Nun ist es soweit, ich habe die Flugtickets nach Teheran in Händen für meine Geschäftsreise in den Iran. Mit einer Salzburger Firma sind wir eingeladen worden, unsere Bildungsprodukte zu präsentieren, das Interesse an Österreich ist groß.

Meine Vorbereitungen erstrecken sich über die Formulierung von Präsentationen, Übersetzung von Lehrplänen, unzähligen Emails zur Abklärung aller Erfordernisse und Einbeziehung aller Kontakte bis hin zu den Gedanken, die passende Kleidung zu finden, um der Höflichkeit gegenüber dem Gastgeberland und den Regeln der Schicklichkeit zu entsprechen, ohne außer Acht zu lassen, dass ich eine autonome Frau westlicher Prägung bin, die ihr Leben alleine im Griff hat und sich als gleichberechtigt fühlen will.

Ich werde einen Schal tragen, weite Hosen, einen Gehrock und meine Figur verbergen nicht aus Angst vor Zudringlichkeit, sondern um den Respekt zu erhalten, der mir als Großmutter und Geschäftsfrau, die interkulturelle Verbindungen herstellen und pflegen will, hoffentlich zukommt.

Die Iraner sind mir als kosmopolitische Menschen geschildert worden, ich kann das durch die Kontakte, die ich bereits herstellen konnte, bestätigen. Frauen sind zu einem großen Prozentsatz (70 % ) an der Bildung partizipierend. Sie sprechen Englisch oder Französisch genauso gut wie die Männer einer höheren Bildungsschicht. Die Repräsentantin der Wirtschaftskammer in Teheran, die nach Salzburg kam, sprach fließend Deutsch und trug Make-up und westliche Kleidung.

Und trotzdem bin ich froh, mit österreichischen Männern in der Delegation zu reisen und von der Wirtschaftskammer betreut zu werden.

Woher kommt die Unsicherheit?

Woher kommt die leichte Unsicherheit einer Frau, die wie ich in den Favelas Brasiliens zu Besuch war, um dort einen Beitrag zur Unterstützung zu leisten, die allein reist seit ihrem 16. Lebensjahr und ihre Töchter Furchtlosigkeit, aber auch Vorsicht gelehrt hat?

Meine Tochter hat mir Karim El Gawhari`s Buch “ Frauenpower auf Arabisch“ als Einstimmung geschenkt. Die Frauen, deren Leben beschrieben wird, haben sich durchgesetzt, ihr Leben zu bestimmen und zu beruflich zu tun, was ihnen wichtig war. Sie sind auf einem Weg, den wir auch beschritten haben- und der noch nicht allzu lange her ist.

Vielmehr ist es den Frauen im Laufe der Geschichte immer wieder einmal gelungen, Selbstbestimmung zu erlangen, besonders in wirtschaftlich guten Zeiten. Ich denke da an die Griechin der Dark Ages, deren bedeutsame  Rolle wir bei Homer sehen können, ich denke an die reiche Römerin der Kaiserzeit, die sogar ihr eigenes Ziegelwerk managen konnte, ich denke an das Mittelalter ( z.B. Chaucer- Wife of Bath ) bis herauf in die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts, als es sogar eine eigene Frauenpartei gab, die allerdings dann ausgerechnet von der Wirtschaftspartei geschluckt wurde. Nach dem Krieg gab es vermehrt selbständige Frauen in Europa, die Beruf und Familie in Einklang brachten. Meine Mutter hatte allerdings noch die Pflicht, bei ihrem Ehemann zu wohnen, die Kinderbeihilfe bekamen bis in die 70er Jahre allein die Männer, sie waren der Haushaltsvorstand etc. etc.

