Beiträge

Österreich-Serie Teil 3 von Elisabeth Kaplan

Da ich es diesmal einfach nicht geschafft habe, einen einzigen Lieblingssong einer Band zu wählen, habe ich mich in Teil 3 meiner Österreich-Serie für einen allgemeineren Blick entschieden. Und zwar auf die Wiener Rockband Tyler.
Irgendwann 2010 wurde bei einer Sportsendung auf ServusTV ein Song gespielt, der mich gleich aufhorchen ließ. Dank Shazam konnte ich herausfinden, dass der Song „What’s Wrong“ hieß und von einer Band namens Tyler stammte. Die Musik klang für mich so dermaßen international, dass ich vollkommen baff war, als ich erfuhr, dass Tyler eine österreichische Band ist. Was mich beim ersten Hinhören an „What’s Wrong“ gefesselt hat, war der einfache, aber super wirkungsvolle Bassriff (siehe Notenbeispiel), der in der zweiten Hälfte des Intros durch eine druckvolle E-Gitarre gedoppelt wird. Genial finde ich dann auch, dass die Gesangsmelodie diese Basslinie nachahmt (sie beginnt auch mit den Tönen H – Cis – D). Das ist eine clevere Technik, um der Melodie Gewicht und Power zu geben. Jedenfalls war ich ab diesem Zeitpunkt Tyler-Fan.

Tyler Notenbeispiel

Qualität und Kreativität
„What’s Wrong“ stammt vom Debüt-Album der Band, „Don’t Play“ (2005). Meiner Meinung nach gehört dieses Album in die Mediathek jedes österreichischen Pop-Rock-Fans. Auf dem Album sind weitere sehr rockige bzw. grungige Songs wie „Separated“, „All My Weapons“, „Can’t Break Me“ oder „Any City“. Außerdem gibt es die funkige Nummer, „Wantcha“, und herrliche Rockballaden wie „Beautiful“, „Stay Awake“, „Hello“ und „Paper Maché Darts“.
Was die Songs von Tyler auszeichnet, ist ihre musikalische Originalität und Kreativität. In diesem Genre glauben ja viele Bands, dass Sie ihre schwachen/uninspirierten/eintönigen Melodien mit einer aufwändigen Produktion kaschieren können. Darum verdienen die Bands, die Wert auf die Qualität der Komposition legen, höchste Anerkennung. Songschreiber und Leadsänger Lukas Hillebrand setzt sogar Sext- und Quartsextakkorde (also z.B. C-Dur-Akkord mit Basston E bzw. G) ein! Ganz ehrlich, das beeindruckt mich.
Weiters zeichnen sich Tyler durch ihre hervorragende Produktion aus. Als Musikproduzent muss man viel Feingefühl besitzen, um zu wissen, was an welche Stelle gehört. Und es sind gerade die Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Wenn man sich beispielsweise nur die ersten 20 Sekunden von „Separated“ genauer – und öfter – anhört, findet man viele kleine Elemente, die Excitement erzeugen. Und eben diese kunstvoll arrangierten Layers finde ich bei Tyler so großartig.

Tyler Press
Als dritten Punkt möchte ich die sängerische Leistung von Lukas Hillebrand hervorheben – der Typ kann einfach singen! Er hat Bandbreite, hat die nötige Rauheit bei den rockigen Nummern aber auch eine hauchzarte Kopfstimme, die er gezielt an den passenden Stellen einsetzt, und was Phrasierung anbelangt geht’s nicht besser. Das alles kriegt er hin und kommt trotzdem absolut unaffektiert rüber. Meine einzige Beschwerde bei Tyler ist, dass die Leadvocals im Mix ein bisschen untergehen, also dass die Stimme einfach insgesamt lauter sein sollte.

Ein österreichisches Schicksal
So, und jetzt der Hammerschlag: 2011 kam Tylers zweites Album, „Favourite Sin“, heraus, aber noch im selben Jahr löste sich die Band auf. Obwohl sie sogar ein bisschen Airplay auf Ö3 genoss, war sie letztendlich eines der vielen Opfer der österreichischen Medienlandschaft, die heimische Künstler in den letzten Jahren zu wenig bis gar nicht gefördert und unterstützt hat. Nach dem Motto „zu wenig poppig für Ö3, nicht alternativ genug für FM4“. Gerade in diesem Fall finde ich das unverzeihlich, und es ist für mich einfach traurig, wenn sich Qualität nicht durchsetzen kann. Die Mitglieder von Tyler, Lukas Hillebrand, Alex Pohn (Drums) und Peter Schönbauer (Bass) machen ohne Tyler zwar alles andere als Däumchen drehen – sie alle sind begehrte Songwriter/Produzenten/Musiker (zurzeit stark im Einsatz für Julian le Play). Trotzdem fehlt mir Tyler in der österreichischen Musiklandschaft. Bleibt den vielen Tyler-Fans nur zu hoffen, dass es mal einen Reunion-Gig geben wird.

