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Vier Flüchtlinge aus vier Ländern werden an der Universität Salzburg im Rahmen des Projekts „refugee stories – Geschichten einer Flucht“ über ihr gefährliches Leben berichten. Darunter auch Gerald Manjuo, der von Kamerun nach Salzburg kam und den wir nun näher vorstellen. 

Früher war Gerald Manjuo als Reiseführer auf der gesamten Welt unterwegs. Er arbeitete unter anderem einige Jahre für die Swiss Air, darum spricht der Kameruner auch sehr gut Deutsch. Im Juni dieses Jahres  kam er nach Traiskirchen, seit Juli wohnt er in Salzburg. Er musste flüchten, weil er in seinem Heimatland Kamerun politisch verfolgt wurde.

Der afrikanische Staat war bis zum Ende des 1. Weltkriegs eine deutsche Kolonie. Danach wurde er zwischen den Briten und Franzosen aufgeteilt. Seit 1960 ist Kamerun eine Präsidialrepublik mit einer eigenen Verfassung, dennoch besteht noch immer eine große soziale Kluft zwischen den beiden Territorien. Gerald Manjuo kommt aus dem ehemals britisch besetzten Teil Kameruns, genauer gesagt aus der Zwei-Millionen-Metropole Douala, das im Südwesten an den Atlantik grenzt.

„Kamerun ist geprägt von Korruption, und es gibt ständig Menschenrechtsverletzungen. Der Westen des Landes steuert vor allem durch die Öl-Vorkommen einen Großteil für das wirtschaftliche Vorankommen bei, dennoch werden wir noch immer unterdrückt“,  erklärt der 43-Jährige.

Also habe er sich mit anderen Gleichgesinnten zusammengeschlossen, um gegen diese Ungerechtigkeiten vorzugehen. Bei einem Treffen der 53 Staaten des Commonwealth hatte er die Möglichkeit, seine Anliegen den ausländischen Politikern zu schildern. „Ich war danach drei Wochen im Gefängnis, konnte mit niemandem sprechen.“ Sie hatten ihm während dieser Zeit auch gedroht, dass er bei einem weiteren Verstoß die Todesstrafe bekommen würde.

Dennoch ließen sich Gerald Manjuo und seine Mitstreiter nicht mundtot machen. „Wir haben eine Gruppe gegründet und versucht, vor allem über die Medien auf die Missstände aufmerksam zu machen.“ Nach einem Bombenanschlag auf ein Studentenheim wurde seine Gruppe als Drahtzieher des Attentats beschuldigt, obwohl es keinerlei Beweise gab. „Das war für die Regierung eine gute Chance, uns loszuwerden.“ Manjuo musste sich daraufhin verstecken, durch gute Kontakte gelang ihm schließlich per Flugzeug die Flucht. Zuerst in die Türkei und dann nach Österreich.

Nun versucht er, den Dialog mit Politikern in ganz Europa zu suchen. „Europa hat an unserer Misere großen Anteil und muss uns endlich helfen“, sagt er. Er hofft, dass der jetzige Präsident in Kamerun, Paul Biya, der bereits seit  1982 im Amt ist, bald Geschichte sein wird. „Er ist  82 Jahre alt. Ich sehne mich nach einem Ende seiner Herrschaft“, sagt Gerald Manjuo, der hofft, in ein paar Jahren zu seiner Familie nach Kamerun zurückkehren zu können.

Informationen zum Projekt: „refugee stories – Geschichten einer Flucht“ wurde vom Friedensbüro und dem Verein Intersol ins Leben gerufen. Vier Flüchtlinge erzählen in der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät über ihr Leben auf der Flucht. Die Termine der moderierten Gespräche sind am 28. Oktober, 11. November, 25. November und 9. Dezember ab jeweils 17.30 Uhr im Hörsaal 381.

von Ayad Salim

Warum Österreich? Episode 1Warum Österreich? Episode 2  /  Warum Österreich? Episode 3

[scroll down for the English and Arabic versions]

Ich verließ Istanbul und fuhr in die Provinz, wo meine Verwandten wohnten. Ich traf dort zwei Tage später einen Araber. Er behauptete, er könne mich in ein europäisches Land bringen, nannte aber weder Datum noch Zeitraum. Wir vereinbarten, uns ein paar Tage später wiederzusehen – nach den Feiertagen zum Ende der islamischen Pilgerzeit. Nach diesem Treffen spürte ich Hoffnung und Angst zugleich. Die Hoffnung, in die Sicherheit eines Landes zu gelangen, in denen Menschenrechte geachtet werden. Und die Angst, dass etwas meine Hoffnung zunichte machen könnte.

