Ich könnte heulen vor Wut.
von Patrick Pfeifenberger
Als ich das Bild das erste Mal sah, brachte ich seine Bedeutung fast nicht in meinen Kopf hinein. Dennoch hat es sich in mein Hirn gefressen und geht da nicht mehr weg. Und je mehr ich darüber nachdenke desto wütender werden ich. Wütend auf diese Menschen, die anderen bewusst Leid zufügen. Wütend auf die Menschen, die so etwas zulassen. Wütend auf die Menschen, die nicht dagegen auftreten. Ich werde so wütend, dass ich heulen könnte. Heulen auch aus Hilflosigkeit.
Wie kann es sein, wie kann es passieren, dass ein Mensch, der tausende Kilometer von seinem zu Hause vor Gewalt, vor Not oder vielleicht vor Hunger geflohen ist, hier in „unserem“ Europa so erniedrigt, so gequält wird? Das Bild, das ich meine zeigt einen am Boden fixierten Flüchtling in einem Asylheim in Deutschland. Seine Hände sind am Rücken gefesselt. Ein Wachmann in martialischer schwarzer Uniform – so als käme er gerade von einem geheimen Fronteinsatz – steigt auf seinen Kopf. Ich ertappe mich dabei wie ich diesen Wachmann-Rambo verabscheue – wenn nicht gar hasse.
Wie kann er nur einem Menschen, der alles hinter sich gelassen hat, der sein zu Hause aufgegeben hat, der hier bei uns Schutz gesucht hat, nur solches Leid zufügen. Warum erniedrigen wir andere Menschen? Schwächere, die eigentlich unsere Hilfe brauchen. Und wenn ich so über dieses Bild nachdenke, kommen mir unsere Landeshauptleute in den Sinn. Grenzkontrollen müssen her, tönt es da aus manchen Landen. Bürgermeister die uns öffentlich wissen lassen, dass sie keine Flüchtlinge haben wollen. Mitbürger die öffentlich fragen wer sie denn vor den Flüchtlingen schützt. Wir brauchen Quoten, innerösterreichische und innereuropäische Solidarität heißt es da aus den verschiedensten Ecken und Enden. Die Länder dürfen mit der Flüchtlingsproblematik nicht allein gelassen werden, so der einhellige Tenor.
Da ist es wieder. Dieses Wort. Problem. Es fällt immer wieder wenn es um Menschen geht die Hilfe brauchen. Ich sage dazu: Herausforderung. Die „Flüchtlingsströme“ sind ein Faktum. Ich wünsche mir, nein, ich erwarte mir von unserer konsumorientierten und übersättigten Gesellschaft, dass wir den Menschen, die unseren Schutz brauchen, diesen Schutz auch gewähren. Woher diese Menschen kommen darf einfach keine Rolle spielen. Versuchen wir doch nur einmal, uns in die Lage dieser Menschen hinein zu versetzen. Man verlässt seine Heimat in der man aufgewachsen ist, schlägt sich hunderte, oder gar tausende Kilometer durch fremde Länder um seinem Ziel von Freiheit und Schutz näher zu kommen. Man landet im gelobten Europa, wo man sich nicht mehr verstecken muss. Wo man sich nicht mehr um sein Leben fürchten muss. Wo man keine Unterdrücken mehr erfährt. Soweit die Theorie. Und die Praxis? Übervolle Asylheime, Misstrauen, Argwohn und auch Hass der den Fliehenden entgegenschlägt. Private Security die offensichtlich unsere Bevölkerung schützen soll. Aber wer bitteschön, wer schützt die Flüchtlinge vor uns?