Alt und Jung im Generationengespräch

Maria Weyringer in bester Laune im Gespräch

Maria Weyringer in bester Laune im Gespräch

Während der Woche des „Offenen Himmels“ kamen 16-Jährige Schülerinnen der Wirtschaftsschule St. Josef mit älteren Menschen beim 14. Salzburger Europadialog ins Gespräch. Unter der Leitung von Hania Fedorowicz vom Institut für Gemeinschaftsbasierende Konfliktlösung (GBKL) wurden verschiedene Module angeboten, damit Alt und Jung Frucht bringend ins Gespräch kommen konnten. Richtlinien für den Dialog waren:

 

 

 

  • Würde bewahren
  • Wertschätzend sein
  • Jede/r Teilnehmer/in trägt Ideen bei
  • Wenn jemand spricht, hören andere zu

Nach diesen einleitenden Worten wurden Alt und Jung gemischte Gruppen gebildet und Fragen erarbeitet. Im weiteren Verlauf konnten diese gestellt werden: „Wie war das Leben vor dem Handy?“ „Haben Jugendliche überhaupt Interesse an den Alten?“ „Wohin reisen Jugendliche gerne?“ „Was ist Jugendlichen wichtig?“ „Kennt die Jugend unsere Idole?“ „Wie lebt man eigentlich im Seniorenheim?“ „Fällt es schwer, über den Krieg zu reden?“ „Was ist Jugendlichen am wichtigsten im Leben?“ „Wie verliebt man sich heute?“

Irma Buchner, eine 89-Jährige Teilnehmerin der Gruppe aus dem Seniorenwohnhaus Hellbrunn berichtet vom Dialog:

„Unsere Gruppe aus dem SWH Hellbrunn danken für die Einladung zum Gespräch „Alt und Jung“ im Borromäum. Wir kommen gerne.  Begrüßung: Anwesend 38 Personen. 4 Herren, 2 Damen im Kleid, 32 Leute in Hosen. Knaben waren leider nicht anwesend. Es bildeten sich gemischte Runden, zum Beispiel eine alte Frau mit 4 Mädchen. Dabei wurde über verschiedene Ansichten offen gesprochen: was man gerne tut oder möchte. Singen, schwimmen, lesen, handarbeiten, telefonieren, reisen, rätseln usw. Es wurde über Erziehung, Respekt, Entwicklungsänderungen, Rad, Telefon, Auto, Flugzeuge und das Handy gesprochen. Die jungen Mädchen waren sehr wissbegierig uns Alten gegenüber.

Danke nochmals für die Gestaltung!“

Viel Spaß, und großes gegenseitiges Interesse

Viel Spaß, und großes gegenseitiges Interesse

Die drei Stunden des intensiv geführten Dialogs waren im Flug vorbei. Zu spannend und Interessant waren die Fragen und Antworten. Dabei gab es viele Überraschungen. So waren viele Mädchen selbstkritisch im eigenen Umgang mit den Handys. Durch sie werde das direkte freundschaftliche Gespräch gestört. Andererseits, waren „wir Alten“ erstaunt, dass für alle anwesenden Jugendlichen eine gute Ausbildung ganz oben auf der

Prioritätenliste stand.  Außerdem wurden viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Musik, gutes Essen, Ausbildung, Friede, Familie, Toleranz und Freundschaft sind Jung und Alt gleichermaßen wichtig. Ein Mädchen brachte die Veranstaltung auf den Punkt: „Ich höre älteren Menschen gerne zu. Sie haben viel mehr Lebenserfahrung als wir.“ Es bereitete einfach Freude, den Jungen aus dem reichen Erfahrungsschatz zu erzählen. Und es war spannend zu hören, wie sich junge Menschen heute verlieben. ;-)

Irma Buchner und Peter Christian Ebner, SWH Hellbrunn

von Ayad Salim

Warum Österreich? Episode 1Warum Österreich? Episode 2  /  Warum Österreich? Episode 3

[scroll down for the English and Arabic versions]

Ich verließ Istanbul und fuhr in die Provinz, wo meine Verwandten wohnten. Ich traf dort zwei Tage später einen Araber. Er behauptete, er könne mich in ein europäisches Land bringen, nannte aber weder Datum noch Zeitraum. Wir vereinbarten, uns ein paar Tage später wiederzusehen – nach den Feiertagen zum Ende der islamischen Pilgerzeit. Nach diesem Treffen spürte ich Hoffnung und Angst zugleich. Die Hoffnung, in die Sicherheit eines Landes zu gelangen, in denen Menschenrechte geachtet werden. Und die Angst, dass etwas meine Hoffnung zunichte machen könnte.

