je1Es ist 19.15 in der Imbergstraße in Salzburg. Menschen versammeln sich vor dem französischen Konsulat. Eine halbe Stunde später sind es mehr als 200 mit Kerzen und Transparenten in den Händen. Alle setzen damit ein Zeichen gegen Hass, Intoleranz und Extremismus und bekunden ihr Mitgefühl mit den Opfern und den Angehörigen des barbarischen Anschlags in Paris gestern. Über allem steht der Satz: Die Liebe ist stärker als der Hass. #JeSuisCharlie lässt die Menschen zusammenkommen, egal welcher Herkunft, Religion, Kultur oder Sprache. Es sind besonders viele junge Leute, die dem Aufruf der Plattform gegen Rechts gefolgt sind, dieses Zeichen zu setzen. Danke!

a6In mancherlei Medien ist jetzt immer wieder davon zu lesen, dass sich viele Menschen ins Private zurückziehen. Auf der Suche nach der heilen Welt. Zu sehen ist das etwa an den steigenden Verkaufszahlen von Zeitschriften wie Landlust, Landleben oder Flow. Häkeln und Stricken ist wieder in Mode. Selbstgemachte Marmelade und Eierlikör sind voll im Trend. Vieles läuft unter dem Motto „Slow“. Also Slow Food, Slow Baking, Slow Living und vieles mehr schmückt das Wörtchen „Slow“. Und was natürlich auch in den Medien steht, ist die Kritik an diesem neuen Biedermaier.

Kurz gesagt heißt das, wenn ich Marmelade einkoche, interessiere ich mich nicht für alles außerhalb des kleinen privaten Glücks. Und das nervt mich. Ich gestehe, dass ich gerne einkoche und Kekse backe. Ich habe auch eine Riesenfreude am Tomaten anbauen und Vögel beobachten. Was mich nie reizen wird ist Häkeln, Stricken und Nähen. Aber alles andere – gerne.

Und trotzdem interessiere ich mich für vieles, was außerhalb von Küche und Garten vor sich geht. Ich rege mich auf über Ungerechtigkeiten, mich beschäftigt es, wenn es Menschen schlecht geht. Es lässt mich nicht kalt, wenn es woanders Krieg, Vertreibung und Unterdrückung gibt. Ich versuche im Rahmen des mir Möglichen etwas dazu beizutragen, die Welt ein Stückchen besser zu machen und das heißt nicht, dass ich Eingekochtes verschenke.Und ich weiß von vielen anderen Menschen, dass sie auch so empfinden und handeln. Aber ich lasse mir nicht vorwerfen, dass ich, wenn ich Marmelade einkoche, kein Interesse am Geschehen in der näheren und ferneren Welt habe. Das Leben ist kein „entweder – oder“ sondern ein „sowohl – als auch“!

Oder wie seht ihr das?

5 Millionen Menschheitsgeschichte auf 700 Seiten. Das ist Hermann Parzingers „Die Kinder des Prometheus“  . Er nimmt uns mit auf eine Reise, die über die ganze Erde führt und versucht einen Überblick über die Erkenntnisse der vorschriftlichen Zeit zu geben.

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Göbekli Tepe

Spannend sind seine Ausführungen zur Entwicklung des Menschen. Welche Bedeutung die Umweltbedingungen, die Fauna und Flora hatten. Und wie sich Werkzeuge auf die Weiterentwicklung des Menschen auswirkten. Vom Gebrauch des Feuers lernen wir in der Schule, aber haben wir auch von der Bedeutung der Nähnadel gehört? Sie hat den Menschen befähigt sich Tierfelle zu großen Stücken zu verbinden und damit Wärme zu gewinnen. Es kristallisiert sich aus den Funden heraus, dass die Neugier eine der wichtigsten Antriebsfedern des Menschen ist. Besonders viel Raum widmet Parzinger der Entwicklung von Kultstätten.

Eine der interessantesten ist wohl Göbekli Tepe, in der Nähe von Urfa in der Südosttürkei. Vor 11.000 Jahren entstand hier eine überregionale Kultstätte, an der die Menschen regelmäßig zusammenkamen. Tonnenschwere Pfeiler, behauen mit Figuren, zeugen von der Bedeutung. Ohne organisatorisches und technisches Wissen wäre es nicht möglich gewesen diese Stätte zu errichten. Hier lässt sich der Übergang vom Jäger und Sammler zum Bauern festmachen. Vor mehr als drei Jahren war ich dort. Ich stand auf dem Hügel von Göbekli Tepe und kam aus dem Staunen nicht heraus. Diese riesigen Pfeiler, wie kamen die auf den Hügel? Die wunderbaren Reliefe darauf, Schlangen Füchse, Löwen. 11.000 Jahre alt, das lässt einen ehrfürchtig sein.

Wer nicht selbst dorthin reisen kann, dem sei Parzingers Buch ans Herz gelegt. Ein großartiges Panorama über 5 Millionen Jahre Menschheitsgeschichte.