Ayad Türkei1An den Tagen vor dem Fest (das auf Arabisch Eid heißt) füllten sich die Plätze der türkischen Städte mit Menschen und Verkaufsständen, die alles anboten – von Kleidung zu Haushaltswaren. Ich erinnerte mich daran, wie ich im Irak mit meiner Familie die Märkte besuchte. Und wie meine Söhne und ich gemeinsam darüber redeten, was wir alles kaufen wollten. Jeder von ihnen bekam etwas: Ich begann mit meinem ältesten Sohn, Abdullah, dann Omar und schließlich bekam auch Salem, mein jüngster Sohn, etwas. Ich kaufte ihnen schöne Kleidung und andere Dinge. Danach gingen wir gemeinsam essen. Das letzte Mal war ich 2011 mit ihnen einkaufen – vor der Scheidung. Es waren schöne Zeiten. Immer wenn ich nun solche Szenen in der Türkei beobachtete, blieb die Zeit für mich stehen und ich spürte, wie eine Traurigkeit mein Herz zerdrückte.

Eid kam, aber ich bekam nichts davon mit. Ich tauschte keine Glückwünsche am ersten Tag aus. Und bei all der freudigen Aufregung und dem bunten Treiben in der Stadt war ich ein Außenstehender. Ich fühlte mich, als würde ich in einem dunklen Keller leben. Ich zog mich in mein Zimmer zurück, schloss die Tür und blieb alleine.

Die Feiertage gingen vorüber und ich wartete auf einen Anruf von dem Mann, der mich aus der Türkei rausholen und nach Europa bringen sollte. Zwei Tage später trafen wir uns. Was er über die Reise sagte, war nicht schlüssig und ich fühlte mich dabei ganz und gar nicht wohl. Er konnte mir kein einziges konkretes Detail über den zeitlichen Ablauf und die Orte nennen. Er verlangte nur mehr Geld. Wir wurden uns nicht einig und so brach ich den Kontakt ab. Mich überkam daraufhin ein Gefühl, das Worte nicht beschreiben können.

Doch dann hörten meine Tränen auf zu fließen und ich beschloss, mich nicht der Traurigkeit hinzugeben, sondern dieses Gefühl als Ansporn zu nehmen, nach Europa zu gelangen. In ein Land, wo ich frei und sicher sein und ein würdiges Leben führen konnte – und das mir die Möglichkeit gibt, meinen Kindern eine anständige Zukunft zu bieten. Ich beschloss daher, wieder nach Istanbul zurückzukehren und dort einen Ausweg zu finden.

Fortsetzung folgt …

Why Austria – Episode 4

I left Istanbul and went to the province, where my relatives lived. I met an Arab two days later. He claimed he could take me to a European country but neither specified the time nor the date. We agreed to meet a few days later, after the holidays that conclude the Islamic pilgrimage season. After that meeting I felt hope and fear at the same time. The hope of getting to safety and to a country that offers a high level of human rights. And the fear that something will destroy my hopes.

In the days before the feast (called Eid in Arabic) squares in the Turkish cities became more crowded with shoppers and vending stalls that sold everything from clothes to household goods. I remembered how I used to go to the markets with my family in Iraq and how my sons and I discussed all the things we wanted to buy. Each one of them got something. I always started with my oldest son Abdullah, then Omar and finally my youngest son, Salem. I used to buy them the best clothes and nicest things and then we had a meal together. The last time I went out shopping with them was in 2011, before the divorce. Wonderful times. Time stopped to me while I saw these scenes in Turkish cities. And I felt great sadness squeezing my chest.

The days of the Eid came, but I didn’t even notice. I didn’t exchange congratulations with anyone on the first day and was not part of the excitement and the colourful hustle and bustle in the city. It felt as though I were living in a dark cellar. I got back to my room, closed the door and stayed on my own.

