Jubel überall: Kritiker sind sich anscheinend einig, dass Keanu Reeves mit John Wick zurück ist. Der Mann, der als Neo in Matrix Kultstatus erlangt hat. Und das mit nur einem Gesichtsausdruck. 16 Jahre musste er warten, bis einer seiner Filme wieder voll einschlägt. Den einen Gesichtsausdruck hat er auch nicht verlernt. Er behält ihn beharrlich bei. Das lässt sich freilich gut so verkaufen, dass er halt ein ganz knallharter Typ ist.
Die Story
John Wick ist ein Ex-Killer, dessen Frau gerade gestorben ist. Er hängt noch an zwei Dingen: den Hund, den ihm seine Frau geschenkt hat, und sein Auto. Der Sohn eines russischen Mafiabosses und einige Kumpanen überfallen ihn, bringen den Hund um und stehlen sein Auto. John Wick übt Rache.
Wirklich so gut?
Ich verstehe den Reiz von Rache-Actionfilmen, auch wenn das gar nicht mein Genre ist. Wenn man penibel ist, hat der Film viele Schwächen. Aber eine ist unverzeihlich: das Drehbuch. Denn das wurde offenbar innerhalb weniger Stunden zusammengeschustert. Der Autor hatte nicht einmal den Ehrgeiz, John Wick eine echte Motivation für sein Handeln zu geben. Die gibt es nämlich nur scheinbar. Dass der getötete Hund ein Geschenk seiner Frau war, ist sentimentaler Schwachsinn. Dadurch kann man nicht hunderte Tote rechtfertigen. Nicht mal im Rache-Actionfilm. Und vom gestohlenen 69er Mustang als Rechtfertigungsgrund zu einem Blutbad dieses Ausmaßes will ich erst gar nicht reden.
Sympathischer morden
Es geht mir weniger um die moralische Sicht, sondern darum, dass das Publikum einen Bezug zum Protagonisten aufbauen können soll. Bei John Wick funktioniert das überhaupt nicht. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum soll ich diesem John-Wick seine Gefühle abkaufen oder warum sollen sie mich überhaupt interessieren? Weder wuchs mir der Typ ans Herz noch war er auf irgendeine Weise sympathisch: Er war früher ein eiskalter Auftragskiller – der schlimmste und brutalste von allen. So schlimm, dass die ganze Russenmafia erschauert, wenn jemand seinen Namen ausspricht. Und jedes seiner Opfer, allesamt selbst Killer, stößt noch ehrfürchtig ein gehauchtes „John Wick!“ aus, bevor selbiger ihm das Licht auspustet.
John Wick sollte wissen, wie das mit dem Töten ist. Ist nicht persönlich. Ist nur ein Geschäft. Für ihn jedenfalls. Und manchmal triffts da eben einen kleinen, süßen Hund.
Bis auf die Szenen im Hotel, das allen möglichen Killern eine Herberge bietet, und wo man einander kennt und noch brav grüßt, bevor man die Waffen aufeinander richtet (was allerdings streng gegen die Hotelordnung verstößt), war alles andere für mich nur unoriginelles, freudloses Gemetzel ohne Ende. Nicht einmal tolle Kampfszenen gibts. Ein paarmal geht es Mann gegen Mann. Aber das sah dann eher wie Schulhofgerangel aus, wo ich mir ein paar Tolle Karate-Kicks erwartet hätte. John Wick spezialisiert sich lieber darauf, bereits niedergeschossenen Gegnern noch aus kurzer Distanz eine Kugel in den Kopf zu jagen. Ja eh, aber nach dem zwanzigsten wird das einfach langweilig.
Actionfilme gibt es genügend gute. Die schau ich mir gern an. Und auch, wenn ich kenn Fan davon bin: Unter den Rache-Actionfilmen gibt’s für mich trotzdem sogenannte „Guilty Pleasures“. John Wick wird aber nie dazugehören.
Meine Bewertung auf IMDB: 4 Punkte
Ein Drehbuch, das höchstens für eine Action-Komödie taugt, aber so auf beinhart und düster getrimmt wirds höchstens lächerlich – und letztlich langweilig.