Ein Gastbeitrag von Uwe Höfferer

umfrage 2Wahlzeit ist Umfragenzeit. Nicht zu Unrecht, denn Umfragen sind die Würze in Wahlkämpfen. Umfragen liefern nämlich all das, was spannend ist und schließlich auch Spaß macht. Wettbewerb, Ergebnisse, Rankings, (vermeintliche) Sieger und Verlierer. Kleine Veränderungen in der Ausgangslage werden von Experten und Interessierten stundenlang und leidenschaftlich analysiert. In den Parteien wiederum bricht große Hektik aus, wie man das eine oder andere Prozent doch noch für sich gewinnen kann.

Erst jüngst veröffentlichten die beiden großen Salzburger Tageszeitungen „Salzburger Nachrichten“ und die Kronen Zeitung ihre aktuelle Umfragen zur Bürgermeister- und Gemeinderats-Wahl in der Stadt, die am 9. März stattfinden. Hier ein kleiner Leitfaden, wie man Umfragen richtig liest, wo gesunde Skepsis angebracht ist und wie wir einen Mehrwert aus Umfragen ziehen können.

 Wieso ist bei Umfragen gesunde Skepsis angebracht?

Eine Umfrage ist zuallererst eine Bestandsaufnahme, keine Prognose. Aus einer Umfrage ein Wahlergebnis abzuleiten, ist nicht seriös. Umfragen beruhen auf Befragung, sprich man erfährt nicht das was die Leute denken oder tun, sondern das was sie einem sagen. Wie die Erfahrung lehrt, entspricht das eine nicht unbedingt dem anderen.

umfrage 1Im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit steht die Sonntagsfrage. Schließlich liefert sie ein Ergebnis in handfesten Zahlen und das berühmte von den Medien geliebte horse race. Trotzdem oder gerade deswegen sollte man ihr mit großer Vorsicht begegnen. Die größte Schwäche liegt sicher darin, dass die Sonntagsfrage nicht direkt aus der Befragung abgebildet wird. Nicht jeder Befragte sagt nämlich, wen er wählt, sondern viele halten sich bedeckt (weiß noch nicht, keine Angabe). Darüber hinaus „zählt“ nicht jeder Befrage gleich viel. Um jetzt ein Ergebnis darzustellen wird auf Basis der sogenannten Rohdaten hochgerechnet (oder wie es im Fachbegriff heißt „gewichtet“). Wie das gemacht wird, bleibt meistens ein gut gehütetes Geheimnis.

 Wie können uns Umfragen trotzdem helfen?

 Trotzdem: Richtig angewandt und mit einem kräftigen Schuss von Transparenz und Offenheit von Seiten der Auftraggeber können Umfragen ein wertvolles Instrument in der Einschätzung der aktuellen politischen Lage sein: Das Sample (sprich die Anzahl der Befragten) kann schon einiges über die Qualität der Umfrage aussagen. Viele Umfragen beruhen auf 400er-Samples. Ich halte das eindeutig für zu wenig, weil die Ergebnisse aus meiner Erfahrung sehr sprunghaft sind. Eine landesweite Umfrage in Salzburg sollte mindestens 500 Interviews beinhalten. Eine seriöse Umfrage sollte einige grundlegende Daten zur Methode angeben, damit der Leser die Qualität selbst bewerten kann. Neben der Zahl der Befragten sind das unter anderem der Zeitpunkt der Befragung, der Auftraggeber, die exakte Fragestellungen und ob die Umfrage methodisch als repräsentativ gelten kann.

In der Regel steht eine Umfrage nicht allein da, gerade in Wahlzeiten werden oft mehrere Umfragen zeitgleich präsentiert. Ein Vergleich dieser Umfragen macht sicherer. Wo gibt es Gemeinsamkeiten, wo (deutliche) Abweichungen? Warum könnte das so sein? Zusammen mit dem persönlichen Gespür für die Stimmung im Lande ergeben mehrere Umfragen ein besseres Bild über den momentanen politischen Status.

Last but not least: Ein großer Schritt zu mehr Transparenz wäre es, wenn Meinungsforschungsinstitute oder ihre Auftraggeber die Rohdaten veröffentlichen sowie ihre Gewichtung beschreiben würden. Damit könnte man die Qualität der Sonntagsfrage und damit ihre Aussagekraft ganz anders überprüfen. Abschließend wäre es wünschenswert, wenn JournalistInnen wieder mehr ihren Job machen würden und einen kritischen Blick auf das ihnen vorgelegte Material werfen. Sie sollten von Umfragen, die sie veröffentlichen, einfach grundlegende Qualitäts- und Transparenzmerkmale verlangen. Damit das analysieren von Umfragen auch morgen noch Spaß macht.

