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Kinder lieben Bewegung. Kinder lieben Bewegung gemeinsam mit Freund*innen. Sie messen sich gerne, freuen sich, wenn sie gemeinsam gewinnen und trösten einander, wenn sie verlieren.

Oft gehen Kinder viele Jahre lang in Sportvereine, manchmal 3- bis 4mal in der Woche – und am Wochenende gibt es dann einen Wettkampf.

Die Eltern sind meist voller Elan und Freude dabei, unterstützen ihre Kinder und freuen sich, dass sie in Vereinen gut aufgehoben sind. Sie gehen davon aus, dass Trainer*innen respektvoll mit ihren Kindern umgehen, dass sie sie in ihren individuellen Möglichkeiten fördern und ihnen die Freude am Sport näherbringen.

Was aber, wenn Kinder auf einmal nicht mehr gerne zum Training gehen wollen? Vielleicht, weil das gemeinsame Duschen, das auf einmal angeordnet wird, extrem peinlich und unangenehm ist. Ich kenne aus dem eigenen Bekanntenkreis Burschen, die das Fußballtraining aufgehört haben, weil sie für Spiele gesperrt wurden – nur aus dem Grund, weil sie sich nicht nach dem Training duschen wollten.
Ich versteh den Sinn dahinter nicht: wem geht es etwas an, ob mein Kind sich daheim duscht? Davon abgesehen fahren die meisten mit dem Rad zum Training und sind ohnehin wieder verschwitzt, wenn sie danach heimkommen.

Kein Kind muss mit anderen Kindern duschen, wenn es das nicht möchte! Das ist eine Grenzüberschreitung, bei der Sie Ihrem Kind den Rücken stärken sollten und entweder mit dem/der Trainer*in sprechen oder den Verein wechseln.

Vorsicht ist auch geboten, wenn ein Vertrag zu unterfertigen ist, in dem steht, dass Kinder den Anweisungen der Trainer*innen unbedingt Folge zu leisten haben (auch schon erlebt!). Nein, haben sie nicht. Kinder dürfen Nein sagen, gerade wenn es um ihren Körper geht. Und vor allem auch zu Menschen, die sie gut kennen.

Immer wieder sind in den letzten Monaten sexuelle Übergriffe und sexueller Missbrauch durch Trainer*innen im Amateur- und Profisport in den internationalen Schlagzeilen gelandet. Peter Seisenbacher ist ein trauriges Beispiel aus Österreich, zu dem viele Jahre lang Eltern guten Gewissens ihre Kinder zum Training schickten.

Sportvereine müssen sich mit diesen Problemen auseinandersetzen und am besten im Vorfeld Konzepte entwickeln, die es Täter*innen erschwert, sich in ihre Strukturen einzuschleichen und die klare Handlungsrichtlinien darstellen, was im Fall eines Verdachtes zu tun ist, an wen sich Kinder wenden können etc.

Unsere Patin, Alisa Buchinger, Karate-Weltmeisterin dazu: „Ich möchte mich für die Prävention von Kindesmissbrauch einsetzen, um ein Zeichen zu setzen, um mehr dagegen zu tun! Vor allem ist es mir wichtig, dass Eltern ihre Kinder in Sportvereine geben können und sich zu 100% sicher sein können, dass es ihnen dort gut geht! Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, die Patenschaft von SELBSTBEWUSST zu übernehmen, die seit 13 Jahren in Salzburg Prävention machen.“

Es braucht Menschen wie Alisa, die das Thema enttabuisieren. Und es braucht Angebote für Vereine., die sich damit auseinandersetzen wollen!

Hier gibt es mehr zum Workshop Sensibilisierung im Sport.

Gabriele Rothuber
www.selbstbewusst.at

Foto: Gepa Pictures

von Gabriele Rothuber

Was hat das Familienessen mit Missbrauchsprävention zu tun?

Bausteine in der Prävention / dem Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch

Folgende Szene kennen viele Eltern: man hat ein Abendessen gekocht – und das Kind möchte nicht essen. Irgendwie ist das zu rot oder zu wabbelig oder schaut einfach komisch aus.  „Was auf den Teller kommt, wird zusammengegessen“ hören zum Glück Kinder heute kaum mehr. In vielen Familien und leider auch manchen professionellen Nachmittagsbetreuungen werden Kinder jedoch dazu gezwungen, die Speise zumindest zu kosten.

