27.Juli 2011: Die Eröffnung der Salzburger Festspiele. Der Festspielredner ist Joachim Gauck- bekannter Bürgerrechtler und damals gescheiterter Bundespräsidentschaftskandidat Deutschlands.Ich habe mich richtig gefreut auf die Rede von Gauck. Viel wusste ich nicht über ihn, eigentlich ist mir bei Gauck immer nur die Gauck-Behörde in den Sinn gekommen. Umso so gespannter war ich.

„Ja, es gibt sie, diese Tristesse des Alltags. Sie umgibt alle Dinge mit einem Niederungsgrau. Die Unvollkommenheit der Leute und der Verhältnisse erzeugt dann eine ganze Kultur des Verdrusses. Einige – ich komme aus Deutschland – verbringen ihr ganzes Leben darin.“

So hat er die Rede begonnen und damit meine Enttäuschung über Joachim Gauck. In den ersten Sätzen beschreibt er sein Deutschland als Land des Verdrusses, der Tristesse und der Unvollkommenheit-das fand ich anbiedernd.

Wir sind das Volk

Natürlich versteht er es in wunderbaren Worten seine Botschaften zu verpacken. Aber mich interessiert immer mehr die Botschaft und weniger die Verpackung. In der Mitte seiner Rede sprach er dann vom Mauerfall, von der Befreiung des Ostens, was in einem „ Wir sind das Volk“ gipfelte.

An seinen Worten war nichts auszusetzen aber an dem, was er NICHT sagte. Im Juli 2011 kämpften in den arabischen Ländern, von Libyen über Ägypten, den Jemen und Syrien die Menschen für ihre Freiheit. Jeden Tag starben und sterben die Menschen für ihre Hoffnungen. Und kein Wort dazu in der Festspielrede. Ein Satz hätte genügt: „Wir denken an euch, der Kampf für die Freiheit zahlt sich aus!“ Wenn er das gesagt hätte als Bürgerrechtler, es wäre glaubwürdig gewesen.

Die Rede war eine Rede für die Vergangenheit, eine Revolution, die vor über 20 Jahren stattgefunden hat, ist niemandem mehr gefährlich, sie kann man wunderbar beklatschen. Den Bogen zu spannen ins Jahr 2011 schien ihm wohl zu riskant – Schade.

Schaun mer mal

Nun bin ich neugierig wie er sich als Bundespräsident im zweiten Anlauf machen wird. Die einzigen die fein raus sind, sind Kanzlerin Angela Merkel und die Linken. Merkel, weil sie immer die Ausrede haben wird, dass sie ihn nicht wollte und die Linken wurden nicht gefragt. Die SPD und die Grünen wurden vom Coup der FDP überrascht, denn eigentlich war Joachim Gauck nur mehr eine Verhandlungsmasse für sie.

Aber wie sagen wir in Österreich so schön: Schaun mer mal!

Link zur Festspielrede:

http://www.salzburg.gv.at/festrede_gauck_2011.pdf

 

Ich eile durch die Straßen der Stadt. Die eisige Kälte sitzt ihr noch im Nacken. Sie sieht mitgenommen aus. Grau in grau. Schneematsch. Februarwetter eben. Ich fröstle ebenfalls. Die Verkühlung lähmt mich noch ein wenig. Ich bin verschnupft. Missmutig gehe ich zum nächsten Termin, etwas grantig, wie wir es hier in Österreich so gerne sind.
Ja und da gibt es schon eine Menge an Dingen, die mich aufregen: Das neue Sparpaket zum Beispiel: Ich zahle schon sehr viele Steuern bei einem nicht sonderlich satten Gehalt. Oder die Berichterstattung der Kronenzeitung, die menschliche Tragödien schamlos missbraucht und das Leid der Angehörigen in Quoten verwertet. Ja und gestern das desaströse Fußballspiel. Oder, dass ich eben wieder verkühlt bin. Das ärgert mich im Moment. Es gibt 1001 Möglichkeiten sich aufzuregen, und es kommen ständig neue Gründe hinzu.
Wir haben in der deutschen Sprache sehr viele Begriffe, das Jammern auszudrücken. Aber in Österreich gibt es noch viel mehr: lamentieren, sudern, sempern, sumpern, trenzen, raunzen, maunzen, … Da gibt’s nichts zu lachen.
Nun hat das Jammern auch eine Funktion: Ich rege mich auf, aber brauche eigentlich nichts zu verändern. Ich verweile im Zustand der Passivität. Und während mir dies in den Sinn kommt, bleibe ich stehen, und ein Lächeln steigt in mir hoch: Es meint: Nimm dich nicht so wichtig. Ich gehe mit diesem Lächeln weiter und bemerke, dass die griesgrämigen Blicke mir gegenüber sich ebenfalls verändern. Ihre Mundwinkel heben sich nach oben. Und dann muss ich lachen. Über die anderen und mich selbst.
Selbst Jesus kann hier perfekt zitiert werden: „Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.“ (Lukas 6,21) Wann passt das eigentlich besser als im Fasching? Bis kommenden Dienstag haben wir noch Zeit, mal richtig loszulachen. Verrückt zu sein. Aber auch danach darf noch gelacht werden: Deshalb lade ich zu „Comedy im Pub“ ein, einer salzburger Plattform für neue Kabarettist(inn)en und Comedians. Da können alle mitmachen und (fast) alles ist erlaubt.

www.comedyimpub.com

 

Es ist der Blick! Der Blick auf den majestätischen Bosporus, der zwei Kontinente trennt. Der Blick auf die erhabene  Brücke, die zwei Kontinente verbindet!

