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Zehn. Normalerweise gebe ich bei meinen Kino- und Serien-Berichten erst ganz zum Schluss meine Bewertung ab. Aber heute muss ich gleich am Anfang damit herausplatzen: Stranger Things bekommt 10 von 10 Punkten. Ganz eindeutig.

Die Handlung

Ein Junge, Will Byers, verschwindet auf dem abendlichen Nachhauseweg. Dafür taucht wenig später ein anderes Kind auf. Alle suchen Will: seine Freunde, Mike, Dustin und Lucas, seine überforderte und psychisch instabile Mutter, Wills Bruder Jonathan und natürlich die Polizei. Alle haben ihre eigenen Hinweise. Doch je mehr Hinweise es gibt, desto mysteriöser wird die Geschichte. Was hat das Energieministerium damit zu tun? Gibt es Monster? Und: Was hat der Floh dem Zirkusakrobaten voraus?

Wie aus meiner Kindheit

Stranger Things hat mich in meine Jugend und Kindheit zurückversetzt – auf die schönste Art und Weise. Die Serie spielt im Jahr 1983 und erweist Büchern und Filmen der 70er und 80er Jahre ihren Respekt. Story und visuelle Anleihen verstehen sich als Hommagen an die Werke von Stephen King und Steven Spielberg. Sie reichen von ET zu Stand By Me. Doch Stranger Things ist bei Weitem keine bloße Mischung aus bekannten Versatzstücken. Die Serie ist sogar überaus eigenständig.

Mike und Eleven – mit den unpraktischen „Handys“ der Jugend der 70er und 80er Jahre: groß, schwer und nur ein paar Hundert Meter Reichweite

Mike und Eleven – mit den unpraktischen „Handys“ der Jugend der 70er und 80er Jahre: groß, schwer und nur ein paar Hundert Meter Reichweite

Es ist schwer, viel über Stranger Things zu berichten, ohne wichtige Handlungsverläufe und Twists zu verraten. Nur so viel sei gesagt: Es ist eine Geschichte um ein Geheimnis und über Zusammenhalt. Zusammenhalt unter Freunden, Geschwistern und in der Familie. Anders als es bei anderen Serien gibt es keine Nebengeschichten – alles konzentriert sich darauf, Will zu finden und das Geheimnis, das sich auftut, zu ergründen.

Das Schöne dabei ist: Wills Freunde, ältere Geschwister, Eltern und die Polizei – sie alle haben dasselbe Ziel. Zwar beginnen sie von verschiedenen Ausgangspunkten, doch die einzelnen Personen und Gruppen werden zum Schluss zusammengeführt. Dabei verzichtet die Story darauf, gewissen Klischees zu folgen: Keiner von Wills Freunden ist der Trottel, der die Bemühungen der Gruppe wiederholt fast zum Scheitern bringt. Keines der älteren Teenager-Geschwister ist nur auf Sex und Parties aus. Keine der Eltern sind einfach nur ignorant. Und die Polizei ist nicht korrupt und nicht zu borniert, um zu erkennen, dass hier etwas sehr mysteriöses passiert.

Fantastischer Cast

So gut die Figuren geschrieben sind, so großartig werden sie auch von den Schauspielern ausgefüllt. Die Kinder können mehr als nur gut BMX-Räder fahren und Dungeons and Dragons (das eine gewisse Rolle in der Story hat) spielen, sondern wirklich gut schauspielern. Wills Freunde sind sehr eigenständige und glaubwürdige Charaktere, die sich auch wie richtige 12-Jährige verhalten. Ja, sie sind alle Nerds, aber sie besitzen unterschiedliche, sehr ausgeprägte Persönlichkeiten. Was sie gemeinsam haben, ist ihre Neugier, ihr Wille, ihren verschwundenen Freund zu finden, und ihr Mut.

Am meisten glänzt jedoch Millie Bobby Brown als das seltsame Mädchen Eleven. Sie muss auf eine sehr zurückgenommene Art und Weise, eine große Bandbreite von starken Gefühlen ausdrücken – ich hätte nicht gedacht, dass eine 12-Jährige dazu überhaupt imstande ist.

