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Gewalt und Erniedrigung. Terence Fletcher [J.K. Simmons] weiß, wie man den Willen eines Menschen bricht. Sein Opfer, Andrew [Miles Teller], tut alles, um die Anerkennung seines Peinigers zu erhalten – selbst wenn bereits Blut fließt.

WHIP_Hauptplakat_RZ_ohne+Beschnitt_1400Gut, diese Kurzinhaltsangabe ist etwas irreführend, aber nicht falsch: Der Film Whiplash erzählt die Geschichte des jungen Musikstudenten Andrew. Er hat sich das beste Konservatorium ausgesucht, um Schlagzeug zu studieren. Fletcher leitet dort die renommierte Studio Band, und regiert/dirigiert diese mit harter Hand und Psycho-Spielchen – natürlich alles zum Wohle der Kunst. Als Andrew in die Studio Band aufgenommen wird, sieht er darin ein Karrieresprungbrett. Von Fletcher gibt es dabei Zuckerbrot und Peitsche (Whiplash bedeutet übrigens Peitschenhieb. Doch der Titel kommt von dem Musikstück, das die Studio Band probt): Er heuchelt im privaten Gespräch mit Andrew Interesse – nur um ihm im nächsten Augenblick einen Stuhl nachzuwerfen und ihn mit den frisch anvertrauten persönlichen Informationen vor der gesamten Band bloßzustellen. Wie viele Opfer von Gewalt sucht Andrew die Schuld für Fletchers Ausbrüche bei sich. Um Fletcher zu beweisen, dass er ein würdiges Mitglied der Studio Band ist, ist Andrew bereit, alles andere in seinem Leben aufzugeben – sich also selbst völlig aufzuopfern.

Andrew (Miles Teller) will zu den Besten gehören – da fleßen Blut, Schweiß und Tränen

Andrew (Miles Teller) will zu den Besten gehören – da fleßen Blut, Schweiß und Tränen

J.K. Simmons spielt die Rolle des eiskalten Tyrannen Terence Fletcher einfach brillant. Mit einer unglaublichen Präsenz beherrscht er jede Szene. Wenn Fletcher den Arm zur Kamera hin ausstreckt ist das das Zeichen, dass jetzt volle Konzentration gefordert ist. Die Kamera schwenkt elegant Fletchers Arm entlang und blickt dann über seine Schulter auf das angespannte, eingschüchterte Orchester – niemand wagt es zu atmen. Auch das Filmpublikum nicht.

Alles im Film dreht sich um Fletcher – selbst in den Szenen, in denen er nicht vorkommt. So könnte man meinen, Fletcher sei die Hauptfigur. Doch die Hauptrolle ist Andrew, in der der junge Miles Teller sein Talent beweisen kann. Und er macht das großartig. Nur ist es schwierig, sich gegen eine so faszinierende Figur wie die des Fletcher im Film und beim Publikum durchzusetzen. Erst am Schluss, wenn er sich nicht mehr einschüchtern lassen will und Fletcher die Stirn bietet, gewinnt Andrew als Figur (und Teller als Schauspieler) die Position, die einer Hauptrolle gerecht wird.

Die Story von Whiplash ist klassisch aufgebaut: In sauberen drei Akten spitzt sich alles auf die entscheidende Begegnung am Ende zu – genau wie im klassischen Western, Sportlerdrama oder Thriller. Und das Ende hat es in sich. Es fällt mir nur ein Wort dazu ein: Furios! Für mich der beste Film des letzten Jahres.

Meine Bewertung auf IMDB: 10 Punkte

Wer kriegt den Oscar?
Bester Nebendarsteller J.K. Simmons: 80%
Bester Film: 60 %

von Elisabeth Kaplan

So, die Suche nach dem österreichischen ESC-Beitrag ist in voller Fahrt. Auch wenn mir nicht alles gefallen hat, hat die gestrige Vorausscheidungsrunde auf jeden Fall wieder mal aufgezeigt, wie vielfältig und spannend die österreichische Popmusiklandschaft ist. Eine super Sache! Hier ein Überblick über meine Favoriten und die Acts, die in die nächste Runde gekommen sind:

Ihr Hit „Million Euro Smile“ hat die Salzburger Band „The Makemakes“ weitergebracht

Ihr Hit „Million Euro Smile“ hat die Salzburger Band „The Makemakes“ weitergebracht

The Makemakes // Zartbitter-Favorit + Weiter
Man merkt ihnen an, dass sie viel Bühnenerfahrung haben. Und Dodo ist einfach ein hammerguter Sänger. Wenn sie Österreich vertreten würden, könnte man sich jedenfalls auf einen soliden Auftritt verlassen.