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Brita Pilshofer

Vielleicht macht es mich nachdenklich, dass ich in eine Rolle schlüpfen soll, die ich selber als junges Mädchen und als junge Frau noch vorgefunden habe? Belästigung war ein Kavaliersdelikt, die Frau hatte die alleinige Bürde des Haushalts und der Kindererziehung zu tragen (meine Töchter können das gar nicht mehr verstehen- und doch galt Zuwiderhandlung als Scheidungsgrund und man brauchte das ausdrückliche Einverständnis des Mannes, um berufstätig sein zu dürfen).

Ich weiß auch, wie schnell die derzeitigen Übereinkünfte zwischen den Geschlechtern wieder über den Haufen geworfen werden können, wenn die Frauen nicht weiterhin immer nachverhandeln oder sich zurückdrängen lassen. Auch das können sich meine Töchter nicht mehr vorstellen.

Ich werde also hoffentlich nicht einen Teil meiner Lebensgeschichte Revue passieren lassen müssen. Ich bin neugierig, was ich nach meiner Rückkehr erzählen kann und hoffe, es wird die Geschichte eines Landes sein, das in die Modernität aufbricht und, wie ich schon vielfach gehört habe, wunderschön und weltoffen ist!

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Blick von der Hagia Sophia zur Blauen Moschee

Wenn man wie ich seit Jahrzehnten mit einer Stadt verbunden ist, dann trifft einen die Meldung über ein Unglück in dieser Stadt ganz besonders. Man kennt ja viele Ecken und besonders viele liebe Menschen dort. Man kennt auch die symbolträchtigen Plätze.
In Istanbul gibt es derer mehrere. Aber neben dem Taksimplatz ist wohl der Platz zwischen der Hagia Sophia und der Blauen Moschee der wichtigste der Stadt. Hier konzentriert sich die Geschichte der Stadt auf einer kleinen Fläche. Topkapi-Palast, das Hippodrom, die unterirdische Zisterne. Römische, byzanthinisch/christliche, islamische und die Geschichte des 20. Jahrhunderts finden sich hier.
Aber Hagia Sophia und die Blaue Moschee sind die beiden weithin sichtbaren Brückenpfeiler, die zwei Religionen symbolisieren.

Die Gotteshäuser stehen sich gegenüber, Auge in Auge blickend, aber auch im Miteinander. Die eine ist ohne die andere nicht denkbar. Seit Jahrhunderten. Die Hagia Sophia war ursprünglich eine christliche Kirche. Sie ist der „Heiligen Weisheit“ gewidmet und als universelles spirituelles Zentrum der Welt gedacht. Ein Wunderwerk der Baukunst der Spätantike mit einer Kuppel, die noch heute jeden zum Staunen bringt. Über 1000 Jahre war die Hagia Sophia die größte Kirche der Welt. Nach der Eroberung Istanbuls durch die Osmanen wurde sie zur Moschee. Dann kam der Wunsch gegenüber eine Moschee zu errichten. Nach 7 Jahren Bauzeit wurde die Blaue Moschee oder Sultan Ahmet Moschee 1616 fertiggestellt. Ein Prachtbau mit wunderbaren Nebengebäuden, einer großen Kuppel und einer atemberaubenden Innenausstattung mit kunstvollen Iznikkacheln, die in Blau gehalten sind.

Im Inneren der Blauen Moschee

So stehen sich seit nunmehr 400 Jahren zwei der bedeutensten Bauwerke des Christentums und des Islam gegenüber. Und bringen unzählige Menschen zum Staunen und zum Nachdenken. Der Platz dazwischen lädt die Menschen ein tolerant zu sein. Das eine neben dem anderen stehen lassen zu können. Nicht endgültig zu sagen, dieser Bau ist größer und schöner als jener. Und damit eine Vorherrschaft einer Religion zu manifestieren. Sondern es auszuhalten, dass beides existiert.
Und dann explodiert die Bombe genau hier. Menschen sterben, Menschen werden verletzt. Und der Mörder bringt hier auch seinen Unwillen zum Ausdruck, dass er keine Toleranz aufbringt für ein Nebeneinander, Miteinander, für Respekt. Er und seine Terrorkumpane wollen das nicht. Sie wollen den Unfrieden und den Hass und die alleinige Macht. Und sie wollen keine Religion, die den Frieden stärkt und den Krieg verurteilt.