Ayad Türkei1An den Tagen vor dem Fest (das auf Arabisch Eid heißt) füllten sich die Plätze der türkischen Städte mit Menschen und Verkaufsständen, die alles anboten – von Kleidung zu Haushaltswaren. Ich erinnerte mich daran, wie ich im Irak mit meiner Familie die Märkte besuchte. Und wie meine Söhne und ich gemeinsam darüber redeten, was wir alles kaufen wollten. Jeder von ihnen bekam etwas: Ich begann mit meinem ältesten Sohn, Abdullah, dann Omar und schließlich bekam auch Salem, mein jüngster Sohn, etwas. Ich kaufte ihnen schöne Kleidung und andere Dinge. Danach gingen wir gemeinsam essen. Das letzte Mal war ich 2011 mit ihnen einkaufen – vor der Scheidung. Es waren schöne Zeiten. Immer wenn ich nun solche Szenen in der Türkei beobachtete, blieb die Zeit für mich stehen und ich spürte, wie eine Traurigkeit mein Herz zerdrückte.

Eid kam, aber ich bekam nichts davon mit. Ich tauschte keine Glückwünsche am ersten Tag aus. Und bei all der freudigen Aufregung und dem bunten Treiben in der Stadt war ich ein Außenstehender. Ich fühlte mich, als würde ich in einem dunklen Keller leben. Ich zog mich in mein Zimmer zurück, schloss die Tür und blieb alleine.

Die Feiertage gingen vorüber und ich wartete auf einen Anruf von dem Mann, der mich aus der Türkei rausholen und nach Europa bringen sollte. Zwei Tage später trafen wir uns. Was er über die Reise sagte, war nicht schlüssig und ich fühlte mich dabei ganz und gar nicht wohl. Er konnte mir kein einziges konkretes Detail über den zeitlichen Ablauf und die Orte nennen. Er verlangte nur mehr Geld. Wir wurden uns nicht einig und so brach ich den Kontakt ab. Mich überkam daraufhin ein Gefühl, das Worte nicht beschreiben können.

Doch dann hörten meine Tränen auf zu fließen und ich beschloss, mich nicht der Traurigkeit hinzugeben, sondern dieses Gefühl als Ansporn zu nehmen, nach Europa zu gelangen. In ein Land, wo ich frei und sicher sein und ein würdiges Leben führen konnte – und das mir die Möglichkeit gibt, meinen Kindern eine anständige Zukunft zu bieten. Ich beschloss daher, wieder nach Istanbul zurückzukehren und dort einen Ausweg zu finden.

Fortsetzung folgt …

Why Austria – Episode 4

I left Istanbul and went to the province, where my relatives lived. I met an Arab two days later. He claimed he could take me to a European country but neither specified the time nor the date. We agreed to meet a few days later, after the holidays that conclude the Islamic pilgrimage season. After that meeting I felt hope and fear at the same time. The hope of getting to safety and to a country that offers a high level of human rights. And the fear that something will destroy my hopes.

In the days before the feast (called Eid in Arabic) squares in the Turkish cities became more crowded with shoppers and vending stalls that sold everything from clothes to household goods. I remembered how I used to go to the markets with my family in Iraq and how my sons and I discussed all the things we wanted to buy. Each one of them got something. I always started with my oldest son Abdullah, then Omar and finally my youngest son, Salem. I used to buy them the best clothes and nicest things and then we had a meal together. The last time I went out shopping with them was in 2011, before the divorce. Wonderful times. Time stopped to me while I saw these scenes in Turkish cities. And I felt great sadness squeezing my chest.