DAWA // Zartbitter-Favorit + Weiter
Was mir gefallen hat war zunächst der eigenständige Sound, der zwar erstmal ungewöhnlich anmutet, aber dann absolut stimmig rüberkommt, und dann die Stimme des Leadsängers John Dawa. Eine total ehrliche und einnehmende Performance.

Zoe // Weiter
So bemerkenswert ihre äußere Erscheinung auch ist, so unbemerkenswert die stimmliche Leistung. Intonation nicht genügend.

Lemo // Zartbitter-Favorit
Als Singer-Songwriter ist Lemo sehr beeindruckend. Ich fand seine Darbietung absolut berührend, aber vielleicht beim ESC eher chancenlos.

Folkshilfe // Zartbitter-Favorit + Weiter
Tja, warum nicht mal so? Ich sehe Potenzial.

Celina Ann // Weiter
Mit ihrer bluesigen Nummer konnte Celina Ann durchaus Stimme zeigen, aber ich frage mich, ob ihre Präsenz einprägsam genug ist. Solosängerinnen gibt’s ja immer zuhauf beim ESC.

Johann Sebastian Bass – toller Song, coole Performance

Johann Sebastian Bass –
toller Song, coole Performance

Johann Sebastian Bass // Zartbitter-Favorit + Weiter
Mit dem Look und dem Sound bleiben die Herren jedenfalls stark in Erinnerung. Eine Bomben-Performance. Nur diese wahnwitzige Hintergrundstory könnten sie von mir aus weglassen.

 

 

 

 

Hier sind alle Performances zu sehen:
Videos aller Beiträge

Jetzt bleibt es spannend: Wie entwickeln sich die Acts weiter – und wer vertritt uns am Ende beim ESC?

Sind eure Favoriten weitergekommen? Haltet Ihr jemandem besonders die Daumen? Hinterlasst uns einfach einen Kommentar!

 

Jubel überall: Kritiker sind sich anscheinend einig, dass Keanu Reeves mit John Wick zurück ist. Der Mann, der als Neo in Matrix Kultstatus erlangt hat. Und das mit nur einem Gesichtsausdruck. 16 Jahre musste er warten, bis einer seiner Filme wieder voll einschlägt. Den einen Gesichtsausdruck hat er auch nicht verlernt. Er behält ihn beharrlich bei. Das lässt sich freilich gut so verkaufen, dass er halt ein ganz knallharter Typ ist.

Die Story
John Wick ist ein Ex-Killer, dessen Frau gerade gestorben ist. Er hängt noch an zwei Dingen: den Hund, den ihm seine Frau geschenkt hat, und sein Auto. Der Sohn eines russischen Mafiabosses und einige Kumpanen überfallen ihn, bringen den Hund um und stehlen sein Auto. John Wick übt Rache.

Wirklich so gut?
Ich verstehe den Reiz von Rache-Actionfilmen, auch wenn das gar nicht mein Genre ist. Wenn man penibel ist, hat der Film viele Schwächen. Aber eine ist unverzeihlich: das Drehbuch. Denn das wurde offenbar innerhalb weniger Stunden zusammengeschustert. Der Autor hatte nicht einmal den Ehrgeiz, John Wick eine echte Motivation für sein Handeln zu geben. Die gibt es nämlich nur scheinbar. Dass der getötete Hund ein Geschenk seiner Frau war, ist sentimentaler Schwachsinn. Dadurch kann man nicht hunderte Tote rechtfertigen. Nicht mal im Rache-Actionfilm. Und vom gestohlenen 69er Mustang als Rechtfertigungsgrund zu einem Blutbad dieses Ausmaßes will ich erst gar nicht reden.

