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2013 war es Gravity, 2014 Interstellar. Dieses Jahr erleben wir, bereits den dritten Herbst in Folge, ein großartiges Weltraum-Abenteuer im Kino: Der Marsianer nach dem gleichnamigen Buch von Andy Weir. Wie in Gravity geht es darum, dass ein Mensch weit weg von der Erde ums Überleben kämpft und versucht, auf unseren Planeten zurückzukommen.

The_Martian_film_posterEs ist die dritte bemannte Mission auf dem Mars. In einem gewaltigen Sturm wird der Biologe Mark Watney [Matt Damon] fortgerissen. Der Rest der Crew schafft es gerade noch, den Roten Planeten zu verlassen und sich auf den Weg zurück zur Erde zu machen. Doch Mark Watney ist nicht tot. Verwundet kehrt er in die Forschungsstation der Mission zurück. Er beschließt zu überleben und schafft es sogar Kontakt mit der Erde aufnehmen, damit er gerettet wird.

Bis es so weit ist werden mindestens vier Jahre vergehen. Und so muss Mark Watney unzählige Probleme lösen: Das Essen wird nicht lange reichen. Er muss also auf dem öden Planeten mit dünner Atmosphäre selbst etwas anbauen. Wie soll er das tun? So ohne Wasser? Kaum findet Mark Watney einen Weg, führt dieser gleich zum nächsten Problem. Mit unglaublichem Erfindungsreichtum hangelt er sich von einer Lösung zur nächsten und behält dabei auch noch seinen Humor. Selbst nach den größten Rückschlägen.

Ein Mensch allein in der Einsamkeit – weit weg von der Erde. Anders als der einsame Überlebenskampf von Ryan Stone [Sandra Bullok] in Gravity, wirkt die Lage von Mark Watney [Matt Damon] gar nicht beklemmend: Er hat wenigstens festen Boden unter den Füßen und scheint genau zu wissen, was zu tun ist. Gar nicht so unbequem. Auf dem Mars ist er zwar ganz auf sich gestellt, doch auf der Erde suchen die Wissenschaftler und Techniker der NASA nach Möglichkeiten, ihn nach Hause zu holen.

Matt Damon steht eine hochkaratäige Starbesetzung zur Seite – von Sean Bean, über Jessica Chastain zu Chiwetel Ejiofor und viele andere mehr. Die Besetzungsliste liest sich wie ein Who’s who in Hollywood.

[Seht hier den Trailer – oder scrollt weiter nach unten und lest gleich weiter.]

 

Stone, die Hauptfigur in Gravity hatte nichts mehr, für das es sich zu leben lohnte. Sie war ganz allein auf der Welt: zurückgezogen, keine Familie und ihre kleine Tochter war mit vier Jahren gestorben. Erst in der Einsamkeit des Alls fand sie einen neuen, unglaublich starken Lebenswillen. Das alles machte sie zu einer starken Identifikationsfigur.

Mark Watney ist hingegen ein lebensfroher, humorvoller Mensch. Seine Eltern leben noch. Wahrscheinlich hat er viele auch viele Freunde, doch das erfahren wir nicht – so wie der Film auch sonst wenig über Mark Watney verrät und darüber, was seinen Überlebenswillen antreibt. Als er gegen Schluss des Films an den Punkt gelangt, an dem er die Hoffnung auf seine Rettung aufgeben muss, akzeptiert er den einsamen Tod auf dem Mars, ganz ohne Selbstmitleid. „Die Sache ist größer als ich“, sagt er und meint damit die Erforschung des Mars zum Nutzen der Menschheit. Er hat seinen Beitrag geleistet.

Selbst als Zuschauer kann man an diesem Punkt mit dem nahen Tod der Hauptfigur seinen Frieden schließen. So etwas passiert mir normalerweise nicht leicht. So weit, wie Mark Watney gekommen ist, war seine Leistung bereits ein echter Triumph des menschlichen Willens, fand ich. Mission erfüllt. Für mich beweist das eine Schwäche des Films: Mark ist kein Mensch geworden, für den ich so große Empathie empfinde, dass ich ihn nicht loslassen möchte.

Aber das muss man letztlich auch nicht. Denn, wie sagt ein Sprichwort? Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es nicht das Ende.

Meine Bewertung auf IMDB: 8 Punkte
Regisseur Ridley Scott hat nach einigen ordentlich misslungenen Filmen bewiesen, dass er es doch noch drauf hat. Er bietet ein sehenswertes und unterhaltsames Mensch-gegen-die-Natur-Drama – mit Matt Damon als äußerst sympathischen modernen Robinson Crusoe.

P.S.: Ich habe den Film mit meinem Kino-Buddy Andi angesehen. Nach ihm ist sogar ein Krater auf dem Mars benannt. Er hat sich gefreut, die Umgebung schon mal im Film begutachten zu können. „Eine nette Nachbarschaft“, wie er findet. Er wird vielleicht nicht persönlich hinreisen können, aber er kann auch bei einem Besuch in der Wadi Rum Wüste (Jordanien) einen Eindruck bekommen, wie es auf dem Roten Planeten so ist. Dort wurden viele der Mars-Szenen gedreht.
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„Interstellar“ hat einen intensiven Wunsch in mir geweckt: Den Wunsch durch Zeitkrümmung an die Punkte meines Leben zurückzukehren, wo ich in Physik nicht aufgepasst oder Artikel über allgemeine Relativitätstheorie oder Astrophysik überblättert habe. Das ist unmöglich. Darum habe nachträglich ein klein bisschen nachgelesen (es gibt einige Artikel, die sich nur mit der Wissenschaft in „Interstellar“ beschäftigen) – und dann den Film ein zweites Mal angesehen.

