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Von Gabriele Rothuber
Ich kenne Paul Haller seit einigen Jahren, zusammengebracht hat uns das Thema Intergeschlechtlichkeit. Er war schon 2013 auf der Abendveranstaltung als Gast, 2014 dann als Workshopleitender bei der österreichweit 1. Intersex-Tagung in Salzburg. Gemeinsam sind wir Gründungsmitglieder der Plattform Intersex in Österreich. 

 

Wir sahen uns einige Male im Jahr, bei Plattform-Treffen oder Tagungen zum Thema LGBTI. Paul lebte in Wien, studiert Soziale Arbeit an der FH St. Pölten, arbeitete zuletzt im Flüchtlingswerk und ehrenamtlich in der „queerconnexion“, einem Schulprojekt für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt.

Im Herbst ergab es sich, dass Bernhard Damoser, der das Office der HOSI Salzburg leitete, eine Stelle in der Diakonie Salzburg annahm.

Und da Paul seit Jahren immer wieder mit Erstaunen festgestellt hatte, was wir in der HOSI Salzburg denn so alles auf die Beine stellen, hat er umgesattelt: vieles, was Paul im ehrenamtlichen Aktionismus bereits realisiert hatte, kann er nun zu seinem Beruf machen. Er wird auch das Projekt „Schule der Vielfalt“ der HOSI leiten. Somit ist er kurzerhand nach Salzburg übersiedelt und übernimmt mit Dezember die neu geschaffene Geschäftsführungsstelle der HOSI Salzburg.

Auch in der Watchgroup gegen sexistische Werbung wird Paul sich einbringen – war er ja bereits in Wien Mitglied.
Erfreulicherweise bleibt uns Berni als Vorstandsmitglied und Leiter des Interkulturellen Referates erhalten.

Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Paul und die Realisierung vieler toller Ideen! Und da Paul ein extrem guter Vernetzer ist, werden ihn bestimmt viele von Euch bald mal kennenlernen…

Bild Hosi Salzburg – von links nach rechts:
Obmann Josef Lindner, Paul Haller, Obfrau Gabriele Rothuber, Bernhard Damoser

von Gabriele Rothuber

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Gabriele Rothuber ist Intersex-Expertin

Familiengeheimnisse, Tabus, über die innerhalb und/oder außerhalb der Familie nicht gesprochen werden, haben eine große Wirkmacht auf das Familiengefüge und deren einzelnen Mitglieder.Als „Tabuthema“ wird ein Thema bezeichnet, das nicht oder nur eingeschränkt öffentlich thematisiert wird. Oft handelt es sich dabei um Gebiete, die wunde Punkte einer Gesellschaft berühren. Auch wenn heute in westlichen Ländern vielfach von einer „Gesellschaft ohne Tabus“ gesprochen wird, gibt es auch hier, wie in jeder Gesellschaft Tabuthemen, die insbesondere bestimmte Zustände der Körperlichkeit ansprechen (Wikipedia)

Intersex berührt wunde Punkte der Gesellschaft, die davon ausgeht, dass es nur Frauen und Männer gibt / geben darf! Intersex fordert dazu auf, die Realität anzuerkennen, dass es Geschlechtsidentitäten jenseits von weiblich und männlich gibt.

Es kann unterschiedliche Beweggründe geben, weshalb über eine gewisse, die Familie oder einzelne Mitglieder betreffende, Thematik nicht gesprochen wird,: so dienen sie etwa bei häuslicher körperlicher / sexueller Gewalt der Macht, Verschleierung und Aufrechterhaltung der “Normalität” nach außen. Eltern können ihre Kinder jedoch auch vor vermeintlicher Abwertung oder Bloßstellung beschützen wollen. Schweigen kann auch einfach dem Warten “auf den richtigen Zeitpunkt” dienen, in dem über das Geheimnis gesprochen werden soll.