Zwang bedeutet in dieser Hinsicht etwa, das Kind ansonsten nicht vom Tisch aufstehen zu lassen oder es hungrig ins Bett zu schicken oder ihm die Hausordnung abschreiben zu lassen – das Kind also dafür zu bestrafen, dass es nicht kosten möchte. Ich habe sogar von Kindergärten gehört, in denen Kindern der Löffel in den Mund geschoben wird, wenn sie nicht kosten möchten.

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Was darf wann in meinen Körper?

Die Argumente „für“ ein derartiges Verhalten Erwachsener reichen von „ohne zu kosten kann es gar nicht wissen, ob es schmeckt“ über „die Eltern zahlen für das Essen“ bis „mein Kind ist in der Nudel-mit-ohne-Sauce-Phase: wir brauchen künstliche Zusätze, damit es den Winter übersteht!“.

Die Argumente dagegen haben viel mit Selbstbestimmung über den eigenen Körper zu tun:

Wenn ich es gewöhnt bin, in meinem eigenen Tempo selbstbestimmt darüber zu entscheiden, was ich wann IN MEINEN KÖRPER lasse, werden meine Grenzen respektiert.  Und ich werde dies in vielen anderen Situationen automatisch einfordern.

Geschmäcker ändern sich, die Neugierde wächst und irgendwann ist das Kind bereit, Neues zu kosten. Und ehrlich: was kann man bei dem Machtspiel gewinnen, wenn das Kind aus Angst den Broccoli hinunterwürgt?

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Kinder dürfen mitreden

Für die Prävention ist es gut, wenn Kinder so bald als möglich so viel Mitspracherecht als möglich erhalten, wenn es um ihren Körper geht: das betrifft nicht nur das Thema Essen, auch Kleidung oder Frisur gehören hier etwa dazu. Selbst entscheiden zu dürfen, was ich anziehe oder mal eine Frisur auszuprobieren, die den Eltern vielleicht nicht so gut gefällt, bringt Kindern Autonomie.

Selbstverständlich bedeutet dies jedoch nicht, kleinen Tyrannen die Türen zu öffnen: wenn ein Menü gezaubert wird und das Kind lieber doch nur das Dessert oder Schokolade hätte: Ein Butterbrot kann immer eine Alternative sein. Es wird auch an uns liegen, zu erklären, weshalb es nicht sinnvoll ist, im Winter mit Flip-Flops in die Schule zu gehen.

Gabriele Rothuber arbeitet bei: Verein Selbstbewusst , Courage , Hosi

Zartbitter trifft Gabriele Rothuber und Daniela Römer vom Verein Selbstbewusst. Beide sind diplomierte Sexualpädagoginnen und arbeiten mit Kindern, Eltern und PädagogInnen.Daniela Römer und Gabriele Rothuber

Zartbitter: Wie ist die Idee für den Verein entstanden?

Selbstbewusst: 2004 gründeten Sandra Kirchbach und Dorli Weinhold unseren Verein. Es gab und gibt eine große Unsicherheit, wie man mit dem Thema Sexualität, Kinder und Jugendliche umgeht. In Salzburg gab es bis dato keine Angebote. Wir wollen aufklären und den Schutz von Kindern fördern.

Zartbitter: Warum ist frühkindliche Sexualerziehung so wichtig?

Selbstbewusst: Gut aufgeklärte Kinder sind keine schutzlosen Kinder. Sie wissen, wohin Sexualität gehört. Nämlich zu Erwachsenen und großen Jugendlichen. Das Thema Sexualität soll kein Tabu sein!

Zartbitter: Wie bricht man ein Tabu?selbstbewusst

Selbstbewusst: Als Beispiel nehmen wir mal gute und schlechte Geheimnisse. Das sollen Kinder wissen. Ein gutes Geheimnis ist, wenn ein Erwachsener mit einem Kind vereinbart, das Geburtstagsgeschenk für die Mama noch nicht zu verraten. Ein schlechtes Geheimnis ist, wenn ein Erwachsener ein Kind unter Druck setzt und etwa sagt, das Geheimnis dürfe nicht verraten werden, da sonst etwas Schlimmes passiert. Wir wollen Kinder im Vorfeld stärken und ihnen Handlungskompetenzen geben. Sie sollen wissen, dass sie über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen.

Zartbitter: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Selbstbewusst: Natürlich mehr finanzielle Unterstützung für unsere Arbeit. Bis jetzt haben wir 22.000 Kinder, Eltern und PädagogInnen erreicht. Und es sollen noch viel mehr werden.

Zartbitter: Danke für das informative Gespräch!

Mehr Informationen findet man unter: http://www.selbstbewusst.at/