The days of the Eid came, but I didn’t even notice. I didn’t exchange congratulations with anyone on the first day and was not part of the excitement and the colourful hustle and bustle in the city. It felt as though I were living in a dark cellar. I got back to my room, closed the door and stayed on my own.

Eid passed, and I waited for a call from the person who was supposed to get me out of Turkey and to Europe. Two days later we met. What he said about the trip didn’t sound coherent and I didn’t feel comfortable about it. He did not give a single specific detail about the timing and places, but asked for more money. I broke off the contact, as we didn’t come to an agreement.

I felt a feeling that words cannot describe. The tears stopped in my eyes and I decided not to give in to sadness and turn it into a spur to get to Europe. To a country where I would be free and safe and live with dignity. A country where I could live a better life and secure a decent future for my children. So I decided to return to Istanbul to search for a way out.

To be continued …

لماذا النمسا ؟ .. الحلقة الرابعة وصلت من اسطنبول الى المكان الذي كان يسكن فيه اقاربي. وبعد يومين التقيت شخصا عربيا عمره مقارب لعمري. ادعى بانه قادر على ايصالي الى احد البلدان الاوربية لكنه لم يحدد الوقت والموعد. اتفقنا على ان نلتقي بعد ايام قليلة وتحديدا بعد انقضاء ايام العيد الخاص بموسم الحج للمسلمين. دفعة من الامل والخوف معا كانت تسري في جسدي. الامل بالخلاص والوصول الى بلد يتمتع بمستوى عال من حقوق الانسان والخوف من حدوث شيء يمنع هذا الامل. ايام ما قبل العيد بدأت الساحات في المدن التركية بالتزاحم بسبب الناس المتبضعين وانشاء المحلات الصغيرة المؤقتة لبيع مختلف البضائع من ملابس وحاجات منزلية خاصة بالعيد. وكلما رائيت حاجة او قطعة ملابس خاصة بالاولاد، حينها تذكرت كيف كنت اخرج مع عائلتي في العراق الى الاسواق ومعي اولادي ونحن نتبادل الحديث حول كل حاجة نريد شرائها. نقوم باختيار الملابس لكل واحد من اولادي كنت ابدأ بالكبير عبدالله ومن ثم عمر واخيرا ابني الصغير سالم. كنت معتادا ان اشتري لهم افضل الملابس والاشياء. كان اخر تسوق لي معهم عام 2011 قبل الطلاق. كانت اوقاتا رائعة ونحن نشتري الملابس وايضا ندخل بعض المطاعم لتناول السندويشات والمرطبات بعد كل جولة في الاسواق. توقف الزمن عندي وانا ارى هذا المنظر في المدن التركية. وشعرت بكل حزن الدنيا يعصر صدري. لم تعد الدموع هنا كافية للتخفيف عني. الالوان اختفت عن انظاري. اصبح اللون الرمادي هو السائد. رفعت عيني الى السماء واخرجت نفسا عميقا احسست ان كل حياتي وروحي تخرج معه. جاءت ايام العيد ولم احس بها. التبادل التهاني مع اي شخص في اليوم الاول. كنت اشعر باني داخل قبو مظلم رغم كل الالوان الزاهية التي تزينت بها المدينة من ملابس الاطفال والناس الفرحين بايام العيد. الاولاد مع ابويهم. وايضا تذكرت في اول ايام العيد كيف نتناول الفطور الخاص بهذه الايام. ويقوم الاب باعطاء النقود لاولاده وهو ما نسميه بالعيدية بعد ان يرتدوا ملابسهم الجديدة. رجعت الى غرفتي واغلقت الباب وبقيت لوحدي. شعور لاتصفه الكلمات من الحزن والحسرة. توقفت الدموع في عيني من كثرتها. وتوقفت الافكار في عقلي من تزاحمها. وفي المساء قررت ان لا استسلم للحزن وان اجعل من هذه اوقات العصيبة دافعا لي للوصول الى حياة افضل لكي اعيد نفس الذكريات مع اولادي اوقات العيد ومن اجل تامين حياة كريمة لهم في بلد كريم. انقضت ايام العيد وانتظرت اتصالا من الشخص الذي سيقوم باخراجي الى اوربا. اتصل بعد يومين من انتهاء العيد والتقيت به. لم يكن كلامه مريحا ومترابطا بشان الرحلة. لم يعطي تفاصيل مقنعة عن التوقيتات والاماكن، وطلب اموال كثيرة. لم اتفق معه وانهيت اللقاء. ازداد الحزن في نفسي لكن ازداد معه اصراري بالنجاح والوصول الى اوربا من اجل حياة افضل اهم شيء فيها ان اكون انسانا آمنا وحرا وان اعيش بكرامة ومن اجل اولادي ايضا كي يبقون فخورين بي لان ساقوم بتامين حياة افضل لهم. لهذا قررت العودة الى اسطنبول من اجل البحث عن مخرج. من جديد … الى اللقاء في الحلقة المقبلة لتكملة القصة