Sprachlosigkeit in der Familie

Viele intersexuell Geborene berichten von ebendieser Sprachlosigkeit innerhalb der Familie: so wurde vielen jahrelang nichts über ihre “Besonderheit” erzählt – nicht einmal dann, wenn an den inneren und/oder äußeren Sexualorganen operative Veränderungen vorgenommen wurden!  Dies wird oftmals als Verrat, als ein Ausgeliefertsein, das Fehlen des elterlichen Schutzes und Erschütterung des Urvertrauens empfunden und trägt kaum zu einer gelingenden Eltern-Kind-Beziehung bei.

Die starke Tabuisierung – ein “Familiengeheimnis”, das auf allen Beteiligten, am meisten jedoch sicher auf den Betroffenen lastet – zieht sich meist weiter in die Pubertät und das Erwachsenenalter. Zu groß erscheint die Angst vor Diffamierung, Ausgrenzung und Sensationsgier anderer. Zu groß ist noch immer die gesellschaftliche Tabuisierung von Intersex!

Der Machbarkeitswahn von Dr. Money’s “Optimal Gender Policy” der 50er Jahre ging davon aus, sexuelle Identität unabhängig vom Körper, mit dem man geboren wird, könne anerzogen werden. Inter*Kinder sollten dementsprechend früh einem Normgeschlecht “angepasst” werden – hierüber sollte eine strenge Geheimhaltung herrschen: die Kinder / Jugendlichen sollten niemals erfahren, wie sie geboren wurden.

2005 wurde in der Chicago Consensus Conference u.a. die offene Kommunikation mit Inter* und Eltern als neue Richtlinie festgelegt.

Und doch wirken Money’s Richtlinien in der Medizin bis heute nach!

Familiengeheimnis?

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Einer von 1000 Menschen ist intersexuell – also in Salzburg mehr als 500!

“Von belastender, lähmender, unterdrückender oder dysfunktionaler Wirkung scheinen Familiengeheimnisse vor allem dort zu sein, wo einem oder mehreren Familienmitgliedern sie zutiefst betreffende Fakten vorenthalten werden. Das sind vor allem Fakten um Leben geben und Leben bekommen, Fakten um Tod, schwere Krankheit und schwere Schuld in der Familie. Es sind Informationen, die die Basis, die Wurzel unseres Selbstbildes, unserer Identität, unseres Platzes im Leben betreffen (…)” (Guni-Leila Baxa)

Auch in ihrer Kindheit nicht operierte Inter*Personen[1] beklagen, in der Kindheit nicht über ihre “Besonderheit” aufgeklärt worden zu sein: darüber wurde nicht gesprochen; wohl aber ahnen Inter*Kinder, dass sie “anders” sind als die anderen. Sie werden versteckt, “behütet”, dürfen sich nicht mit anderen Kindern umziehen, sich nackt zeigen oder ihre Körper durch “Doktorspiele” erfahren, dürfen nicht von anderen gewickelt werden etc.: eine natürliche Herangehensweise an kindliche Sexualität mit all ihrem sinnlichen Forscherdrang, wie sie eine psychosexuelle Entwicklung fördert, bleibt vielen Inter*Kindern verschlossen – zu groß scheint die Gefahr, “entdeckt” zu werden.

Belastende Geheimnisse formen die Beziehungen innerhalb der Familie:

die einzelnen Mitglieder wissen, mit wem wie gesprochen werden darf, welche Grenzen nicht überschritten werden dürfen, wo Obacht angebracht ist etc. “Immer ist da die Sorge, an etwas zu rühren, ist da eine Vorsicht und ständige innere Kontrolle worüber gesprochen werden darf und worüber nicht.” (Baxa)

Zur Erklärung:

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Das Open Mind Festival – Foto (c) Hannah Gottschalk

Im medizinischen Ideal-Fall hat ein “Mann” XY-Chromosomen, Testosteron und Spermien produzierende Hoden in einem Hodensack unterhalb seines Penis, der bei der Geburt größer als 2,5 Zentimeter ist und in dessen Eichel die Harnröhre mündet. Sein Körper reagiert auf das Testosteron in der Pubertät mit Haarwuchs, Stimmbruch und Muskelwachstum.

