Haben Sie das schon einmal ausprobiert? Einfach losgehen. Ohne etwas zum Essen mitzunehmen, kein Geld, keine Kreditkarte, kein Auffangnetz, nur eine Flasche Wasser. Nicht wissen, wo man am Abend schläft. Einfach darauf Vertrauen, dass jemand die Tür öffnet und etwas zu essen bereitet. Man bricht auf, ohne ein Ziel, das man erreichen muss. Einfach nur einer inneren Sehnsucht folgen. Getragen allein von der Grundhaltung der Offenheit gegenüber dem Augenblick. Was begegnet mir unterwegs? Mit wem komme ich ins Gespräch? Worüber werden wir reden?

Nach meiner Matura wollte ich mich auf diese Weise mit einem Freund auf den Weg machen. Es wurde nichts daraus, da die Vernunft und das Sicherheitsdenken über das innere Gefühl und die eigene Sehnsucht siegte. Wie so oft im Leben.

Kommende Woche werde ich es tun. Losgehen mit einem Begleiter. Schauen, atmen, staunen, schwitzen, offen sein, nichts bewerten, da sein, Gespräche über das Leben führen, mit meiner Seele in Kontakt kommen, beten, frei sein und mich des Augenblicks erfreuen. Also nicht über vergangene Chancen nachdenken, oder in der Zukunft liegende Projekte planen, sondern ganz im Jetzt leben.

Mehr dazu in einer Woche hier auf zartbitter.

Manchmal hat man ja schon lange so ein Gefühl „im Bauch“. Man will ja eigentlich ökologisch korrekt einkaufen, nachhaltig und auch im Sinne einer artgerechten Tierhaltung. Also versucht man im Supermarkt möglichst Bio-Produkte einzukaufen. Man will der Werbung glauben und zahlt ja auch ein bisschen mehr für Bio. Aber wie gesagt, es gibt da so ein ungutes Gefühl im Bauch. Vielleicht ist das ja doch nur Geschäftemacherei? Dann vergisst man diese Gedanken schnell wieder und versucht weiter korrekt einzukaufen. Bio-Eier mit der berühmten Null vorne dran oder biologische Erdäpfel.

Und dann sieht man eher zufällig eine Dokumentation in der ARD und das Gefühl im Bauch ist wieder da. Aber dieses Mal eher als Schock! Man sieht Hühnerhöfe, die biologisch zertifiziert sind, aber man versteht nicht warum. Geschundene Kreaturen, verdreckte Ställe, tote Tiere. Alles biologisch?

Erdäpfel, die aus Ägypten kommen, auch biologisch zertifiziert. Ein Experte erklärt, dass für die Herstellung der Erdäpfel in Ägypten 300 Liter Trinkwasser gebraucht werden, für die gleiche Menge in Deutschland produzierter Erdäpfel 10 Liter Regenwasser. Alles biologisch und nachhaltig?

Man bleibt nach dieser Doku etwas ratlos zurück. Eigentlich möchte man ja wirklich alles richtig machen, aber wie? 

Die Doku ist unter diesem Link zu finden:

http://www.ardmediathek.de/das-erste/reportage-dokumentation/exclusiv-im-ersten-wie-billig-kann-bio-sein?documentId=11623914

Mir ist klar, dass viele Menschen bei diesem Geständnis den Kopf schütteln. Wie kann man etwas lieben, das in der Schule oft ein Fach der Qual war. Unmögliche Namen lernen, sich Jahreszahlen merken, die man nach dem Test gleich wieder vergisst und Völker erforschen, die es schon lange nicht mehr gibt. Ja, so kann Geschichte auch sein. Die Geschichte, die ich liebe, beinhaltet aber viel mehr.

Karthago im heutigen Tunesien

 

Mein Zugang ist ein anderer. Geschichte ist für mich Zusammenhänge erkennen und verstehen warum die Welt so ist, wie sie ist. Vor zwei Wochen, war wieder so ein Moment. Erstmals  in meinem Leben stand ich in Karthago  zwischen all den Ruinen. In der Schule haben wir von den Phöniziern, Hannibal und den Punischen Kriegen gelernt, das war es dann. Aber Karthago lehrt mich viel mehr. Als damalige Großstadt im Norden Afrikas, gegründet vor ca. 2800 Jahren, gehörten die Stadt und ihre BewohnerInnen selbstverständlich zum Mittelmeerraum, dort wo die Römer, Ägypter, Griechen und andere Völkerschaften siedelten. Über die Jahrhunderte waren der Handel  von Waren, kriegerische Auseinandersetzungen und der Austausch von Wissen selbstverständlich. In dieser Zeit bildeten sich auch die Begriffe Asien, Afrika und Europa heraus. So nannten die Römer ihre Provinz in Tunesien „Africa“, ohne damit einen Kontinent zu bezeichnen und eine Grenze zu Europa zu definieren. Asien, ein alter assyrischer Begriff mit der Bedeutung „Sonnenaufgang“ bezeichnete das heutige Kleinasien.  Europa ist der Name einer phönizischen Königstochter und bezeichnet nach Herodot einfach die Landmasse nördlich des Mittelmeers.

Was lerne ich daraus? Vor mehr als 2000 Jahren war der Mittelmeerraum eine selbstverständliche Einheit. Es gab noch keine Flugzeuge, Telefonie oder Internet. Trotzdem waren die Grenzen im Kopf wahrscheinlich noch offener als heute. Wir können innerhalb kürzester Zeit mit fast allen Menschen auf diesem Planeten in Kontakt treten, wir sind innerhalb 24 Stunden an fast jedem Punkt der Erde. Aber wir haben Grenzen im Kopf, die uns als jetzt selbstverständlich erscheinen und die wir als „ewig“ hinnehmen. Aber die Geschichte lehrt uns, dass dies nicht immer so war und darum nicht immer so bleiben muss.

