier Erdogan in Istanbul. Mir hat mal wer erzählt, in der Nazi-Zeit sind in Wien die SteirerInnen am Sonntag in ihren Trachten mit „Lampas-Streifen“ am Ring spazieren gegangen, zum Zeichen ihres Widerstands. Es gab 1993 das Lichtermeer und zigtausende Jubelnde am 15.5.1955, als Leopold Figl sagte: „Österreich ist frei!“ Die Wiener SPÖ zeigt einmal im Jahr ihre Stärke und tausende und abertausende Mitglieder gehen von den Bezirken sternförmig auf den Rathausplatz.

Am 14. Februar gehen weltweit eine Milliarde für „One Billion Rising“ auf die Straße und tanzen gegen Gewalt an Frauen – auch in Salzburg übrigens (www.stadt-salzburg.at/frauen). Wenn sie was genug stört oder wenn sie was zeigen, „demonstrieren“ wollen, gehen Menschen also auf die Straße. Eine Wiener Donnerstagsdemonstrantin hat mir gesagt, es war pure Psychohygiene: Sie ging hin, weil sie dann einmal in der Woche laut schreien konnte. Interessante Sache, das Demonstrieren. Ein hohes staatsbürgerliches Recht bei uns in Österreich, leicht anzumelden und von der Polizei geschützt. Ich war nicht oft auf Demos – aber die paar Mal war’s ein zwiespältiges Gefühl – Teil einer Masse, mehr als nur ich als Individuum, sichtbar und unsichtbar zugleich, mutig exponiert-deklariert und doch geschützt von den Anderen, und Teil der Medienberichte, und doch auch irgendwie….Herdentrieb, mitlaufen, vereinnahmen lassen, klar: eine Bühne haben, eine Haltung zeigen (dürfen). Aber auch denen eine zusätzliche Bühne geben, gegen die eine Demo „geht“. Wer hätte den Akademikerball überhaupt bemerkt oder darüber berichtet ohne Gegendemo? Na ja, bisschen weniger „glotzen“ täte wohl wirklich vielen nicht schaden. Es muss ja nicht unbedingt „einreihen“ die Konsequenz sein…aber sehen wir uns am Freitag bei One Billion Rising Salzburg? Um zwei in der Linzer Gasse, an der Ecke Cornelius-Reitsamer-Platz – mit guter Musik und richtig lustbetont: Frauen, Männer, Kinder, Junge, Alte, RollifahrerInnen: unsere Körper sind toll und gehören nur uns!

…oder? Das fragt sich (und euch) ehrlich wahr, eure Xela

One Billion Rising 2013: http://zartbitter.co.at/allgemein/one-billion-rising/

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

XelaAb 7. Februar sind in Sochi, Russland die Olympischen Winterspiele. Es heißt richtig „Soooodschi“ und nicht „Sottschi“, wie diese Deutschen es aussprechen. Wie viele werden diesmal über „Curling“ lachen?  Wer fährt hin: Vanessa Mae, weil sie sich qualifiziert hat (ja, die Stargeigerin. Sie fährt dort für Thailand Schi). Thomas Morgenstern, weil er die Karriere nicht mit einem Horror-Sturz beenden wolle. Oder Sportminister Klug, weil er die Regierung repräsentiert. Interessant finde ich, wie viele Leute jetzt darüber gar so entrüstet sind. Dass österreichische Firmen dort 1,3 Milliarden Euro umgesetzt haben hat niemand öffentlich abgelehnt. Guido Westerwelle wäre als Außenminister hingeflogen – hat er im Spiegel-Interview gesagt. Privat sind er und sein Mann aber nicht dabei. Hermann Maier bleibt auch daheim – sein Zeichen gegen das Versammlungs-,  Erwähnungs- und was-weiß-ich-was-für-ein-unerträgliches Verbot von Homosexualität dort. Russische Homosexuelle sagen, dass ihnen die breite Öffentlichkeit jetzt hilft, weil endlich wer hinschaut auf ihre furchtbare Lage. Journalisten sagen, Russland verdeckt mit dem Thema Homophobie die Repressalien im Nordkaukasus und in Abchasien. Dort verschwinden Menschen(rechtlerInnen) einfach so. Und nach der Folter kommen viele nicht zurück. Niemand aus dem Westen darf sich frei bewegen – nur ausgewählte Straßen und Orte sind offen. Die Fotojournalisten Rob Hornstra und Arnold van Bruggen haben das seit dem Olympia-Zuschlag 2007 in „About Sochi“ dokumentiert. Sie waren mehrfach inhaftiert und haben jetzt Einreiseverbot. So unerschrocken möchte ich mal sein, dass ich da trotzdem dranbleibe.

