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Zu meiner Kindheit lief zu Weihnachten immer Sissi Teil 1 bis 3 im Fernsehen. Ich glaube, sogar auf allen Kanälen. Zeitgleich. Vormittag, Nachmittag und Abend. Trotzdem: Was haben wir uns jahrelang alle für Romy Schneider in „Mädchenjahre einer Kaiserin“ gefreut und mit ihr in „Schicksalsjahre einer Kaiserin“ mitgelitten. Schöner hätte das Weihnachts-Fernsehprogramm gar nicht sein können. Und wie die Geschichte in Wahrheit ausging, wussten wir sowieso. Mit solcherlei Dingen wollten wir uns aber an den Feiertagen nicht belasten.

In den 90er Jahren folgte der nächste mehrteilige Weihnachtsklassiker: Erst kam „Kevin allein zu Haus“ und bald darauf die Fortsetzung „Kevin allein in New York“. Kevin und Weihnachten waren untrennbar miteinander verbunden. Was haben wir alle gelacht, als Kevin sich wild kratzend und beißend auf seinen fetten Cousin stürzte, als er ihm sein Stück Käsepizza wegfraß. Wie er völlig allein im Haus sich im Keller vor Angst fast anmachte, weil der Heizungskessel für ihn wie ein Monster mit glühendem Maul aussah. Wie er den Pizzalieferanten in Todesangst versetzte. Und freilich sorgfältig ziemlich gefinkelte Fallen für die beiden trotteligen Einbrecher vorbereitete. Sie tappten prompt in jede einzelne davon, bekamen herabfallende schwere Dampfbügeleisen mitten in die Fresse, griffen auf glühende Türgriffe, und mit der Brennlampe wurde ihnen die Mütze bis auf die Kopfhaut abgefackelt. Eine unheimliche Gaudi!

Hier ein „Best of“ von Kevins Fallen:

Spätestens nach dem zweiten Teil „Kevin allein in New York“ und nach der dritten Wiederholung der Kevin-Filme im Fernsehen ließ die Begeisterung des Publikums nach. Die Sender haben wohl aus Gewohnheit oder Verlegenheit die beiden Filme weiterhin alljährlich ausgestrahlt. Nach den nur fürs Fernsehen produzierten Teilen 3 und 4 war sich das Publikum aber einig: Kevin ist eine Nervensäge. 2002 war vorerst Schluss mit Kevin.

Nervensäge. Findige Produzenten wissen, wie man eine Schwachstelle als Stärke nutzen kann. Bereits 2004 ging’s weiter – und der Hauptheld bekam jetzt den Spitznamen Jigsaw. Jigsaw treibt allerlei lustigen Schabernack, indem er immer noch ausgeklügeltere Fallen baut, in die er verschiedenste Leute lockt. Man wollte die Filme auch nicht mehr Kevin nennen, sondern nannte sie einfach „Saw“. Der nervige Kevin wurde also zu einem ganz schlimmen Fiesling. „Saw“ ist nämlich die grausigste Splatter-Horror-Serie des letzten Jahrzehnts. Zu dieser Erkenntnis kam vorletzte Woche der Autor Jason Concepcion im Online-Magazin „Grantland“. Warum ist da nicht schon früher jemand dahintergekommen?

Hier der Link zu dem sehr interessanten Artikel. Jason Concepcion ist hier wirklich eine detektivische Meisterleistung gelungen. Seine Erkenntnisse, wie und warum Kevin zu Jigsaw wurde, sind wirklich schlüssig.

Zum Artikel

Und hier gehts zu den lustigsten Streichen des erwachsenen Kevin alias Jigsaw. Warnung: Nichts für schwache Nerven. Und sicher nichts für Jungendliche unter 18!
Deshalb hier auch kein Link, sondern nur die Anleitung: Sucht auf YouTube einfach nach WatchMojo.com „Top 10 Saw Traps“

 

Zur Einführung von Netflix haben alle Medien über die Fernsehrevolution geschrieben. Natürlich war ich Netflix Kunde der ersten Stunde. Das Angebot fand ich für den Anfang ganz ordentlich. Und auch wenn in den ersten beiden Monaten wenig dazugekommen ist: Ich habe immer wieder Filme und Serien entdeckt, die ich noch nicht kannte und ohnehin schon länger ansehen wollte.