Eid passed, and I waited for a call from the person who was supposed to get me out of Turkey and to Europe. Two days later we met. What he said about the trip didn’t sound coherent and I didn’t feel comfortable about it. He did not give a single specific detail about the timing and places, but asked for more money. I broke off the contact, as we didn’t come to an agreement.

I felt a feeling that words cannot describe. The tears stopped in my eyes and I decided not to give in to sadness and turn it into a spur to get to Europe. To a country where I would be free and safe and live with dignity. A country where I could live a better life and secure a decent future for my children. So I decided to return to Istanbul to search for a way out.

To be continued …

لماذا النمسا ؟ .. الحلقة الرابعة وصلت من اسطنبول الى المكان الذي كان يسكن فيه اقاربي. وبعد يومين التقيت شخصا عربيا عمره مقارب لعمري. ادعى بانه قادر على ايصالي الى احد البلدان الاوربية لكنه لم يحدد الوقت والموعد. اتفقنا على ان نلتقي بعد ايام قليلة وتحديدا بعد انقضاء ايام العيد الخاص بموسم الحج للمسلمين. دفعة من الامل والخوف معا كانت تسري في جسدي. الامل بالخلاص والوصول الى بلد يتمتع بمستوى عال من حقوق الانسان والخوف من حدوث شيء يمنع هذا الامل. ايام ما قبل العيد بدأت الساحات في المدن التركية بالتزاحم بسبب الناس المتبضعين وانشاء المحلات الصغيرة المؤقتة لبيع مختلف البضائع من ملابس وحاجات منزلية خاصة بالعيد. وكلما رائيت حاجة او قطعة ملابس خاصة بالاولاد، حينها تذكرت كيف كنت اخرج مع عائلتي في العراق الى الاسواق ومعي اولادي ونحن نتبادل الحديث حول كل حاجة نريد شرائها. نقوم باختيار الملابس لكل واحد من اولادي كنت ابدأ بالكبير عبدالله ومن ثم عمر واخيرا ابني الصغير سالم. كنت معتادا ان اشتري لهم افضل الملابس والاشياء. كان اخر تسوق لي معهم عام 2011 قبل الطلاق. كانت اوقاتا رائعة ونحن نشتري الملابس وايضا ندخل بعض المطاعم لتناول السندويشات والمرطبات بعد كل جولة في الاسواق. توقف الزمن عندي وانا ارى هذا المنظر في المدن التركية. وشعرت بكل حزن الدنيا يعصر صدري. لم تعد الدموع هنا كافية للتخفيف عني. الالوان اختفت عن انظاري. اصبح اللون الرمادي هو السائد. رفعت عيني الى السماء واخرجت نفسا عميقا احسست ان كل حياتي وروحي تخرج معه. جاءت ايام العيد ولم احس بها. التبادل التهاني مع اي شخص في اليوم الاول. كنت اشعر باني داخل قبو مظلم رغم كل الالوان الزاهية التي تزينت بها المدينة من ملابس الاطفال والناس الفرحين بايام العيد. الاولاد مع ابويهم. وايضا تذكرت في اول ايام العيد كيف نتناول الفطور الخاص بهذه الايام. ويقوم الاب باعطاء النقود لاولاده وهو ما نسميه بالعيدية بعد ان يرتدوا ملابسهم الجديدة. رجعت الى غرفتي واغلقت الباب وبقيت لوحدي. شعور لاتصفه الكلمات من الحزن والحسرة. توقفت الدموع في عيني من كثرتها. وتوقفت الافكار في عقلي من تزاحمها. وفي المساء قررت ان لا استسلم للحزن وان اجعل من هذه اوقات العصيبة دافعا لي للوصول الى حياة افضل لكي اعيد نفس الذكريات مع اولادي اوقات العيد ومن اجل تامين حياة كريمة لهم في بلد كريم. انقضت ايام العيد وانتظرت اتصالا من الشخص الذي سيقوم باخراجي الى اوربا. اتصل بعد يومين من انتهاء العيد والتقيت به. لم يكن كلامه مريحا ومترابطا بشان الرحلة. لم يعطي تفاصيل مقنعة عن التوقيتات والاماكن، وطلب اموال كثيرة. لم اتفق معه وانهيت اللقاء. ازداد الحزن في نفسي لكن ازداد معه اصراري بالنجاح والوصول الى اوربا من اجل حياة افضل اهم شيء فيها ان اكون انسانا آمنا وحرا وان اعيش بكرامة ومن اجل اولادي ايضا كي يبقون فخورين بي لان ساقوم بتامين حياة افضل لهم. لهذا قررت العودة الى اسطنبول من اجل البحث عن مخرج. من جديد … الى اللقاء في الحلقة المقبلة لتكملة القصة