Sympathischer morden
Es geht mir weniger um die moralische Sicht, sondern darum, dass das Publikum einen Bezug zum Protagonisten aufbauen können soll. Bei John Wick funktioniert das überhaupt nicht. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum soll ich diesem John-Wick seine Gefühle abkaufen oder warum sollen sie mich überhaupt interessieren? Weder wuchs mir der Typ ans Herz noch war er auf irgendeine Weise sympathisch: Er war früher ein eiskalter Auftragskiller – der schlimmste und brutalste von allen. So schlimm, dass die ganze Russenmafia erschauert, wenn jemand seinen Namen ausspricht. Und jedes seiner Opfer, allesamt selbst Killer, stößt noch ehrfürchtig ein gehauchtes „John Wick!“ aus, bevor selbiger ihm das Licht auspustet.

John Wick sollte wissen, wie das mit dem Töten ist. Ist nicht persönlich. Ist nur ein Geschäft. Für ihn jedenfalls. Und manchmal triffts da eben einen kleinen, süßen Hund.

Bis auf die Szenen im Hotel, das allen möglichen Killern eine Herberge bietet, und wo man einander kennt und noch brav grüßt, bevor man die Waffen aufeinander richtet (was allerdings streng gegen die Hotelordnung verstößt), war alles andere für mich nur unoriginelles, freudloses Gemetzel ohne Ende. Nicht einmal tolle Kampfszenen gibts. Ein paarmal geht es Mann gegen Mann. Aber das sah dann eher wie Schulhofgerangel aus, wo ich mir ein paar Tolle Karate-Kicks erwartet hätte.  John Wick spezialisiert sich lieber darauf, bereits niedergeschossenen Gegnern noch aus kurzer Distanz eine Kugel in den Kopf zu jagen. Ja eh, aber nach dem zwanzigsten wird das einfach langweilig.

Actionfilme gibt es genügend gute. Die schau ich mir gern an. Und auch, wenn ich kenn Fan davon bin: Unter den Rache-Actionfilmen gibt’s für mich trotzdem sogenannte „Guilty Pleasures“. John Wick wird aber nie dazugehören.

Meine Bewertung auf IMDB: 4 Punkte
Ein Drehbuch, das höchstens für eine Action-Komödie taugt, aber so auf beinhart und düster getrimmt wirds höchstens lächerlich – und letztlich langweilig.

Warum es schwer zu begreifen ist, warum Männer Tanzmuffel sind

Der Fasching ist vorüber. Die Ballsaison ist geschlagen und fast die Hälfte der Bevölkerung atmet insgeheim auf. Manche wurden von ihren Frauen auf eine Tanzveranstaltung geschleppt. Andere schwangen ihr zuliebe das Tanzbein. Der große Rest weigerte sich beständig. Ja es ist richtig: Bis auf wenige Ausnahmen tanzen in unseren Breiten Männer nicht gerne oder überhaupt nicht. Gewiss schreibe ich jetzt nur von den weißen eingeborenen Mitteleuropäern.

13 Jahre war ich in der Männerarbeit tätig. Ich behaupte einmal, dass ich ein bisserl etwas von der Männerseele verstehe. Aber in diesem Punkt habe ich null Verständnis. Denn bei welcher Tätigkeit kann Mann Perfektion und Freiheit so miteinander verbinden? Bei welchem Training kann Mann seine Muskel trainieren und so grenzenlos viel Spaß haben? Ist nicht der Tanz die letzte gesellschaftliche Bastion, wo der Mann noch selbstverständlich die Führung übernimmt? Aber es geht noch weiter: Das Tanzen ist eine wunderbare Möglichkeit, auf unverfängliche Art und Weise, mit einer Frau auf Tuchfühlung zu gehen.

Stimmt meine Vermutung, dass Männer all diese Vorteile übersehen, nur weil sie Angst haben, sie könnten die Kontrolle verlieren und sich anscheinend lächerlich machen? Aber das macht man sich doch auch bei einem Räuscherl, oder?  Liebe Damen, es tut mir furchtbar leid. Der Tanz hat gegen das Krügerl Bier keine Chance. Da ist Hopfen und Malz verloren.