Die englische Originalfassung dieses Beitrags gibt’s auf meinem persönlichen Blog zu lesen

Tyler auf iTunes zum Reinhören

Tyler auf YouTube zum Sehen und Hören

Das Schicksal ist ein mieser Verräter – der etwas andere Kinohit
,

Carpe diem. Dieses Motto stammt aus einem anderen Film, doch es passt sehr gut hier. Denn: Jeder Tag wird besonders kostbar, wenn man weiß, dass die eigene Zeit begrenzt ist. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ war nicht auf der Wunschliste für meinen Kinosommer. Keine Superhelden oder Monster, kein Tschin-Bumm und kein 3D. Der Film hat mich aber dadurch interessiert, dass er sich mit dem Thema des Sterbens beschäftigt. Ein gesellschaftliches Tabuthema, das nicht oft in einem Jugendfilm vorkommt. Dabei sind Jugendliche offenbar bereit, sich auch mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Der Film liegt weltweit an den Spitzen der Kino-Charts, genauso wie seine Romanvorlage von John Green zuvor schon die Bestseller-Listen anführte.
OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Hazel Grace [Shailene Woodley] ist 16. Sie hat Lymphdrüsenkrebs und weiß, dass sie daran sterben wird. Ihre Lungen sind bereits voller Metastasen, so muss sie stets eine Sauerstoffflasche mit sich führen. Ihre besorgten Eltern [Laura Dern und Sam Trammell] schicken sie zu einer Selbsthilfegruppe, da sie deprimiert wirkt. No na, wie soll es einem schon gehen, wenn man langsam stirbt. So ungefähr ist Hazels Reaktion. Sie geht trotzdem hin.
Hazel lernt dort den 17-jährien Gus [Ansel Elgort] kennen. Er war Footballspieler, ist cool drauf und optimistisch, und das obwohl der an Knochenkrebs leidet. Stolz zeigt er sein Cyborg-Bein, das er erhalten hat, nachdem sein eigenes Bein amputiert werden musste. Und wie es so kommen muss, verlieben sich die beiden. Hazel will sich nicht binden, weil eine Beziehung keine Zukunft hat. Die Ängste von Gus sind andere: Er will der Welt in Erinnerung bleiben – um nichts möchte er vergessen werden.

Von der Story möchte ich nicht zu viel verraten, denn „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ zeichnet sich nicht dadurch aus, dass die Handlung sehr dicht ist. Seine Stärken liegen wo anders. Er teilt viel über die Gedanken und Wünsche der jungen Protagonisten mit, die sympathisch und ohne Schwermut dargestellt werden. Überhaupt wirkt der Film nicht bedrückend oder gar pathetisch. Gerade deshalb ging er mir viel näher, als ich das erwartet hatte. Ein bisschen Kitsch in der Mitte des Films kann man da schon nachsehen. Sagen wir, dadurch wird das Glück besser nachfühlbar, das die beiden jungen Leute empfinden, als es ihnen gelingt, aus ihrer gewohnten Umwelt auszubrechen, bei der sich fast alles um ihre tödliche Krankheit dreht. Und umso mehr empfindet man mit, wenn eine herbe Enttäuschung sie jäh aus diesem Glücksgefühl herausreißt.

In Amsterdam soll ein Lebenstraum von Hazel Grace in Erfüllung gehen

In Amsterdam soll ein Lebenstraum von Hazel Grace in Erfüllung gehen

Abschließend noch ein Tipp für junge Frauen und Mädchen, die dieses Jahr schon in allerlei Monster- und Superhelden-Filme mitgehen durften. Wenn ihr mit euren Boyfriends endlich mal was anderes sehen wollt, dann könnt ihr sie damit überreden, dass der Wandler aus „True Blood“ mitspielt und der Film gegen Ende äußerst Tempo-reich wird. Dass es sich dabei um Taschentücher handelt, müsst ihr ja nicht unbedingt dazuerwähnen.

