Es war im Jahre 1998 im kleinen zentralamerikanischen Land El Salvador. Ich wollte Theologie der Befreiung studieren. Das war von Wien aus nur theoretisch möglich. Große Namen dieser sozialen Theologie mit gerechtem und menschlichem Gesicht hat dieses Land hervorgebracht: Ignacio Ellacuria, Oscar Romero und Jon Sobrino. Von diesen drei Personen hat nur Sobrino die Mordanschläge überlebt in der Zeit des Kalten Krieges. Dieser wurde bekanntlich an der Peripherie der Großmächte geführt. El Salvador war nicht das einzige Land, das für die Machtinteressen dieser beiden Großmächte mit Blut bezahlen mussten…

Natürlich kommt es im Leben meistens anders als man denkt. Denn die Theologie der Befreiung lernte ich nicht wirklich auf der Universität: Ich inskribierte auf der Universidad Centroamericana undsuchte eine Unterkunft. Fast durch Zufall bin ich dann in einer Wohngemeinschaft gelandet, die außergewöhnlich gewesen ist und mich die acht Monate meines Studiums geprägt hat: Suyapa Perez Escapini unterrichtete als erste Frau auf der Theologischen Fakultät, dem Centro Monsenor Romero. Ellmer Romero war ehemaliger Kämpfer der Stadtguerilla und arbeitete in einem Alphabetisierungsprogramm für Frauen. Und schließlich Hannah Atkins, eine damals frisch geweihte Priesterin der Episcopal Church (Teil der Anglikanischen Kirche).

Hannah E. Atkins

Hannah E. Atkins

Ich begleite Hannah in ihre Gemeinde Santa Teresa in San Martin. Ich war fasziniert mit welcher Kraft, Energie und Lebensfreude sie in der Gemeinde aktiv war. Vor allem für Frauen hatte sie eine befreiende Botschaft zu vermitteln. Sie kämpfte weiter, obwohl sie immer wieder mit Drohungen konfrontiert gewesen ist. In einem machistisch geprägten Umfeld war sie vielen ein Dorn im Auge.

Keine Sorge Hannah ist nichts geschehen, aber ich lernte damals, wie zentral es ist, sich für Frauenrechte innerhalb der Kirche einzusetzen. Suyapa und Hannah haben mich auf die österreichische Initiative „Wir sind Kirche“ (Somos Iglesia) angesprochen. Sie waren begeistert, was damals beim sogenannten Kirchenvolksbegehren zur Sprache kam.

Es hat sich bis heute strukturell wenig getan. Ein strenges Denk- und Diskussionsverbot erließ Papst Johannes Paul II. 1994 in seinem „Apostolischen Schreiben über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe – Ordinatio sacerdotalis“, wo er am Schluss kraft seines Amtes erklärte, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“.

Ich bleibe dabei: Es ist biblisch und theologisch nicht zu begründen, dass es kein Priesteramt für Frauen in der Katholischen Kirche gibt. Wenn wir Christen in zwei Wochen Ostern feiern, dann wird uns klar vor Augen geführt: Die ersten Menschen, die dem Auferstandenen begegneten, waren Maria aus Magdala und eine andere Maria, danach erst Simon Petrus. Der neue Papst kann in der Frauenfrage zukunftsweisende Zeichen setzen.

Suyapa Perez Escapini

Suyapa Perez Escapini

 

Ich bin dankbar für die Erfahrungen und Begegnungen v.a. mit Hannah und Suyapa in El Salvador. Manchmal werden einem erst in der Fremde die Augen geöffnet.

Es geht schon sehr hektisch zu in unserer Welt. Auf Schritt und Tritt begegnen wir Werbebotschaften. Sie schreien uns an ein fulminantes Produkt zu kaufen, das uns sicher glücklich macht. Das Handy garantiert dauernde Erreichbarkeit. In Facebook und Twitter erreichen uns im Sekundentakt Botschaften. Fernsehen und Zeitungen künden von Sensationen, die eigentlich keine sind, nur um nicht unterzugehen im Strom der Nachrichten.

Aber es gibt Orte, die uns einladen inne zu halten. Orte, die eigentlich nichts Neues und Sensationelles verkünden. Orte, an denen der Konsum noch keinen Eintritt bekommt, Nachrichten draußen bleiben.

Meine stillen Orte sind Kirchen.kerze

Ich öffne die schwere Kirchentür und sofort breitet sich Ruhe aus. Mein bevorzugter Platz ist bei den Kerzen. Ich zünde eine Kerze an, stelle sie zu den anderen, setze mich und halte Andacht. Andacht kommt von „denken“. Das Schöne an der Andacht vor den brennenden Kerzen ist das Denken an NICHTS. Manchmal dauert das Innehalten nur wenige Minuten, oft bleibe ich länger sitzen.

