von Sonja Schiff

Er ist der mittlere von drei Söhnen und der einzige, der in Salzburg geblieben ist. Die beiden Brüder hat das Leben in die Ferne getragen, den Jüngeren nach Mexiko, den Älteren in die Schweiz. Nur Peter ist geblieben, in Österreich, in Salzburg, in der Nähe seiner Eltern, die im nördlichen Flachgau leben.

a2Die Mutter war vor zwei Jahren verstorben, plötzlich, Krebs. Seitdem lebt der 85 jährige Vater, immer schon ein durchsetzungsstarker Sonderling, alleine in seinem Bauernhaus. Im ersten Jahr nach dem Tod seiner Frau kam er alleine gut zurecht, ein paar kleine Unterstützungen nur waren notwendig, aber sonst war er selbständig. Doch nach einigen Monaten begann sich der Vater zu verändern. Sich zu waschen ist ihm unwichtig geworden und mühsam, er wechselte seine Kleidung nicht mehr und er vergaß zu essen. Peter, der in der Nähe gebliebene Sohn versuchte regelmäßig den Vater zu besuchen und ihm zu helfen. Aber der Vater lehnte jede Hilfe ab und schon gar nicht wollte er, dass jemand Fremder ins Haus kommt.

Silvester ließ er sich, nach vielen Stunden guten Zuredens, von Peter baden und auch frische Kleidung zog er an. Danach lehnte er jeden weiteren Besuch ab mit den Worten: „Kümmere Du Dich um Dein Leben, ich kümmere mich um mein Leben“. Peter blieb nur eines, den Vater regelmäßig anzurufen und sich so wenigstens zu versichern, dass dieser noch lebte.

Gestern rief das Krankenhaus an. Nachbarn hätten die Rettung gerufen, weil der Vater vor dem Haus gelegen war. Die anrufende Ärztin meinte, der arme alte Mann wäre total verwahrlost und er als Sohn hätte Glück, dass sie das nicht anzeigen würde. Sie fragte, warum sich da niemand gekümmert hätte und stellte für die Zukunft fest: „Ihr Vater kann sicher nicht mehr alleine leben, er braucht Betreuung, rund um die Uhr.“

Heute, einen Tag später, meldete dieselbe Ärztin die Entlassung des alten Patienten. Auf die Frage von Peter, wie er das nun regeln solle, er würde doch arbeiten gehen und der Vater würde ihn ja nicht ins Haus lassen, antwortete die Ärztin: „Wir sind keine Pflegeeinrichtung. Sie werden sich halt Urlaub nehmen müssen und die Pflege übernehmen.“ Punkt. Aus. Basta.

Da stand Peter, der einzige im Lande verbliebene Sohn und wusste nicht weiter. Anrufe bei den Brüdern ergab ein telefonisches Schulterzucken. Was sollen wir tun? Wir sind doch in Mexiko und in der Schweiz. Außerdem wir arbeiten ja auch noch und überhaupt, die Familie, die Frau, die Kinder! Nein, wir können nicht helfen. Tut uns leid.

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Sonja Schiff

Verzweifelt und mit fahlem Gesicht stand er dann vor mir, Peter mein Nachbar. „Du bist doch Spezialistin für Altenpflege?“ fragte er zögerlich, um nach einem Nicken meinerseits eine Stunde durchzureden und sein Herz auszuschütten. „Ich war doch immer da für ihn!“ rief er und „ich kann ihn doch zu nichts zwingen!“. Ob er vom Krankenhaus Informationen erhalten hat über Möglichkeiten für Kurzzeitpflege, Aufnahme im Seniorenheim, 24-Stunden-Betreuung oder Hauskrankenpflege?

Nein, nur dass er den Vater holen muss. Heute noch.

Als Altenpflegeexpertin bin ich immer wieder mit Situationen wie dieser konfrontiert. Angehörige, die plötzlich mit Pflegebedürftigkeit der Eltern konfrontiert werden und vom System Krankenhaus alleine gelassen werden. Alleine gelassen mit der Suche nach einer Lösung, alleine gelassen mit den Gefühlen, die entstehen, wenn die ehemals sorgenden Eltern plötzlich in die letzte Lebensphase eintreten.

