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Als Manifest des Rassismus, anders kann ich diese pauschalierend verurteilende Veröffentlichung einer christlich-sozialen Europaabgeordneten publiziert am 16.08.2019 über social media, nicht bezeichnen.

Afrikaner und Afrikanerinnen grundsätzlich als nicht kompatibel für unsere Gesellschaft, gewaltbereit, faul und lernresistent zu diffamieren und ihnen vorzuwerfen, nichts als Leid, Verfolgung und Perspektivenlosigkeit zu produzieren, nur um einige der Urteile aus dem Text wiederzugeben, könnte in dieser Fassung auch aus den Federn der Architekten des Apartheidregimes stammen, inhaltlich den historisch gebildeten Menschen unter uns nur zu gut bekannt.

Negerkonglomerat, Höhlenmenschen, Kongoaffen oder wie zuletzt anlässlich des ÖBB Sujets „der Neger“, sind Beleidigungen von Seiten politischer Würdenträger dieses wunderschönen und lebenswerten Landes, mit denen man zu leben gelernt hat, auch als autochthoner Freund, als Freundin oder Familienmitglied der auf diese Weise diffamierten Menschen.

Ein rassistisches Manifest wie es sich sonst nur in den Archiven zum Apartheidsystem findet, im Europa des Jahres 2018 zu veröffentlichen, sollte jedoch nicht unwidersprochen bleiben, vielleicht einfach nur um diesen ständigen, von Niedertracht und Stumpfsinn begleitenden Beleidigungen entgegenzutreten oder um sich den Schmerz von der Seele zu schreiben, vielleicht aber auch damit morgen noch Bäder, Busse und Schulen von allen Bürgern und Steuerzahlern unter den selben Bedingungen genutzt werden können.

Auch von Menschen afrikanischer Herkunft, die sich teilweise seit Jahrzehnten in Europa aufhalten, selbst über die völlig fehlgeleitete Zuwanderungspolitik der letzten Jahre nur den Kopf schütteln können und nun noch als Sündenbock der politischen Verantwortungsträger pauschal diffamiert und entmenschlicht werden.

Ein aufgeklärtes, fortschrittlichen Europa, wie wir es kennen und lieben gelernt haben, braucht vieles, auch eine klar geregelte Zuwanderungspolitik. Verzichtbar ist es jedoch, den Herausforderungen der Gegenwart mit rassistischen Hetzschriften der Vergangenheit zu begegnen.

Campo de’ Fiori

Hier geht’s zum Posting der Parlamentsabgeordneten: http://archive.is/SgtGE

von Michael König

Nantes. Eine kreative, eine kunstsinnig coole Stadt. Eine Stadt in der konstruktive Auseinandersetzungen in vielen Feldern der Gesellschaft stattzufinden scheinen. Im Feld der Architektur genauso wie in der Kunst, in der Kulinarik (und Vinologie sowieso!) oder im Bereich Armut und Ökologie.  Und in Bezug auf die eigene Geschichte.

 

Nantes

Nach langer Auseinandersetzung erinnert ein Mahnmal seit dem Jahr 2012 direkt am Ufer der Loire, wo einst die Sklavenschiffe anlegten, an die größte erzwungene afrikanische Migrationsbewegung der Neuzeit. Nein, die Rede ist nicht von der aktuellen Fluchtbewegung nach Europa. Die Rede ist von jenen 13 Millionen AfrikanerInnen, die innerhalb von rund 400 Jahren als SklavInnen zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert von europäischen Menschenhändlern  – angesehenen Kaufleuten – gekauft und mit saftigen  Renditen wieder weiter verkauft wurden. Die europäischen Kolonien in Amerika brauchten  Arbeitskräfte. Das französische Nantes war ein bedeutsamer Umschlagplatz des interkontinentalen Sklavenhandels und verdankt einen nicht unerheblichen Teil seines Reichtums dem Blut der afrikanischen Sklavinnen und Sklaven.

Gibt es eine Pflicht zur Wiedergutmachung?

Gerettete Flüchtlinge

Beim Mahnmal von Nantes verweilend denke ich mir: Wir könnten durchaus einmal die aktuelle afrikanische Fluchtbewegung der vergangenen europäischen Greifbewegung nach den 13 Millionen afrikanischen SklavInnen gegenüberstellen. Und so die aktuelle Diskussion um den ethisch verantworteten Umgang mit den afrikanischen ArmutsmigrantInnen um eine historische Sichtweise erweitern.

Europa hat sich 400 Jahre in der brutalst vorstellbaren Weise an Afrikas Bevölkerung vergangen. Es mangelte weder an Logistik noch an Schiffen, Millionen Afrikaner außer Land zu bringen.

