Beiträge

Michael König, 46 Jahre, Geschäftsführer des Diakoniewerkes in Salzburg. Er ist ausgebildeter Psychologe und Psychotherapeut. Er ist engagiert in der Plattform „Armut hat Platz“ und nominiert für den „Österreicher des Jahres“ .

Zartbitter trifft ihn im Cafe.

Zartbitter: Du engagierst dich für Menschen in Armut. Warum?

Michael4

Michael König

Michael: Menschen in Armut haben oftmals wenige Möglichkeiten sich selbst zu helfen, ihre Situation aus eigener Kraft zu verbessern. Sie sind oft in dieser Situation, weil sie schon unter Bedingungen aufgewachsen sind, die sie selbst nicht beeinflussen können. Das kann sozialer, wirtschaftlicher, politischer Art sein oder alles zusammen. Ich habe die Vision, dass in einer Gesellschaft das Gefälle zwischen Arm und Reich nie so groß sein darf, um die Gesellschaft zu spalten. Aber ich lerne auch von Menschen in großer Armut sehr viel. Im Kontakt und in der Begegnung, denke ich über das eigene Leben nach. Es macht mich dankbar. Ich bekomme Einsichten in unsere Gesellschaft und unsere Lebensentwürfe. Und ich spüre eine Spiritualität der Armut. Die Begegnung mit armen Menschen darf nicht einseitig sein. Wir geben und sie nehmen. Es ist ein Austausch.

Zartbitter: Im Namen der Plattform „Armut hat Platz“ steckt ja, dass wir Armut aushalten müssen. Aber können wir auch etwas tun?

Michael3

„Wir müssen hinschauen“

Michael: Wir müssen unterscheiden zwischen der Armut in Österreich und anderswo. Wir haben auch hier armutsgefährdete Menschen. Hohe Lebenshaltungskosten und ein niedriges Einkommen. Ich denke an alleinerziehende Mütter, die mit einem Halbtagsjob über die Runden kommen müssen. Hier müssen wir konsequent schauen, dass die strukturellen Rahmenbedingungen verbessert werden. Es gibt eine Tendenz, dass Reiche immer reicher werden, ohne etwas dafür zu tun, etwa mit Immobilien oder Finanzgeschäften. Hier muss politisch gegengesteuert werden. Die Armut, die uns durch die Bettlerinnen und Bettler in unseren Städten begegnet, ist eine andere Armut. Als ersten Schritt müssen wir hinschauen. Wir müssen verstehen, was in deren Herkunftsländern passiert, das sie zwingt zu uns zu kommen. Die Armut dort hat mit unserem Wohlstand hier zu tun. Wenn allein in drei Jahren 6000 Ärzte und Ärztinnen aus Rumänien nach Österreich, Deutschland und England auswandern, muss uns das zu denken geben. Dazu kommen unzählige Pflegekräfte, die unser System aufrecht erhalten. Sie fehlen aber dort. Dies müssen wir uns bewusst machen und auch unsere Verantwortung wahrnehmen ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. Wir müssen Zusammenhänge verstehen und wir müssen einsehen, dass konventionelle Hilfsprojekte dort wenig bringen. Es ist die Zeit gekommen mit den Menschen vor Ort nachhaltige Projekte zu entwickeln. Bildung, einen Beruf erlernen und dann arbeiten, das ist ein Schritt aus der Armut. Partnerschaftliche Projekte sind hier gefragt.

michael1

Zartbitter: Du bist nominiert für den „Österreicher des Jahres“ in der Kategorie Humanität. Was erwartest du von dieser Nominierung?

Michael: Es ist die Möglichkeit eine humanitäre Botschaft formulieren zu können. Es geht darum mit den bettelnden Menschen in unseren Städten würdevoll umzugehen. Hinter dem „Bettlerproblem“ steht ein europäisches Armutsproblem. Und unser Salzburger Weg ist ein mögliches Modell. Zuhören, miteinander reden und dann ins Tun kommen. Und das quer über Kirchen, Organisationen und Parteien hinweg. Die Nominierung gilt der ganzen Plattform „Armut hat Platz“ , die Caritasdirektor Johannes Dines ins Leben gerufen hat. Und das Preisgeld von 10.000 Euro soll natürlich in die Arbeit für Menschen in Armut gehen.

Zartbitter: Wir wünschen dir und der Plattform alles Gute!

Hier geht’s zur Nominierung und Abstimmung: http://diepresse.com/unternehmen/austria14/3869165/index?cat=3

Zartbitter stimmt für Michael König :)