In Falle von Peter genügte ein Anruf und ein Kurzzeitpflegeplatz für die Dauer von 2 Wochen war gefunden. Damit war Zeit gewonnen, um alle Informationen zusammen zu tragen, die für eine Entscheidung über die zukünftige Pflege des Vaters notwendig sind. Im Falle von Peter genügte ein Gespräch, ein offenes Ohr, ein klein wenig Mut machen, die Eröffnung von Perspektiven und das Angebot sich zu melden, wenn er noch Fragen hat.

Wann lernen Krankenhäuser endlich Kundenorientierung? Wann begreifen Krankenhäuser endlich, dass es im Zeichen einer älterwerdende Gesellschaft auch bei ihnen ein Umdenken braucht? Wann hören Krankenhäuser endlich auf Familien in dieser Situation alleine zu lassen?

 

Sonja Schiff, MA ist Gerontologin und Altenpflegeexpertin. Sie hält Seminare für Altenpflegeeinrichtungen, sowie Pensionsvorbereitungsseminare für Firmen. Im Oktober 2015 erschien ihr erstes Buch „Was ich von alten Menschen über das Leben lernte“.

Mehr Infos zu Sonja Schiff finden Sie unter hier: careconsultingund vielfalten

Hier eine Besprechung von Sonja Schiffs Buch!

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Blick von der Hagia Sophia zur Blauen Moschee

Wenn man wie ich seit Jahrzehnten mit einer Stadt verbunden ist, dann trifft einen die Meldung über ein Unglück in dieser Stadt ganz besonders. Man kennt ja viele Ecken und besonders viele liebe Menschen dort. Man kennt auch die symbolträchtigen Plätze.
In Istanbul gibt es derer mehrere. Aber neben dem Taksimplatz ist wohl der Platz zwischen der Hagia Sophia und der Blauen Moschee der wichtigste der Stadt. Hier konzentriert sich die Geschichte der Stadt auf einer kleinen Fläche. Topkapi-Palast, das Hippodrom, die unterirdische Zisterne. Römische, byzanthinisch/christliche, islamische und die Geschichte des 20. Jahrhunderts finden sich hier.
Aber Hagia Sophia und die Blaue Moschee sind die beiden weithin sichtbaren Brückenpfeiler, die zwei Religionen symbolisieren.

Die Gotteshäuser stehen sich gegenüber, Auge in Auge blickend, aber auch im Miteinander. Die eine ist ohne die andere nicht denkbar. Seit Jahrhunderten. Die Hagia Sophia war ursprünglich eine christliche Kirche. Sie ist der „Heiligen Weisheit“ gewidmet und als universelles spirituelles Zentrum der Welt gedacht. Ein Wunderwerk der Baukunst der Spätantike mit einer Kuppel, die noch heute jeden zum Staunen bringt. Über 1000 Jahre war die Hagia Sophia die größte Kirche der Welt. Nach der Eroberung Istanbuls durch die Osmanen wurde sie zur Moschee. Dann kam der Wunsch gegenüber eine Moschee zu errichten. Nach 7 Jahren Bauzeit wurde die Blaue Moschee oder Sultan Ahmet Moschee 1616 fertiggestellt. Ein Prachtbau mit wunderbaren Nebengebäuden, einer großen Kuppel und einer atemberaubenden Innenausstattung mit kunstvollen Iznikkacheln, die in Blau gehalten sind.

Im Inneren der Blauen Moschee

So stehen sich seit nunmehr 400 Jahren zwei der bedeutensten Bauwerke des Christentums und des Islam gegenüber. Und bringen unzählige Menschen zum Staunen und zum Nachdenken. Der Platz dazwischen lädt die Menschen ein tolerant zu sein. Das eine neben dem anderen stehen lassen zu können. Nicht endgültig zu sagen, dieser Bau ist größer und schöner als jener. Und damit eine Vorherrschaft einer Religion zu manifestieren. Sondern es auszuhalten, dass beides existiert.
Und dann explodiert die Bombe genau hier. Menschen sterben, Menschen werden verletzt. Und der Mörder bringt hier auch seinen Unwillen zum Ausdruck, dass er keine Toleranz aufbringt für ein Nebeneinander, Miteinander, für Respekt. Er und seine Terrorkumpane wollen das nicht. Sie wollen den Unfrieden und den Hass und die alleinige Macht. Und sie wollen keine Religion, die den Frieden stärkt und den Krieg verurteilt.