Um ein bauliches Desaster wie in der Linzergasse zu vermeiden, wurde bei der Neugestaltung der Getreidegasse in Salzburg der Rat behinderter Menschen miteinbezogen. Die Barrierefreiheit sollte eigentlich oberste Priorität haben. Bereits seit 2006 gilt  dahingehend das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Am 1. Jänner 2016 endet die zehnjährige Frist zur Umsetzung. Im kommenden März beginnen dann in der Getreidegasse die Arbeiten mit der Pflasterung.

Viele Geschäftsleute wollen umbauen oder ihre Lokale adaptieren, haben aber dabei vor allem mit bürokratischen Problemen und einzelnen Grabenkämpfen zu tun. Einer der Betroffenen ist Reinhard Hanel. Der Pharmazeut hat im Juli dieses Jahres die Apotheke zum Goldenen Biber in der Getreidegasse 4 übernommen. Er weiß, wie wichtig es ist, dass jeder Mensch sein Geschäft ohne Hindernisse betreten kann. „Die Barrierefreiheit nutzt jedem von uns. Egal ob jemand im Rollstuhl sitzt oder mit einem Kinderwagen rein will. Durch den Umbau bekomme ich mehr Kunden dazu“, sagt er.

„Sämtliche meiner Vorschläge zur Umgestaltung des Eingangs wurden abgelehnt, obwohl ich selbst für die Kosten des Umbaus aufkommen würde. Ich habe mich schon so geärgert.“

In den vergangenen Wochen hatte Hanel Besuch von acht Beamten aus acht unterschiedlichen Ressorts des Magistrats. Das reichte vom Straßenverkehrsamt über das Amt für Hoch- und Tiefbau bis hin zum Straßen- und Brückenamt. „Sämtliche meiner Vorschläge zur Umgestaltung des Eingangs wurden abgelehnt, obwohl ich selbst für die Kosten des Umbaus aufkommen würde. Ich habe mich schon so geärgert“, erklärt der Apotheker.

Die Nachtglocke wird demnächst nach unten verlegt, damit auch Menschen im Rollstuhl sie erreichen können. (c) Harald Saller

Die Nachtglocke wird nach unten verlegt. (c) Harald Saller

Hanel verspricht allerdings, dass so bald wie möglich eine Rampe beim Eingang gebaut werde. „Wie die allerdings genau aussehen wird, weiß ich noch nicht.“ Zudem wird die Glocke für den Nachtdienst nach unten verlegt, damit sie unter anderem auch für Rollstuhlfahrer erreichbar ist.

Sabine Neusüß, Behindertenbeauftragte der Stadt Salzburg, kennt diese Probleme nur allzu gut. „Es stimmt, dass es mehrere Lösungsvorschläge gegeben hat, die aber alle vom Straßen- und Brückenamt abgelehnt wurden. Derzeit ist eine mobile Rampe angedacht, die allerdings ohne fremde Hilfe nicht zur Seite geschoben werden kann“, so Neusüß. Sie wird diesbezüglich Gespräche mit der Baustadträtin Barbara Unterkofler (Neos) führen. Derzeit seien noch rund 30 weitere Geschäfte vom Umbau betroffen. „Wir haben alle Inhaberinnen und Inhaber angeschrieben und Beratungsgespräche angeboten. Einige davon sind sehr interessiert, ihren Geschäftsraum barrierefrei zu gestalten“, erklärt die Behindertenbeauftragte.