Es gibt immer wieder Augenblicke, die einem im Gedächtnis haften bleiben. Der Tod von Michael Jackson war so ein Augenblick. Viele Menschen wissen noch, was sie getan haben, als sie von seinem Tod erfuhren. Ich weiß es auch noch. Ich war gerade aufgewacht, stellte den Handy-Wecker ab und sah eine SMS von einem lieben Kollegen: MJ ist tot. Zuerst dachte ich an einen Scherz, aber nein. Sein Tod hat mich berührt. Eigentlich eigenartig, denn es sterben täglich unzählige Menschen, die man nicht persönlich kennt. Aber MJ war doch ein Teil des Lebens vieler Menschen, mit seinen Liedern verbindet man schöne und weniger schöne Erinnerungen. Seine Musik hat mich über 30 Jahre begleitet. Dazu kamen noch die vielen Skandale und wunderlichen Dinge, vom beabsichtigten Kauf der Knochen des Elefantenmenschen bis zur skurrilen Heirat mit Lisa Marie Presley. Aber das waren doch nur Nebenschauplätze. Das was bleibt ist seine Musik. Einer meiner Lieblingssongs ist „Man in the Mirror“. Das Lied ist eine Selbsterkenntnis und eine Aufforderung. Ein einfacher Text, eine eingängige Melodie und die Kraft seiner Stimme lassen einen innehalten und  nachdenken. „Wenn du die Welt ein bisschen besser machen willst, schau in den Spiegel und fang bei dir selbst an.“ Klingt banal, sagt aber alles darüber aus, wie es wirklich besser gehen könnte. Die beste Version dieses Liedes ist die Performance in Bukarest 1992. Wenn man sich diese 15 Minuten schenkt, in den Spiegel sieht, dann spürt man Kraft. Und dann ist es ganz einfach die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen.

 

 

 

Neulich hatte ich einen sehr  interessanten Nachmittag mit meiner Mutter. Gemeinsam blätterten wir ihre Rezeptesammlung der letzten 40 Jahre durch. Rezepte und Kochtipps aus den siebziger und achtziger Jahren haben es mir besonders angetan. Die Rezepte sind ganz einfach gehalten. Es braucht meist wenige Zutaten, um ein schmackhaftes Essen zu kochen. In den 90er Jahren beginnt es ein bisschen komplizierter zu werden. Ein Wiener Schnitzel wird dann nicht mehr im Butterschmalz rausgebraten, sondern im cholesterinarmen Rapsöl. Und in der klassischen Rindsuppe landen auf einmal Eiklar und Thymian.

 Viele Zutatenlisten haben die Länge einer Bauanleitung für einen Backherd. Ein Priserl von dem und eine Messerspitze davon und zum Abrunden noch ein Hauch von Irgendwas. Da kosten die Mikrogramm schweren  Zutaten bald mehr als die Hauptzutaten. Die Rezepte sind aufwändiger, die Zubereitungszeit zieht sich oft über einen halben Tag. In den alten Rezepten steht bei der Hitze noch mäßig, mittel und hoch und ein Esslöffel ist auch eine Maßeinheit. Das macht das Kochen spannend und man entwickelt ein Gefühl für das richtige Maß und es lässt Spielraum für Experimente.

Aber vielleicht spiegeln die Kochrezepte auch nur wider, was in der Gesellschaft passiert. Alles und jedes bedarf der Regelung und genauer Angaben, am besten gesetzlich verabschiedet bis ins kleinste Detail. Vielleicht sollten wir uns im alltäglichen Zusammenleben manchmal auch aufs Bauchgefühl und den gesunden Hausverstand verlassen. Das hat mich der Nachmittag mit den Rezepten meiner Mutter gelehrt.

Mehr als drei Wochen wird der Fußball Europa regieren. Millionen begeisterte Fans drücken ihren Mannschaften die Daumen, meine beiden Daumen gehören traditionell der deutschen Elf. Ich freue mich aber auch über und für andere Mannschaften, über spannende Spiele und coole Tore. Zwei Dinge regen mich im Vorfeld aber auf.

Da ist einmal die hohe Politik, die schon Monate darüber diskutiert die Europameisterschaft in der Ukraine zu boykottieren und von den Spielern und Fans verlangt ein Zeichen für die Demokratie zu setzen. Ich frage mich aber, wie Sportler etwas ausrichten sollen, wenn jahrelang die internationale Politik versagt in der Ukraine demokratische Besserungen herbeizuführen. Ich bin immer noch so naiv zu glauben, dass Sport völkerverbindend ist. Dass die Begegnung der Menschen unterschiedlichster Kulturen, Sprachen und Religionen uns einander wieder ein Stückchen näher bringt. Wenn ich jemanden aus einem anderen Land kenne, dann bekommt das Fremde ein Gesicht. Dann entdecke ich in den meisten Fällen viele Gemeinsamkeiten,  bin offener und verliere die Angst.

Was ich nicht verstehe, ist das Anheizen von Ressentiments gegen ein Land.  So gemacht  von einer Wettfirma. Ein riesiges Plakat zeigt eine Voodoopuppe mit der deutschen Flagge auf der Brust, gespiekt mit Nadeln. Im ersten Moment mag das eine lustige Idee sein, aber beim zweiten Mal hinsehen, bleibt einem doch das Lachen im Hals stecken. Ich finde es entbehrlich auf diese Weise Werbung zu machen, egal welche Flagge auf der Brust der Voodoopuppe klebt.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen (zumindest denen, die es interessiert) ein spannende und menschenverbindende Europameisterschaft. Möge die beste Elf gewinnen ;)