 

Darum ist der Anschlag in Istanbul zwischen Hagia Sophia und Blauer Moschee auch ein Anschlag gegen das Miteinander und die Offenheit der Religionen. Aber Bomben können den Wunsch und den Willen vieler Menschen, religiös oder ohne Glauben, nicht töten, Frieden und ein respektvolles Miteinander zu haben! Die Mörder täuschen sich wie in Bagdad, Paris, London, Kabul oder Madrid.

Damals in meiner Jugend Anfang der 1980er Jahre war Buntheit und Vielfalt kein Thema des Alltags für mich. Irgendwie waren alle gleich oder sollten gleich sein. Nur das Geschlecht und der Besitz unterschieden. So hab ich es erlebt. Die, die anders waren, mussten schauen, dass sie nicht besonders auffallen. Da war die ganz alte Frau, die alleine in einem Häuschen wohnte und ein bisschen verrückt war. Heute sage ich, dass sie wahrscheinlich dement war. Oder eine andere Frau, sie hatte eine schwere körperliche Behinderung, ihre Beine waren über Kreuz gewachsen, sie konnte sich nur schwer fortbewegen. Für uns Kinder spannend, aber irgendwie unheimlich. Oder das Ehepaar, das aus der Schweiz zugezogen war, einfach andere Leute. Und Jahre später hab ich einen Mann als Kollegen gehabt, der schon bald aus dem Dorf wegging, weil er als Homosexueller nur in der Stadt eine Chance sah. Und ich wenn eine Frau ein Kind bekam ohne verheiratet zu sein, war das ein Tuschelthema.

Heute ist das schon anders, aber immer noch wird uns in vielen Bereichen vermittelt, dass es eine Norm gibt, an der der einzelne Mensch sich orientieren soll. Dazu gehört etwa die aktuelle Situation rund um die Barrierefreiheit. Noch immer wird so getan, als ob es ein Gnadenakt ist, Menschen mit Behinderung Zugang zu vielen Bereichen zu ermöglichen. Es ist ein Recht, ganz einfach. Und Frauen sind immer noch nicht gleichgestellt, man denke an den unterschiedlichen Lohn für gleiche Arbeit. Ein Mensch, dessen Großeltern aus der Türkei zugewandert sind, wird trotz österreichischer Staatsbürgerschaft und 0815-Leben in Salzburg immer noch als Türke bezeichnet. Und bei all der Diskussion um Religionsfreiheit und Werte des christlichen Abendlandes, sind Menschen ohne Bekenntnis bei vielen Weltanschauungsdiskussionen außen vor, denn sie werden schlicht vergessen. Und darum freut es mich, dass die Stadt Salzburg schon zum dritten Mal den „Monat der Vielfalt“ organisiert. Mit über 30 Veranstaltungen und einer tollen Plakataktion. Mit Models, die ganz unterschiedlich sind, aber so normal wie du und ich. Denn jeder Mensch ist einmalig und das macht uns so vielfältig. Freuen wir uns darüber!

Die Models:


Mehr Infos zum Monat der Vielfalt hier: Das Programm!