Wer einmal in den Genuss „des Blicks“ gekommen ist, kann ihn nicht vergessen und will es immer wieder sehen. Istanbul ist ein Ausblick auf die Zukunft der Menschheit. Immer mehr Menschen drängen in diese Stadt und es scheint, dass Istanbul noch immer Platz hat. Platz für Männer und Frauen, die ihre Hoffnungen in der Stadt leben wollen. Istanbul empfängt die Menschen mit ihrer Schönheit, treibt viele mit ihrer Rauheit in die Verzweiflung und tröstet  sie dann wieder mit ihren Versprechungen und Verlockungen.

Eminönü

Ich kenne keinen intensiveren Platz  als Eminönü  in Istanbul. Zehntausende drängen sich zwischen Ägyptischen Bazar, Moschee, Schiffsanleger und Galatabrücke. Straßenhändler, die lauthals Käufer für Zahnbürsten, Batterien und Gebetsketten anlocken.  Taubenschwärme, die darauf warten, dass fromme Menschen ihnen bei den Futterverkäufern vor der Moschee ein Schälchen Körner spendieren. Frauen, die bepackt mit ihren Einkäufen und die Kinder am Rockzipfel einen Weg durch die Menge suchen. Der Duft von gegrilltem Fisch zieht vorbei. Man steht mittendrin ganz alleine und spürt doch das volle Leben, lässt sich zur Anlegestelle eines der Bosporusdampfer treiben.

Glück

Mit einem tiefen durchdringenden Tuten kündigt sich das Schiff an, ganz behäbig sucht es seinen Platz zum Anlegen. Unzählige Passagiere ergießen sich aus dem Schiff, während eine riesige Menge wartet den Schiffsbauch gleich wieder zu füllen. Am besten ist der Platz am Außendeck, das Schiff legt ab, grüßt nochmal die Stadt und dampft in Richtung Asien. Nach einigen Minuten öffnet sich der Blick auf die Kontinente und die Brücke. Der Blick zaubert allen Passagieren ein Lächeln ins Gesicht, den Armen, den Reichen den Alten und den Jungen. Mit dem Blick atmet man die ganze Energie Istanbuls ein und ist einfach glücklich!

Das Sparpaket, das den Griechen von der Europäischen Union aufgezwungen werden soll, wird Griechenland kaputt machen. Die Lohneinschnitte für die Griechen sind dramatisch. Das bedeutet, dass die Menschen nichts mehr haben werden, um die Wirtschaft im eigenen Land zu stärken und damit ihr Land wieder auf den Weg der Genesung zu bringen.

Die Europäische Union beklagt die lasche Steuerpolitik der Griechen. Aber wie jemand, dem das Einkommen gekürzt wird, mehr Steuern zahlen soll, wird völlig ausgeblendet. Natürlich hat Griechenland in der Vergangenheit große Fehler gemacht. Aber das waren Fehler, die nicht im Geheimen passierten. Allein bei der Aufnahme in den Euroraum hätten die Alarmglocken in Brüssel klingeln müssen. Die EU hat bewusst weggeschaut und jetzt will sie nichts davon gewusst haben. Dazu kommt eine strukturelle Ungleichheit in den Ländern Europas. Deutschland hat es mit seinem Lohndumping geschafft, Exportweltmeister zu bleiben.  Natürlich auf Kosten anderer Länder. Nun will Deutschland mit seinem Modell Europa aus der Krise führen. Das kann nicht funktionieren. Das geht vielleicht für ein Land, aber wenn alle es machen, zahlen auch alle drauf.

Der Theaterbesuch

Friederike Spieker, eine deutsche Volkswirtin, die schon lange vor der Katastrophe warnt hat ein ganz einfaches, aber klares Beispiel gebracht. Stellt dir ein vollbesetztes Theater vor. Alle, die in der ersten Reihe sitzen, haben einen tollen Blick auf die Bühne. In Reihe zwei ist der Blick nicht mehr so toll. Nun denkt sich ein Theaterbesucher: „Ich stehe auf, dann sehe ich besser!“ Natürlich folgen ihm nach der Reihe alle anderen. Zum Schluss stehen alle Theaterbesucher, bis auf die Menschen in der ersten Reihe. Was ist das Ergebnis? Die erste Reihe sieht immer noch gut. Alle anderen sehen genau so schlecht wie vorher und haben zusätzlich noch Beinschmerzen vom ungemütlichen Stehen. Insgesamt hat sich die Lage verschlechtert! Auf unsere Wirtschaft in Europa übertragen heißt das, dass für den Einzelnen sich aufgrund einer Maßnahme kurzfristig etwas bessert, folgen alle ihrem Einzelinteresse wird es für alle mieser.  

