Sicher schon mehr als zehn Mal habe ich die Hagia Sophia besucht und immer wieder bin ich überwältigt. hagia

Von außen sieht sie aus wie eine alte Schildkröte, die nichts erschüttern kann, die schon alles gesehen hat. 1500 Jahre bestimmt sie schon die Silhouette von Istanbul, vormals Konstantinopel, vormals Byzanz. In nur 6 Jahren als Kirche erbaut, dann Moschee und jetzt Museum, trotzt sie den wechselnden Herrschaften und lässt alle Besucher staunen. Schon die Vorhalle wäre ein Gotteshaus für sich, die Haupthalle mit ihrer riesigen Kuppel macht einen ergriffen. Immer wieder. Die wundervollen Mosaike erzählen von Jesus, Kaisern und Engeln.

Wer daran glaubt, kann die „Schwitzende Säule“ berühren.

So sollen Wünsche in Erfüllung gehen, manch einer wurde der Legende nach schon von einer schweren Krankheit geheilt.katze hagia

 

Und dieses Mal wartet noch eine Überraschung in der Hagia Sophia.

Eine Katze scheint sie als ihr Revier gewählt zu haben. Von den Touristen holt sie sich ihre Streicheleinheiten. Majestätisch sitzt sie am Geländer und verteilt ihre Gunst an die vorüberziehenden Menschen aus aller Welt. Und nur wenige können widerstehen und an ihr vorübergehen ohne sie zu betrachten oder zu berühren. Sperrt die Hagia Sophia zu, dann wird aus der Samtpfote wohl ein Mäusetiger.

Die ganze Nacht hat sie Zeit sich die fettesten Nagetiere für ein Festmahl zu holen.

Mahlzeit!

 

Danke Christian für das Foto, das du mir heute aus Barcelona geschickt hast. Die Sagrada Familia ist immer wieder ein toller Anblick. Und was mir besonders gut gefällt ist das Unvollendete der Kirche. 1882 hat der Bau nach einem Entwurf von Antonio Gaudi begonnen. Mit der Fertigstellung wird in den nächsten 15 Jahren gerechnet. In dieser langen Zeit gab es immer wieder Streit, ob sie eigentlich fertig gebaut werden sollte. IMG_2760

Noch erstaunlicher ist die Geschichte des Kölner Doms. Begonnen im 13. Jahrhundert gab es bis ins 19. Jahrhundert einen Baustopp. Erst dann wurden die Arbeiten wieder aufgenommen und sie gehen bis jetzt weiter.

Man stelle sich das heutzutage vor. Alles muss so schnell wie möglich fertig sein. Etwas sein zu lassen und erst nach langer Zeit wieder weiter zu machen, vielleicht auch Generationen später- unvorstellbar! Aber vielleicht macht gerade die Langsamkeit das Besondere dieser Gebäude aus. Die Ideengeber kennen das Ergebnis nicht, trotzdem haben sie etwas Wunderschönes auf den Weg gebracht. Faszinierend :)

 

 

Globaler Waffenhandel. Biochemische Waffen in Syrien. Der nächste Amoklauf in den U.S.A. Mehr als eine Billion Dollar Militärausgaben 2011 weltweit. Mit den ganzen Nullen sieht das dann so aus: 1.000.000.000.000.

Ich wünschte all das Geld, die Energie, Forschungen und Gedanken, die für die Entwicklung von Waffen und das Kriegsführen gebraucht werden, flössen in friedliche Projekte.

Naiv, gell?

Da werden in unzähligen Instituten, Projekten und Fabriken Waffen entwickelt, die auf effektivste und schonendste Weise den Gegner töten oder verletzen sollen. Von Mikrowellenwaffen über biologische Kriegsmittel, alles um Unheil über Menschen zu bringen. Besonders abartig ist die Kriegsführung mit Drohnen. Da sitzen tausende Kilometer entfernt „Soldaten“ in einer Kommandozentrale, beobachten oft wochenlang auf Monitoren potenzielle Gegner und töten dann punktgenau. Krieg als Computerspiel. Was macht das aus den Menschen? Ist das die vielbeschworene Weiterentwicklung der Menschheit oder der Weg in die Katastrophe?

„Merkwürdig, wie blind die Menschen sind! Die Folterkammern des finsteren Mittelalters flößen ihnen Abscheu ein; auf ihre Arsenale aber sind sie stolz.“, so Bertha von Suttner, Pazifistin und Friedensnobelpreisträgerin vor über 100 Jahren.

