Jetzt sind es volle zwanzig Jahre, dass ich Deutsch für Frauen unterrichte, für Frauen aus aller „Herren“ Länder.
Es ist viel passiert in den 20 Jahren. Als ich damals als Studentin anfing mit dem Unterricht, war der Verein VIELE eine kleine Initiative. Vorwiegend Frauen aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien kamen zum Kurs. Es waren auch viele Flüchtlinge darunter, der Krieg am Balkan war in vollem Gange. 2013 sind die Kurse bunt gemischt, mehr als 50 Länder sind vertreten.
Damals 1993 waren die Kurse für mich eine große Herausforderung. Ich hatte keine Ahnung von den verschiedenen Kulturen, Sprachen und Religionen. Alles war neu für mich. Und wahrscheinlich habe ich viele Fehler gemacht, interkulturelle Pädagogik steckte in Österreich in den Kinderschuhen. Ich habe einfach darauf los unterrichtet. Die Frauen mögen mir meine Fehler verzeihen.
Heute kann ich sagen, dass jede Kursstunde nicht nur für die Schülerinnen (hoffentlich), sondern auch für mich als Lehrerin sehr lehrreich war. Natürlich wollte ich die deutsche Sprache und die österreichische Kultur vermitteln. Ich hoffe, es ist mir dann und wann gelungen und die Frauen haben ein wenig Unterstützung bekommen, um in der neuen Heimat besser ankommen zu können. Aber ich habe mindestens genau so viel von meinen Schülerinnen gelernt. Sie haben mein Leben bunter und reicher gemacht.
Was mich immer wieder erstaunt hat, war das schöne Miteinander im Kurs. Oft genug saßen Frauen aus 15 und mehr Nationen, Kulturen und Ländern im Raum. Wenn eine neue Frau dazu kam, dann wurde sie selbstverständlich sofort mit aufgenommen. Sich gegenseitig zu helfen, war eine Selbstverständlichkeit. Wenn die Weltpolitik so handeln würde wie die Frauen im Deutschkurs, dann gäbe es keine Konflikte und Kriege mehr.
Und wir hatten viel Spaß. Was wäre ein Kurs ohne Lachen? Eine langweilige Angelegenheit und das Lernen würde noch schwerer fallen. Denn viele stellen es sich so einfach vor im Erwachsenenalter noch eine fremde Sprache zu lernen. Allen, die fordern, die sollen mal schnell Deutsch lernen, empfehle ich sich in einen Arabisch- oder Vietnamesischkurs zu setzen. Das ist anstrengend und schnell geht es nur in den seltensten Fällen. Darum ziehe ich den Hut vor allen meinen Schülerinnen, die sich all die Jahre so viel Mühe gegeben haben. Ihr Fleiß und ihre Hartnäckigkeit sind mir ein Vorbild.
Ich erinnere mich auch gerne an die verschiedenen Ausflüge, wie nach Wien oder ins Kloster St. Peter. Das Highlight des Jahres waren immer die Jahresabschlussfeste der Deutschkurse. Die Freude der Frauen über ihre Diplome, das gemütliche Beisammensein und die kulinarischen Köstlichkeiten aus aller Welt, von der kenianischen Suppe, über thailändische Frühlingsrollen bis zu den herrlichen Böreks in allen Variationen. Das Essen bringt halt auch die Menschen zusammen.
Ich durfte viele Babys abbusseln, zu Hochzeiten gratulieren und mich über einen gefundenen Arbeitsplatz mitfreuen. Aber es gab nicht nur fröhliche Stunden, Probleme und Schicksalsschläge gehören zum Leben dazu. Oft haben mir Frauen ihr Herz ausgeschüttet, danke für dieses große Vertrauen.
DANKE auch für:
• Unzählige spannende Unterrichtsstunden
• Freundschaftliche Beziehungen
• Einblicke in viele Kulturen und Religionen
• Interessante Gespräche
• Das bunte Miteinander
• Nachdenkliche Momente
• Das viele Lachen
Stellvertretend für hunderte Frauen ein DANKE an:
Anela, Ferida, Uthaitip, Hatixe, Hatice, Oktiyabri, Ayse, Ayten, Fadila, Esma, Domnica, Rosalia, Adriana, Ana, Phattraphorn, Nicsarat, Niki, Maria, Daniela, Danica, Sabahat, Silvia, Mui, Quach, Nazli, Karuna, Catharine, Zehra, Kuldeep, Leali, Yumi, Loana, Regina, Shuni, Tanja, Srie, Melda, Charity, Pat, Elvira, Joka, Feyza, Remzija, Feride, Kaouther, Gülüzar, Genia, Marya, Meryem, Lam, Mac, Tran, Sopanat, Warranada, Wijit, Usa, Nuray, Nigar, Nermin, Ame, Songül, Güler, Yoko, Grace, Faduna, Bouchra, Rohat, Sujada, Melek, Nato, Rada, Lourdes, Mimi, Galina, Kamila, Christina, Cennet, Cemile, Nelly, Sin Hom, Maryam, Aysa, Eda, Fatma, Sabina und viele andere mehr…