Meine Bewertung auf IMDB: 7 Punkte
Eine schöne, einfühlsame Geschichte, die fast durchgehend zwei Stunden lang ein Thema behandelt, das keinem lieb ist. Besonders, wenn junge Menschen von einer tödlichen Krankheit betroffen sind. Mit ein bisschen Kitsch, aber ohne Schwermut. Vielleicht ein wenig zu konventionell im Verlauf.

Hier der Trailer zu „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“

 

Österreich-Serie Teil 2 von Elisabeth Kaplan

Was macht man, wenn man einen Überraschungshit hatte und nun die Erwartungen hoch sind, diesen Erfolg zu wiederholen? Oder gar zu übertreffen? Da gibt es zwei Möglichkeiten. Der gelassene Ansatz: Man denkt: „Egal, ich mach einfach weiter wie immer“, und hält die Daumen, dass schon alles gut laufen wird. Der kalkulierte Ansatz: Man studiert und recherchiert, geht ein kalkuliertes Risiko ein, und hofft, dass der Plan aufgeht. So oder so weiß man nie, wie es wirklich ausgeht.

Von der Kunst, einen Hit zu schreiben
The MakeMakes, eine 2012 gegründete Rockband aus dem Flachgau (Land Salzburg), haben letzteren Ansatz gewählt. Mit ihrer ersten Single, „Lovercall“ (2012), die etwas von „This Love“ (2002) von Maroon 5 hat, ist der Band das schier Unmögliche gelungen: Sie schaffte es in die österreichischen Pop-Charts und kletterte auf Platz 6 – ganz ohne Casting-Show, wie es in diesem Land inzwischen üblich ist. So. Und jetzt?

Die zweite Veröffentlichung nach einem erfolgreichen Erstlingswerk ist ja bekanntlich extrem wichtig und daher auch eine Herausforderung, die einen ganz schön unter Druck bringen kann. Da zeigt sich, ob der erste Hit ein reiner Zufall war, oder ob es sich um eine solide, hochwertige Band handelt. Die zweite Single der MakeMakes, „Million Euro Smile“ (2014), hat alle Erwartungen übertroffen, hat Platz 2 in den österreichischen Top 40 erreicht und liegt derzeit auf Platz 5 in den Ö3 Hörercharts. Eine beachtliche Leistung!

The MakeMakes in Wien

The MakeMakes in Wien (Foto: Benjamin Kaplan)

Einen Song zu schreiben mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass das ein Hit werden soll, ist keine leichte Aufgabe. Natürlich gibt es einige Vorgaben und Parameter, nach denen man sich richten kann. Einige davon liegen auf der Hand, wie z.B. eine eingängige Melodie. Letztendlich ist die Reaktion der Zuhörer aber unberechenbar.

Retro-Sound
Für „Million Euro Smile“ haben sich The MakeMakes vom Rock ’n’ Roll und dem klassischen Motown-Sound inspirieren lassen. Die Musik der 50er und 60er ist immer wieder eine ergiebige Fundkiste, in der gerne gewühlt wird. In den 80ern, zum Beispiel, hatte Billy Joel großen Erfolg damit, mit seinem Album „An Innocent Man“ (1983), allen voran die Nummern „Uptown Girl“ und „Tell Her About It“. Dieser Retro-Stil brachte auch Soulsister Glück, mit ihrem Hit „The Way to Your Heart“ (1988). In Großbritannien hat man anscheinend überhaupt ein Faible dafür: In den 90ern hatte beispielsweise Gabrielle mit ihrem Motown-inspirierten Song „Give Me a Little More Time“ (1996) einen Chart-Erfolg, in den Nullerjahren folgten Amy Winehouse und Duffy, und 2012 konnte die englische Girl-Band Stooshe mit „Black Heart“ einen UK-Hit verzeichnen.

Der Vorteil eines Songs im Retro-Stil ist, dass er einem sofort irgendwie bekannt vorkommt. Songs, die extrem innovativ und originell sind, bekommen oft nicht die gebührende Aufmerksamkeit, weil sich die Zuhörer einfach an Neues erst gewöhnen müssen – was mit einer gewissen Anstrengung verbunden ist.