Die schauspielerische Antipode dazu ist Winona Ryder. Sie war eine der Ikonen der Generation X und verschwand Ende der 90er Jahre aus der A-Liste der Hollywood-Stars. Winona Ryder spielt die Mutter des verschwundenen Will Byers. Anfangs wirkte ihr übertriebenes Spiel auf mich völlig unpassend, doch je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr passt diese Art zu spielen zu der Alleinerzieherin, die ihre Kinder liebt, aber nicht immer so für ihre beiden Söhne da sein konnte, wie sie es gerne wollte – bedingt durch psychische Probleme und viele Arbeitsstunden in einem schlecht bezahlten Job, mit dem sie ihre Familie durchbringt. Sie ist überzeugt, fast besessen davon, dass ihr verschwundenes Kind noch lebt. Ihr Umfeld sieht das anders und hält sie für verrückt.

Wills Mutter (Winona Ryder) glaubt, dass Will mit ihr Kontakt aufnimmt, wenn Sie sämtliche Weihnachtsbeleuchtung aufhängt

Wills Mutter (Winona Ryder) glaubt, dass Will mit ihr Kontakt aufnimmt, wenn sie sämtliche Weihnachtsbeleuchtung aufhängt

Die Geschwister unserer jungen Helden, sind im Teenager-Alter. Wills Bruder, Jonathan [Charlie Heaton] und Nancy [Natalia Dyer], die Schwester von Wills bestem Freund, Mike, gehören aber nicht derselben Clique an. Jonathan gehört nämlich zu gar keiner Clique – das liegt an seiner finanziell benachteiligten Herkunft genauso wie an seiner Introvertiertheit. Die gut behütete Nancy stammt aus einer typisch, einigermaßen glücklichen Kleinstadtfamilie. Sie ist auf dem Weg, so zu rebellieren, wie Film-Teenager es tun – um ja bei den anderen beliebt zu sein. Doch sie ist eine kluge, empathische junge Frau und erkennt, dass klischeehaftes Teenagerverhalten keine Rebellion ist.

Der Sheriff der Stadt, Jim Hopper [David Harbour], befindet sich persönlich und beruflich in einer Sackgasse. Er lässt sich gehen, denn nach dem Tod seiner Tochter und dem Scheitern seiner Ehe sitzt er wohl im kriminalistisch langweiligsten Kaff der USA. Er wird durch das Verschwinden von Will Byers aus seiner Resignation herausgerissen und beweist, dass er ausgezeichneten Spürsinn besitzt und noch immer zu hervorragender Ermittlungsarbeit fähig ist.

Die Liste der interessanten und sehr authentischen Figuren ist lange, ebenso wie die Liste der Darsteller, die diese verkörpern. Aber überzeugt euch einfach selbst.

Lasst euch überraschen

„Stranger things have happened“, sagt man im Englischen. Es bedeutet so viel wie „Das überrascht mich nicht“. Auf Stranger Things trifft das nicht zu: Überraschungen gibt es überall – von der Geschichte zu den Darstellern. So muss Film und Fernsehen sein: frisch, aufregend und äußerst sehenswert. Netflix hat hier einen echten Volltreffer gelandet.

Bumm! Ein dumpfes Wummern. Und wieder: Bumm! Erschütterungswellen in wassergefüllten Plastikbechern. Angsterfüllte Kindergesichter. Die Kinder sitzen mitten in der Nacht in einem Auto fest. Die Spannung war riesig und das Publikum rutschte immer tiefer in die Kinosessel hinein.

Die Minute vor dem ersten Auftritt des Tyrannosaurus Rex in Steven Spielbergs bahnbrechendem Film Jurassic Park hat Kultstatus und wurde dutzende Male in anderen Filmen zitiert. 22 Jahre ist es her, dass zum ersten Mal lebensecht wirkende Dinosaurier im Film zu sehen waren. Das war einfach …. WOW! Der Film war ein Mega-Erfolg und brach alle Rekorde.

