von Alexandra Schmidt

Man wird nicht als Feministin geboren, man wird dazu gemacht. (nach Simone de Beauvoir)
Oder: Wie bin ich geworden, was ich bin?

xela

Xela und ihre Mutter

In letzter Zeit ist wieder von „Kampfemanzen“ und „Radikalfeministinnen“ die Rede, und zwar beim Thema „gerechte Sprache“. Wörter wie „Kampf“ und „radikal“ fallen ja momentan oft. Wegen der Kriege auf der Welt und wegen der IS.  Kampfemanzen und Radikalfeministinnen haben als Waffen: Plakate, Demonstrationen, ihren Körper, hysterisches Schreien oder Trillerpfeifen. Damit haben sie Wahlrecht und Frauenbeauftragte erkämpft. Warum bin ich eine Feministin? Mal sehen: Ich war 1973 ein „ledigs Kind“, meine Mami bei meiner Geburt ohne Partner und nach einem Karenzjahr musste sie wieder als Küchenhilfe arbeiten. Ich bin bei Omi und Stief-Opa aufgewachsen. Omi hatte sich in den 1940er Jahren mit fünf Kindern scheiden lassen und den Stief-Opa geheiratet. Das war in der Nähe von Schladming mit Russen, Engländern und US-Amerikanern. Die Geschichten aus dieser Zeit handeln von Mut, Angst, Gewalt, Menschlichkeit und davon, dass Betteln keine Schande ist. Omi hab ich schon immer sehr bewundert, Mami erst später. Aber ich hab früh überzuckert, dass Arbeit unabhängig macht. Und was es für Folgen haben kann, wenn Menschen sich lieben.

Vorbilder sind offenbar wichtig. Meine kamen auch aus dem Fernsehen: Als Kind war Wickie (von den „starken Männern“) für mich lange ein Mädchen: lange Haare, eine Freundin (Ilvy) und ein Mädchenname. „Heute ist die Vicky wieder!“ hab ich mich gefreut auf neue Abenteuer und ihre rettenden Ideen. Die „starken Männer“ hatten die Hosen voll vor Angst. Auch „die“ Mickey Mouse war für mich lange eine smarte Frau. Und die Biene Maja war ja wirklich ein Mädchen – fleißig, vernünftig und gescheit. So wollte ich sein.

In der Hauptschule hat meine Cousine Barbara die „Emma“ heimgebracht und mir Sprüche gelernt wie „Ich bleibe meinem Motto treu: lesbisch, schön und arbeitsscheu“. Nichts davon hab ich verstanden, aber die anderen haben gestaunt, was ich für Wörter kenne. Ich war Klassensprecherin. Gut in der Schule und rotzfrech, das war eine gute Kombi dafür. Während meiner HAK-Zeit hab ich im „Mädchenwohnheim der AK“  in Salzburg gewohnt. Wir hatten auch Sorgen mit Jungs und Frisuren, aber wir waren Mädchen unter sich. Unsere Erzieherinnen waren fortschrittlich und wenn eine von uns heulen musste, hat kein Bub drüber gelacht – es war ja keiner da. Ein Schlüsselerlebnis: bei einer Prüfung in der HBLA musste eine Mitbewohnerin „ein Herrenhemd faltenfrei bügeln“. Ich hab mich so aufgeregt.  Ein Macho-Mitschüler wollte mich mal beleidigen: „Du bist heute angezogen wie die Johanna Dohnal“. Ich nahm´s als Kompliment: dass ein 17jähriger „die Dohnal“ kennt und mich mit ihr in einem Atemzug nennt! Ich hab in Wien Soziologie und „Frauenforschung“ (heute: Gender Studies) studiert, mich in meinen Mann verliebt und irgendwann im Frauenbüro der Stadt Salzburg angefangen. Jetzt bin ich quasi Berufsfeministin. Radikal bin ich nicht. Kämpferisch? Doch, schon. Meine Mittel sind Worte, Bilder und Förderungen. Den „Krieger“ im Yoga mach ich oft – er gibt Kraft, heißt es.

Ich kämpfe dafür, dass Männer sich selbst nicht mehr aufwerten  indem sie Frauen abwerten. Und umgekehrt. Und für ein Zusammenleben voll Spaß, Respekt, Würde und Begegnungen auf Augenhöhe.  Gleich welchen Geschlechts und in Frieden.