Übereinstimmung und Abweichung
„Million Euro Smile“ ist also ein einfacher Retro-Song mit Elementen aus Doo Wop, Rock ’n’ Roll, Motown – z.B. die „La-da-da“-Einleitung, die schnellen Akkordwiederholungen à la Jerry Lee Lewis im Klavierpart, der betonte Backbeat in den Drums, der Bläsersatz (übrigens ein Beitrag von LaBrassBanda) … die Liste ist noch lang nicht fertig.

Interessanter ist es vielleicht, die Abweichungen vom Retro-Schema hervorzuheben: Was mir als erstes aufgefallen ist, war der extrem komprimierte Vocal-Sound. Ich glaube nicht, dass es der Gedanke dahinter war, einen „Vintage-Sound“ zu reproduzieren – das würde anders klingen – sondern eher der Stimme zusätzliche Schärfe zu verleihen, um zu vermeiden, dass der Song letztendlich zu lieb und nett wirkt (leider geht das auf Kosten der Textverständlichkeit). Zweitens, kommt am Ende des zweiten Refrains ein kurzer Halftime-Teil vor (ab 2:02) mit einem langen Delay auf den Vocals. Diese paar Augenblicke setzen sich vom Rest ab, weil sie plötzlich viel moderner klingen. Sie bieten uns eine kurze Verschnaufpause – ungefähr so wie der Augenblick des Stillstands auf dem Höhepunkt einer Achterbahn, bevor man wieder mit Full Speed bergab rauscht.

The_Makemakes_official

Foto: Rene Deutschlaender

Die dritte Abweichung von der Norm, die mir auffällt, ist der Text. Er handelt nicht, wie üblich für diesen Stil, von der Liebe, sondern vom Euro. Ja, richtig. Dodo Muhrer, Sänger und Songwriter der Band, erklärt im Interview, dass der Song „zu dem Zeitpunkt entstanden [ist], wo die EU-Mitgliedsstaaten überlegt haben, wie es eigentlich mit dem Euro weitergehen soll.“ Ich persönlich finde diesen höheren textlichen Anspruch nicht nötig, aber ich denke, dass die Band einfach vermeiden wollte, dass der Song in die Bubblegum-Schiene abrutscht.

Resümee
Dieser Salzburger Band ist es gelungen, einen Song zu schreiben, der zum Hit in Österreich wurde. Das ist wirklich nicht einfach, aber sie haben sich mit Köpfchen der Herausforderung gestellt und wurden belohnt. Im Herbst erscheint ihr Debüt-Album und man darf gespannt sein. Da ich weiß, dass die Burschen echt rocken können, hoffe ich, dass sie das auch auf dem Album beweisen.

Die englische Originalfassung dieses Beitrags gibts hier zu lesen

Und hier gibts das Video zum Song: Million Euro Smile

Es ist 2023, ein schlechtes Jahr für die X-Men. Sentinels – riesenhafte Kampfroboter, die darauf programmiert sind, Mutanten auszulöschen – haben ganze Arbeit geleistet. Nur eine kleine Gruppe Mutanten ist übrig. Professor Xavier [Patrick Stewart] und Magneto [Ian McKellen] wissen, dass ihre Art nur überleben kann, wenn die Vergangenheit verändert wird. Sie schicken Wolverine [Hugh Jackman] los, um den Lauf der Zeit zu verändern und ihresgleichen zu retten. Wolverines Bewusstsein muss dafür zurück in die 70er Jahre reisen und in seinen Körper von damals schlüpfen. Sein Auftrag ist es zu verhindern, dass Mystique [Jennifer Lawrence] den Erfinder der Sentinels [Peter Dinkelage] umbringt. Denn mit dieser Tat löste sie erst richtig aus, was sie aufhalten wollte.

Jackmans Karrierekatapult
Ich bin ein Fan der X-Men Serie seit sie im Jahr 2000 begann. Die Geschichte war fesselnd, bot Action und auch Charaktere, die nicht nur wegen ihrer Superhelden-Fähigkeiten interessant waren. Sie waren gut geschrieben.
Hugh Jackman stieg durch die Rolle des unzerstörbaren Wolverine mit seinen Eisenklauen zu den ganz großen Stars in Hollywood auf – und zum Sexiest Man Alive. Er ist eindeutig die dominierende Figur der Filmserie und erhielt deshalb sogar sein eigenes Spin-Off „X-Men Origins: Wolverine“. In „Days of Future Past“ (Zukunft ist Vergangenheit) stellt er Wolverine schon zum sechsten Mal dar.