Einer für alle und alle für einen

Die Europäische Union hat die Verantwortung ein Mitgliedsland nicht willentlich in die Katastrophe zu schicken. Die Kürzung von Löhnen wird den Menschen dort das Leben noch erschweren. Damit würgt man Investitionen in eine produktive Zukunft ab. Wenn dieses Modell Schule macht, wird es über kurz oder lang auf Portugal, Spanien usw. übertragen. Und dann? Wenn man Menschen an der Entwicklung nicht teilhaben lässt, dann steht eine Radikalisierung bevor, die auch nicht vor den „reichen“ Ländern halt machen wird.

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Das ist jetzt nicht ein sogenannter „Gutmenschen“-Satz, das ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Jeder Mensch hat das Recht auf seine Existenz, egal woher er kommt, welche Sprache er spricht oder an welchen Gott er glaubt oder nicht glaubt.

Das Gesetz kennt aber einen illegalen Aufenthalt in einem Land. Was allerdings Menschen mit illegalem Aufenthalt immer vorgeworfen wird, ist ihre anscheinend höhere Kriminalität. Wer das behauptet hat sich noch nie mit diesen Menschen auseinandergesetzt. Im Gegenteil! 

Diese Menschen werden sich hüten in irgendeiner Form aufzufallen. Das beginnt bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel – Schwarzfahren würde eine große Gefahr bedeuten. Und ihre Arbeitskraft wird oftmals ausgenutzt, sie haben keine Möglichkeit Rechte einzufordern, ob für einen Lohn, der nicht bezahlt wurde oder für eine angemessene Arbeitszeit.

Ganze Wirtschaftszweige sind abhängig von ihrer Arbeit. Ob in Spanien bei der Ernte des Gemüses, das wir im Supermarkt billig kaufen bis zur Hilfe im Haushalt. Bevor wir unser wieder mal über „Illegale“ aufregen sollten wir darüber nachdenken, dass ihr Dasein unseren Wohlstand unterstützt. Wir sollten überlegen, wie wir diese Menschen an unserer Gesellschaft teilhaben lassen.

Denn: Kein Mensch ist illegal!

http://kmii-koeln.vzsze.de/

2012 ist ein besonderes Jahr. Das Reden über den Weltuntergang ist gerade wieder chic. Weltuntergangsphantasien kehren in regelmäßigen Abständen wieder. Aber – keine Angst – sie wird nicht untergehen. Irgendwann schon einmal, aber nicht heuer. Tatsache ist, dass wir in ständigen Veränderungsprozessen leben. Ständiger Wandel ist die Normalität. Unser Körper, unsere Zellen, unsere Umgebung, unsere Umwelt und die Menschen um uns herum. Auch Institutionen (politische, gesellschaftliche, religiöse) verändern sich, beziehungsweise haben den Druck, sich zu verändern. Ob sie es wollen oder nicht. Ich behaupte sogar, wenn sie die Veränderung verweigern, dann sind sie dem Untergang geweiht.
Einen Blick in die Zukunft machte der Poet und Songwriter Leonard Cohen im Jahr 1992 mit seinem Album „The future“. Dieses Album ist eines seiner politischsten Werke. „I’ve seen the future, it is murder“. Er hatte damit nicht Unrecht. So führten die USA mit George Bush sen. den ersten Irakkrieg. Ziel dieses Krieges war das Öl. Menschliche Opfer wurden als Kollateralschäden bezeichnet. Der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama sprach ebenfalls im Jahr 1992 vom „Ende der Geschichte“ und meinte damit den Untergang der UDSSR. Durch das Ende der sozialistischen Staaten sei der Weg frei für den Liberalismus im Sinne der liberalen Marktwirtschaft. Dass diese Lehre nur für einen kleinen Bruchteil der 7 Milliarden Menschen eine heilsame ist, ist auch klar.
Das eigentliche Meisterwerk von Leonard Cohen war in diesem Jahr jedoch „Anthem“. „There is a crack in everything, that’s how the light get’s in“. Nach eigenen Aussagen schrieb er an dieser Hymne mehr als zehn Jahre. Sie ist poetisch, politisch, spirituell und von tiefer Wahrheit. Jedes Wort ist wohl gewählt. Nichts ist in dem Lied dem Zufall überlassen. „Hänge nicht an dem, was vergangen ist, oder was in der Zukunft liegt.“ Er singt vom Leben im Jetzt, in der Gegenwart. „Wir fragten nach Zeichen, die Zeichen haben wir erhalten.“ Wir brauchen nur die Augen aufmachen, schauen was in unserer Welt geschieht. Und nun das Erstaunliche: „Es gibt einen Riss / Bruch in allen Dingen, doch genau hier kommt das Licht herein“. Genau in den Brüchen unseres Lebens, in den Veränderungsprozessen unserer Gesellschaft, im Miko- und Makrokosmos geschieht das, was wirklich wichtig ist. Genau hier sind die Orte, an denen das Leben wesentlich wird. Das ist spannend und herausfordernd zugleich. Hier habe ich die Chance die Geschichte mitzugestalten. Heute, jetzt am 2. Februar 2012.