Weil es einfach schön ist, nichts zu tun und nichts zu denken.

Noch gibt es viel zu tun und der Internationale Frauentag am 8. März ist auch ein Tag der Forderungen. Aber es gibt auch viel, worauf die Frauenbewegung stolz sein kann. Wer kann sich eigentlich noch vorstellen die Erlaubnis des eigenen Mannes einholen zu müssen, um arbeiten zu gehen. Meine Mutter musste das noch machen, das verlangte das Gesetz. Heutzutage ist es für viele Paare selbstverständlich in einer gleichberechtigten Partnerschaft zu leben und für ihre Kinder da zu sein. Ein Mann mit Kinderwagen ist ein fast alltägliches Bild, vor 30 Jahren blieb einem noch der Mund offen vor Erstaunen. Vor 40 Jahren hieß es im Gesetz noch: „Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen und sie in allen Vorfällen zu vertreten.“ Unvorstellbar in Österreich im Jahre 2013.symbol

Leider noch immer Realität ist, dass Frauen für die gleiche Arbeit nicht den gleichen Lohn wie die Männer bekommen. Und ehrlich gesagt, ich habe bis jetzt nicht verstanden, was so schwierig ist, das einfach zu ändern. Es gibt seit Jahren die gesetzliche Grundlage, faktisch täglich fordert jemand gleichen Lohn für gleiche Arbeit und es passiert nichts. Sogar bei Versicherungen gibt es seit 2012 die sogenannten Unisex-Tarife. Auch bei der Steuer wird ja kein Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht, beide zahlen prozentuell gleich. Das scheint relativ leicht handhabbar zu sein.

Das WARUM des ungleichen Lohns ist allerdings klar. Geld bedeutet in unserer Gesellschaft ganz einfach Macht. Und Macht fair zu teilen, scheint unmöglich zu sein. So erarbeiten laut UNO Frauen 80% der Nahrungsmittel auf der Welt, dafür verrichten sie auch zwei Drittel der Weltarbeitsstunden. Ihr Lohn dafür sind 10% des Welteinkommens und sage und schreibe 1% des Welteigentums.

Es tut gut am 8. März zu feiern. Am 9. März muss es für Frauen und Männer heißen, unermüdlich weiter auf dem Weg zu einer echten Gleichstellung!

Wöchentlich lese ich in Medien von Menschen, die nicht in Österreich geboren sind, aber längst hier ihren Lebensmittelpunkt haben. In die Medien kommen sie mit ihrer Geschichte, weil Österreich sie nicht mehr hier haben will. Das liegt am Fremdengesetz. Der aktuelle Fall, eine Kolumbianerin hat faktisch in letzter Sekunde eine Chance auf Aufenthalt bekommen. Die Politik kündigt an, ein bisschen etwas am Fremdengesetz zu ändern. Hier an einem Schräubchen drehen, dort ein wenig nachjustieren. Das ändert aber nichts an der Grundhaltung, die die Politik in Gesetze gegossen hat. we are all one

Die Basis des Fremdengesetzes ist das Misstrauen und die Angst. Vor Menschen. Auch für AsylwerberInnen ist es oft noch immer ein jahrelanges Zittern um eine würdige Zukunft. Ein ganz lieber Bekannter von mir hat vor zwei Monaten nach sage und schreibe acht Jahren endlich Asyl bekommen. In diesen Jahren durfte er nicht arbeiten, er lernte hervorragend Deutsch, seine Gedanken kreisten aber täglich um einen positiven Asylbescheid, der Gang zum Briefkasten immer ein Wechselbad der Gefühle. Bald ist er 30 Jahre alt und nun beginnt sein Leben. Er will eine Ausbildung zum Pfleger machen, vorbildhaft. Aber warum nicht früher?

Was mir große Hoffnung macht ist, dass immer mehr Menschen sich einsetzen für andere. Menschen, die nicht tagtäglich mit dieser Thematik zu tun haben. Sondern die, die einfach nicht verstehen können, warum ihr Freund, ihre Arbeitskollegin, der Freund des Sohnes oder die Lebensgefährtin nicht bleiben dürfen. Die Menschen müssen in den Mittelpunkt rücken und nicht das Misstrauen und die Angst vor ihnen.

