Beiträge

von Elisabeth Kaplan

Vor einigen Wochen hat Zartbitter einen Aufruf gestartet, um neue österreichische Pop-Acts kennenzulernen und unter die Lupe zu nehmen. Am besten gefallen von allen Einreichungen hat uns Kathi Kallauchs Song „Schon Sehen“.

Unsere Nr. 1: Kathi Kallauch  (Foto: Bernhard Eder)

Unsere Nr. 1: Kathi Kallauch
(Foto: Bernhard Eder)

Kathi Kallauch ist zwar gebürtige Deutsche, lebt aber seit ihrer Jugend in Österreich. Als Sängerin und Songschreiberin begeistert Kallauch durch ihre Natürlichkeit und authentische, sympathische Ausstrahlung. Ihre erste EP mit sechs eigenen Songs hat sie Ende September rausgebracht und zu „Schon Sehen“ gibt es auch ein charmantes Video.

Im Hier und Jetzt leben. Wie geht das?!
Inhaltlich dreht sich „Schon Sehen“ um die Bemühungen einer Person, die Aufforderung umzusetzen, im Hier und Jetzt zu leben – ein Ratschlag, der leichter gesagt als getan ist, wie Kallauch in den ersten paar Zeilen festhält:
Wie meinst du das jetzt: „Leben im Jetzt“?
Ich sitz auf meinem Bett und versuch ihn zu umarmen den Moment
der immer wieder wegrennt.

Mit diesem Dilemma setzt sich die Sängerin in den ersten beiden Strophen auseinander. Mit dem Einsatz des Refrains scheint es dann plötzlich Klick zu machen. Sie singt:
Und dann wird alles so einfach
Ich lass die schweren Dinge los …

So sieht das Cover zu Kathi Kallauchs EP aus. Wenn euch wichtig ist, dass es weiterhin österrichische Popmusik gibt: Die EP gibts zu kaufen

So sieht das Cover zu Kathi Kallauchs EP aus. Wenn euch wichtig ist, dass es weiterhin österrichische Popmusik gibt: Die EP gibts zu kaufen

Instabile Struktur hebt die Unvorhersehbarkeit hervor
An den Strophen gefällt mir ihre Fluidität: Geht man davon aus, dass es drei Strophen gibt (1. „Wie meinst du das jetzt“; 2. „Türen gehen zu“; 3. „Du hältst meinen Kopf“ – wobei man die beiden ersten auch als eine zusammengefasste Strophe sehen könnte), unterscheiden sich diese in Bezug auf ihre Länge und melodische Bewegung. Die mäandernden, wellenartigen Bewegungen in der Gesangslinie sind wie das Leben selbst, das unvorhergesehene Wendungen nimmt, und unterstreichen die Idee des Songs, nämlich die Dinge einfach so zu nehmen, wie sie kommen. Eine rigide, auf vier-taktige Abschnitte aufgebaute Struktur würde dem Song hier ganz und gar nicht dienen. Besonders gefällt mir der gekürzte Takt bei „wegrennt“, der beim Anhören tatsächlich den Eindruck vermittelt, als würde einem der Moment durch die Finger flutschen.

Stabile Struktur betont die Erkenntnis
Der Refrain ist strukturell stabiler und klarer als die Strophen, denn da wird plötzlich „alles so einfach“, wie es im Text heißt. Inhaltlich ist ja der Refrain der Punkt, an dem die Sängerin erkennt, was es bedeutet, den Augenblick voll auszukosten, wo also alles klar wird.

Die instrumentale Begleitung gibt jedem Refrain einen anderen Charakter: So übernimmt sie im ersten Refrain die Leichtigkeit aus der Strophe mit den Akkordzerlegungen in der Gitarre. Der zweite Refrain wird spielerischer, dank einer Veränderung im Schlagzeugrhythmus und der Beifügung eines Akkordeons. Im dritten Refrain wird die Begleitung reduziert, sodass sie nur aus Ukulele und Glockenspiel besteht. Diese Instrumentenkombi erzeugt eine sorglose und verspielte Stimmung – eben die kindliche Sicht auf die Welt. Bei den weiteren Wiederholungen wird dann wieder aufgebaut, indem die anderen Instrumente und Backing Vocals wieder dazukommen.