von Michael König

Gemeinsames Kochen war vereinbart. Wir holen die vier syrischen Männer am Samstag Nachmittag vom Flüchtlingsquartier ab. Ich bin gespannt. Was wird mich an diesem Nachmittag & Abend erwarten? Einlassen auf das mk2Fremde in der Heimat und das gleich im eigenen Zuhause. Normalerweise naschen wir vom exotischen Duft des Fremden in der gesicherten geografischen Distanz einer Fernreise. Nun aber sind die Fremden zu uns gekommen. Fluchtort Salzburg. Ungefragt. Begegnung ist angesagt. Von der Theorie zur Praxis. Die Männer erwarten uns schon freudig. Die Gruppe für das gemeinsame Kochen konstituiert sich. Vier Männer und ein österreichisches Paar. Keine wirklich gegenderte Gruppe. 5 zu 1. Ich bin gespannt. Der Witz beginnt schon im Auto zu laufen. Wir kennen uns nur von flüchtigen Begegnungen im Flüchtlingsquartier, die Geflüchteten und wir.
Unsere erste Etappe führt uns in den Supermarkt. Machmut, der freundliche Koch aus Damaskus, dessen Restaurant im Bombenhagel in Schutt und Asche gelegt wurde, hat das Menü schon geplant: Tabola, Bamya, Kabsa (Reisgericht mit Huhn oder Lamm), Mzabal und Salate. Mithilfe der arabisch-deutschen Apps füllt sich der Einkaufswagen rezeptgenau. Lustvoller Kontaktaufbau beim gemeinsamen Auswählen. Lachen, Gestikulieren, Übersetzen, Raten. Der Wagen füllt sich. Ich muss sie ermutigen, den Einkaufswagen ausreichend zu bestücken. Was denken sich die vier Männer wohl? Der Begegnungsfunke ist jedenfalls schon übergesprungen.

 

In heiterer Stimmung geht’s auf die Autobahn und raus aufs Land. Zuhause angekommen, übernimmt Machmut die Regie. Drei Stunden wird nun in entspannter Atmosphäre gekocht. Wohlwollend verfolge ich, wie sich die Männer in unserer österreichischen Küche leichtens zurechtfinden. In einem großen Topf köcheln Hühnerkeulen, leckere Salate, Auberginencreme und würzige Reisgerichte nehmen Gestalt und Geschmack an. Mich beeindruckt die Ruhe und Sorgsamkeit, mit der unser Koch die Gerichte entstehen lassen. Serag, der Techniker eines Ölbohrfeldes bei Deir-ez-Zur und Taha, der Anästhesiepfleger, schildern mir währenddessen ihre Fluchtroute via Google map. Handy-Videos zeigen Bilder von den Fluchtwegen über schroffe mazedonische Berge und durch dichte serbische Wälder, die sie durchqueren mussten. Geschichten von überfüllten Booten in der Ägis, zurückgelassenen, hoffenden Ehefrauen und Kindern. Irgendwann merke ich, wie sich mein Rücken verspannt. Der Mzabal sieht besonders lecker aus. Das Leben geht weiter. Jeden Tag schickt Serag seiner Frau fünf deutsche Wörter in die Türkei, wo sie darauf wartet, ihrem Mann mit ihren beiden Kindern nachfolgen zu können.