Das wünscht sich sehr, und zwar noch in diesem Leben, eure Xela

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

Se ham a Haus baut, se ham a Haus baut, se ham uns a Haus herbaut! (Arik Brauer)

al3Wenn Außerirdische auf der Erde landen, wie würden wir erklären was eine Stadt ist? Ich probiers: in einer Stadt leben viele Menschen auf kleinerem Raum zusammen als auf dem Land. Sie können schneller in der Arbeit, bei ihrer besten Freundin oder in der Schule sein. Sie wählen zwischen einer Schule mit Griechisch oder Französisch (die Sprachen, nicht was Sie denken. Das gibt’s aber in einer Stadt auch). Die Menschen leben, lernen, arbeiten, spielen und sterben in so genannten “ Häusern“. Weil die Fläche begrenzt ist, stehen manche Häuser eng nebeneinander, oder sie sind hoch. Zwischen den Häusern sind Straßen, Gassen, Wege für Autos, Fahrräder, Kinderwägen, Skates und Rollstühle und ein Bahnhof. Oft gibt’s sogar einen Flughafen, leider sind die Außerirdischen aber nicht dort gelandet sondern im Grünland, und das ist jetzt hin, aber das ist eine andere Geschichte. Die Stadtmenschen sparen Wege und Zeit: zum nächsten Glascontainer oder zum Schuster können sie oft zu Fuß gehen. (Ja, in meiner Stadt gibt’s noch mehrere Schuster.) Wer kein Auto hat, kann einen Bus nehmen, das ist eine Art Gemeinschaftsauto. Wenn sie krank sind finden sie rasch ärztliche Hilfe oder ein Krankenhaus.

al1Die Menschen haben sich eine Einrichtung erfunden, die organisiert das Leben für die Anderen: Die heißt Magistrat. Dir dort beschäftigt sind pflegen Alte, schaffen den Müll weg und achten auf die Regeln beim Hausbau. Die Stadtmenschen geben ihnen ihre Kinder, damit sie inzwischen Geld verdienen können oder Kaffee trinken. In einer Stadt gibt es aber auch Orte, wo die Stadtmenschen spielen, spazieren, ihren Hund laufen lassen oder wo ein Denkmal oder ein Brunnen stehen. Dort treffen sie sich zum spielen, tratschen oder staunen. Im Winter oder wenn es regnet gibt es solche „öffentliche Räume ohne Konsumzwang“ unterm Dach. Eine Bibliothek zum Beispiel. Wenn wer ein neues Geschäft aufmachen will oder ein Haus bauen, muss die Person zuerst die Leute vom Magistrat fragen und zeigen, dass sie das kann. Und wenn die Leute vom Magistrat einen „öffentlichen Raum ohne Konsumzwang“ bauen wollen, fragen sie meistens die Stadtmenschen. Die Vorgesetzten von denen vom Magistrat heißen Bürgermeisterin oder Gemeinderat und geben die Richtung vor.

Portrait Xela JapanIn manchen Städten funktioniert das. In anderen weniger. Dort gibt es Einzelne oder Gruppen, die wollen nicht, dass gebaut wird. Die sind so streng, dass wir wohl noch in Höhlen leben würden, wenn‘s nach ihnen ginge. Manche Städte werden größer. Manche werden kleiner, weil keine Arbeit, keine Wirtin und kein Kindergarten mehr da ist, ein Arzt schon gar nicht und auch kein Pfarrer oder weil´s woanders besser ist. Na ja.

Wie Sie den Außerirdischen jetzt „Auto“ oder „Schulen“, „Grünland“ oder „Bibliothek“ erklären weiß ich jetzt auch nicht. Gehen Sie doch mit ihnen durch Ihre Stadt, und zeigen Sie das alles her.

Das mach ich immer mit meinen Gästen, ehrlich wahr, Ihre Xela

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

piem4Im Piemont, jener fruchtbaren Region in Italien rund um Turin nördlich der ligurischen Küste, hatten die Menschen immer schon ihren eigenen Kopf. Von hier stammt der bedeutendste politische Denker der italienischen Arbeiterbewegung, Antonio Gramsci (1891-1937). Hier formierte sich eine starke Partisanenbewegung gegen die Faschisten in den 1940er Jahren – die „Resistenza“. Die Volksregierungen „Giunte Popolari di Governo“ aus 1944 waren die ersten Versuche für eine freie demokratische Verwaltung der lokalen Belange durch die Bevölkerung. Und hier entstand aus einer Fahrradwerkstatt am Stadtrand von Turin die Automobilfabrik FIAT – der Grundstein für den Aufstieg Turins zu einem der bedeutendsten industriellen Zentren Italiens. Bereits 1920 arbeiteten hier 40.000 Menschen, 1979 – am Höhepunkt – 284.000. Anfang der 1980er Jahre streikten die Gewerkschaften aus Protest gegen Kündigungen für 35 Tage – ein langer Atem.