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Schöninger und Heinl in der Folge WEIBERLEUT

Seit ein paar Wochen läuft im Bayrischen Fernsehen wieder eine meiner absoluten Lieblingsserien: Polizeiinspektion 1. Da gibt scheint’s noch viele so nostalgische Menschen wie mich, sonst tätens die Serie ja nicht wiederholen. Das freut mich. Weil diese Krimiserie einfach liebenswert ist. Keine brutalen Morde, niemand ist hektisch, die Fernsehbilder sind ruhig und nicht mal die Musik lässt den Puls steigen. Blut gibt es vielleicht mal, weil ein alter Polizeihund zubeißt. Sonst spielt sich alles in der kleinkriminellen Münchner Szene ab. Wegen einem Münzdiebstahl oder Herumlungerns tät keine CSI-Folge heute die Zuschauer am Bildschirm halten. Die Polizeiinspektion kann das immer noch. Wegen der Figuren, die perfekt die 1970er und 1980er in Bayern verkörpern.

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„Polizeiinspektion 1 – Schöninger!“

Der „Held“ der Serie ist Franz Schöniger, der Chef der Inspektion, gespielt von Walter Sedlmayr, bayrischer geht’s nicht mehr. Wenn er seine Frau, die „Mama“ (Bruni Löbel), als gütiger Patriarch durch die Abenteuer des Lebens führt und dabei nicht merkt, dass sie die Hosen anhat, ist das entzückend. Sein Bub, der Karli (Philipp Seiser), probt den Aufstand, aber nie zu viel, wie es halt damals war. Laute Musik ja und auch einmal über Nacht wegbleiben, aber die richtige Revolution ist dann doch nicht drin. Dafür mag man Mama und Papa viel zu gern. Wachtmeister Heinl, genial verkörpert von Elmar Wepper, erlebt die Höhen und Tiefen einer jungen Ehe. Seine Frau Ilona spielt Uschi Glas, ich finde das ist ihre beste Rolle. Und Max Griesser als Inspektor Moosgruber versucht verzweifelt eine Frau zu finden und jemanden, der seine Bilder als Kunst versteht. Die Nebenrollen sind immer wieder mit den bayrischen Topschauspielern besetzt. Ob Gustl Bayrhammer, Ruth Drexel oder Toni Berger. Sie sind Garant für den speziellen bayrischen Humor.

130 Folgen gibt es. 130 Mal entspanntes Krimischauen mit vielen amüsanten Szenen. Und mindestens 130 Mal das berühmte „Polizeiinspektion 1 – Schöninger!“ , wenn der Kommissar Schöninger in der Inspektion den Telefonhörer abhebt. Wer über 40 Jahre alt ist wundert sich nicht über klapppernde Schreibmaschinen, Trockenhaubenungetüme und 12-jährige Buben, die im Wirtshaus dem Papa den Schaum vom Bier trinken dürfen.

Hier geht’s zur 1. Folge:

 

Was wäre ein Besuch in Istanbul ohne den Kauf von Gewürzen. Das gilt nicht! Gewürze sind ein must-have. Genauso, wie ich nie ohne eine Fliese zurückkomme. Jedes Mal ein anderes Muster. Die Fliesen dienen der Gartengestaltung. Und noch ein Besuch muss sein. Bei Paṣabahce, denn irgendetwas für Küche oder Wohnraum braucht man doch immer, oder?

Ҫikita – Die Welt der Tees, Gewürze und Süßigkeiten

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Das Cikita Team

Wo sonst als im Ägyptischen Bazar umfängt einen beim Eintritt schon ein umwerfendes Duftgemisch aus Gewürzen, Tees, Käse und Süßigkeiten. Mein Geschäft der Wahl ist Ҫikita. Von der Meeresseite in den Bazar reingehen und dann eines der ersten Geschäfte rechts. Seit Jahren kaufe ich dort ein. Die Qualität hat mich überzeugt und ihre besonderen Gewürzmischungen möchte ich bei Salat und Fleisch nicht mehr missen. Aber natürlich lässt mich der Händler vor dem Kauf überall die Nase reinstecken, damit ich ja sicher das Richtige nehme. Keinen Widerstand leiste ich auch beim Baklava, das hier in vielen Variationen präsentiert wird. Vakuumverpackt hält es sich einen Monat. Und für liebe Freunde nehme ich gerne eine spezielle Blütenteemischung mit. Liebhaber von Nüssen sind hier auch richtig – beste Qualität. Und wer etwas ganz Besonderes möchte kauft echten iranischen Kaviar oder auch Safran. Oder Honig direkt mit der Wabe. Es gibt Öle und Kräuteressenzen und Lokum. Bei einem Glas Tee ist das Team von Ҫikita immer bereit Kostproben zu geben. Denn sie wissen, keiner kann ihr Geschäft verlassen ohne etwas zu kaufen.