Nach drei Stunden ist es soweit. Wir lernen, dass die herrlichen syrischen Gerichte alle gleichzeitig auf den Tisch serviert werden. So ist es in Syrien üblich. Die Hausherrin möge den ersten Bissen zu sich nehmen, geben uns die vier Männer zu verstehen. So wird das in ihrer Heimat gemacht. Aber sie sind doch Gast bei uns? Nein, wir haben uns mk1getroffen, um uns zu begegnen und gemeinsam zu kochen und zu essen. Also nimmt die Hausherrin genussvoll den ersten Bissen zu sich. „Wir freuen uns, dass Sie unsere Gäste sind“, diesen Toast auszusprechen, ist mir ein Bedürfnis. Mehrmals an diesem Abend:  „No, we are family“, korrigieren mich die Männer jedesmal mit funkelnden Augen. Ich beginne zu verstehen und denke mir: Das muss unser moderne Begriff der Wahlverwandschaft also meinen: Familie ist dort, wo Menschen in Beziehung treten, sich öffnen, sich einlassen aufeinander, einander teilhaben lassen an ihrem Leben. Wir genießen jeden Bissen dieser köstlichen syrischen Gerichte. In Gedanken sehe ich Machmut schon in seinem syrischen Lokal in der Altstadt von Salzburg kochen. Wird er es schaffen? Noch spricht er kein Wort Englisch und Deutsch. Er bangt um das Leben seiner Frau und seiner drei Kinder. Stress im Kopf blockiert das Ankommen in unserem Land und in unserer Sprache. Es wird ein langer Weg für ihn.

Narrationen des Lebens von dort und von hier füllen den Raum. Thaha ist vor 7 Tagen Vater geworden, er öffnet ein Foto am Handy von seinem kleinen Baby, das er noch nicht in seinen Armen wiegen durfte. Seine Frau wartet irgendwo in der Türkei in einem Flüchtlingslager. Mir wird es eng ums Herz. Wann wird er seinen Sohn erstmals in die Arme schließen dürfen? Thahas und Serags Frauen sind Krankenschwestern. Ich erzähle ihnen von den guten Jobchancen von Krankenschwestern in Österreich. Mit Interesse hören das die beiden Männer erstmals. Ein Thema verwebt sich mit dem nächsten. Wir halten Mahl mit den Fremden. Einer von ihnen, der charmante junge Hannibal, spricht und versteht nur Arabisch. Bis er irgendwann leicht verschmitzt und unvermittelt sagt: „Ich bin ledig.“ Schallendes Gelächter. Wir kennen uns aus. Nicht mehr lange wirst du das sein, geht es mir durch den Sinn.

Irgendwann spätabends fahren wir sie zurück in ihr nicht „Zuhause“. Was hat ihnen der Abend wohl bedeutet? Ich fühle mich tief beschenkt von diesem Begegnungsraum, der sich da auftat. Was als Geste des Willkommens gedacht war, wurde zu einer inspirierenden, bewegenden, nachdenklich-machenden, erweiternden Begegnung. We are family. Yes. You are right. We are. Thank you Machmut, Serag, Taha, Hannibal, Claudia.

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Wer so etwas Besonderes erleben möchte hat bei MITEINANDER ESSEN die beste Möglichkeit:

Stadt Salzburg – Miteinander Essen

Hier geht’s zur Facebookseite: Miteinander essen

Ich arbeite am Hauptbahnhof in Salzburg in einem Mobilfunk-Shop. Zur Zeit kommen sehr viele Flüchtlinge zu uns, die verschiedenste Dinge brauchen, um mit ihren Familien, Freunden und Kindern Kontakt zu halten oder, wichtiger, wieder aufzunehmen.

Foto Alfred Aigner

Foto Alfred Aigner

Gestern gab es eine Begebenheit, die mich sehr berührt hat.

Ein junger syrischer Mann kam zu mir in den Shop, weil sein Handy auf der Flucht kaputt ging. Er erzählte mir, dass er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern unterwegs war. Sie mussten sich trennen, da die Route die sie gingen, für seine Frau und Kindern zu gefährlich wurde. Er ging die gefährlichere Route, um schneller zu uns zu kommen – in ein sicheres Land. Er hat es geschafft. Er war dann drei Tage in Wien und nun bei uns in Salzburg. Dadurch, dass sein Handy kaputt ging, konnte er nicht mit seiner Frau kommunizieren. Das war das Schlimmste für ihn. Ich kann das verstehen.