piem5Die Weinbauern im Piemont haben über viele Jahrzehnte Weine gemacht, die für die Ewigkeit bestimmt waren. Erst nach 20 Jahren Lagerung auf der Flasche einigermaßen zugänglich der Nebbiolo – die Rebsorte, aus der Barolo und Barbaresco entstehen. Als in den 1970er Jahren einige junge Söhne neue, zugänglichere und früher trinkbare Weine ausprobierten trafen moderne und traditionalistische Dickschädel aufeinander. Von Elio Altare erzählt man sich, dass er die großen Holzfässer seines Vaters zersägt und gegen neue, kleine französische Eichenfässer ausgetauscht hat. Daraufhin von seinem Vater enterbt musste auch er einen langen Atem beweisen, um seiner Vision treu zu bleiben – der Erfolg gibt ihm heute Recht. Auch war es Elio Altare, der als einer der ersten den bisher als einfachen und jung zu trinkenden Alltagswein geltenden Barbera anspruchsvoller zu einem kräftigen, strukturierten und lagerfähigen Wein ausbaute – auch das eine einzige Erfolgsgeschichte – obwohl er die Rebsorte immer noch nicht draufschreibt sondern nur „Rosso“ bzw die Lage, denn anfangs hätte niemand verstanden, warum man aus Barbera so einen Wein machen soll.
piem2Heute verfließen die Grenzen zwischen Traditionalisten und Modernisten. Elios Tochter Silvia Altare mag diese Unterscheidung überhaupt nicht, denn: die Traditionellen, sind das jene, in deren Kellern Hühner gehalten werden und die ihre Fässer nicht so oft auswaschen? Und die Modernen, sind das jene, die besonders viel neues Holz einsetzen? Was ist dann einer, der sauber arbeitet aber trotzdem noch für einige Weine große alte Holzfässer verwendet?
Von solchen Geschichten kann man viel lernen. Von Traditionen, die gut und wertvoll sind, die von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden, die sich aber entwickeln können. Von mutigen, frischen und unkonventionellen Ideen, die etwas Neues hervorbringen. Ich finde, es braucht beides – und ein eigener Kopf hat sowieso noch nie geschadet.

Ci vediamo, eure Xela

 Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

Portrait Xela Japan

Eisgenuss in Japan

In Japan gibt es in keiner Stadt auch nur einen einzigen öffentlichen Mistkübel. Alle nehmen ihren Müll wieder mit nach Hause. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass kein Mistkübel überfüllt sein kann. Es kann auch niemand im Suff oder jugendlichen Übermut einen Mistkübel umschmeißen und der Wind kann auch keinen Müll herauswehen. Es gibt einfach keinen Mist im öffentlichen Raum. Wenn das in einer Stadt wie Tokyo mit 10 Mio Leuten funktioniert….mmmhhhh? Wie viel würde sich die Stadt Salzburg sparen, wenn wir keine öffentlichen Mistkübel mehr ausleeren, warten, aufstellen etc. müssten?

Blumen verteilen

Jedem seine Blume

Es gibt übrigens auch keine Tschikstummel. Die Raucher*innen rauchen nur dort, wo sie dürfen – und wo Aschenbecher aufgestellt sind. So bleiben die Straßen, Plätze und Parks sauber. Überhaupt, in Japan wird im Zweifel lieber öfter mal sauber gemacht. Der eh schon fleckenlose Shinkansen am Startbahnhof. Der Geldautomat vom 7/11 nachdem ich Geld abgehoben habe (sehe ich etwa aus wie eine Bakterienschleuder, oder was…???). Unkraut jäten und zusammenkehren rund ums Hotel – natürlich mit weißen Handschuhen! Und damit die ganze Umgebung noch schöner wird, geben manche Städte im Frühling Unmengen von Blumen zum selber einpflanzen aus. Da stehen alle Bewohner*innen Schlange und holen sich ihre Pflanzerl ab.

 

Auf den Zentimeter

Shinansen

Bitte einsteigen!