Westerwelle sagte, hinfahren sei ein Zeichen und daheim bleiben auch. Das gefällt mir. Olympische Spiele sind voll von Zeichen. Sportlerinnen aus verfeindeten Staaten treten gegeneinander an und die Unterlegene gratuliert der Siegerin. Überhaupt: in 43 Sportarten treten Frauen an; zB im Schispringen Daniela Iraschko-Stolz, frisch verpartnert. Sie darf sich nicht vom Regenbogen-Thema ablenken lassen, sie hat Chancen auf Gold (für Österreich!). Weiß noch wer, wie viele Knüppel die Verbände den Schispringerinnen vor die Füße geworfen haben bis sie endlich antreten durften? Eine andere Geschichte. Homosexualität war da nicht das Problem, immerhin.

ol1Fast wären diese Olympischen Spiele in Salzburg gewesen. Ich hab damals dafür gestimmt und bei der Vergabe die Daumen gehalten. Jetzt bin ich froh, dass wir kein Eisstadion bauen mussten und trotzdem einen neuen Bahnhof haben. Aber sportliche Großereignisse sind toll. Wer erinnert sich noch: an die Rad-WM ohne einen Regentropfen, an die Stimmung beim Public Viewing am Residenzplatz bei der Fußball-WM, an die Griechen und Spanier bei der EM bei uns und die wunderschönen Salzburg-Bilder, wo alle jubeln? Es ist doch so bei Olympia: Menschen aus aller Welt kommen in Frieden zusammen. Sie matchen sich sportlich: ich wär auch gerne mal im gleichen Bewerb wie Tina Maze, zwar chancenlos – aber die gleich Liga! Oder ich gewinne gar Gold (in Curling könnt ich’s probieren mit viel Training) ;-) Und dann spielen sie für mich die Bundeshymne – wow. Auch zum zuschauen: hautnah Spitzensport erleben, das Gastgeberland kennen lernen, die Leute, das Essen, den Wein und die Fans von überall her…so ein Trip zu Olympischen Spielen erspart einem direkt eine Weltreise. Und für Diplomatie und Politik: Endlich austauschen abseits von „offiziellen Verhandlungen“. Würd ich mir als Präsidentin nicht entgehen lassen. Gut, in Sochi würd ich ein Regenbogen-Halstuch tragen. Als Mitbringsel vielleicht Life-Ball-Einladungen. Oder Schwedenbomben? Ob ich den Mumm dafür hätte? Ich meine, gegen Russland stellt man sich ja nicht mal so nebenbei. Aber dabei sein ist alles.

Das findet wirklich und wahrhaftig, eure Xela

PS: Wer sich für Homosexualität interessiert oder eine Anlaufstelle sucht, hier lang: www.hosi.or.at Wer sich gute Bilder von Politik und Gesellschaft „About Sochi“ machen möchte, hier lang: www.fotohof.at

Ein Gastbeitrag von Alexandra Schmidt

Bettelmigrant in Salzburg…hat´s immer gegeben. Im Mittelalter und zur Zeit von Jesus Christus. (War da nicht so eine Geschichte mit….na,egal.) Und nach dem 2. Weltkrieg hat sogar meine Omi öfters die Bauern um Milch und Eier anbetteln müssen für ihre fünf Kinder. Ich schau mir die Bettlerinnen und Bettler von heute deswegen immer genau an. Sie interessieren mich. Ich finde nämlich, Betteln ist kein leichter Job. Kniet euch mal hin und haltet die Hand auf. Und bleibt in dieser Stellung, sagen wir……20 Minuten. Ich kenne einen Haufen Leute – mich eingeschlossen – die zahlen ihrer Yoga-Lehrerin einen Haufen Geld, damit sie zehn Minuten im Schneidersitz nur auf ihren Atem horchen. Das schafft fast keine/r. Bettlerinnen und Bettler bleiben oft Stunden fast unbeweglich – in der Kälte. Und dann: Wem von ihnen gibt man Geld? Den lachenden? Den „Biette, Biette“ wimmernden? Denen mit den Kinderfotos? Denen mit den Zeitungen? Den Jungen/Alten? Denen mit Behinderung? Ich hab eine Bettlerin ausgesucht, die ich so fünf Mal in der Woche mit ein, zwei Euro unterstütze. Sie ist mir sympathisch.  Sie schaut freundlich aus und ist auf ihrem Platz akzeptiert. Wir können uns nicht unterhalten aber wir kommunizieren – mit Händen und Füßen. Gegenüber, im Flagship-Store darf sie die Toilette benutzen und bekommt – wie alle anderen auch – gratis ein Glas Wasser. Über Weihnachten und Neujahr war sie daheim in Rumänien. Ich hoffe, sie hat mit meinen Euros ein paar Menschen dort eine Freude gemacht. Hand aufs Herz: Wer träumt zu Weihnachten nicht  von einem Kinderlachen, das man selber gezaubert hat?

XelaUnd außerdem bringe ich jede Woche Frühstück in die Notschlafstelle in der Linzer Gasse 72 – ich geh sowieso Semmerl holen, da geht’s in einem. Und soll ich was verraten? Es fühlt sich richtig gut an:  Samstag, 7:20 Uhr und schon „Gutes tun“. Kann jede/r mal ausprobieren, tut nicht weh und kost nicht viel. Weil nämlich: vor Weihnachten sammeln und spenden alle alles Mögliche. Aber jetzt wird’s erst richtig kalt bei uns, da brauchen diese Menschen unsere Hilfe besonders.

Ist verständlich, was ich meine?

Das fragt sich, ehrlich wahr, eure Xela