Gerade hatte ich wieder eine Erbschaftssteuerdiskussion mit Menschen aus der so oft zitierten „Mittelschicht“ von der eigentlich keiner weiß, wo sie anfängt und wo sie aufhört. (*edit 21.02.13: die im Folgenden aufgestellten Thesen sind grds. 1:1 auch auf Vermögens- und Schenkungssteuer anwendbar)

Wenn man es am Einkommen festmacht, reicht das Spektrum von (Hausnummer netto) 1.500 bis 10.000 Euro / Monat. Je nachdem, wen man frägt.
Wenn man es am Vermögen festmacht – was keiner tut – ist es schon viel schwieriger, abgesehen von der Erhebung der Vermögen. Vereinfacht gefragt: Gehört man mit 50.000 am Sparbuch schon, bzw. mit 500.000 nicht mehr zur Mittelschicht? Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Vor allem im Zusammenhang mit Sachwerten sowie Grund & Boden.
Fest steht jedoch, dass die „Mittelschicht“ vermutlich die größte Gesellschaftsgruppierung in Österreich ist, und sehr viele von ihnen die Erbschaftssteuer aus zwei Gründen ablehnen: 1)  weil „sie“ glauben, dass es sie selbst trifft und 2) weil es sich um bereits versteuertes Einkommen handle.

ErbschaftssteuerBevor ich nun auf diese zwei „Irrtümer“ eingehe, möchte ich kurz folgende, immer wieder diskutierte, Punkte in den Raum stellen:

  • Die Mittelschicht läuft der Illusion nach, dass sie aufgrund von relativem (guten) Wohlstand selbst zu den „Reichen“ gehört. Das stimmt jedoch nicht!
  • Die Mittelschicht versteht daher auch nicht, dass eine fehlende Erbschaftssteuer fehlende Einnahmen für den Staat bedeuten, und somit die Lohn- und Einkommenssteuer nicht gesenkt werden kann.
  • Es stöhnt zwar jeder unter dem hohen Steueranteil, (fast) niemand kommt jedoch auf die Idee, dass dieser überhaupt erst ermöglicht, dass eben die wirklichen Superreichen keine Erbschaftssteuer zu zahlen haben, wenn sie ihr Vermögen vererben.
  • Man könnte also sagen, die Mittelschicht bezahlt die Steuerfreiheit der Superreichen und wird mit dem Akzeptieren und Verteidigen der aktuellen Gesetzeslage zu den Steigbügelhaltern der Superreichen.
  • Eine fehlende Erbschaftssteuer ist nichts anderes als die „Reinkarnation“ des Feudalismus. Vermögen und somit Macht oder auch Grundbesitz wird (steuerfrei) weitergegeben. Nichts anderes passierte in den Feudalsystemen Europas.
  • Hohe Vermögen führen zu hohem leistungsfreien (sic!) Einkommen!
  • Eine Erbschaftssteuer trifft – bei Freigrenzen – nicht unbedingt versteuertes Vermögen, da mit steigendem Einkommen und Vermögen die Möglichkeiten der „Steuerschonung“ exorbitant steigen. (Stichwort Stiftungen und Steueroasen)

Zu Punkt 1)
Ich selbst bin der Meinung, dass es bei einer allfälligen Erbschaftssteuer Freigrenzen geben muss. Vermögen sollte erst ab einer bestimmten Höhe besteuert werden. Dann trifft es auch nicht den vielzitierten Haus- oder Wohnungserben. Wenn eine solche – zu diskutierende – Höhe bei z.B.: 1 Mio Euro in liquiden Mitteln liegt, fallen 99 %, die sich selbst zur „Mittelschicht zählen“, automatisch raus. (Sachwerte müssen seperat betrachtet werden)
Dass dann niemand mehr überbleibt, der noch eine Erbschaftssteuer zahlen müsste halte ich für eine Mähr. Das belegen auch Berichte über Vermögensverteilungen a la „10 % der Bevölkerung besitzt 90% des Vermögens“:
Laut ÖNB besitzen 50% der Bevölkerung 8 % des Nettovermögens. Das reichste Tausendstel der österreichischen Bevölkerung besitzt (zufällig) auch 8 %.
Das bedeutet dass 50 % der Bevölkerung im Grunde über gleich viel Vermögen verfügen wie die reichsten 0,1 % !! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen und es zeigt, dass sehr wenige Menschen sehr viel Vermögen besitzen, welches bei einer Erbschaft (derzeit) nicht zu versteuern ist.
Im Moment stehen in Österreich und der restlichen EU viele Erbschaften an! Nicht umsonst spricht man von „der Erbengeneration“.
Deutschland beispielsweise verdient bereits und in Zukunft mit der Erbschaftssteuer Millarden. Im kommenden Jahrzehnt werden dort 2,6 Billionen (sic!) vererbt! Österreich verdient nichts!