Seine Geschichte berührte mich sehr. Darum half ich ihm sein neues Telefon einzurichten, das er bei mir kaufte – etwas, das wir normalerweise nicht tun (können). Noch dazu war die Kommunikation mit ihm nicht so einfach. Er sprach nur Arabisch und ein zweiter Mann übersetzte in gebrochenes Englisch. Ich habe eigentlich keine Ahnung von Viber oder anderen Internet-Telefonie-Apps, aber letztlich schafften wir drei das, auch wenn wir teilweise zu dritt durcheinanderredeten. Nun sollte er wieder Kontakt zu seinen Lieben aufzubauen können. Er hatte einen kleinen, halb verschmierten Karton dabei, auf dem in arabischer Schrift Namen und die dazugehörigen Telefonnummern geschrieben waren. Mit zittrigen Händen wählte er eine Nummer. Er bedankte sich sehr herzlich bei mir und ging aus dem Geschäft. Nach drei Minuten kamen der Mann und sein Übersetzer wieder und erklärten mir, dass es nicht funktioniert. Ich war ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht von mir selbst. Immerhin wollte ich ihm ja helfen. Aber der Fehler war schnell gefunden.
Nun hatte er ein Lächeln auf den Lippen und er wählte wieder die Nummer seiner Frau. Ich konnte noch sehen, wie seine Augen glänzten, als er am Telefon zu reden begann. Ich freute mich mit.Bahnhof.salzburg

Fünf Minuten später kamen die beiden ein drittes Mal zur Tür herein. Ich befürchtete, dass doch wieder etwas nicht funktioniert. Ganz im Gegenteil! Ich erfuhr, dass er nun nach zehn langen Tagen endlich wieder mit seiner Frau und seinen Kindern sprechen konnte. Er weiß jetzt, dass es Ihnen soweit gut geht. Auch sie haben es geschafft. Allerdings nur nach Ungarn. Dort sitzen sie jetzt fest und kommen derzeit nicht weiter. Trotzdem sah er mich mit freudigen Augen an und sagte: „Du bist bis jetzt der netteste Österreicher, den ich kennen gelernt habe. Du bist ab jetzt mein Freund.“ In diesem Moment bekam ich vor Freude Gänsehaut. Ich bedankte mich bei ihm und wünschte ihm eine gute sichere Weiterreise, wo auch immer diese hingehen soll.

Es sind so kleine Dinge, die Menschen verbinden.

oder Psychomigration-oder die Flüchtlingskrise aus psychiatrischer Sicht!

von Dr. Carolin Schiefer

Ein Dialog zweier älterer Damen:

A:“Glaubst gibt‘s in 20 Jahren no Österreicher?“

B:“Ja, logisch gibt‘s die dann no, woher die kommen und welche Sprache die vorher gred haben weiß ma ned, aber es sind dann Österreicher..“

„Die Flüchtlinge“ sind derzeit in aller Munde.

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Dr. Carolin Schiefer

Es herrscht Betroffenheit, egal ob nun positiv oder negativ besetzt. Jetzt da die Folgen des Krieges direkt an uns „vorbeimarschieren“ und soziale Medien wie Facebook es vereinfachen mitzureden. Frei nach dem Motto „wer nichts weiß, muss alles glauben“ wird munter diskutiert, eingemischt und verleumdet, auch wenn die vermeintlichen Tatsachen widerlegt werden.

Opfer und Täter liegen unangenehm eng beieinander da die „Beflüchteten“ sich genauso als Opfer fühlen wie die Geflüchteten selbst. Angst vor Gewalt, Terror und Konkurrenz heizen die Stimmung auf und gleichzeitig sieht jeder wie zerbrechlich der eigene „Friede“ ist.

Was passiert nun mit den Betroffenen wenn der Alltag nicht mehr existiert?

Viele Menschen, deren Eltern oder Großeltern zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg traumatische Erfahrungen erlebt und diese nicht aufgearbeitet haben, empfinden genauso Ängste und entwickeln Befürchtungen wie die Flüchtlinge selbst. Bei den Flüchtlingen heute ist das Trauma ganz frisch. Mittlerweile ist bekannt, dass traumatische Erfahrungen „vererbt“ werden können und bei nachfolgenden Generationen Symptome auslösen, die dann zu der erlebten Abwehr und Aggression führen können.