Als Schauspieler Sexiest Man Alive – Als Wolverine unkaputtbar

Als Schauspieler Sexiest Man Alive –
Als Wolverine unkaputtbar

Tummelplatz für große Namen
„Days of Future Past“ stützt sich wie alle X-Men Filme auf die Comics. Er bietet all die Action, die man sich von einem X-Men Film erwarten darf. Eigentlich noch viel mehr, als ich erwartet hatte. Die Handlung ist rasant und es kommt hinzu, dass sie sich auf zwei Zeitebenen abspielt. In den verschiedenen Ebenen kommen freilich einige Charaktere zweimal vor. Sie haben jedoch eine völlig andere Beziehung zu einander. Und was Wolverine betrifft: Er ist in den 70er Jahren den anderen Mutanten noch völlig unbekannt und muss jetzt in kürzester Zeit ihr Vertrauen gewinnen. Reicht es, wenn er dem Charles Xavier der 70er Jahre [James McAvoy] gegenüber beteuert: „Ich komme aus der Vergangenheit und du musst tun, was ich sage, sonst sind in 50 Jahren alle Mutanten tot“? Schwierig. Vor allem, wenn zu Wolverines Plan gehört, den Magneto der 70er Jahre [Michael Fassbender] zu befreien. Wer weiß schon, was der alles anstellt, wenn er einmal losgelassen ist? (Magnetos Befreiung aus einem Plastikgefängnis unter dem Pentagon mithilfe von Quicksilver [Evan Peters] ist übrigens ein absolutes Highlight – spannend und herrlich komisch zugleich).

Auseinandergerissenes zusammenführen
Nach drei Filmen über die Abenteuer der Superhelden in der Jetzt-Zeit, kam 2011 „X-Men: First Class“ in die Kinos, das in den 60er Jahren spielte. Das ist gar nicht unproblematisch, wenn man plötzlich die Filmserie mit einem derartigen Keil auseinanderreißt. Ich hatte mich schon gefragt, was das für die Weiterführung der Serie bedeutet. Werden einfach zwei separate Serien fortgesetzt? Passt dann alles zusammen?
„Days of Future Past“ führt die beiden Zeitebenen und die beiden großen und hochkarätig besetzten Casts geschickt zusammen. Leider auch zu einem Preis: Stars von Weltruhm, die noch dazu beliebte Rollen in der Serie spielen, sind oft nur wenige Minuten (Ian McKellen, Patrick Stewart, …) oder gar Sekunden zu sehen (Halle Berry, Anna Paquin, …). Das geht auf Kosten des Bezugs der Figuren zueinander. Immerhin ist das der Kleber, der die Story zusammenhält. Und es ist das, was das Publikum benötigt, um sich richtig in den Film hineinzuleben.

Schon auf dem Plakat herrsch eine sehr hohe Dichte an Stars pro Quadratzentimetern

Hohe Dichte an Stars pro Quadratzentimeter

Ohne Wolverine geht gar nix
Es bleibt alles an Wolverine als Protagonisten und Angelpunkt hängen – ein Umstand, den die Fans der anderen Stars ebenso wie die Fans der Comic-Bücher bemängeln. In den Marvel Comics ist diese Figur nämlich nicht so dominant. Trotzdem hat es einen gewissen Sinn, Wolverine so ins Zentrum zu rücken. Er ist alterslos und kann in beiden X-Men-Welten bestehen und darf dabei immer gleich aussehen. Dieses Bindeglied ist hilfreich, um einen Zusammenhalt und direkten Bezug zwischen den beiden Zeitebenen zu halten. Und das wird sicher gelingen. Zumindest noch so lange, wie Hugh Jackman Lust auf die Rolle des Wolverine hat – und so verdammt gut aussieht.

Meine Bewertung bei IMDB: 8 Punkte
Die Charaktere würden noch mehr hergeben, das ist ein Manko. Aber was an Action herauszuholen ist, ist bis zum Letzten ausgeschöpft. Clevere Brücke nach den ersten drei X-Men Filmen zu „X-Men: First Class“ – wenngleich etwas Wolverine-lastig.