 

Darum ist der Anschlag in Istanbul zwischen Hagia Sophia und Blauer Moschee auch ein Anschlag gegen das Miteinander und die Offenheit der Religionen. Aber Bomben können den Wunsch und den Willen vieler Menschen, religiös oder ohne Glauben, nicht töten, Frieden und ein respektvolles Miteinander zu haben! Die Mörder täuschen sich wie in Bagdad, Paris, London, Kabul oder Madrid.

Was wäre ein Besuch in Istanbul ohne den Kauf von Gewürzen. Das gilt nicht! Gewürze sind ein must-have. Genauso, wie ich nie ohne eine Fliese zurückkomme. Jedes Mal ein anderes Muster. Die Fliesen dienen der Gartengestaltung. Und noch ein Besuch muss sein. Bei Paṣabahce, denn irgendetwas für Küche oder Wohnraum braucht man doch immer, oder?

Ҫikita – Die Welt der Tees, Gewürze und Süßigkeiten

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Das Cikita Team

Wo sonst als im Ägyptischen Bazar umfängt einen beim Eintritt schon ein umwerfendes Duftgemisch aus Gewürzen, Tees, Käse und Süßigkeiten. Mein Geschäft der Wahl ist Ҫikita. Von der Meeresseite in den Bazar reingehen und dann eines der ersten Geschäfte rechts. Seit Jahren kaufe ich dort ein. Die Qualität hat mich überzeugt und ihre besonderen Gewürzmischungen möchte ich bei Salat und Fleisch nicht mehr missen. Aber natürlich lässt mich der Händler vor dem Kauf überall die Nase reinstecken, damit ich ja sicher das Richtige nehme. Keinen Widerstand leiste ich auch beim Baklava, das hier in vielen Variationen präsentiert wird. Vakuumverpackt hält es sich einen Monat. Und für liebe Freunde nehme ich gerne eine spezielle Blütenteemischung mit. Liebhaber von Nüssen sind hier auch richtig – beste Qualität. Und wer etwas ganz Besonderes möchte kauft echten iranischen Kaviar oder auch Safran. Oder Honig direkt mit der Wabe. Es gibt Öle und Kräuteressenzen und Lokum. Bei einem Glas Tee ist das Team von Ҫikita immer bereit Kostproben zu geben. Denn sie wissen, keiner kann ihr Geschäft verlassen ohne etwas zu kaufen.

Hier ein paar Fotos ihrer köstlichen Waren:


Tulip- Die Welt der Fliesen und der Seide

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Das Tulip Team

Wer mich kennt weiß, dass ich Paschminas in fast allen Farben habe. Vom fröhlichen Rosa bis zum frischen Grün. So ein Schal peppt jede Kleidung auf. Ich sage bewusst „fast“ alle Farben, denn es findet sich immer eine, die man garantiert noch nicht hat. Und dann brauche ich noch meine Fliesen für den Garten. Beides findet man bei Tulip, ein paar Geschäfte weiter vom Ҫikita, auch auf der rechten Seite. Hier gibt es die Ware aus Iznik, dem Zentrum der Keramik in der Türkei. Es finden sich Waren mit alten Mustern, andere sind moderner gemacht. Ich brauche immer neue Blumenmuster. Ich möchte die Vielfalt des Gartens auch auf den Fliesen haben. Ganz zuvorkommend sucht der Chef in den hintersten Winkeln nach schönen Fliesen. Auch hier hilft beim Nachdenken ein Gläschen Tee. Dieses Mal habe ich eine schöne Fliese mit einer Weinrebe gekauft, passend zur Weinlaube im Garten. Bin schon neugierig, was ich beim nächsten Mal bei Tulip entdecke.