Das heißt vereinfacht: Flüchtlinge heute treffen auf Menschen in Österreich, die ähnliche Befürchtungen und Ängste haben können. Ängste und Befürchtungen können nur ausgeräumt werden, wenn man darüber spricht. Information, Gespräch und Austausch über die Angst ist ein Weg für ein friedliches Miteinander.

Im Allgemeinen kann jeder von uns auch belastende Ereignisse „wegstecken“. Wenn aber der Druck größer und die Belastung stärker wird, werden bei manchen Menschen vorerst Trauer, Angst und dann Wut auftreten, die aber kein eindeutiges Ziel haben. Dadurch können dann Schlafstörungen, Flashbacks, Ängste, Albträume, Gereiztheit und Schreckhaftigkeit auftreten, die sich in übersteigerter Form zeigen und das Leben nahezu unmöglich erscheinen lassen.

Als Psychiater und Psychotherapeut ist man mit dem Umgang solcher Belastungen vertraut.

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Für ein friedliches Miteinander

Die bekanntesten Begriffe sind wohl die akute Belastungsstörung bzw. die Posttraumatische Belastungsstörung, wobei natürlich im Rahmen dieser auch Somatisierungsstörungen (Schmerzen ohne sichtbare Ursache), Depressionen und Schlafstörungen auftreten können.

Das alles gehört in professionelle Hand.

Meist wird anhand der Beschwerden mittels Psychopharmakotherapie eine erste Symptombehandlung durchgeführt. Das führt zu einem  Ausgleich von Konzentrationsstörungen der Botenstoffe im Gehirn, welche die Symptome verursachen. Durch die Stabilisierung der Beschwerden ist in weiterer Folge eine psychotherapeutische Traumatherapie möglich. Damit ist aber behutsam umzugehen, eine Traumatherapie kann nicht aufgezwungen werden, das kann unnötigen Schaden verursachen. Eine vollständige Heilung ist meist nicht möglich, aber der Umgang mit der Belastung kann zumindest „neutral“ besetzt werden. Das heißt Menschen lernen damit zu leben. Heutige Flüchtlinge genauso wie Menschen, die in der Familie Generationen vorher traumatische Erlebnisse hatten.

Mehr Infos zu Dr. Carolin Schiefer

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12025556_10204492936795197_177902676_n[1]Erwachsene Menschen sind gereifte Persönlichkeiten, meistens jedenfalls. Kinder sind am Lernen, am Erfahrungen sammeln. Kinder sollen noch nicht alles wissen. Kinder sollen auch nicht alles sehen, hören und fühlen. Kinder sollen kindgerecht aufwachsen können. Das ist ein Kindermenschenrecht!

Kinder, die aus dem Krieg kommen, die Flucht erleben sind völlig außerhalb einer normalen Welt, in der ein Kind aufwachsen soll. Angst, Ohnmacht, Ausgeliefertsein, Gewalt, Hunger sind Begleiter der Flucht.

Kinder auf der Flucht müssen erwachsen sein. Sie müssen Gewalt ertragen, Hunger aushalten, Krankheit durchstehen, Angst ertragen, kindliche Bedürfnisse unterdrücken. Sie müssen die Angst ihrer Eltern ignorieren lernen. Kinder auf der Flucht müssen unendlich stark sein.

12022971_10204492937155206_1437836258_n[1]Die Kinder, die ich in den letzten Tagen am Salzburger Bahnhof gesehen habe, waren alle erwachsen. Sie hatten einen wissenden Blick. Das trifft einen tief ins Herz.

Wenn sie allerdings spielen dürfen, dann sind sie wieder ganz Kind. Lächelnd, kreischend, staunend, neugierig, offen, wissbegierig, probierend. Sie sind ganz Kind. Zumindest für eine Stunde, bevor es wieder weiter geht. Bevor sie wieder Kinder auf der Flucht sind.

An dieser Stelle DANKE an die Kinderfreunde, die Pfadfinder und den Verein Spektrum, die den Kindern am Salzburger Bahnhof eine Stunde Kindsein schenken!