Hier noch der Trailer zu X-Men: Days of Future Past

 

(Fotos: Sony Pictures)

Die Geschichte von Dornröschen kennt jeder. Ein Königspaar ist lange kinderlos. Als sie endlich Eltern werden, ist die Freude groß, und sie laden zwölf weise Frauen (Feen) ein. Das Geschirr reicht nicht, um auch die dreizehnte Fee einzuladen. Diese schäumt, taucht uneingeladen auf und spricht einen Fluch über das Kind aus. Sie soll sich mit 16 an einer Spindel stechen und sterben. Das kann eine der anderen Feen gerade noch abmildern: Dornröschen soll nur in einen todesähnlichen Schlaf fallen. 100 Jahre später küsst sie ein schöner Prinz wach.

DornröschenEin idealer Stoff für Disney
1959 bescherte der Stoff Disney bereits einen großen Erfolg. Der Zeichentrickfilm griff verschiedene Varianten der Geschichte auf und zeigte sie etwas weiter ausgeschmückt und umgemodelt. Die böse Fee konnte sich dabei sogar in einen Drachen verwandeln. Dieses Jahr dachte man sich bei Disney: Erzählen wir das Dornröschen-Märchen doch mal völlig anders. Eine Geschichte hat ja immer zwei Seiten und so bietet es sich an, das Geschehen aus der Perspektive der bösen Fee, Maleficent (zu Deutsch eigentlich Malefiz), zu betrachten. Interessant.

Die Familie als problematische Zielgruppe
Freilich soll „Maleficent“ ein Film für die ganze Familie werden, außer für die Allerkleinsten. Freigegeben ist der Film ab 10 Jahren. Für die Mädchen gibt es daher entzückende Feenwesen, Romantik zwischen 12-Jährigen, eine Teenager-Prinzessin [Elle Fanning] von liebreizendem Wesen. Den Buben bietet der Film Ritter-Armeen, die gegen wandelnde Bäume (Ents?) kämpfen und Drachen – alles ganz wie in Herr der Ringe. Der Papa kriegt Angelina Jolie zu sehen (am Schluss im hautengen Lederkostüm, fast so wie Lara Croft – wenn da nicht die Hörner wären). Und auch für die Mama ist was dabei: Mütterliche Liebe ist so stark, dass sie alles übertrumpft. Ehrlich gesagt, ist diese Erkenntnis das überraschendste Element des Films.
Disney hat die diversen Ansprüche der sehr inhomogenen Zielgruppe „Familie“ mit Kindern über 10 sicher richtig eingeschätzt. Letztlich wirkt der Film wie ein Versuch, es einfach allen recht zu machen – mit ganz gezielt ausgesuchten Elementen. Doch diese schlecht zusammenpassenden Elemente richtig zusammenzusetzen ist eine dornige Angelegenheit. Details wie Nachvollziehbarkeit der Handlung und Glaubwürdigkeit der Personen sind dabei aus dem Blickfeld geraten.

Maleficent mit TicketVerirrt im Bilderrausch
Das ist ein gravierender Fehler, wenn ein Film psychologisch zu erklären versucht, wie die Fee Maleficent, ein süßes, liebes und zu vertrauensvolles Wesen, zum fiesesten Miststück seit Glenn Close in „Eine verhängnisvolle Affäre“ wird und es gleichzeitig irgendwie doch nicht ist. Ich habe mich auch gefragt: Und warum hintergeht Maleficents große Liebe sie so? Oder warum greift der alte König überhaupt den Zauberwald an? Irgendwie lautet die Rechtfertigung immer, dass Menschen halt habgierig und neidisch sind. So wird das jedenfalls von der weiblichen Erzählstimme in einem zuckersüßen und etwas herablassenden Tonfall erklärt, der jedes über 5-jährige Kind beleidigt. Sorry, aber dass alle Menschen einfach schlecht sind, ist als alleinige Motivation für alles Mögliche ein wenig dürftig. Man wiegt sich hier etwas zu sehr in der Hoffnung, dass im Rausch der überwältigenden Bilder schon keiner was bemerken wird.

Und das Blendwerk ist tatsächlich ganz toll anzusehen. Kein Wunder, denn es ist das Regie-Erstlingswerk von Robert Stromberg, der bisher bei vielen Filmen für visuelle Effekte zuständig war, z.B. in „Oz“, „Pan’s Labyrinth“, „Der Goldene Kompass“. Diese reiche Erfahrung ist dem Film auch anzusehen. Doch ein Regisseur, der im Geschichtenerzählen versierter ist und sich mehr für die handelnden Personen interessiert, hätte vielleicht mehr aus dem Drehbuch herausgeholt.