Resumee
Kathi Kallauch ist mit ihrem Akustik-Pop-Sound und gewissenhaft getexteten Lyrics ein Gute-Laune-Song gelungen, der zu recht sogar auf Ö3 Airplay bekommt. Wir von Zartbitter gratulieren ihr dazu. Weiter so, Kathi – und viel Erfolg!

Unterstützt die heimische Musikszene und kauft die EP! Zum Beispiel auf iTunes.

Georg Gruber ist bald 38 Jahre, Sozialarbeiter, in einer glücklichen Beziehung und leidenschaftlicher Bluesgitarrist und –sänger.

Zartbitter: Georg, du und deine Gitarre habt ja ein besonderes Verhältnis. Kannst du uns das beschreiben?georg 1

Georg: Ich und meine GitarreN. Es ist ja wissenschaftlich erwiesen, dass Gitarristen ein unstillbares Bedürfnis nach mehr Equipment haben. Nur die Frauen der Gitarristen können das begrenzen. Alles, was man 10.000 Mal gemacht hat, kann man gut. Eine Gitarre ist so ein haptisches Instrument. Wenn man es kann, dann muss man nicht mehr denken, man lässt es laufen. Und wenn es jemandem anderen auch gefällt ist es schön. Man spielt aus dem Bauch heraus, man kann sich gehen lassen.

Zartbitter: Was sind deine bevorzugten Musikrichtungen und warum?

Georg: Auf jeden Fall bluesig, aber elektrischer Blues. Man hört so Blueshelden wie Stevie Ray Vaughan und dann packt es einen. Beim Blues hat man ja die größte Freiheit, es gibt keine tonalen Beschränkungen. Man spielt mit guten Leuten zusammen, wir sprechen die gleiche Bluessprache. Ich höre gerne Blues und will ihn einfach auch spielen.Floyd-Council,-Rockhouse-2013-04-05---65

Zartbitter: Du spielst ja viele Konzerte, hast zahlreiche Fans. Was ist das Besondere?

Georg: Es ist jedes Mal besonders, wenn man ein Konzert spielt. Und vor zwei Jahren hatte ich die Erkenntnis, dass ich abendfüllend spielen und singen kann. Es geht gut und gleichzeitig mache ich die Erfahrung, wie fordernd das ist. Das Powertrio ist ja Bassgitarre, Schlagzeug und die Stimme. Es ist eine intensive Auseinandersetzung mit der Musik. Die Gitarre ist das einzige Harmonieinstrument, man hat alle Freiheiten, das ist wunderschön. Wir haben mal einen Pink Floyd Gig gespielt. Es kamen dann Männer um die %50 Jahre mit Tränen in den Augen, weil sie so eine tolle Erinnerung an die Musik ihrer Jugend hatten. Musik geht ganz tief hinein, du kannst dir nicht helfen gegen die Emotionen. Musik spricht uns auf einer anderen Ebene an. Wenn man die Menschen hier trifft und anspricht, dann ist das was Besonderes. Das kann bei jeder  Musik sein, vom Schlager bis zum Ethnopop. Und manchmal hat man das Glück mit einer Weltgröße zu spielen, so wie ich mit dem Schlagzeuger Purdy von Motown. Das war eine zufällige Session, aber unbeschreiblich cool.

Zartbitter: Was ist dein Wunsch für die Zukunft?Floyd-Council,-Rockhouse-2013-04-05---52

Georg: Konkret, dass wir demnächst eigene Songs machen. Abstrakt, dass ich weiterhin einfach gute Musik machen kann.

Zartbitter: Danke Georg für das Gespräch und viel Freude bei deinen Gigs.

Mehr findet ihr auf: www.gicband.com

 

Die schönen Fotos sind von:  © Christian Streili | streili.blogspot.com und  © Walter Hirzinger