Sitzbank im Zug drehen

In jede Richtung

Am besten ist das Zugfahren. Der Shinkansen – der pünktlichste Zug der Welt – hält genau dort, wo Farbe, Zug- und Waggon-Nummer meine Reservierung anzeigen. Und genau heißt: auf den Zentimeter genau. Und weil sich alle ordentlich anstellen (können) und richtig stehen geht das Aus- und Einsteigen ruck-zuck. Für alle denen im Zug schlecht wird, wenn sie nicht in Fahrtrichtung sitzen – einfach die Sitzbank umdrehen, wenn der Zug in einem Bahnhof die Fahrrichtung wechselt. Im Zug gibt’s keine Papierhandtücher. Wozu auch? Jede/r Japaner*in hat das eigene kleine Reisehandtuch in der Tasche, basta. (Mal nachrechnen: x Passagiere mal x Züge mal x Papierhandtücher die nicht produziert und nicht entsorgt werden müssen, macht….mmmmhhhhh: jedenfalls viel Ersparnis) Und der oft getragene Mundschutz dient übrigens nicht in erster Linie zum Schutz vor fremden Bakterien sondern vor allem dazu, nicht selbst jemanden anzustecken wenn man nicht so ganz gesund ist. Danke, sehr freundlich!

Das Klo der Extraklasse

Verkehrszeichencartoon für Kinder 2

Verkehrsschilder für Kinder

WC Facilities

Technik am Klo

Man kann übrigens auch Kindern etwas zutrauen. Und extra Cartoons als Verkehrszeichen für sie entwerfen, die sie davor warnen, auf die Straße zu laufen. Könnt ja schließlich ein Auto kommen – dazu ist die Straße ja da.
Ja, da könnten wir uns einiges abschauen. Vorgewärmte WC-Sitze, WC-Schüsseln, die alle Schikanen spielen von der automatischen Musik oder dem Plätschergeräusch über die eingebaute Dusche bis zum Fön und die Tatsache, dass Trinkgeld nicht üblich ist und eher für Verwirrung sorgt gehören aus meiner Sicht aber nicht dazu. Man muss es ja nicht gleich übertreiben.
Sayonara, eure Xela

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

XelaWir wählen am 9. März 2014 den Salzburger Gemeinderat. Der nette ältere Verkäufer in einem kleinen Shop in der Getreidegasse wusste vorige Woche noch nichts davon. Eine der Kellnerinnen im Stammlokal geht nie wählen – sie traut sich nicht zu, das politische Angebot richtig zu bewerten und eine Entscheidung zu treffen. Ein anderer Freund, mehrfach akademisch gebildet, geht schon lang nicht mehr wählen – er fühlt sich allgemein nicht vertreten. Einige gute Bekannte, manche davon schon eher Freundinnen, engagieren sich für manche der Parteien und KanditatInnen, die antreten. Die Erfahrungen bei dieser Knochenarbeit sind manchmal lustig (sie bekommen bei Hausbesuchen frisches Gebäck geschenkt), manchmal verstörend (jemand fängt zu weinen an) und manchmal hart (die Angesprochenen beschimpfen sie). Ja, es ist wohl so: die meisten politisch Tätigen genießen nicht viel Respekt. Sie sind „an allem“ schuld, verdienen zu viel, tun zu wenig oder das falsche und geben zu viel Geld aus. Gleich nach ihnen kommen alle die in der Verwaltung oder woanders im öffentlichen Dienst arbeiten (zB in den Schulen…). Die sind faul, überbezahlt und korrupt.

Wofür wahlkämpfen? Wofür politisch tätig sein? Wofür „ins Amt“ gehen?

Für mich ist das völlig klar: für ein gutes Leben für alle. Ein gutes Leben, das ist ein Einkommen mit dem man auskommt und ein bisschen was bleibt übrig, keine Sorge wovon die Miete/der Wochenendeinkauf/der Schulschikurs/das Pflegeheim bezahlt wird diesen Monat. Und nächsten. Genug Freizeit für Zeit im Kreise lieber Menschen, an der frischen Luft, im Kino/Theater/Konzert, beim Wirten und im Verein. Genug freie Tage zum faul sein/ sporteln/ wegfahren/ daheimbleiben/ wahlzettelmithelfen. Eine Arbeit mit Anerkennung. Eine Schule ohne Druck. Gute Chancen. Guter Schlaf. Eine Ärztin oder einen Arzt wenn nötig. Leere Mülltonnen, funktionierende Straßenbeleuchtung und am Samstag um eins in der Früh angstfrei heimgehen. Das gute Leben, das meint nicht, dass alle das gleiche oder gleich viel haben oder hergeben. Es heißt, dass jede Person in der eigenen persönlichen Situation viele Wohlfühlmomente hat und wenige  Sorgen. Dass es ein gutes Miteinander gibt. Dass unter dem Strich ein Plus steht. Dafür sollen die Menschen in der Politik sorgen und den Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten die Voraussetzungen und Ressourcen geben. Wir haben die Wahl.