Pazifismus ist nicht naiv, sondern fortschrittlich!

 

 

Von unserer Gastautorin Brita Pilshofer

Wenn ich an Solidarität denke, denke ich immer an Deide, unsere Haushälterin in Sao Paulo, Brasilien. Sie lebt in einer favela in Interlagos, zusammen mit ihren 5 Kindern und 2 Enkelkindern. Abwechselnd gehen sie und ihre Kinder arbeiten und jeder unterstützt die anderen in der Familie mit, ob sie nun in Ausbildung, arbeitslos oder in Mutterschaftskarenz sind. Die Solidarität zwischen mir und ihnen war eine spontane von Beginn an, bei mir gab es ein tägliches großes Mittagessen mit allen Kindern, sie lernten miteinander, wir gingen miteinander aus, mein Garten wurde gepflegt, ich konnte Ausbildungsstätten vermitteln. Als ich eine Gehaltserhöhung bekam, scherzte Deide mit realem Hintergrund: “ Verdienst du mehr, kannst du noch besser mit mir teilen!“

Es war Leben in meinem Haus, niemand war jemals alleine, mit Freundinnen und Nachbarinnen und deren Haushälterinnen traf man sich mindestens einmal die Woche um Maniküre und Pediküre in meiner sala zu machen, alle saßen zusammen und es wurde “ fofokiert „, das heißt man erzählte Wissenswertes über Marktangebote, Alltag, Bekannte, Gefahren etc.

Die favela war ein weiterer Mikrokosmos in dieser großen Stadt, in dem Deide sehr geachtet war und den Schutz der dort Mächtigen hatte. Ich war samt meiner Familie in diesem Schutz eingeschlossen, da ich ja Deides padroa war und dadurch sakrosankt. Ich konnte mit meinem Auto zu ihrem Haus mitten in der favela fahren, man passte auf dieses auf, solange ich dort war, damit kein jugendlicher Übeltäter einen Schaden anrichten konnte, und meine Handwerker kamen alle von dort und ich war immer bestens versorgt.

Favelas werden immer noch von den ärmeren Bewohnern der Städte dem sozialen Wohnbau, genannt Cingapura, vorgezogen, da es in ihnen eine funktionierende Infrastruktur gibt mit Kaufläden, Schulen und einem persönlichen Schutzsystem. Dass sich leider immer wieder Drogenhändler in ihnen festsetzen, trübt natürlich die Idylle, jedoch solange man sich an den Verschwiegenheitscode hält, passiert einem nichts.

Als ich zurück nach Österreich kam, erlebte ich einen Kulturschock. Niemand auf der Straße redete miteinander ( in Brasilien wird jeder auch noch so fremde Vorbeikommende nach seinem Befinden gefragt und oft ergeben sich Gespräche daraus, wenn man es nicht eilig hatte ), man rief sich in Österreich im Freundeskreis in Abständen von 2 Wochen einmal an, traf sich alle 3 bis 4 Wochen nach vorheriger langer Terminabsprache. Ich musste mich daran gewöhnen, da meine Kinder bereits erwachsen waren und nicht mehr bei mir wohnten, ganz allein zu sein und Deide fehlte mir unglaublich. Weiterlesen

Mir ist klar, dass viele Menschen bei diesem Geständnis den Kopf schütteln. Wie kann man etwas lieben, das in der Schule oft ein Fach der Qual war. Unmögliche Namen lernen, sich Jahreszahlen merken, die man nach dem Test gleich wieder vergisst und Völker erforschen, die es schon lange nicht mehr gibt. Ja, so kann Geschichte auch sein. Die Geschichte, die ich liebe, beinhaltet aber viel mehr.

Karthago im heutigen Tunesien

 