 

Die Geschichte Foxcatcher erzählt eine wahre Begebenheit und versucht zu erklären, wie es dazu kam, dass John du Pont den Ringer Dave Schulz erschoss. Die Vorlage liefert das autobiografische Buch seines Bruders Mark Schulz.

Der Film setzt Mitte der 80er Jahre an. Mark Schulz, obwohl Gewinner einer Olympischen Goldmedaille im Ringen, stand sein Leben lang im Schatten seines älteren Bruders Dave. Völlig überraschend wird er als Trainer des Foxcatcher Ringer-Teams des Milliardärs John du Pont engagiert. Es entwickelt sich eine Art Freundschaft zwischen Mark und John du Pont. Doch es kommt zum Streit aus einem nichtigen Anlass – trotz Erfolgen des Teams Foxcatcher. Mark wird durch seinen Bruder Dave als Trainer ersetzt. John du Point bekommt von Dave allerdings nicht, was er sich wirklich wünscht. Und das hat tragische Folgen.

Foxcatcher Teaser Poster (Sony Pictures Classics)

Foxcatcher Teaser Poster
(Sony Pictures Classics)

Nicht jeder kann mit Sportlerfilmen viel anfangen. Ich zum Beispiel. Doch Sport beiseite: Im Vordergrund steht das Drama, das sich zwischen den Personen entwickelt – in leisen Tönen und durchgehend in getragenem Tempo. Der Regisseur Bennett Miller lässt uns in langen Einstellungen die Figuren John du Pont, Mark und Dave Schulz beobachten. Damit stellt er durchaus Ansprüche an ein heutiges Publikum, das von hohem Tempo und schnellen Schnitten „verwöhnt“ ist. Ich selbst hatte nach den ersten paar Minuten voreilig beschlossen, dass mich der Film nicht sonderlich interessieren wird. Doch schon bald wurde immer mehr in die Entwicklung der Beziehungen eingesogen: dank der brillanten Besetzung.

Unter den Schauspielern sind zwei besondere Überraschungen für mich dabei. Und ich möchte mit dem Mann beginnen, der für keinen Oscar nominiert ist:

Channing Tatum/Mark Schulz
In bisherigen Rollen wurde Channing Tatum als der Schönling vermarktet, man denke an Magic Mike. In seiner Rolle als der etwas schwerfällige Mark Schulz spielt sein Aussehen keine Rolle. Er ist einer, den der sportliche Erfolg nicht selbstbewusst gemacht hat. Er braucht die Anlehnung an ein Vorbild, ob an seinen Bruder oder an John du Pont, in dem er eine Vaterfigur findet. Kräftig, aber introvertiert und einsilbig; Channing Tatum spielt diese Rolle subtil und gerade dadurch ist seine Performance so beeindruckend.

Steve Carell (Foto: Eva Rinaldi Lizenz: CC BY-SA 2.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode)

Steve Carell
(Foto: Eva Rinaldi
Lizenz: CC BY-SA 2.0
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode)

Steve Carell/John du Pont
Steve Carell ist bisher nicht als Charakterdarsteller aufgefallen. Und zwar überhaupt nicht. Er ist bekannt aus der amerikanischen Version von The Office, Dinner für Spinner, The Incredible Burt Wonderstone und vielen anderen Komödien. Durch Maskenbildnerkunst kaum wiederekennbar, stellt er John du Pont als schwach, dünnlippig und verbissen dar – eine aus vielen Gründen tragisch-lächerliche  Figur. Was er an körperlichen Voraussetzungen nicht mitbringt, macht er mit Geld wett. Er kauft sich einfach die Leute, und macht deren Erfolge zu den seinen. Zur generellen Subtilität des Films und aller schauspielerischen Darstellungen passt es, dass du Pont nicht als so verrückt porträtiert wird, wie er im richtigen Leben gewesen sein muss, sondern eher als abstoßend und unberechenbar. Steve Carell beweist hier, was als Schauspieler in ihm steckt und wird hoffentlich in der Zukunft viele gute Rollenangebote erhalten. Darauf freu ich mich jetzt schon.