Das findet, ehrlich wahr, eure Xela

Ein Beitrag von Alexandra Schmidt

„Bürger, lasst das Glotzen sein, kommt herunter, reiht euch ein!“ – ein oft skandierter Spruch in Deutschland bei den Anti-Vietnam und großen Friedens-Demonstrationen der 1970er Jahre. Zur Zeit gibt’s wieder viele Demos „gegen rechts“, dieser Tage in Linz zB. Kürzlich war eine riesige Demo gegen den Akademikerball in Wien, 7.800 friedliche und rund 200 image001[1]randalierende DemonstrantInnen – der sogenannte „schwarze Block“, gefürchtet, berüchtigt auf allen Demos: die Teilnehmenden sind vermummt und aggressiv, und nachher in den Berichten geht’s nur um sie. Jetzt planen Burschenschafter einen Aufmarsch in Wien in Reaktion auf die Akademikerball-Demo – aaaach, muss das sein? Stermann und Grissemann haben in „Willkommen Österreich“ den „goldenen Block“ angekündigt, der am diesjährigen Opernball IN der Oper gegen die Erhöhung der Sektsteuer demonstrieren wird – wir dürfen gespannt sein. In den 1980er Jahren war die Anti-Opernball-Demo VOR der Oper so was wie ein Pflichttermin für alle „gegen das Establishment“.

Es gab später viele regelmäßige Demos: Montagsdemonstrationen in der früheren DDR und dann gegen Stuttgart 21, bei uns Donnerstagsdemonstrationen ab dem Jahr 2000 gegen die schwarz-blaue Regierung. Im „arabischen Frühling“ haben regelmäßig Demonstrierende wertvolle Umbrüche in Richtung Demokratie in Gang gesetzt, dabei ihr Leben riskiert oder verloren und sind oft doch gescheitert. Aktuell gibt’s große Demos gegen Premier Erdogan in Istanbul. Mir hat mal wer erzählt, in der Nazi-Zeit sind in Wien die SteirerInnen am Sonntag in ihren Trachten mit „Lampas-Streifen“ am Ring spazieren gegangen, zum Zeichen ihres Widerstands. Es gab 1993 das Lichtermeer und zigtausende Jubelnde am 15.5.1955, als Leopold Figl sagte: „Österreich ist frei!“ Die Wiener SPÖ zeigt einmal im Jahr ihre Stärke und tausende und abertausende Mitglieder gehen von den Bezirken sternförmig auf den Rathausplatz.

Am 14. Februar gehen weltweit eine Milliarde für „One Billion Rising“ auf die Straße und tanzen gegen Gewalt an Frauen – auch in Salzburg übrigens (www.stadt-salzburg.at/frauen). Wenn sie was genug stört oder wenn sie was zeigen, „demonstrieren“ wollen, gehen Menschen also auf die Straße. Eine Wiener Donnerstagsdemonstrantin hat mir gesagt, es war pure Psychohygiene: Sie ging hin, weil sie dann einmal in der Woche laut schreien konnte. Interessante Sache, das Demonstrieren. Ein hohes staatsbürgerliches Recht bei uns in Österreich, leicht anzumelden und von der Polizei geschützt. Ich war nicht oft auf Demos – aber die paar Mal war’s ein zwiespältiges Gefühl – Teil einer Masse, mehr als nur ich als Individuum, sichtbar und unsichtbar zugleich, mutig exponiert-deklariert und doch geschützt von den Anderen, und Teil der Medienberichte, und doch auch irgendwie….Herdentrieb, mitlaufen, vereinnahmen lassen, klar: eine Bühne haben, eine Haltung zeigen (dürfen). Aber auch denen eine zusätzliche Bühne geben, gegen die eine Demo „geht“. Wer hätte den Akademikerball überhaupt bemerkt oder darüber berichtet ohne Gegendemo? Na ja, bisschen weniger „glotzen“ täte wohl wirklich vielen nicht schaden. Es muss ja nicht unbedingt „einreihen“ die Konsequenz sein…aber sehen wir uns am Freitag bei One Billion Rising Salzburg? Um zwei in der Linzer Gasse, an der Ecke Cornelius-Reitsamer-Platz – mit guter Musik und richtig lustbetont: Frauen, Männer, Kinder, Junge, Alte, RollifahrerInnen: unsere Körper sind toll und gehören nur uns!

…oder? Das fragt sich (und euch) ehrlich wahr, eure Xela

One Billion Rising 2013: http://zartbitter.co.at/allgemein/one-billion-rising/