 

 

 

Musik überwindet alle Gegensätze

Rita Movsesian im Salzburger Dom bei der Probe Bild: Manfred Siebinger

Rita Movsesian im Salzburger Dom bei der Probe Bild: Manfred Siebinger

Freitag abends, der Himmel öffnet sich. Von den Brücken der Salzach, ausgestattet mit Lichtern, begleitet von Afrikanischen Trommeln und tiefschwarzer Bluesmusik, strömen tausende Menschen zum Salzburger Dom. An diesem Abend ist er brechend voll. Die einen kommen wegen der Musik, die anderen weil es der Start des „Offenen Himmels“ ist. Auch Flüchtlinge sind unterwegs in die Salzburger Kathedrale. Eine Sache verbindet die unterschiedlichen Gruppen: Die Sehnsucht nach echtem Frieden.

Im Dom erwartet sie ein gewagt buntes Programm. Kann das funktionieren? Die Paukenmesse von Josef Haydn, Opernarien von „Carmen“ – anmutig interpretiert von Eva Schossleitner – und der „Königin der Nacht“ bis hin zu „Heal the world“ von Michael Jackson. Der Chor und das Orchester des Musischen Gymnasiums und die SolistInnen machen den Abend zu einem Genuss. Geht doch.

Tief berühren mich die Worte des syrischen Flüchtlings. Bei der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland kamen von 50 Menschen aus seinem Boot 15 ums Leben. Nun ist er ist seit vier Monaten im Caritas Flüchtlingshaus in Salzburg-Mülln untergebracht und spricht schon ziemlich gut Deutsch. Er lebt in Sicherheit, aber wie sieht es in seinem Inneren aus? Neben mir werden zwei Damen unruhig und verziehen das Gesicht, wenn von Flüchtlingen die Rede ist. Der Friedensgruß von Erzbischof Franz Lackner hat in diesem Kontext eine ganz neue Dimension. Ich gebe ihn ganz bewusst weiter.

Den emotionalen Höhepunkt des Abends interpretiert Rita Movsesian mit ihrer Version von „Let it be“. Die irakisch stämmige Sängerin ergänzt das Original mit zwei zusätzlichen Strophen in arabischer Sprache. Ohne arabisch zu sprechen, fühle  und verstehe ich, was sie singt. Musik überwindet alle Gegensätze. Durch sie klingt der Friede.

Video: Let t Be – Interpretiert von Rita Movsesian

Video: Habanera (Carmen) – Interpretiert von Eva Schossleitner

Was für entsetzliche Nachrichten:

• Flüchtlinge ziehen randalierend durch Erfurt
• Schon wieder versuchen zwei rumänisch aussehende Leute (Männer und Frauen) ein Kind direkt der Mutter zu entreißen und in einem weißen Van zu entführen
• Facebook verlangt jetzt Geld von uns, damit es nicht augenblicklich alle unsere Postings öffentlich macht
• Wieder ein Fall, wo Crystal Meth mit Fruchtgeschmack an unseren Volksschulen verteilt wird
• Und wieder Flüchtlinge: Diesmal haben sie eine Frau vergewaltigt und ihr sogar ein Ohr abgeschnitten.

Die letzten Wochen waren auf Facebook wirklich kein Spaß. Und zwar wegen der Flut unglaublicher Nachrichten – die meisten davon waren Fakes, also Falschmeldungen.

schützt unsere schülerWer nichts weiß …
Bis vor kurzem habe ich mir immer gedacht: „Selig die Armen im Geiste“, und hab schnell zur nächsten Nachricht geklickt. Doch dann teilten auch immer mehr meiner Freunde solche Falschmeldungen auf Facebook. Und ich hab daraufhin begonnen, immer ganz höflich auf den Irrtum hinzuweisen – natürlich ganz diskret per Privatnachricht. Mir liegt nichts daran, jemanden bloßzustellen. Meistens krieg ich auch eine nette Antwort: „Ups. Sorry, aber das kann ja keiner wissen.“ Kann man eben schon.

