Wenn ich so die letzten 30 Jahre Revue passieren lasse, danke ich Gott, dass es uns so gut geht. Wenngleich mit wenigen Ausnahmen.
Wir haben Frieden. Wir können genug und gut essen. Können uns und anderen eine Freude bereiten. Können in unserem schönen Heimatland herum reisen. Aber auch in ferne Länder. Können täglich fernsehen, ins Kino oder Theater gehen. Wo gibt es so viele Möglichkeiten um ein kleines Glückerl zu erhaschen. Man darf aber nicht nur nehmen, sondern muss auch geben.
Also es war Weihnacht. Meine Tochter war 2 1/2 Jahre jung und wusste noch nichts vom Christkind und Christbaum. Sie erwartete auch keine Geschenke, die ich ihr ja doch nicht geben konnte. Ich war arbeitslos. Am Schwarzmarkt konnte ich ihr nichts kaufen und die Lebensmittelmarken reichten ohnehin nur für das Notwendigste. So buk ich Kekse fast ohne Zucker. Von Mutter bekam ich Marmelade zum Bestreichen. Aber das Anisgewürz duftete durch das ganze Haus und meine Tochter meinte, dass es so gut rieche. Ein älterer Ungarnflüchtling mietete sich bei uns ein. Er hatte ein Herz für Kinder und beschaffte in Wien eine Puppe. Wie er das bewerkstelligte, weiß ich bis heute nicht. Was machte es schon aus, dass sie keine Füße hatte. Die nähte ich aus Stoff an. So sah das Püppchen allerliebst aus. Nie werde ich die großen Augen meiner Tochter vergessen, als sie es in den Arm nahm und spontan Jutta taufte. Ob meine Tochter jemals wieder eine so glückliche und unbeschwerte Weihnacht erlebte? Wer kann die Situation von damals noch begreifen? Die Geschäfte sind voll von Dingen, die man sich wünschen kann und meist auch erfüllt werden.
Ob meinen Enkelkindern diese wahre Weihnachtsgeschichte in Erinnerung bleibt? Möglich dass sie einmal daran denken, wenn es ihnen nicht ganz so gut geht.
Diese Begebenheit schrieb meine Großmutter (1917-2013) im Dezember 1983 nieder. Sie beschreibt ihr und meiner Mutter Weihnachten 1948. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit wird diese Geschichte zur Besinnung bei uns aufgestellt. Der Text ist in Passagen aktueller denn je.