Das Verhältnis zur Mutter ist auch der Schlüssel zum Charakter des John du Pont. Sie die erfolgreiche Reiterin, er, der nur das Zustande gebracht hat, was mit Geld zu kaufen war. Er sucht nach der Anerkennung seiner Mutter, doch sie hält Ringen für etwas Niedriges. Als John noch ein Kind war, hatte er nur einen Freund – und das war ein Junge, den seine Mutter dafür bezahlte, mit ihm zu spielen. Selbst im Erwachsenenalter nagt das noch an John. Es ist ihm anscheinend nicht bewusst, dass er selbst nichts anderes tut: er kauft sich mit seinem Geld Freundschaft und Bewunderung. Widerrede endet mit Verstoß, wie Mark Schulz zu spüren bekommt.
Und so erhält er einzig vom eigenen, also vom bezahlten, Ringer-Team Anerkennung. Er lässt sich mit allen möglichen ehrbezeugenden Titeln ansprechen, zum Beispiel mit „Goldener Adler“ oder „Coach“, obwohl er im Ringen selbst höchstens Anfängerniveau aufweist und von Coachen keine Ahnung hat. Dennoch machen alle bereitwillig mit. Nur einer nicht: Dave Schulz.

Mark Ruffalo/Dave Schulz
Mark Ruffalo war für mich bisher auch eher der „Schönling“ mit Rollen, die nicht allzu viel Tiefgang zuließen, zum Beispiel in Now You See Me. Und diesmal wurde er für seine Rolle als Dave Schulz für einen Oscar als bester Nebendarsteller nominiert. Ruffalo ist überzeugend als der Bodenständige. Er ist der fürsorgliche ältere Bruder und Familienvater. Im Gegensatz zu seinem introvertierten Bruder Mark, fällt es Dave leichter sich auszudrücken, auch durch Nähe. Sein Fehler ist: Dave stellt seine Familie über John du Pont mit all seinem Geld. Er steht fest im Leben und braucht keine Vaterfigur und keinen Pseudo-Mentor. Und im Job steht er nicht 24 Stunden am Tag zur Verfügung. Das sollte ihm zum Verhängnis werden.

In Wirklichkeit wurde nie ein Motiv für John du Ponts Mord an Dave Schulz festgestellt, sondern seiner paranoiden Schizophrenie zugeschrieben. Der Film deutet jedoch an, dass es einen Auslöser für die Wahnsinnstat gab und John du Pont einfach nicht akzeptieren konnte, dass es einen Mann gab, den er nicht durch Geld unter seinen persönlichen Besitztümern einreihen konnte. Die Wahrheit lässt sich sicher nicht mehr feststellen. Aber die Geschichte, wie sie der Film anbietet, ist eine glaubwürdige Möglichkeit.

Wer kriegt den Oscar?
Bester Hauptdarsteller Steve Carell: 70%
Bester Nebendarsteller Mark Ruffalo: 25%
Beste Regie Bennet Miller: 60%

Meine Bewertung auf IMDB: 9 Punkte

Als ich zum ersten Mal hörte, dass Andy und Lana Wachowski wieder einen neuen Film planen, war ich aufgeregt. 16 Jahre ist ihr Sensationserfolg Matrix her. Gleich zu echten Cyberpunk-Stars aufgestiegen, enttäuschten Sie mit allen folgenden Projekten. Aber, wie gesagt, 16 Jahre später … nach so langer Zeit war meine Hoffnung groß. Es könnte wieder ein großer Wurf gelingen.