Was es alles gibt, seht ihr hier:


Paṣabahce – Glas für jeden Geldbeutel

Das Geschäft gibt es überall in Istanbul zu finden, ob in den Einkaufszentren oder in den Einkaufstraßen. Am liebsten gehe ich zum Paṣabahce in der Istiklal Straße. Vom Ägyptischen Bazar geht es über die Galatabrücke auf die andere Seite des Goldenen Horns. Dann nehme ich den Tünel, die älteste U-Bahn der Welt heißt es. Weil ich, bepackt mit den Einkäufen, einfach zu faul bin für den steilen Anstieg. Mit dem Tünel geht es in einer Minute direkt an die Istiklal Straße. Nach etwa 300 Metern links steht man vorm Paṣabahce und drückt sich erst Mal die Nase platt, weil schon im Schaufenster wieder ganz tolles Glasgeschirr steht. Ein Besuch hier dauert immer gaaanz lange, weil ich mir jedes Stück genau anschaue. Ich bin immer fasziniert von den alten Mustern und Modellen, die wieder hergestellt werden. Sehr teuer, aber es ist ein Augenschmaus. Kaufen tu ich dann bei der Abteilung für den Haushalt. Ob eine Tasse mit einem tollen Istanbulmotiv oder ein witziger Obstteller, es findet sich immer etwas. Dieses Jahr habe ich den türkisen Wasserkrug einfach nicht dort stehen lassen können. Der musste mit nach Österreich.

Seht selbst:


Und wenn ich dann im Garten aus einer schönen Schüssel den selbstgezogenen Salat esse, verfeinert mit einer wunderbaren Gewürzmischung und auf die Fliesen schaue, dann denk ich an Istanbul.

Weitere Einkaufstipps gibt’s hier: Istanbul Tipps Teil 2

Alle reden jetzt über Köln. Und das ist gut so. Busengrapschen und Potatschen und mehr. Das war vor 25 Jahren als ich im Gastgewerbe gearbeitet habe für viele Frauen Normalität. Ich hatte damals schon einen Chef, der jeden Gast, der übergriffig wurde, vor die Tür gesetzt hat. Keine Selbstverständlichkeit damals. Das wurde oft  als Lappalie abgetan. Es war ein langer Weg auch für die Frauenbewegung das klarzustellen. Hieß es doch oft, dass es einfach ein Emanzen- und FeministInnengejammere sei. Und ich erinnere mich noch gut vor etwa 15 Jahren. Da gab es in unserem Jugendzentrum ein großes Problem. Daneben war ein Beisl. Und die Stammgäste, die schon am Vormittag ins Bierglas geschaut haben, haben unsere Mädchen angemacht, ihnen Geld angeboten, wenn sie mal kurz mitkämen. Das haben die natürlich entrüstet abgelehnt und die Betreuer informiert. Die haben wiederum mit den Gästen geredet. Was denkt ihr haben die gesagt? „Die sollen sich nicht so haben. Wenn sie schon die Nägel lackieren und einen Minirock tragen, dann müssten sie damit rechnen.“

Ekelhaft.

Aber bis heute oft noch ein Argument, wenn eine Frau sich über sexuelle Belästigung beschwert. Und jetzt Köln. Offensichtlich gingen die kriminellen Handlungen von Männern mit Migrationshintergrund aus. Und alle sind sich einig, das geht gar nicht! Genau, das geht gar nicht! Und wenn Köln wieder aus der medialen Aufmerksamkeit draußen ist möchte nie wieder etwas davon hören, dass sexuelle Belästigung ein Emanzengejammere ist. Wenn so etwas vorfällt, in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz oder beim Nachbarn und der Täter ein Mann mit oder ohne Migrationshintergrund ist. Dann soll das einhellig verurteilt werden von allen, so wie jetzt. Das wünsche ich mir!

