Die Würde bettelnder Menschen ist unantastbar – Erster Gedanke
von Michael König
Wie es den bettelnden Menschen mit uns geht:
Im vergangenen Sommer habe ich ein Dorf in Südrumänien besucht. Es ist jenes Dorf, aus dem eine größere Zahl von Menschen kommt, die in Salzburg betteln. Bei meinen Begegnungen mit ihnen habe ich sie immer wieder gefragt: „Wie geht es Ihnen, wenn Sie in Salzburg betteln müssen?“ „Betteln, das ist bitter für mich“, hat eine Frau geantwortet. „Als ich mich das erste Mal auf die Straße gesetzt habe, hab ich mich so sehr geschämt“, meinte eine andere unter Tränen.
Ich höre oft von einem Bettlerproblem, das wir in unseren Städten haben. In so gut wie allen westeuropäischen Städten seien sie zur Belastung geworden. Die verarmten Menschen aus südosteuropäischen Ländern, die die Not des Überlebens auf die Reise treibt. Viele haben ein Problem mit ihnen. Mit ihren Posen, ihren notleidenden Blicken, manchmal ihrer gefühlten, manchmal ihrer tatsächlichen Aufdringlichkeit, oftmals ihren sichtbaren Krankheitsleiden. Die ständige Unsicherheit, wie man mit bettelnden Menschen umgehen soll. Ich glaube, wir haben gesellschaftlich noch keinen angemessenen Umgang mit diesen Menschen gefunden.
Und ich frage mich: Was aber sind andererseits die Probleme der Bettler mit uns und ihrer Lebenssituation bei uns? Ich glaube dieser Blickwechsel kann meine Sichtweise auf bettelnde Menschen verändern: Ihnen ist oftmals kalt, viele haben Nierenerkrankungen, weil sie sieben Tage in der Woche zehn Stunden auf der kalten Straße sitzen. Sie leiden unter der Trennung von ihren Familien. Sie haben Angst vor Kontrollen.
Ich finde, wenn man über das Problem mit den bettelnden Menschen diskutiert, sollte man immer auch sie selbst fragen, was ihre Probleme bei uns und mit uns sind. Vielleicht mit dem Ziel, sie aus der Anonymität rauszuholen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Denn erst dann kann ich manche Bettlerprobleme in einem anderen Licht sehen.