In aller Herrgottsfrühe geh ich am Donnerstag immer auf die Schranne für den Wocheneinkauf. Ich hab da meinen Weg, schließlich brauch ich Obst, Gemüse, Wurst, Käse und Brot.
Bei einem Stand hat sich heute folgendes zugetragen.
Ein älteres Ehepaar und ich werden freundlich bedient. Das Ehepaar schimpft dann ein bisschen vor sich hin: über die EU und die unfähigen PolitikerInnen überhaupt. Zahlt und geht. Ich bin noch nicht fertig mit meinem Einkauf. Da meint die Standlerin: „Mei Sie müssen sich auch immer viel anhören, auch net so leicht.“ Ich beschwichtige sie und sage, dass das dazu gehört. Und dann sagt sie:
„Da sind Sie eh nicht alleine. Mir ist es letzte Woche ähnlich ergangen. Da geht so um halb Acht eine Mutter mit ihrem Kind an der Hand bei mir am Stand Richtung Volksschule vorbei. Da zeigt sie mit dem Finger auf mich und meint ganz laut zu dem Kind: Du musst schon was lernen, sonst musst du da auch im Standl verkaufen!“
Setzt ihre Mitarbeiterin noch eins drauf: „Und bei mir war’s so. Steh ich in aller Früh da, verkauf meine Sachen. War’s schon sehr kalt. Sag ich zur Kundschaft: Ja, frieren tut’s mich schon ein bisserl. Meint die Kundschaft: Frieren tun nur die Armen und die Dummen.“
Ja, da haben wir, die Standlerin, ihre Mitarbeiterin und ich, die Kundschaft, folgendes festgestellt:
Etwas zu verkaufen ist ein ehrbarer Beruf und da braucht man keinem Kind Angst machen. Frieren ist meist nicht selbstverschuldet. Niemand der friert, verdient so verachtende Worte. Und außerdem sollten wir alle zusammen ganz dankbar sein, dass es uns in Österreich im Großen und Ganzen sehr gut geht. So war das heut in aller Herrgottsfrühe auf der Schranne.