Ich frage mich hier in Nantes: Gibt es nicht für Europa so etwas wie eine historische Wiedergutmachungspflicht, eine Restitutionspflicht menschlicher Würde für die Nachfahren der afrikanischen SklavInnen? Und wenn ja, was könnte das für die aktuelle Flüchtlingsdiskussion heißen? Können wir es uns so einfach machen und die Erinnerung an das Blut der afrikanischen SklavInnen  bei der Frage nach der angemessenen Solidarität mit den afrikanischen ArmutsmigrantInnen im Jahr 2017 außen vor lassen?

Kann Europa etwas zurückgeben?

Historischer Sklavenhandel

Mir fehlt in der aktuellen Flüchtlingsdiskussion die Hereinnahme dieses historischen Geschehens. Registrierungslager in Libyen hin oder her. Diese und andere Fragen der angemessenen Bewältigung der derzeit im Gang befindlichen afrikanischen Fluchtbewegung sind letztlich nur mehr reaktiver Natur. Sie sind zu beantworten und das raschest möglich. Die humanitären und politischen Antworten scheinen mir allerdings nicht ganz so einfach. Weder in die eine noch in die andere Richtung, die derzeit an der Diskursfront stehen.

Das eigentliche Thema dahinter ist aber ein viel Grundsätzlicheres: Wie wollen Afrika und Europa künftig ihre Beziehung proaktiv gestalten? Und wie könnte Europa in diesem Prozess der Neurorientierung der Beziehung dem afrikanischen Kontinent vielleicht etwas zurückgeben, was unsere Vorfahren einst aus diesem Kontinent genommen haben, und damit sind nicht nur die humanitären Ressourcen gemeint, an denen sich Europa bediente.

Übrigens: ca. 1,5 Mio afrikanischer SklavInnen sind bei der Überfahrt nach Europa und weiter nach Amerika umgekommen.

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alter_mann_titel welt 2-20004Afrikas Wirtschaft ist im Wandel. Ähnlich wie Asien vor 20 Jahren, ist Afrika am Sprung sich vom „verlorenen Kontinent“ zu einem „wirtschaftlichen Löwen“ zu entwickeln. Auch dank internationaler Entwicklungshilfe.

Die wirtschaftlichen Wachstumsraten zählen hinter Asien inzwischen zu den höchsten auf dem Globus. In den 48 Ländern südlich der Sahara ist das Bruttonationalprodukt im Schnitt zw. fünf und sieben Prozent gewachsen. Von den zehn in der letzten Dekade weltweit am stärksten wachsenden Volkswirtschaften, kommen sechs aus Afrika: Angola führt diese Liste (mit jährlichen Zuwachsraten von bis zu über 20 Prozent) vor China an. Auf den Plätzen folgen: Nigeria (4.), Äthiopien (5.), Tschad (7.), Mosambik (8.). Ruanda (10.). Und für heuer wird sogar prognostiziert, dass in fünf afrikanischen Ländern der Wohlstand stärker steigen wird als in China.

Das Ausgangsniveau dieser Zuwächse liegt nach wie vor weit unter jenem der Industrieländer. Doch auch hier liefern Wirtschaftsdaten Unerwartetes: Äquatorial-Guinea liegt z.B. mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von rund 27.500 US-Dollar deutlich vor der einstigen Kolonialmacht Portugal (22.300) oder Slowenien (24.150). Arbeitslose Portugiesen suchen Jobs im Öl-Land Angola und angolanische Banken kaufen portugiesische Banken auf.Frau

Rohstoffreiche Länder profitieren von den hohen Weltmarktpreisen. Doch nur wenige in der Bevölkerung profitieren davon. Afrika investiert aber auch in den Dienstleistungssektor: Die Handy-Dichte liegt in manchen Regionen Ostafrikas über dem europäischen und amerikanischen Niveau. In Kenia hat sich das durchschnittliche Einkommen im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt. Die Wirtschaft wächst jedes Jahr um mindestens fünf Prozent. In den nächsten Jahren, wird sich das ostafrikanische Land zu einer aufstrebenden Mittelklasse-Nation entwickeln. Bereits heute kann man rund ein Drittel der afrikanischen Bevölkerung zur Mittelschicht zählen. Das sind etwa 350 Millionen Menschen und mehr kaufkräftige Afrikaner/innen als US-Bürger/innen. Die Einkommen sind gleichwohl noch weit von jenen Nordamerikas entfernt: Zur afrikanischen Mittelschicht zählt bereits, wer zw. 1.500 und 7.300 Dollar im Jahr verdient. Doch Hoffnung für weiteren Wandel gibt es: Die Mittelschicht wächst schneller als die Gesamtbevölkerung.