Ich wünsche mir manchmal, viel klüger zu sein als andere. Aber das ist nicht so. Was ich vielleicht besitze sind sensible „Antennen“. Diese reagieren recht schnell auf Nachrichten, die extrem reißerisch aufgemacht sind. Denn die sind im wahrsten Sinne des Wortes einfach unglaublich. Ich beginne dann, nach Antworten zu suchen. Meine Recherche führt mich zuerst auf die Facebook-Seite des gemeinnützigen Vereins ZDDK – Zuerst Denken Dann Klicken – oder auf dessen Webseiten zddk.eu und mimikama.at.

mimi-Was? Nie gehört.
Stattet mimikama.at oder zddk.eu mal einen Besuch ab und seht euch dort um. Ich kann das nur empfehlen. Ob Postings über Flüchtlinge, Berichte über Kindesentführungen, Gewinnspiele etc. – auf diesen Webseiten ist meistens schon geklärt, was falsch ist und was echt. Alle Internet-User können dort ihre Anfragen posten.

Woher wollen die das wissen?
Es wird oft von Schwarm-Intelligenz geredet. ZDDK bzw. mimikama beweisen, dass diese auch wirklich existiert. Die Mitarbeiter des Vereins sind bestens vernetzt und recherchieren auf allen Kanälen. Aber sehr viele Informationen kommen auch von der Community. Um mitzumachen kann man sich ganz einfach auf der Seite anmelden. Bestimmte Voraussetzungen werden dafür nicht verlangt. Es ist beeindruckend: Die Mitglieder legen sich echt ins Zeug, bei Behörden oder bei betroffenen Personen nachzufragen – oder auf andere Weise akribisch zu recherchieren. Sie finden heraus, woher ein Film oder Foto stammt, ob ein bestimmter Vorfall überhaupt geschehen ist.

Polizei App

Auch über die App der Polizei lässt sich einiges erfahren

Wir brauchen bessere Internet-Komptenz
Wir können einfach nicht alles wissen. Gleichzeitig werden wir von einer Flut an Informationen überrollt – geradezu überfordert. Daher müssen wir alle lernen, Meldungen zu hinterfragen und zu erkennen, welche Quellen zuverlässig sind und welche nicht. Denn auf ein Facebook-Posting ist kein Verlass – auch wenn es von der besten Freundin stammt.

Macht ja nix. Oder?
Was macht es schon, wenn man mal einen Unsinn postet? Es macht eben schon etwas: Viele Falschmeldungen verbreiten unnötig Panik. Drogen an der Schule, Kindesentführungen – das ist mehr als nur leicht beunruhigend. Oft steht noch mehr dahinter: Es wird damit bewusst Feindseligkeit geschürt. Gegen Roma, gegen Flüchtlinge und alle Personen, auf die jemand gerade abzielen möchte. In Wien ist noch dazu gerade Wahlkampf und es vergeht kein Tag, an dem eine bestimmte Partei nicht der Lüge überführt wird. Die Falschmeldungen zieht sie dann nach erfolgreicher Verbreitung still und leise wieder zurück. Ohne Richtigstellung. Ohne Entschuldigung. Man kann hier Methode unterstellen.

Im Vergleich ist Internet-Betrug geradezu ehrlich. Das ist reine Abzocke und lukrativ. Die Gefahr ist aber: Wer bei Falschmeldungen allzu leichtgläubig ist, fällt mit Sicherheit auch leichter auf Internetbetrug herein.

Es zahlt sich also aus, die Antennen zu sensibilisieren und kritisch zu sein. Das nötige Wissen dazu liefert das Internet. Man kann sich durchaus selbst einmal auf die Suche begeben, falls mimikama nicht die richtige Antwort parat hat. Wer Spaß an Detektiv-Arbeit hat, findet dadurch vielleicht ein neues Hobby.