Eldiven heißen Handschuhe auf Türkisch. Irgendwann in den letzten 20 Jahren habe ich dieses Wort wohl gelernt, aber nie gebraucht. Bei diesem Istanbul-Aufenthalt war es so weit. Eldiven ist nun in meinen aktiven türkischen Wortschatz eingegangen. Das erste Mal habe ich Istanbul mit einer Menge an Schnee erlebt, nicht nur für ein paar Stunden angezuckert. Und das passend zu Neujahr. Seit einigen Jahren gibt es in der Türkei den Trend das  Neue Jahr zu feiern und dekoriert wird alles mit klassischen Weihnachtsmotiven.


Da gibt es viele Weihnachtsbäume. In den westlichen Stadtvierteln wie Kadiköy oder Moda klettern auch die Weihnachtsmänner an diversen Hausfassaden hoch. Die großen Einkaufsstraßen haben Wintermotive als Beleuchtung und so manche Bar macht ihren Weihnachtsbaum aus leeren Bierflaschen, natürlich hübsch beleuchtet. Also für mich war es ein verlängertes Adventfeeling MIT Schnee. Und im riesigen Einkaufszentrum Akasya gab es nicht nur die Deko sondern auch alle Weihnachtsliedklassiker und am 1. Jänner ein Gedränge und Gekaufe als stünde das große Schenken noch bevor. Und selbst beim Warten aufs Taxi in einer langen Schlange war man umgeben von leuchtenden Bäumen, Geschenkspackerl und Lichtschnüren. Und dazu noch der Schnee!


Unvergesslich wird mir die Fahrt über den Bosporus bleiben. Erstmals mit einer der neuen Fähren. Nicht mehr die alten Dampfer, die so wunderbar getutet haben. Sondern so ein neumodisches Schiff mit Fernsehberieselung, Klimatisierung und bequemen Sitzplätzen. Da habe ich schon ein bisschen meckern müssen. Als Trost hat mein alter Freund Süleyman zwei Packungen Biskuits gekauft und mir eine Überfahrt versprochen, die mir auf dem neuen Schiff auch unvergesslich bleiben würde. Wir stellten uns im bitterkalten Schneesturm aufs Deck. Und Süleyman begann die Möwen mit kleinen Biskuitstückchen anzulocken. Bis uns ein großer Schwarm folgte und die ersten Möwen ganz ihre Angst verloren und ihm die Biskuits aus der Hand fraßen. Es war herrlich. Die Stadt, die Möwen, der Schneesturm. Das ist auch auf einem niegelnagelneuen Schiff möglich. Danke Sülo!

b2Was ich ganz spannend fand, war der Umgang mit dem Schnee auf den Gehsteigen. Das was ich über drei Tage im Stadtteil Kuzguncuk beobachtet habe war etwas seltsam. Am ersten Tag freuten sich alle über den Schnee. Jeder stapfte die Gehsteige entlang, zuerst waren noch die Spuren im Schnee. Gegen Abend dann war der Schnee niedergetreten. Niemand hatte ihn weggeschaufelt. Über Nacht wurde aus dem Schnee dann überraschenderweise stellenweise Eis. Und man konnte am Vormittag Männer beobachten, die  mit Eispickeln und Schaufeln das Eis zerschlugen und die Reste auf die Fahrbahn fegten. Schwerstarbeit. Am dritten Tag dann lag plötzlich ein großer Haufen Salz da, von dem sich jeder nehmen konnte. Ich weiß nicht, ob das die übliche Reihenfolge in Istanbul ist, um die Gehsteige begehbar zu machen. In einer Straße in Kuzguncuk war es jedenfalls so.


Wunderbar war es auf den ungeräumten Wegen entlang des Meeres zu spazieren und bis zu den Prinzeninseln zu blicken.