Hier ein paar Fotos ihrer köstlichen Waren:


Tulip- Die Welt der Fliesen und der Seide

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Das Tulip Team

Wer mich kennt weiß, dass ich Paschminas in fast allen Farben habe. Vom fröhlichen Rosa bis zum frischen Grün. So ein Schal peppt jede Kleidung auf. Ich sage bewusst „fast“ alle Farben, denn es findet sich immer eine, die man garantiert noch nicht hat. Und dann brauche ich noch meine Fliesen für den Garten. Beides findet man bei Tulip, ein paar Geschäfte weiter vom Ҫikita, auch auf der rechten Seite. Hier gibt es die Ware aus Iznik, dem Zentrum der Keramik in der Türkei. Es finden sich Waren mit alten Mustern, andere sind moderner gemacht. Ich brauche immer neue Blumenmuster. Ich möchte die Vielfalt des Gartens auch auf den Fliesen haben. Ganz zuvorkommend sucht der Chef in den hintersten Winkeln nach schönen Fliesen. Auch hier hilft beim Nachdenken ein Gläschen Tee. Dieses Mal habe ich eine schöne Fliese mit einer Weinrebe gekauft, passend zur Weinlaube im Garten. Bin schon neugierig, was ich beim nächsten Mal bei Tulip entdecke.

Was es alles gibt, seht ihr hier:


Paṣabahce – Glas für jeden Geldbeutel

Das Geschäft gibt es überall in Istanbul zu finden, ob in den Einkaufszentren oder in den Einkaufstraßen. Am liebsten gehe ich zum Paṣabahce in der Istiklal Straße. Vom Ägyptischen Bazar geht es über die Galatabrücke auf die andere Seite des Goldenen Horns. Dann nehme ich den Tünel, die älteste U-Bahn der Welt heißt es. Weil ich, bepackt mit den Einkäufen, einfach zu faul bin für den steilen Anstieg. Mit dem Tünel geht es in einer Minute direkt an die Istiklal Straße. Nach etwa 300 Metern links steht man vorm Paṣabahce und drückt sich erst Mal die Nase platt, weil schon im Schaufenster wieder ganz tolles Glasgeschirr steht. Ein Besuch hier dauert immer gaaanz lange, weil ich mir jedes Stück genau anschaue. Ich bin immer fasziniert von den alten Mustern und Modellen, die wieder hergestellt werden. Sehr teuer, aber es ist ein Augenschmaus. Kaufen tu ich dann bei der Abteilung für den Haushalt. Ob eine Tasse mit einem tollen Istanbulmotiv oder ein witziger Obstteller, es findet sich immer etwas. Dieses Jahr habe ich den türkisen Wasserkrug einfach nicht dort stehen lassen können. Der musste mit nach Österreich.

Seht selbst:


Und wenn ich dann im Garten aus einer schönen Schüssel den selbstgezogenen Salat esse, verfeinert mit einer wunderbaren Gewürzmischung und auf die Fliesen schaue, dann denk ich an Istanbul.

Weitere Einkaufstipps gibt’s hier: Istanbul Tipps Teil 2

Ich liebe Anwaltsserien. Amerikanische Serienanwälte sind gewitzt und aalglatt. Oder sie sind so hochkonzentriert und beherrscht wie meine absolute TV-Heldin: Alicia Florrick [Juliana Margulies] aus The Good Wife. Ihre Fälle sind oft an neuere aufsehenerregende Gerichtsfälle angelehnt oder beschäftigen sich mit Rechtsfragen, die aktuell diskutiert werden – nicht nur in den USA.