Ungarn zieht weiter Grenzzäune hoch. Die rechtspopulistische Orban-Regierung will das Land abschotten und bekämpft Flüchtlinge entgegen der Genfer Konvention mit Polizeigewalt. Der junge EU-Mitgliedsstaat nimmt es mit den gemeinsamen europäischen Werten nicht so eng. Sicherheit ist in diesen Tagen wieder ein viel geflügeltes Wort, auch im heimischen Wahlkampf. Das österreichische Innenministerium sieht angesichts des Flüchtlingsstroms eine „Gefahr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die massive Bindung des Polizeipersonals“. Tatsächlich ist die Präsenz von Exekutivbeamten auf Bahnhöfen, in Zügen oder an Grenzen enorm und manchmal schon beinah unheimlich. Die Kontrollen betreffen freilich jene Personen, die versuchen auf „illegalem Weg“ nach Österreich zu gelangen. Wer mit der Bahn von Salzburg nach Innsbruck reist, muss sich dennoch einer Gesichtskontrolle stellen. Wachsame Beamtenaugen verfolgen die Fahrgäste schon auf dem Weg zum Bahnsteig, die Kameras zeichnen ohnehin jede Bewegung auf. Im noch stehenden Zug gilt dann das Vier-Augen-Prinzip. Aber egal. Man nimmt die Überwachung durch den Staat in Kauf, lehnt sich zurück und trinkt seinen Frühstücks-Cappuccino, während sich der Railjet sanft in Gang setzt. Man fühlt sich gut aufgehoben, fast schon sicher. Keine Flüchtlingsfamilie überrascht einem auf der Zugtoilette. Gut, dass die alle nach Deutschland fahren oder doch nicht, weil dorthin ja gar keine Züge mehr gehen. Na ja, dann nehmen sie halt einen anderen Weg. Vielleicht über die Autobahn, aber dort ist ja auch bei der Grenze, die eigentlich keine sein sollte, Schluss. Dafür dürfen sich Frau und Herr Österreicher sicherer fühlen. Doch wer sind denn eigentlich Frau und Herr Österreicher? Da wird es dann schwierig. Obwohl, eigentlich ist die Losung ganz einfach. So einfach wie ein Wahlkampfslogan der FPÖ: „Sicherheit für unsere Bürger“.

Nein, ich möchte kein Bürger der FPÖ sein. Eigentlich von keiner Partei oder Regierung. Schon gar nicht dann, wenn diese die Freiheit mit einem Grenzzaun beschneiden will, mehr Polizei fordert und obendrein eine Sicherheitswache.

Aber Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner hat ohnehin seine eigene Definition von Sicherheit. Er meint laut Standard-Interview zu wissen, dass „Viele Leute, die jetzt zu uns wollen“, aus der Sicherheit kämen. Welche Sicherheit er damit meint, bleibt Haimbuchner schuldig. Aber es ist gut zu wissen, dass sie eher verhungern könnten als durch eine Fassbombe getroffen zu werden. Na dann kann es ja nicht so schlimm sein. Und bei aller Tragik dürfe man die Vernunft nicht ausblenden. Ansonsten könne unsere Gesellschaft kippen. Bitte wie?

Wer legt denn immer wieder ein Züngelchen auf die Waage? Wer verhindert die Integration in eine Gesellschaft? Wer nährt den Boden von Neid und Missgunst? Wer schützt eine Gesellschaft vor Politikern, die Menschen gegeneinander aufbringen? Die Feindbilder proklamieren, welche Jahrhunderte alt sind und aus dem Osten kommende Zuwanderer kriminalisieren? Wer kontrolliert Medien, die mit diskriminierenden Zuschreibungen ein vorurteilbeladenes Menschenbild zeichnen?

Fragen, die kein Grenzzaun lösen kann. Aber wenn Vernunft mehr Sicherheit im Sinne von mehr Staatsgewalt bedeutet, nein danke schönes freies Österreich!