Ein russisches Einwanderermädchen in Chicago, Jupiter Jones [Mila Kunis], bringt sich gemeinsam mit ihrer Mutter als Putzfrau bei reichen Leuten durch. Doch bald erfährt sie, dass sie zu Höherem geboren ist. Und zwar nicht, weil ihr Vater Astrophysiker war und die Mutter eigentlich Mathematikerin ist. Sie ist genetisch identisch mit der jüngst verstorbenen Eigentümerin der Erde. Intergalaktische Herrscher-Familien teilen sich nämlich das Universum auf und Jupiter ist somit Mitglied des Abrasax Clans, einer der mächtigsten Familien des Universums. Nur dass ihre drei neuen Verwandten (es sind sozusagen ihre Kinder!) sie gleich wieder loswerden wollen – vorzugsweise durch Mord. Die verzogenen Space-Adeligen hatten von ihrer Mutter einige von Menschen dicht bevölkerte Planeten geerbt. Durch Jupiters Existenz würden sie Planeten und Völker wieder verlieren – und Menschen sind aus makabren Gründen ein wertvolles Gut. Caine Wise, ein Mensch-Wolf-Hybridwesen/gefallener Engel [Channing Tatum, derzeit auch in Foxcatcher zu sehen] hilft Jupiter, zu ihrem Recht zu kommen und ihr Leben zu retten – nicht ganz ohne Eigennutz.

Mila Kunis alias Jupiter lässt andere SciFi-Prinzessinnen vor Neid erblassen

Mila Kunis alias Jupiter lässt andere SciFi-Prinzessinnen vor Neid erblassen – und dann trägt sie auch noch dieses Outfit

Visuell ist Jupiter Ascending beeindruckend: elegante Raum-Kampffluggeräte, kathedralenhafte Raumschiffe und opulente Kostüme. Selbst die Raumanzüge sind so schick, dass ich unbedingt einen davon haben wollte. Und die Outfits von Mila Kunis erst – dagegen sieht Prinzessin Leia in Star Wars wie eine Landpomeranze aus Hintertupfing aus. Leider ist damit auch schon alles Positive gesagt, das mir zu dem Film einfällt.

Mila Kunis spielt also eine einfache Haushaltshilfe, die völlig unverhofft zum Spielball einer mächtigen Elite wird. Das läuft dann so ab: Jupiter wird verfolgt, wahlweise bedroht oder mit Lügen getäuscht, fast getötet und in allerletzter Sekunde von Caine Wise gerettet – vorzugsweise mitten im (minutenlangen) freien Fall. Man wiederhole dieses Muster so oft, bis der letzte Widersacher tot ist. Und das geht einige Male hintereinander so dahin.

In der Mitte des Films ist ein Moment, in dem Jupiter eine schockierende Wahrheit erfährt. Das hätte der große Höhe- und Wendepunkt im Film sein sollen – war es aber nicht. Dabei hat es mich nicht gestört, dass die Wachowskis, einen recht ähnlichen Effekt bereits Cloud Atlas verbraten haben (dieser Schock-Moment ist aus dem Film Soylent Green ausgeliehen). Nur kann man diesen Moment schon eine Stunde lang kommen sehen. Ich war jedenfalls nicht im Geringsten überrascht oder schockiert. Und letztlich war diese Enthüllung für die weitere Entwicklung der Geschichte völlig belanglos.

Bis alle Abenteuer bestanden sind, wollte man es auch spannend machen, ob die Majestät Jupiter und der Underdog Caine denn zusammenkommen. Doch bis sie endlich einander küssen, war ich aber schon nicht mehr an der Handlung interessiert. Handlung ist überhaupt das große Stichwort hier. Über die Tatsache, dass eine Story etwas abgestanden ist, sehe ich wirklich recht gern hinweg. Aber: Von einer Hauptfigur erwartet das Publikum, dass sie tatsächlich handelt. Jupiter wird aber nur herumgeschupst und kann aus eigenem Antrieb keine Entscheidungen fällen, die tatsächlich Einfluss auf den Verlauf der Geschichte haben. Jupiter reagiert nur auf die Umstände. Schwach. Einem männlichen Haupthelden hätte man solche Ohnmacht sicher nicht zugemutet.

Jupiter Ascending ist also doch nicht der neue, große Wurf der Geschwister Wachowski, auf den viele gehofft haben. Vielleicht das nächste Mal.

Meine Bewertung auf IMDB: 6 Punkte
Visuell ist der Film großartig. Es mangelt aber an Originalität, Leidenschaft für Geschichten, die Figuren und die Menschheit insgesamt.

(alle Fotos: Courtesy of Warner Bros. Pictures)