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FMABeitrag von unserem Gastautor Wolfgang Heindl:

Lange Zeit fiel die staatliche Finanzmarktaufsicht (FMA) in Österreich nicht auf. Bis zur Finanzkrise. Da war dann sichtlich das nicht-Auffallen doch zu auffallend. Untätigkeit und Zahnlosigkeit lauteten die Vorwürfe. Vorwürfe, die sich seit einigen Monaten ins Gegenteil verkehren. Plötzlich ist hektische Betriebsamkeit auszumachen. Höchste Zeit möchte man nach all den Turbulenzen der letzten Zeit meinen. Doch überraschenderweise wird die FMA besonders bei kleinen alternativen Unternehmen und Hilfsorganisationen vorstellig.
Zum Beispiel bei einem Waldviertler Schuhproduzenten. Er hat inmitten einer wirtschaftlich schwierigen Region einen erfolgreichen Betrieb aus dem Boden gestampft. Seit Jahren schreibt er solide Gewinne und hat über 100 Arbeitsplätze geschaffen. Dies gelang ihm u.a. mit Geld aus einem Sparverein. Bekannte und Freund/innen haben ihm insgesamt drei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese sogenannten „Kleindarlehens- oder Bürger/innenbeteiligungsmodelle“ sind der FMA nun ein Dorn im Auge. Laut Gesetz sind das Bankgeschäfte, für die eben eine Bank-Konzession notwendig ist. Die FMA argumentiert dies mit dem Schutz der Anleger/innen. An sich ja ein hehres Ziel. Wäre da nicht die von der FMA verlangte „Nachrangigkeitsklausel“. Diese besagt, dass Modelle nur dann weitergeführt werden dürfen, wenn die privaten Geldgeber/innen ihre Darlehen „nachrangig stellen“, also im Fall eines Konkurses „ihres“ Unternehmens als letzte bedient werden. Was defakto eine Schlechterstellung der Darlehensgeber/innen bedeutet.
Gesetze sind da um sich daran zu halten, keine Frage. Und sie haben auch einen Sinn. Beim Vorgehen der FMA scheint sich jedoch der Sinn, nämlich der Schutz der Anleger/innen ins Gegenteil zu verkehren. Vollkommen skurril wird es dann, wenn man sich die Verhältnismäßigkeit vor Augen führt: Während andernorts unbeaufsichtigt Milliarden Euro verzockt wurden, schießt die FMA mit Kanonen auf Spatzen. Die Krisenherde in Österreich und der Welt liegen wahrlich anderswo.

 

Ein Beitrag unseres Gastautors Wolfgang K.Heindl

 

Jährlich vor dem Sommer präsentieren u.a. eine Investmentgesellschaft aus Liechtenstein (Valluga AG) und insbesondere die Boston Consulting Unternehmensberatungs-Gruppe Reichtumsstudien („Global Wealth Report“). Resümee aus 2011 und 2012: Die Millionärsdichte in Österreich ist spitze.

Weltweit zählen die Millionäre nur 0,9% der Haushalte besitzen aber über 39% des Vermögens. In Relation zur jeweiligen Bevölkerung gesetzt, kommen in Österreich 8 Superreiche auf 100.000 Einwohner/innen. Damit reihte sich Österreich im 2011er Wealth-Report nach Saudi Arabien, der Schweiz, Hongkong und Kuwait auf Platz 5 ein und ist zugleich Nr. 1 in der EU. Im 2012er Bericht belegt Österreich in diesem Ranking der Superreichen nach der Schweiz (11 Superreich pro 100.000 Einwohner/innen) und Singapur (10 Superreiche pro 100.000 Einwohner/innen) sogar Platz drei.

Neben diesen Studien gibt es jedoch wenig wissenschaftliche Erkenntnis über die Vermögensverteilung in Österreich. Und wie seriös diese Studien tatsächlich sind, bezweifeln naturgemäß allen voran die österreichischen Privatstiftungen. Die Österreichische Nationalbank möchte dem mit einer aller Voraussicht nach noch im Herbst 2012 erscheinenden Veröffentlichung abhelfen: Expert/innen gehen bereits jetzt davon aus, dass diese Veröffentlichung zu einem Aufschrei führen wird. Ein erster Vorgeschmack: Die reichsten 10% der Haushalte in Österreich verfügen über 54% des Geldvermögens (€ 238 Mrd.). Die reichsten 5% besitzen 40% (rund 176 Mrd. €) und die oberste Promille der Haushalte (3.500 Haushalte) hält etwa gleich viel Vermögen wie die untere Hälfte aller Haushalte (das sind 1,75 Mil.). Mehr als 2/3 aller österreichischen Haushalte besitzen überhaupt kein nennenswertes Geldvermögen. Nur 2% der Sparbücher weisen mehr als 50.000 Euro auf, doch auf ihnen liegt fast 1/3 des Gesamtwerts aller Sparbücher.