Eine “Frau” hat XX-Chromosomen, weibliche Hormone und Eizellen produzierende Eierstöcke, eine in eine Gebärmutter mündende Scheide unter ihrer bei der Geburt weniger als 0,7 cm großen Klitoris und der darunterliegenden Harnröhre. Ihr Körper reagiert auf die weiblichen Hormone mit der Produktion von Eizellen und Brustwachstum. (Siehe www.vimoe.at)

Rund einer von 1000 Menschen wird allerdings mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen geboren oder entspricht in irgendeiner Weise nicht den klassischen Idealen eines rein männlichen oder weiblichen Körpers – das ist Intersex.

Die ISNA – Intersex Society North America – geht gar davon aus, dass eines von 100 (!) Kindern mit Genitalien auf die Welt kommen, die in irgendeiner Weise nicht „der Norm“ entsprechen! Geschlecht und Normierung geht uns alle an!

Die allermeisten intersexuellen Menschen (ca 85 %) werden aber erst im Laufe ihres Lebens „entdeckt“, etwa in der Pubertät: wenn Hormone den Körper in eine unerwartete Richtung verändern (etwa Ausbleiben der Regel, Stimmbruch, Bartwachstum oder Klitoriswachstum bei „Mädchen“ oder Brustwachstum, Ausbleiben von Bart, Stimmbruch und Peniswachstum bei „Burschen“)
[1] Auch heute noch werden über 85 % der Inter*Neugeborenen chirurgisch/hormonell einem Normgeschlecht angepasst! Dies bedeutet für viele die Wegnahme gesunder Keimdrüsen („Kastration“), die lebenslange Substitution künstlicher Hormone, den Verlust der Zeugungs- oder Gebärfähigkeit, den Verlust sexueller Empfindsamkeit etc.

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Gin Müller & Gorji Marzban „Trans Gender Moves“ Foto (c) Lisbeth Kovacic

In Salzburg veranstaltet die HOSI Salzburg in Kooperation mit der ARGEkultur im Rahmen des Open Mind Festivals „Ich ist eine andere“ am 21.11. einen Trans*Inter*Thementag mit kostenlosen Workshops:

Hier geht es zum Open Mind Festival in Salzburg!

mehr Infos unter:

www.vimoe.at

www.hosi.or.at

www.courage-beratung.at

www.plattform-intersex.at

Ein Beitrag unserer Gastautorin Gabriele Rothuber

Unter dem Begriff Intersex fasst man biologische Besonderheiten bei der Geschlechtsunterscheidung zusammen. So können IntersexNeugeborene sichtbare, wie die Genitalien und/oder von außen nicht sichtbare Merkmale, wie Keimdrüsen, Hormone oder Chromosomen beider Geschlechter aufweisen. Bei vielen IntersexPersonen verändert sich der Körper jedoch erst in der Pubertät, wenn etwa eine Verweiblichung bei Burschen oder Vermännlichung bei Mädchen einsetzt. Intersex_nurLogo

Aber: IntersexPersonen sind keine Gruppe von behandlungsbedürftigen Kranken, sondern einfach „anders“, also „von der zweigeschlechtlichen Norm abweichend“ geboren!