Dokumentationen stehen bei mir hingegen selten auf dem Programm. Aber die am 18. Dezember auf Netflix veröffentlichte Dokumentation Making a Murderer hatte sofort mein Interesse. Es ist eine Dokumentation über einen zehn Jahre alten Gerichtsfall – in zehn einstündigen Folgen. Ich war von Folge 1 an gefesselt.

Da Hofa wars vom 20er Haus*
Die Familie Avery betreibt außerhalb von Manitowoc, Wisconsin einen Autoschrottplatz und wohnt dort auch. Sie sind völlige Außenseiter der Gemeinde. Nach einer Vergewaltigung war für den Sheriff gleich klar: Der Täter ist einer der Averys. Und zwar der nicht besonders helle, 23-jährige Steven Avery. 1985 verurteilt, gelang es ihm erst 2003, seine Unschuld zu beweisen. Nach 18 Jahren zu unrecht im Gefängnis wurde er entlassen.

Doch das ist erst der Anfang einer aufwühlenden Geschichte. Steven Avery hatte nicht viel Zeit seine wiedererlangte Freiheit zu genießen und auf eine Entschädigung für die Gefängniszeit zu hoffen. Denn bald darauf verschwindet die junge Fotografin Teresa Halbach und die schreckliche Befürchtung, sie könnte tot sein, bestätigt sich nur Tage später. Avery war sofort wieder im Fokus der Ermittlungen. Theresa Halbach hatte bei ihm ihren letzten Geschäftstermin, bevor sie verschwand. Wieder verfolgt die Polizei keine andere Spur.

[Schaut euch hier den Trailer an oder scrollt runter und lest weiter]

Eine Verschwörung?

Zugegeben: Die Anzahl der gesammelten Beweisstücke am Avery-Gelände sind erdrückend. Doch es scheint vieles nicht zusammenzupassen. Hatte die Polizei wieder denselben Tunnelblick wie bei ihren Ermittlungen im Jahr 1985? Wurden Beweise untergeschoben? Auf jeden Fall arbeiten die Ermittler wieder unsauber, mitunter vorschriftswidrig.

Zehn Stunden lässt sich die Dokumentation Zeit, den Fall aufzurollen. Das hört sich nach langatmiger Sache an. Doch Langeweile kommt nie auf. Das Publikum erhält einen Eindruck von der langwierigen und akribischen Arbeit, die bei so einem Fall nötig ist. Es folgen Gerichtsverhandlungen mit aufwühlenden Plädoyers, schonungslosen Befragungen der Zeugen und überraschenden Wendungen. Making a Murderer hat alles, was ich auch aus meinen geliebten Anwaltsserien kenne. Aber es ist um vieles aufwühlender. Über große Strecken ist die Dokumentation sogar wirklich unbequem anzuschauen, ja schon fast unerträglich. Denn immerhin geht es hier um das Schicksal eines Mannes, der bereits sein halbes Leben unschuldig hinter Gittern verbracht hatte.

Begründete Zweifel
Möglicherweise führt die Verteidigungsstrategie, dass Beweise bei den auffällig vielen Durchsuchungen untergeschoben wurden, beim Publikum ebenfalls zu einem Tunnelblick. Doch es gibt genügend Momente, die diese Annahme untermauern.

Derzeit wird in den USA heftig diskutiert. Viele Amerikaner sind schockiert oder wütend, andere finden das alles einfach deprimierend. Es laufen zwei Petitionen für die Freilassung von Steven Avery – gemeinsam zählen diese bereits rund 500,000 Unterschriften. Es werden hoffentlich auch politisch noch Diskussionen folgen.

Fernsehen kann mehr als unterhalten. Es ist ein mächtiges Instrument zur Meinungsbildung. Und das ist gut so, wenn es für die richtigen Zwecke eingesetzt wird. Dass Fernsehen Druck erzeugen und etwas bewirken kann, hat 2015 John Oliver mit seiner satirischen Informationssendung Last Week Tonight schon bewiesen.

Vielleicht kann auch Making a Murderer etwas für Steven Avery bewirken. Hundertausende hoffen es.

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*… der schaut ma so verdächtig aus. [Georg Danzer in Lied Da Hofa]