Ähnlich hoch ist die Konzentration im Immobilienbereich: Das oberste Fünftel der Haushalte hält ¾ des gesamten Immobilienvermögens: Die reichsten 10% halten 61%.

Interessant ist auch ein Blick auf die Unternehmensbeteiligungen: Nur 100.000 Menschen besitzen in Österreich Unternehmensbeteiligungen (mit einem Gesamtwert von 18,6 Mrd. €).40 Prozent davon halten Beteiligungen die weniger als 10.000 Euro wert sind, während das oberste Zehntausendstel (10 Personen) über Beteiligungen in der Höhe von 5 Mrd. Euro verfügt. 

Spanien braucht Milliarden Euros, Griechenland hat schon ein paar hundert bekommen, Italien weiß ich grad nicht und Portugal und Irland und und und… Ich gebe zu, ich verstehe es nicht mehr. Und ich bin überzeugt, dass ich damit nicht alleine bin. Meine große Befürchtung ist allerdings, dass es auch vielen Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft ähnlich geht. Indes werden sie es kaum zugeben. Das spüren wir aber alle, darum trauen wir den ganzen Rettungsschirmen und- paketen nicht mehr. Viele von uns haben sich schon geistig von den vielen ESM – Diskussionen und Stabilitätspakten verabschiedet.

Aber das ist der falsche Weg. Da die meisten von uns keine FinanzexpertInnen sind, glauben wir nichts zu einer Lösung beitragen zu können. Vielleicht braucht es doch mehr als das Finanzexpertentum, um das Ruder herum zu reißen. Wo sind die PhilosophInnen, die SoziologInnen, die GeisteswissenschafterInnen, die eine Grundsatzdiskussion über unser Finanzsystem und unsere Gesellschaft  führen. Nicht die Definition des Geldes muss im Mittelpunkt stehen, sondern jene Werte, die eine Gesellschaft zukunftsfähig machen. Dazu gehören Gerechtigkeit, Solidarität, Mitmenschlichkeit und Demokratie.

Derzeit sind wir scheint’s jenen Mächten ausgeliefert, deren Denken und Handeln nur um den schnöden Mammom kreisen. Aber jeder einzelne von uns soll darüber nachdenken, was wir außer Geld noch vom Zusammenleben erwarten. Wollen wir weiter wie das Kaninchen vor der Finanzmarktschlange erstarren? Oder wollen wir jene Menschen im Großen und im Kleinen unterstützen, die über Alternativen nachdenken? So wie die Occupy-Bewegung, Attac oder die Engagierten in diversen alternativen Wirtschaftsforen. Ich denke, einen Versuch ist es wert!

Die Olympischen Spiele stehen vor der Tür und damit das Motto „schneller, höher, weiter“. Es gibt wohl keine Zeit in der dieses Motto unser Leben tagtäglich prägt. Beim Sport kann ich das ja noch nachvollziehen, der Sinn der Sache ist ja für die SportlerInnen zu gewinnen. Und für die, die keine Chance auf den Gewinn haben gibt es ja das zweite olympische Motto: „Dabei sein ist alles!“.

In unserer modernen Gesellschaft verhalten wir uns aber oft wie siegeswillige OlympionikInnen, obwohl die wenigsten von uns wohl Olympiareife hätten. Da kann uns der Bus nicht schnell genug kommen, im Facebook kann ein „Gefällt mir“ nicht schnell genug gehen. Wir sollten auf alles sofort eine Antwort haben, ein Problem muss ruckzuck gelöst sein. Wer will schon länger als nötig an der Supermarktkasse stehen? Und wenn die Amazon-Lieferung nicht innerhalb 72 Stunden da ist, dann werden wir ungeduldig. Der Sommer soll schon im März da sein und spätestens Ende Oktober wollen wir eine Schneedecke fürs Skivergnügen.

Was in unserem Alltag vielleicht ein persönliches Ärgernis ist, hat in der Politik fatale Auswirkungen. Das können wir gerade in der verkorksten europäischen Politik erleben. Fast täglich schreit der berühmte „Markt“, dass Feuer am Dach ist und morgen die Welt aus den Fugen gerät. Die Politik versucht alles das Feuer zu löschen. Ist der erste Brand eingedämmt, fängt es am anderen Eck zu glimmen an. Regierungen entscheiden auf dem gefühlt 150. Gipfel und die nationalen Parlamente winken die Entscheidungen durch. Alles unter dem Druck jener, die die Ursache der Krise sind, ob Banken, Hedgefonds oder WirtschaftswissenschaftlerInnen. Es wird Zeit auf die Bremse zu steigen und zu entschleunigen. Es braucht wieder die Zeit über die großen und kleinen Probleme nachzudenken, zu hinterfragen und zu debattieren. Und dem Motto des guten alten Konfuzius zu folgen: „In der Ruhe liegt die Kraft!“

Das fragen sich Millionen junge Menschen in Europa tagtäglich. Wieder sind die Jungen in Spanien auf die Straße gegangen. Wieder haben sie auf ihre hoffnungslose  Lage aufmerksam gemacht. Wieder hat die Polizei die Demonstrationen aufgelöst.

