von Andreas Praher
Wenn Medien von der „Bettler-Problematik“ schreiben, suggeriert das einen Notstand. Ob dieser real ist oder nicht, sei dahingestellt. Aber da der Ist-Zustand nicht dem Soll entspricht, ist das subjektive Empfinden von so manch sensiblen Mitmenschen gestört. Zumindest, so scheint es und so wird es kolportiert, hat die „Mehrheitsgesellschaft“ in unseren Breiten ein Problem mit Menschen, die offen auf der Straße um Almosen bitten.
Oder sind gar die Menschen, die bettelnd auf der Straße sitzen, ein Problem? Wahrscheinlich auch. Und warum? Weil ihr Verhalten nicht den gewohnten Umgangsformen entspricht? Sie die Hand aufhalten, dabei vielleicht noch lächeln und die Lippen zu einer Begrüßung formen, während sie im Gegenzug nichts, außer ihren verlorenen Stolz anzubieten haben. Dieses Verhalten macht sie in den Augen anderer verdächtig und folglich zu einem Problem.
Deshalb hat die Stadt beschlossen, den so genannten „Notreisenden“ 17 Verhaltensregeln mit auf den Weg zu geben und ihnen einen „Travel-Guide für Arme“ geschenkt. In fünf Sprachen und in Bildern illustriert, wird ihnen in einem Aufklärungsheft zu verstehen gegeben, was sie in der Fremde dürfen und was nicht. Was erwünscht ist und was nicht. Schön, dass diese Missverständnisse aus dem Weg geräumt zu sein scheinen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Verständigung auf diesen Kodex zu keinen Problemen führt.
Wie schön hatten es da noch die Boten des Bürgerspitals im Salzburg des 17. Jahrhunderts. Sie durften frei in der Stadt um Almosen und Lebensmittel für die Fürsorge der Armen bitten. Das war ihr Kodex, gegeben von der erzbischöflichen Autorität.