Die Welt und das kleine Glück
In mancherlei Medien ist jetzt immer wieder davon zu lesen, dass sich viele Menschen ins Private zurückziehen. Auf der Suche nach der heilen Welt. Zu sehen ist das etwa an den steigenden Verkaufszahlen von Zeitschriften wie Landlust, Landleben oder Flow. Häkeln und Stricken ist wieder in Mode. Selbstgemachte Marmelade und Eierlikör sind voll im Trend. Vieles läuft unter dem Motto „Slow“. Also Slow Food, Slow Baking, Slow Living und vieles mehr schmückt das Wörtchen „Slow“. Und was natürlich auch in den Medien steht, ist die Kritik an diesem neuen Biedermaier.
Kurz gesagt heißt das, wenn ich Marmelade einkoche, interessiere ich mich nicht für alles außerhalb des kleinen privaten Glücks. Und das nervt mich. Ich gestehe, dass ich gerne einkoche und Kekse backe. Ich habe auch eine Riesenfreude am Tomaten anbauen und Vögel beobachten. Was mich nie reizen wird ist Häkeln, Stricken und Nähen. Aber alles andere – gerne.
Und trotzdem interessiere ich mich für vieles, was außerhalb von Küche und Garten vor sich geht. Ich rege mich auf über Ungerechtigkeiten, mich beschäftigt es, wenn es Menschen schlecht geht. Es lässt mich nicht kalt, wenn es woanders Krieg, Vertreibung und Unterdrückung gibt. Ich versuche im Rahmen des mir Möglichen etwas dazu beizutragen, die Welt ein Stückchen besser zu machen und das heißt nicht, dass ich Eingekochtes verschenke.Und ich weiß von vielen anderen Menschen, dass sie auch so empfinden und handeln. Aber ich lasse mir nicht vorwerfen, dass ich, wenn ich Marmelade einkoche, kein Interesse am Geschehen in der näheren und ferneren Welt habe. Das Leben ist kein „entweder – oder“ sondern ein „sowohl – als auch“!
Oder wie seht ihr das?