Millionen junge Frauen und Männer, gut ausgebildet, aus Spanien, Griechenland, Portugal, Italien und anderen Staaten der EU, sehen für sich keine Zukunft. Architektinnen, Pädagogen, Installateure, Ingenieurinnen, Tischler sind in der Warteschleife, ohne zu wissen, wo das Ziel ist. Sie fühlen sich nicht gewollt und unverstanden. Die Staaten sind angehalten zu sparen, das heißt weniger Investitionen in die Zukunft ihrer EinwohnerInnen.

Was geht im Kopf einer jungen Lehrerin vor, die weiß, dass unvorstellbare Summen für die Rettung von Banken ausgegeben wurden. Dass Milliarden bereitstehen, um die ominösen Finanzmärkte zu beruhigen. Dass ihr Land Stellen kürzt um kurzfristig zu sparen. Die junge Lehrerin hat keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft, sie geht auf die Straße, um ihren Unmut kund zu tun. Und mit ihr viele andere. Eine  Antwort des Staates bleibt aus.

Für eine Gesellschaft ist es besonders schlimm, wenn sie ihren jungen Menschen keine Hoffnung geben kann. Die Staaten der Europäischen Union müssen sich die Kernfrage stellen: Was ist uns mehr wert? Die Finanzmärkte oder die Zukunft unserer Jugend? Das bedeutet auch die Gelder neu aufzuteilen. Wenn in die abstrakten Finanzmärkte Milliarden gesteckt werden, dann müssen auch Milliarden bereit stehen, um jungen Menschen Arbeit und Lohn zu geben. Das Geld für die Finanzmärkte ist wichtig, um kurzfristig eine Katastrophe abzuwenden. Das Geld für die Jugend ist mittel- und langfristig eine sichere Investition in ein Europa der Chancengleichheit und Lebensqualität für alle.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/spanische-polizei-loest-camp-der-empoerten-auf-a-832888.html

Anti-Terrorgesetz, ACTA, Angriff auf das Berufsgeheimnis, Vorratsdatenspeicherung- was ist los in den Staaten? Es ist schlicht die Angst vor dem mündigen Menschen. In vielen europäischen Ländern und so auch in Österreich fällt auf, dass Gesetze, die der Überwachung der BürgerInnen dienen sollen, immer ausgefeilter werden. Das ist wohl die Reaktion auf eine sich immer schneller und sich neu entwickelnde Informationsgesellschaft. Information bedeutet Macht. Jahrtausende haben die Herrschenden die Hand auf Informationen gelegt. Dann kam die Demokratie und die Medien übernahmen es Informationen zu sammeln und allen Menschen zur Verfügung zu stellen. Jetzt ist eine neue Zeit angebrochen.

Das Netz fördert die Freiheit

Die Menschen haben durch die unbegrenzten Weiten des Internet die Möglichkeit selbst Informationen einzuholen, zu interpretieren und weiter zu verwenden. Selbst aus den tiefsten Kellern der Geheimdienste werden heute Dokumente schnell und direkt veröffentlicht, etwa durch Plattformen wie Wikileaks. Viele Informationen sind ungeschminkt, nicht interpretiert. Sie sind einfach in der Welt, können nicht mehr zurückgeholt werden. Die arabische Revolution hat gezeigt dass sich die Menschen unter einander mit Nachrichten und Filmen versorgen. Sie sind nicht mehr auf den Staat und die Medien angewiesen. Das macht den Herrschenden große Angst. Ihre Reaktion ist vergleichbar mit den Sanktionen der „Schwarzen Pädagogik“. Mit Verschärfungen der Gesetze, mehr Kontrolle und höheren Strafen meinen sie die Entwicklung aufhalten zu können. Die Entwicklung ist unaufhaltbar. Nur wenige Verantwortliche setzen sich mit den Veränderungen auseinander und diskutieren darüber, wie diese Entwicklung positiv gesehen und genutzt werden kann.

Vertrauen ist besser als Kontrolle                                

Das alte System geht gerade in Rente und das nachfolgende wird sich nicht verhindern lassen. Was braucht es? Vor allem Vertrauen in die Mündigkeit der BürgerInnen. Und die Erkenntnis, dass die Gesellschaft nicht mehr länger eine Hierarchie, sondern ein Netzwerk ist. Ein Netzwerk, das im ständigen Prozess ist und keine Grenzen im herkömmlichen Sinne kennt

 

http://www.zeit.de/digital/internet/2012-02/wir-die-netz-kinder/seite-1

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,806855,00.html