Intersex ist in Gesellschaften stark tabuisiert, die fast alles auf eine Beziehung von Mann und Frau ausrichten, von Werbung bis zu Heiratsmöglichkeiten. Die Betroffenen leben oft in der Isolation, aus Angst vor Stigmatisierung. Zudem mussten viele von ihnen „geschlechtsangleichende“ Operationen über sich ergehen lassen: auch heute noch werden 90 % aller Intersex-Neugeborenen diesen in den allermeisten Fällen nicht notwendigen, sondern rein kosmetischen Behandlungen unterzogen! Damit einher gehen oft der Verlust der Zeugungs- oder Gebärfähigkeit sowie der sexuellen Empfindungs-fähigkeit. Vorrangiges Ziel der Intersex-Interessensgemeinschaften ist deshalb ein Verbot von Zwangsoperationen an Kindern! Jedes Kind sollte mit seinen eigenen, individuellen Geschlechtsmerkmalen aufwachsen dürfen.

Die HOSI Salzburg möchte neben ihrem Beratungs- und Vernetzungsangebot verstärkt mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf die Lebensrealität intersexueller Personen aufmerksam machen und veranstaltet heuer erstmals den INTERSEX SOLIDARITY DAY am 8.11. im Unipark Nonntal in Kooperation mit der Österreichischen Hochschülerschaft und dem GendUp der Universität. Neben der Hoffnung, mit dem Programm Interessierte aus den Bereichen Politik, Medizin und Pädagogik zu erreichen, ist es ein großes Anliegen, Betroffenen und Angehörigen Mut zu machen, aus der Isolation zu treten.

Die Menschenrechtsinitiative HOSI Salzburg (Abk. für Homosexuellen-Initiative) wurde 1980 gegründet. Im Sommer 2012 nahm der Vorstand das I für Intersex in seine L(esbian)G(ay)B(i)T(rans)-Statuten auf und erarbeitete 2013 ein Positionspapier. Das heißt die „Beschäftigung“ mit der Thematik rund um Intersex ist relativ jung – und trotzdem ist die HOSI Salzburg eine der ersten österreichischen Organisationen, die „Zwischengeschlecht“ thematisiert und somit ihr Beratungsangebot auf Inter* Personen und deren Angehörige erweitert.

Wer mehr darüber wissen möchte kann sich an mich wenden:

Mag.a Gabriele Rothuber                           intersex@hosi.or.at

Dipl. Sexualpädagogin

Intersex-Beauftragte der HOSI Salzburg

http://www.hosi.or.at/

Logo_Intersex_mitText

  

INTERSEX SOLIDARITY DAY

 

8. NOVEMBER 2013

Leben zwischen den Geschlechtern

Gehen Sie ruhig davon aus, eine Intersex-Person zu kennen,

ohne es zu wissen – darüber wird nicht gesprochen.

18 Uhr im UNIPARK NONNTAL, Hörsaal Georg Eisler, Salzburg 

* „Intersexualität – geschlechtliche Vielfalt anerkennen“

Impulsreferat Mag.a Gabriele Rothuber, Sexualpädagogin beim Verein Selbstbewusst, Intersex-Beauftragte der HOSI Salzburg

* „Die Integration des „I“ in die HOSI Salzburg“

Mag. Josef Lindner, Obmann HOSI Salzburg

* Österreichpremiere des Animationsfilms „Hermes & Aphrodite“ von Gregor Zootzky, 2013, 9:50 Min.

* Podiumsdiskussion: Zur Situation von Intersex-Personen in Österreich: Mag.a Andrea Gruber (Politikwissenschafterin), Alex Jürgen (österreichischer Intersex-Aktivist, Betroffener), Teresa Lugstein (Runder Tisch Menschenrechte Salzburg, Mädchenbeauftragte des Landes Salzburg – make it Büro für Mädchenförderung)

Moderation: Mag.a Alexandra Schmidt (Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg)

Pause mit Erfrischungen und Imbiss

Ausklang: Film „Tintenfischalarm“ von Elisabeth Scharang, mit Alex Jürgen, 2006, 107 Minuten

Büchertisch der Rupertus Buchhandlung

Anmeldung und Zählkarten unter: intersex@hosi.or.at

Eine Kooperation der HOSI Salzburg, des Gendup und der ÖH