 

orangeFracking ist der neueste Trend in der Energiegewinnung. Mit immer ausgefeilteren Methoden versucht der Mensch das letzte Tröpfchen Öl und das letzte Molekül Gas aus der Erde zu pressen. Milliarden an Geldern, unendlich viel Hirnschmalz und Tonnen von Chemie werden darauf verwandt.

Nadelstichen gleich pikst der Mensch hunderte Meter tief in die Erde, pumpt brandgefährliche Chemikalien hinein und saugt Erdöl und Erdgas heraus. Ohne zu wissen, welche Folgen das für Erde, Tier und Mensch haben kann. Der Planet Erde ist unser aller Lebensraum. Schon immer hat der Mensch die Ressourcen der Erde für sein Überleben und Wohlergehen genutzt, das ist auch Sinn der Sache. Allerdings dreht sich die Spirale der Nutzung immer schneller, die Erde und mit ihr die Natur hat fast keine Zeit zur Regeneration mehr. Ausgerottete Tierarten, abgeholzte Regenwälder, ausgehöhlte Berge, vergiftete Felder, verschmutzte Meere. Wenn es in diesem Tempo weitergeht vernichten wir sehenden Auges unseren eigenen Lebensraum.

Wir müssen viel mehr über Alternativen nachdenken, Geld und Hirnschmalz in nachhaltige Produktionen von Energie, Lebensmittel und Waren stecken. Und immer mit einem großen Respekt vor der Natur- ohne Natur auch kein Mensch!

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bayern-stellt-sich-gegen-fracking-gesetz-a-885812.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Hydraulic_Fracturing

Ich lese gerne Krimis und Thriller, grusle mich dabei und bin froh, dass es immer ein gutes Ende nimmt. Frank Schirrmachers neues Buch hat alle Qualitäten eines Krimis, allerdings schaut es noch nicht nach einem guten Ende aus. „EGO-Das Spiel des Lebens“ ist ein Sachbuch, das einem das wahre Gruseln lehrt. Schirrmacher, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen, zeichnet ein Bild unserer Gesellschaft, das sich nicht einmal Orwell in seinen kühnsten Träumen ausdenken hätte können. ego

Er schildert die Erfindung des modernen „Homo oeconomicus“. Begonnen hat alles zu Beginn des Kalten Krieges, als das amerikanische Militär mit Hilfe der Physik und Mathematik das Gleichgewicht des Schreckens herstellte. Zentral war in diesem Modell, dass der Mensch nur seinen eigenen Vorteil sucht, ein Gemisch aus Egoismus, Misstrauen und Angst. Das menschliche Verhalten wird in mathematische Modelle und Formeln gegossen. Und bald drang dieses Menschenbild, gesteuert vom Militär, dem Markt und Computern in die Zivilgesellschaft ein. Mit Ende des Kalten Krieges kommen die Mathematiker und Physiker an die Wallstreet und entwickeln ihre Modelle weiter. Und hier erst wird ein Monster erschaffen, das gefährlicher, weil unsichtbarer ist, als das von Frankenstein. Computer berechnen die Entwicklung des Marktes immer schneller und liefern dazu auch die Interpretation. Der Mensch handelt nicht mehr aus freien Stücken und eigenen Überlegungen, der Computer, also der Markt, zwingt ihm das Handeln auf. Ersichtlich ist das, wenn Banken damit drohen, dass ihr Untergang zum Untergang des gesamten Systems führt. So wie keiner im Gleichgewicht des Schreckens bis 1989 den Knopf für die Atombombe gedrückt hat (was positiv war), so riskiert keiner einen einzelnen Spieler des Finanzsystems untergehen zu lassen. „To big to fail“ nennt man diese Strategie. Wenn Angela Merkel von einer „marktkonformen“ Demokratie spricht, dann heißt es, alles soll den Marktgesetzen unterliegen, wirtschaftlich, politisch und sozial.

Was Schirrmacher in seinem Rundumschlag vergisst sind die vielen Menschen, die nicht gewillt sind, sich der Diktatur der Informationsökonomie und dem Monster des alles bestimmenden Marktes zu unterwerfen. Denn mit Occupy Wallstreet, alternativen Finanzierungsformen und dem Ruf nach einer nachhaltigen Gesellschaft gibt es eine Bewegung, die sich Gerechtigkeit, Fairness und Solidarität auf die Fahnen heftet. Kein Computer kann den freien und kritischen Geist berechnen, wie auch er selbst mit dem Schreiben dieses Buches bewiesen hat.

Frank Schirmmacher: „Ego- Das Spiel des Lebens“ –empfehlenswert!

http://www.perlentaucher.de/buch/frank-schirrmacher/ego.html