Mein Zugang ist ein anderer. Geschichte ist für mich Zusammenhänge erkennen und verstehen warum die Welt so ist, wie sie ist. Vor zwei Wochen, war wieder so ein Moment. Erstmals  in meinem Leben stand ich in Karthago  zwischen all den Ruinen. In der Schule haben wir von den Phöniziern, Hannibal und den Punischen Kriegen gelernt, das war es dann. Aber Karthago lehrt mich viel mehr. Als damalige Großstadt im Norden Afrikas, gegründet vor ca. 2800 Jahren, gehörten die Stadt und ihre BewohnerInnen selbstverständlich zum Mittelmeerraum, dort wo die Römer, Ägypter, Griechen und andere Völkerschaften siedelten. Über die Jahrhunderte waren der Handel  von Waren, kriegerische Auseinandersetzungen und der Austausch von Wissen selbstverständlich. In dieser Zeit bildeten sich auch die Begriffe Asien, Afrika und Europa heraus. So nannten die Römer ihre Provinz in Tunesien „Africa“, ohne damit einen Kontinent zu bezeichnen und eine Grenze zu Europa zu definieren. Asien, ein alter assyrischer Begriff mit der Bedeutung „Sonnenaufgang“ bezeichnete das heutige Kleinasien.  Europa ist der Name einer phönizischen Königstochter und bezeichnet nach Herodot einfach die Landmasse nördlich des Mittelmeers.

Was lerne ich daraus? Vor mehr als 2000 Jahren war der Mittelmeerraum eine selbstverständliche Einheit. Es gab noch keine Flugzeuge, Telefonie oder Internet. Trotzdem waren die Grenzen im Kopf wahrscheinlich noch offener als heute. Wir können innerhalb kürzester Zeit mit fast allen Menschen auf diesem Planeten in Kontakt treten, wir sind innerhalb 24 Stunden an fast jedem Punkt der Erde. Aber wir haben Grenzen im Kopf, die uns als jetzt selbstverständlich erscheinen und die wir als „ewig“ hinnehmen. Aber die Geschichte lehrt uns, dass dies nicht immer so war und darum nicht immer so bleiben muss.

Seit einigen Jahren schwinge ich mich im Mai auf das Fahrrad und dann geht’s ab nach St. Radegund in Oberösterreich. Der winzige Ort im Innviertel ist der Geburtsort von Franz Jägerstätter. Jägerstätter hat im zweiten Weltkrieg den Kriegsdienst verweigert. Grund dafür war aber nicht irgendeine Form von Feigheit. Sondern er verweigerte jede Form der Unterstützung des nationalsozialistischen Systems. Dazu brauchte es großen Mut.
Er war kein Fanatiker. Seine Grundlagen waren sein Glaube und sein Gewissen. Und in der Folge die Konsequenz, für seine Haltung ein zustehen bis zu seiner Hinrichtung am 9. August 1943. Es gibt in dieser dunkelsten Zeit unserer Geschichte Millionen von Opfern des Systems. Was diesen Fall so außergewöhnlich macht ist, dass er sehr gut dokumentiert ist. Nicht zuletzt aus dem Briefverkehr mit seiner Frau Franziska.
Jägerstätter ist mir deswegen so sympathisch, weil er ein ganz einfacher Bauer war. Auch wenn ihn die Katholische Kirche 2007 selig gesprochen hat, so macht es wenig Sinn, ihn abgehoben und entrückt darzustellen. Seine Ausbildung reichte nicht über die Grundschule hinaus. Dennoch liebte er es zu lesen. In seiner alternativen Lektüre liegt auch der Schüssel für seine kritische Haltung dem Regime gegenüber.
Seine wichtigste Begleiterin in seinem Leben war seine Frau Franziska. Die heute 99 jährige Frau ist immer zu ihm gestanden. Sie hat seine Entscheidung akzeptiert, auch wenn es mit den drei Kindern extrem schwer für sie gewesen ist. Nach dem Krieg bekam sie anfangs nicht einmal eine Witwenpension. Das war für Deserteure nicht vorgesehen.

Franziska Jägerstäter mit Angelika Bamer-Ebner

Wenn Jägerstätter für sein Verhalten kritisiert wird, er habe sein Vaterland und sein Familie im Stich gelassen, dann fällt mir nur ein: Wenn mehrere so gehandelt hätten wie er, und eine kritische Masse des inneren Widerstands sich gebildet hätte, hätte das bestialische System keine Chance gehabt. Er schreibt in einer Aufzeichnung nach seiner Verurteilung zum Tode: „Wenn ich sie [meine Worte] auch mit gefesselten Händen schreibe, aber immer noch besser, als wenn der Wille gefesselt wäre.“ Dieser Mensch imponiert mir einfach und ist ein Stachel im eigenen Fleisch, dass ich es mir selbst gemütlich in meinen abgesicherten Lebensumständen mache. Er gibt mir Kraft, selbst mutig gegen Ungerechtigkeiten aufzutreten.

Am 19. Mai ist es wieder soweit: Rauf auf das Bike und ab nach Radegund …