Heute setzt das Kinopublikum perfekte computergenerierte Effekte voraus. Was soll man da noch Neues zeigen? Gar nichts. Das beweist die Neuauflage der Dino-Serie, Jurassic World.

Jurrassic WorldDie Charaktere folgen einfachen Schablonen und stecken voller Klischees: die Gedankenlosigkeit der Erwachsenen, der jugendliche Ungehorsam und die Gier (oder sonstige hinterfotzige Motive) der Unsympathen dienen ausschließlich dazu, dem zu erwartenden Verlauf der Handlung eine Rechtfertigung zu geben. Die Kinder überleben, der Held kriegt die Frau und den Bösewicht ereilt seine gerechte Strafe.

War ich enttäuscht? Nein. Niemand geht wegen einer neuen oder originellen Handlung in einen Dinosaurier-Film. Alle wollen einfach nur Saurier sehen.

Ein schweres Erbe
Jurassic World ist ein Themenpark, der auf dem Gelände des gescheiterten Jurassic Park steht. Er ist jedoch völlig neu. Doch das beeindruckend riesige Holztor besteht aus dem Holz des alten Tors zum Jurassic Park – das wird den staunenden Besuchern erklärt. Und ganz genauso ist es mit dem Film: Er steht auf dem Fundament des 22 Jahre alten Vorgängerfilms und fängt doch die Geschichte von Neuem an.

Christ Pratt – ein äußerst sympathischer Filmheld

Christ Pratt – ein äußerst sympathischer Filmheld

Die Leiterin des Themenparks Jurassic World weiß: Alle Jahre muss ein völlig neuer, im Gen-Labor designter Saurier her. Gibt es keine neue Attraktion, werden Saurier für die Leute rasch so selbstverständlich wie ein Elefant im Zoo. Der zieht auch nicht die Massen an. Diese Erklärung ist sicher keine unabsichtliche Selbstreferenz auf den ganzen Film. T-Rex und Velociraptoren? Hatten wir schon in drei Jurassic Park Teilen. Jurassic World ist das Reboot und das Publikum des Jahres 2015 erwartet etwas Größeres, Schnelleres, noch Gewaltigeres. Und das bekommt es auch: den Indominus Rex. Der hat allerlei Tricks drauf und ist noch dazu hochintelligent.

Fürs Publikum ist’s einfach ein Spaß zuzusehen, wie die zwei Jungs Gray und Zack, ihre Tante Claire Dearing [Bryce Dallas Howard], und der Velociraptoren-Trainer Owen Grady [Chris Pratt aus Guardians of the Galaxy] immer wieder dem zum Vergnügen mordenden und hochgefährlichen Induminus-Rex-Weibchen entkommen – mit knapper Not. Ob Sie das Monster auch zur Strecke bringen?

Wo ist der Kultfaktor?
In Jurassic World ist alles drin ist, was man sich von zwei Stunden perfekter Saurier-Unterhaltung erwarten kann. Und trotzdem habe ich etwas vermisst: Kultszenen wie in Jurassic Park – zum Beispiel wie erste Auftritt des T-Rex. Und auch wenn man manchmal aus dem Sitz hochfährt – es gibt in Jurassic World keine einzige Szene, in der man so auf Nadeln sitzt, wie in Jurassic Park, wenn die zwei Kinder die hochgefährlichen Velociraptoren in einer Gastroküche austricksen.

Der Film wird finanziell voraussichtlich höchst erfolgreich. Immerhin bietet er solide Unterhaltung. Nur großartig ist er leider nicht.

Meine Bewertung auf IMDB – 7 Punkte
Ein gelungener Sommerfilm. Zwar nicht originell, aber durchgehend unterhaltsam. Chris Pratt hat sich einmal mehr bewiesen, dass er ein starker Leading Man für großes Blockbusterkino ist. Bitte mehr!