Alles auf den Kopf gestellt
So interessant der Ansatz war, Dornröschen aus der Perspektive von Malefix zu erzählen, als gelungen kann man das Resultat nicht bezeichnen. Das wird an dem Punkt klar, an dem überhaupt nichts mehr zusammenstimmt. Das Märchen wurde nämlich völlig umgekrempelt und umgeschrieben. Nichts stimmt überein, wenn man es mit der weithin bekannten Geschichte aus der bekannten Perspektive vergleicht. Alle noch so aufwändigen 3D-Fantasy-Szenen sind keine angemessene Entschädigung dafür. Dabei sind diese düster, packend und wirklich gut gelungen; ein Augenschmaus für Erwachsene – einigen Kindern dürften sie eher Alpträume verursachen. Der Versuch, ein Märchen völlig in ein Fantasy-Spektakel umzumodeln, hat aber schon bei „Snow-White and the Huntsman“ (2012) die Geschichte verdorben – meiner Meinung nach jedenfalls. „Snow-White“ stammt zwar nicht von Disney, aber man hätte trotzdem daraus lernen können.

Ein Star richtig eingesetzt?
Angelina Jolie als Maleficent läuft im Film zur Höchstform auf, wenn sie so böse ist, wie man nur böse sein kann. Sie wirft den Kopf zurück und lacht ein grausames „Ha-ha-haaa“, bevor sie uns einen stechenden, bösen Blick zuwirft … brrrr gruselig. Es ist, als hätte die bisher gute Fee Maleficent ihre eigentliche Bestimmung gefunden und wäre sich endlich der dunklen Energie bewusst geworden, die schon immer in ihr geschlummert hat. Die Teufelshörner und die mächtigen behornten Adlerflügel ließen ja ohnehin vermuten, dass es sich hier um eine Böse Fee handeln muss. Ebenso wie der Name: Maleficent. Das so viel bedeutet wie „Eine, die Böses tut“. Doch letztlich war Maleficent nur zeitweilig verstimmt. Und Jolie, bekannt als böses Mädchen, bringt die gute, sanftmütige Seite bei weitem nicht so glaubwürdig rüber.
Nach einigen Jahren Pause, teils durch ihre Brustkrebserkrankung bedingt, hätte Angelina Jolie sich eine besser geschriebene Rolle verdient. Ihr Name und ihr Charisma besitzen eine große Anziehungskraft, so wird sie genug Publikum in die Kinos locken und den Film erfolgreich machen.

Meine Bewertung auf IMDB: 7 Punkte
Es ist alles zu sehr darauf ausgerichtet, allen Altergruppen ab 10 genügend zu bieten. Das schadet der Geschichte und der Glaubwürdigkeit der Charaktere. Angelina Jolie ist aber ein Grund, den Film anzusehen.

Und hier der Link zum Trailer von Maleficent

von Elisabeth Kaplan

In letzter Zeit wurde viel darüber geredet und geschrieben, welchen Stellenwert österreichische Musik im eigenen Land hat. Dafür hat der Fall Doris Lichtenegger gesorgt. Ich möchte mich deshalb in einer mehr-teiligen Serie mit österreichischen Bands beschäftigen.

Dieser Beitrag ist Teil 1 meiner Österreich-Serie und ich möchte mich dem Song „Maschin“ von Bilderbuch widmen. Für mich ist Bilderbuch die derzeit aufregendste Band in der österreichischen Popmusiklandschaft, weil sie so viel Gutes in sich vereint: Originalität, Mut, Intelligenz, makellose Produktion, und einen Leadsänger mit einer ordentlichen Portion Bühnenpräsenz. Die Band gibt es zwar schon seit neun Jahren, aber erst jetzt bekommen sie breitere Anerkennung mit ihrer Single „Maschin“ (von der EP „Feinste Seide“).