Strahlender Sonnenschein und der Schnee glitzerte mit dem Meer um die Wette. Auf den Bäumen saßen Unmengen an Vögeln. Schwarz mit weißen Punkten, das dürften Stare gewesen sein. Und die sangen wiederum mit den lauten Schiffshörnern um die Wette. Nicht viele Menschen waren unterwegs an diesem Neujahrstag am Ufer in Kadiköy. Aber genug, dass einer versuchte ein Geschäft zu machen. Ein älterer Mann hatte ein Netz mit Luftballons aufgespannt. Auf einem Hocker lagen ein Gewehr und eine Pistole. Ob die Waffen ganz echt waren kann ich nicht beurteilen, wundern tät es mich nicht. Und für wenig Geld konnte man sein Glück versuchen und die bunten Ballone kaputtschießen. Hat schöner ausgesehen als jede Schießbude am Jahrmarkt, war aber genau so sinnlos. Wo im Sommer unzählige Händler vom Leuchtjojo bis zu Sonnenblumenkernen alles verkaufen und sich die Massen das Meer entlang schieben, war es hier an der Küste Kadiköys  in der Millionenmetropole fast menschenleer, dafür schneereich.



Allerdings waren auch hier die Hunde und Katzen Istanbuls unterwegs. Mit dickem Winterfell. So wie in den Straßen. Viele Menschen stellen Wasser und Futter raus, damit auch die Tiere im Winter genug haben. Und für die Menschen ist jetzt Sahlep angesagt, das Wintergetränk schlechthin. Heiße Milch mit Zucker, Zimt und einem Pulver aus Sahlepkraut. Nach einem ausgedehnten Spaziergang wird einem da ganz schnell wieder warm.


Mir begegneten aber nicht nur Katzen und Hunde, sondern auch viele Schneemänner dieses Jahr. Und Menschen, alte und junge, Männlein und Weiblein, die sich Schneeballschlachten lieferten. Istanbul im Winter ist ein bisschen leiser als im Sommer. Der Schnee dämpft die Geräusche, macht auch manche hässlichen Stellen unsichtbar. Istanbul im Winter ist anders, aber genau so schön. Und natürlich eine Reise wert!

IMG_2981[1]Sie steht auf der Bühne. Jung, wunderschön, langes Haar. Ganz in sich selbst vertieft. Sie lächelt sich an, zieht die Lippen mit einem Gloss nach. Nochmal schaut sie in den imaginären Spiegel. Einmal noch bessert sie die Farbe ihrer Lippen nach. Da kommt er. Ein großes Tuch in der Hand. Er wirft ihr das Tuch um die Haare. Knotet es unter ihrem Kinn zu. Er geht. Sie bleibt zurück, verdattert. Dann beginnt sie zu singen. Ein Lied, das hoffnungsfroh klingt. Er kommt zurück. Er knebelt sie. Sie verstummt. Sie beginnt zu tanzen. Er schnürt ihr die Arme und Beine zusammen. Sie sucht mit ihren Augen. Er verbindet sie ihr. Wickelt sie dann in einen Teppich. Ihr gelingt die Flucht nach Europa. Dort erwartet sie Freundlichkeit, Hilfe. Bis zu dem Moment, als sie nach ihren Fluchtgründen gefragt wird. Vergewaltigung, Zwangsverheiratung, Gewalt. Das alles ist kein Fluchtgrund. Sie muss gehen.

IMG_2999[1]Beeindruckend wie Nina Vasiltshenko und Mohammad Sadeqi diese Performance spielen. Sie aus Georgien, er aus Afghanistan. Beide Flüchtlinge. Bei fast jeder Szene läuft ein Film in meinem Kopf ab. Gesichter und Namen und die dazugehörigen Geschichten ziehen vorbei. Wahre Geschichten, die ich von meinen Frauen aus den Deutschkursen kenne. Hier auf der Bühne verdichten sich die Schicksale der Frauen zu einem Schicksal. Sehr beklemmend. Und gleichzeitig befreiend. Denn Nina und Mohammad schaffen es durch ihre Persönlichkeiten immer ein Stückchen Hoffnung mit zu geben. Auf der Bühne  und im richtigen Leben.

Danke den beiden für ihr Engagement!