Heute ist mir zum ersten Mal klar geworden, was der Grund sein könnte, dass viele Menschen denken, sie wären von einer Erbschaftssteuer betroffen: Die Tatsache, dass man ab 60.000 Euro Einkommen vom „Spitzensteuersatz“ spricht legt nahe, dass man an der Spitze des Wohlstandes angekommen ist. Dies ist jedoch nicht im geringsten der Fall. Es gibt ganz andere Einkommen und somit Vermögensbildungen, und je höher diese sind, desto steuerschonender (Stichwort Stiftungen und Schweiz) wird aus Brutto Netto.

Das führt unmittelbar zu Punkt 2) Ich stelle hiermit folgende mit Zahlen und Beispielen unterlegbare Theorie auf: je höher das Einkommen, desto steuerschonender kann man aus Brutto Netto machen!
Beispiele hierfür gibt es genügend. Sei es über Stiftungen, die Gruppenbesteuerung oder schlichtweg in Steueroasen wie der Schweiz, Zypern, Caymans, Channel Islands etc. Ich wage zu behaupten, dass niemand aus der „Mittelschicht“ nur einen Cent in einer Steueroase „offshore“ oder in Stiftungen parkt. Das machen die „Oberschicht“ bzw. die „Superreichen“.
Daher ist für mich das Argument, dass es bei Erbschaften und deren Besteuerung (natürlich mit Freigrenzen) um bereits versteuertes Vermögen handelt, fast schon zur Gänze widerlegt.

Fazit: Meiner Ansicht nach unterliegen die Gegner der Erbschaftssteuer in der „Mittelschicht“ einem fatalen Irrtum, den sie teuer bezahlen. Außer sie gehören tatsächlich selbst zu denjenigen, die ungeheuer große Vermögen angehäuft haben. Dann wären sie aber nicht mehr die „Mittelschicht“.
Die „Oberschicht“ hingegen glaubt – mangels anderer Situationen – nicht daran, dass ein höherer (Steuer)-Beitrag ihrerseits gerechtfertigt ist, weil ihnen dadurch viele Sorgen erspart bleiben.

P.S.: Der oft von gewissen Politikern verwendete Stehsatz: „Leistung muss sich lohnen“ bekommt eine schiefe Optik, wenn man ihn mit dem Bankenspruch „Lassen Sie ihr Geld für sie arbeiten“ kombiniert. Daraus folgt: Superreiche haben haufenweisen leistungsfreies Einkommen! Aber dies ist ein Thema für einen weiteren Artikel. Ich habe auf jeden Fall noch nie Geld arbeiten gesehen. Es sind zum Schluss immer Menschen, die arbeiten!

Diese kleine sukzessiv veröffentlichte Trilogie beschäftigt sich mit  Sprichwörtern bzw. Stehsätzen, die sowohl das Denken, das gesellschaftliche (Zusammen)-Leben als auch die Wirtschaft der heutigen Zeit beeinflussen.

Das Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ stammt von dem römischen Konsul Appius Claudius Caecus (397.296 v. Chr) und hieß original „fabrum esse suae quemque fortunae“ – jeder sei der Schmied seines Glücks. Wie er das dazumals gemeint hat, kann heute nur mehr schwer gedeutet werden. Was wir jedoch wissen ist, dass wir heute unter diesem Spruch landläufig folgendes verstehen:  Jeder selbst ist dafür verantwortlich, dass er im Leben glücklich und erfolgreich wird.

Es stellen sich drei kritische Fragen:

  1. Ist Glück nur durch bzw. nur mit Erfolg erreichbar?
  2. Wie denkt die Gesellschaft über simples „zugeflogenes“ Glück oder Pech, welches zu Erfolg oder Misserfolg führt?
  3. Meint dieser Satz bzw. verstehen wir ihn in der Form, dass jeder grundsätzlich das gleiche Potential hat glücklich zu werden oder vielmehr, dass jeder die gleichen Chancen hat?

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