Während ihre früheren Alben eine immense jugendliche Energie ausstrahlten, sind die jungen Männer von Bilderbuch jetzt reifer und haben zu einem Sound und Stil gefunden, der auch mainstreamigere Zuhörer anspricht, ohne ihren punkigen Background zu verleugnen. Für mich klingt es, als wären sie jetzt angekommen. Und das wird belohnt mit stetig wachsendem Erfolg, Auszeichnungen und beeindruckenden 579.134 Klicks (stand von heute, über 2.000 Klicks mehr als gestern) auf YouTube für „Maschin“.
Bilderbuch
Nach dem internationalen Erfolg von Falco (1985-87), fiel die österreichische Popszene scheinbar in eine Depression, und Falcos extravagante Präsenz geht einfach ab seit seinem Tod im Jahre 1998. Hat vielleicht Maurice Ernst, der Frontman von Bilderbuch, das Zeug dazu, dieses Loch zu füllen? Er stolziert auf der Bühne herum mit einer Attitüde und einer Theatralik, die sonst nur den ganz Großen vorbehalten ist. Und es bedarf einer ganz speziellen Art des Selbstbewusstseins, um dieses Jackett, das er bei den Amadeus Awards getragen hat, zu rocken (www.youtube.com/watch?v=vsvrABRqgI8).

Schauen wir uns also den Song an: Obwohl die Texte von Bilderbuch oftmals fast surreale Bilder enthalten, die nicht verstanden werden können/wollen, glaub ich den Text von „Maschin“ zumindest oberflächlich begriffen zu haben. Grundsätzlich geht es um einen Typen, der ein Mädl aufgabeln will, indem er sie auffordert in seinen fetten Schlitten einzusteigen. Wenn allerdings der Refrain kommt, scheint es, als würde es sich eher um eine Liebesaffäre mit seinem Auto, seiner „Maschin“ handeln. Das Video (featuring einen quietsch-gelben Lamborghini!) unterstreicht diese Idee. Musikalisch gesehen, verstärken vor allem die Vocals die nicht zu leugnende Schwüle des Songs. Und meiner Meinung nach kommt der neue Sound der Band dem Sänger sehr entgegen und er kann jetzt seine stimmlichen Stärken richtig zeigen.

Die Basslinie spielt eine tragende Rolle in dem Song. Sie scheint so einfach, wenn man sie notiert sieht, aber sie ist trotzdem so raffiniert im Gesamten, dass man glatt übersehen könnte, dass es sich hier um die einfachste aller Akkordfolgen handelt, nämlich I – V – IV – I (Cm – Gm – Fm – Cm). Der Gitarrenriff, immer mit einem Synth gedoppelt, bildet das zweite prägende Element. Der Riff kommt im Intro und im Zwischenspiel zwischen der ersten und der zweiten Strophe in einer gekürzten Version vor; in seiner vollständigen Form im Refrain. Der Song basiert also auf einer zumeist unveränderten Basslinie, einem Gitarrenriff und einer einfachen Akkordfolge. Aber er ist trotzdem weder langweilig noch banal.
Maschin Akkorde
Der einprägsamste Teil des Songs ist natürlich der Refrain. Das erste, das auffällt, ist die Silbenrepetition (“Lala-la-la-lala-lass mich nicht los/Lele-le-le-lele-leg dich zu mir/Haha-ha-ha-haha-halt mich fest”). Dieses Stilmittel wirkt immer verspielt oder ironisch und macht uns auch hier deutlich, dass das alles nicht so ernst gemeint ist. Nach dieser Flut an Silben in den ersten drei Zeilen des Refrains, lassen Bilderbuch die Melodie in der vierten Zeile auf dem zweisilbigen Wort ¬– und Songtitel – „Maschin“ stehen: Eine effektive Methode, die Aufmerksamkeit auf das Wort zu lenken; es setzt sich von dem vorigen Gebrabbel ab und bekommt mehr Gewicht. Und hier noch eine Anmerkung zur Melodie im Refrain: Eine banale Melodie würde sich im Bereich der Tonika, Terz oder Quint der betreffenden Akkorde aufhalten. Bilderbuchs Refrain aber besteht großteils aus Tonwiederholungen auf dem B, das zuerst die Septim (von C-Moll) und dann die Quart (von F-Moll) darstellt. Dies erzeugt Spannung, wodurch die Aufmerksamkeit der Zuhörer gehalten wird.

Ich bin jedenfalls neugierig, was diese vier Herren als Nächstes machen. Mir würde es durchaus gefallen, wenn sie weiter in ihrer Trickkiste graben, um entsprechenden Nachschub in diesem Stil zu liefern, und dann so richtig groß werden. Ich halte also die Daumen, dass sie von den richtigen Leuten beraten und unterstützt werden und kluge Entscheidungen treffen.

Die englische Originalfassung dieses Beitrags gibts hier zu lesen:
Elisabeth Kaplan’s Blog