oder Psychomigration-oder die Flüchtlingskrise aus psychiatrischer Sicht!
Ein Dialog zweier älterer Damen:
A:“Glaubst gibt‘s in 20 Jahren no Österreicher?“
B:“Ja, logisch gibt‘s die dann no, woher die kommen und welche Sprache die vorher gred haben weiß ma ned, aber es sind dann Österreicher..“
„Die Flüchtlinge“ sind derzeit in aller Munde.
Es herrscht Betroffenheit, egal ob nun positiv oder negativ besetzt. Jetzt da die Folgen des Krieges direkt an uns „vorbeimarschieren“ und soziale Medien wie Facebook es vereinfachen mitzureden. Frei nach dem Motto „wer nichts weiß, muss alles glauben“ wird munter diskutiert, eingemischt und verleumdet, auch wenn die vermeintlichen Tatsachen widerlegt werden.Opfer und Täter liegen unangenehm eng beieinander da die „Beflüchteten“ sich genauso als Opfer fühlen wie die Geflüchteten selbst. Angst vor Gewalt, Terror und Konkurrenz heizen die Stimmung auf und gleichzeitig sieht jeder wie zerbrechlich der eigene „Friede“ ist.
Was passiert nun mit den Betroffenen wenn der Alltag nicht mehr existiert?
Viele Menschen, deren Eltern oder Großeltern zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg traumatische Erfahrungen erlebt und diese nicht aufgearbeitet haben, empfinden genauso Ängste und entwickeln Befürchtungen wie die Flüchtlinge selbst. Bei den Flüchtlingen heute ist das Trauma ganz frisch. Mittlerweile ist bekannt, dass traumatische Erfahrungen „vererbt“ werden können und bei nachfolgenden Generationen Symptome auslösen, die dann zu der erlebten Abwehr und Aggression führen können.
Das heißt vereinfacht: Flüchtlinge heute treffen auf Menschen in Österreich, die ähnliche Befürchtungen und Ängste haben können. Ängste und Befürchtungen können nur ausgeräumt werden, wenn man darüber spricht. Information, Gespräch und Austausch über die Angst ist ein Weg für ein friedliches Miteinander.
Im Allgemeinen kann jeder von uns auch belastende Ereignisse „wegstecken“. Wenn aber der Druck größer und die Belastung stärker wird, werden bei manchen Menschen vorerst Trauer, Angst und dann Wut auftreten, die aber kein eindeutiges Ziel haben. Dadurch können dann Schlafstörungen, Flashbacks, Ängste, Albträume, Gereiztheit und Schreckhaftigkeit auftreten, die sich in übersteigerter Form zeigen und das Leben nahezu unmöglich erscheinen lassen.
Als Psychiater und Psychotherapeut ist man mit dem Umgang solcher Belastungen vertraut.
Die bekanntesten Begriffe sind wohl die akute Belastungsstörung bzw. die Posttraumatische Belastungsstörung, wobei natürlich im Rahmen dieser auch Somatisierungsstörungen (Schmerzen ohne sichtbare Ursache), Depressionen und Schlafstörungen auftreten können.
Das alles gehört in professionelle Hand.
Meist wird anhand der Beschwerden mittels Psychopharmakotherapie eine erste Symptombehandlung durchgeführt. Das führt zu einem Ausgleich von Konzentrationsstörungen der Botenstoffe im Gehirn, welche die Symptome verursachen. Durch die Stabilisierung der Beschwerden ist in weiterer Folge eine psychotherapeutische Traumatherapie möglich. Damit ist aber behutsam umzugehen, eine Traumatherapie kann nicht aufgezwungen werden, das kann unnötigen Schaden verursachen. Eine vollständige Heilung ist meist nicht möglich, aber der Umgang mit der Belastung kann zumindest „neutral“ besetzt werden. Das heißt Menschen lernen damit zu leben. Heutige Flüchtlinge genauso wie Menschen, die in der Familie Generationen vorher traumatische Erlebnisse hatten.