Doch jetzt tut sich anscheinend wirklich was in der schönen Welt des Streaming-Fernsehens. Netflix hat bekannt gegeben, dass es bald alle drei Wochen neue Eigenproduzierte Serien veröffentlichen wird. Da die Firma schon einige wirkliche Hits produziert hat, darf man sich hier einiges erhoffen.

Mit seiner ersten selbst produzierten Serie „House of Cards“ hat Netflix vor fast 2 Jahren ganz schön großes Aufsehen erregt. Auch die Frauengefängnis-Serie „Orange is the New Black“ kam bei Kritik und Publikum sehr gut an.

Foto 1Ist das schon die versprochene Revolution?
Bis zur versprochenen großen Serien-Offensive im 3-Wochen-Takt ist es zwar noch ein wenig hin – erst 2015 soll es so weit sein –, aber es gibt einen weiteren Vorgeschmack auf die Qualität, die Netflix seinen Abonnenten bieten will. Seit 12. Dezember steht nämlich die neue Serie „Marco Polo“ zur Verfügung. Die Presse beeilte sich, die Serie gleich als Konkurrenzprogramm zum Mega-Hit der letzten Jahre „Game of Thrones“ zu platzieren und die Erwartungen damit eigentlich ins fast Unerreichbare hochzupuschen.

Nach den ersten beiden Folgen von „Marco Polo“ kann ich nur sagen: Ich bin schon beeindruckt. Es gibt Armeen, Schlachten, fernöstliche Kampfkunst, wunderschöne und detailreiche Set-Ausstattungen sowie aufwändige Kostüme. Und natürlich Sex, denn in diesem Punkt scheint man tatsächlich mit den erfolgreichen Produktionen des Senders HBO mithalten zu müssen. Ein neues „Game of Thrones“ ist „Marco Polo“ trotzdem nicht. Warum auch? Es gibt „Game of Thrones“ ja schon. „Marco Polo“ kann durchaus mit seinen eigenen Qualitäten bestehen.

Die Geschichte ist allen bekannt. Oder irgendwie auch nicht. Mein eigenes Wissen – und ich getraue mich zu behaupten, das Wissen der meisten Leute – über Marco Polo geht zum Beispiel kaum darüber hinaus, dass er Jahrzehnte am Hof Kublai Khans verbrachte und dass er bei seinen Berichten über diese Zeit möglicherweise einiges dazuerfunden hat. Das gibt auch den Produzenten der Serie einige Freiheiten und sie haben sie gut genutzt. Warum nicht einen mehrere Jahre dauernden Krieg auf einen dramatischen Zweikampf zwischen zwei Brüdern auf den Punkt bringen? Bei aller Verzerrung zugunsten der Dramatik, darf man das Gefühl haben, dass man beim Ansehen ein bisschen mehr über Marco Polo und die politischen Umstände im Reich des Kublai Khan lernt. Die Geschichte beginnt zwar etwas langsam, nach zweieinhalb Episoden habe ich aber den Eindruck, dass sie zunehmend interessanter wird und auch etwas an Fahrt aufnimmt.

Hier gibt’s den Trailer zu sehen

Andere Vorbilder
Die richtige Mischung aus Geschichte und fernsehtauglich hingebogenen Geschichten bescherte bereits anderen Serien durchaus Erfolg: zum Beispiel „Rom“ (zumindest Staffel 1), „Die Tudors“ oder „Die Borgias“. „Marco Polo“ sollte man eher an ihnen messen. Und ich finde, es schneidet gut ab.

Die Zeit Online hat die Serie mit folgendem Kommentar bedacht: „Marco Polo wirkt wie das altmodische Vorweihnachtsprogramm konventioneller TV-Sender.“ Gar nicht so falsch, eigentlich. Ich habe früher die Vorweihnachts-Serien (es hieß immer Weihnachts-Vierteiler) geliebt – ob „Shogun“ oder „Der Seewolf“. Und ich habe sie, ehrlich gesagt, in den letzten Jahren sogar ein bisschen vermisst. Freilich wünscht man sich auch mehr Innovatives von Netflix. Aber der Weihnachts-Vierteiler-Vergleich klingt für mich nicht schlechter, als dass die Serie ein zweites „Game of Thrones“ sein soll.

Die große Fernsehrevolution läutet zwar auch „Marco Polo“ nicht ein, aber wenn gut gemachtes Fernsehen geboten wird, dann ist das schon viel mehr, als wir von vielen unserer Privatsender geboten bekommen – und auch von unseren viel teureren öffentlich-rechtlichen Sendern.