Astrophysiker bin ich noch immer keiner, aber auch beim zweiten Mal war dieser Film ein sehenswertes Spektakel: beeindruckend, großartig und völlig überspannt.

INTERSTELLAR

Der Inhalt
In einer sehr nahen Zukunft wird die Welt allmählich unbewohnbar. Sandstürme toben regelmäßig, immer mehr Nutzpflanzen werden von Krankheiten befallen und können nicht mehr angebaut werden. Mais ist das einzige, das noch wächst – wer weiß, wie lange noch. Die Menschheit konzentriert sich darauf, irgendwie den derzeitigen Status zu halten. Da ist kein Platz mehr für Ingenieure und Erfinder mit ihren geldverschwenderischen Vorhaben. Der ehemalige NASA-Pilot Cooper [Matthew McConaughey] bewirtschaftet daher die Farm seiner Familie. Die Weltraumbehörde gibt es schon lange nicht mehr. Doch im Geheimen arbeitet Professor Brand mit ehemaligen NASA-Leuten an einer Raumfahrt-Mission, denn in der Nähe des Saturns hat sich ein Wurmloch aufgetan. Die Besatzung, darunter auch Brands Tochter Amelia [Anne Hathaway], soll in einer Lichtjahre entfernten Galaxie eine neue Heimat für die Menschheit finden. Cooper kann also wieder seinem Drang und seiner Bestimmung folgen, „seinen Platz zwischen all den Sternen zu finden“. Seine Tochter Murph [Mackenzie Foy als Kind, Jessica Chastain als erwachsene Murph] will ihn mit allen Mitteln zurückhalten. Sie verzeiht ihm viele Jahre nicht, dass er sie verlassen hat.

Eine neue Spielwiese
Christopher Nolan
ist als Regisseur nicht gerade dafür bekannt, dass er kleine, bescheidene Filme macht. Ob sein düsterer „Batman“ oder „Inception“ – seine Filme sind alle visuell bombastisch. Doch wo bei anderen die gewaltigen Bilder von der fehlenden Handlung ablenken, geht Christopher Nolan davon aus, dass sein Publikum durchaus fähig ist, auch komplexere Geschichten zu verarbeiten. Und tatsächlich: Manche Menschen haben das völlig verschachtelte „Inception“ schon beim ersten Mal Ansehen verstanden.

Im Vergleich scheint die Geschichte von „Interstellar“ erst einmal recht einfach (abgesehen von all dem wissenschaftlichen Gerede) und linear. Erst am Ende wirft eine Wendung diese Linearität über den Haufen – und mit ihr höchstwahrscheinlich auch das Raum-Zeit-Kontinuum, befürchte ich. Übrigens: Genau über diese Wendung, wie sie umgesetzt ist und was sie bedeutet, lässt sich nach dem Kino leidenschaftlich diskutieren und vortrefflich streiten.

Nichts zu streiten gibt es über die visuelle Kraft des Films, der zu zwei Dritteln im Weltall spielt. Und dieses All ist großartig anzusehen: Ein schwarzes Loch, die atemberaubende Fahrt durch das Wurmloch und fremdartige Planeten. Ich befand mich in einem 2 Stunden und 48 Minuten dauernden Zustand des Staunens.

INTERSTELLARAll You Need Is Love
Und dennoch ist die wichtigste Dimension des Films die menschliche. Sie ist nicht nur Beiwerk, um die Geschichte abzurunden – sie IST die eigentliche Geschichte. Im All beginnt Amelia über die Liebe zu philosophieren – darüber, welche Bedeutung sie hat. Was ist der Grund, dass sie eine solche Kraft besitzt, dass sie Distanzen von Milliarden Lichtjahren sowie die Zeit überwindet und sogar über den Tod hinausgeht? Die Liebe als innere Antriebskraft zieht Amelia zu einem fernen Planeten. Cooper, der Rationale, glaubt nicht daran, dass die Liebe eine Art höhere Macht ist und will sich nicht von ihr leiten lassen. Doch als ihm bewusst wird, was es wirklich bedeutet, dass in den für ihn wenigen Monaten seiner Reise auf der Erde viele Jahrzehnte vergangen sind, gerät er ins Wanken. Das Herz treibt ihn nach Hause zu Murph.

Erschreckend real?
In einer anderen Aussage über die Menschen fand ich den Film besonders interessant – und zwar darüber, wie die Gesellschaft damit umgeht, dass die Erde ihr keine Heimat mehr bieten kann. Sie beschäftigt sich nur mehr mit Dingen, die das Überleben sichern. Begabten Schülern wird vom Staat die Universitätsbildung versagt – sie sollen lieber Bauern werden, denn wir müssen essen. Nur nicht mehr hoch hinaus. Nur keine kostspieligen Innovationen mehr. Vielleicht können wir uns das später wieder einmal leisten. Irgendwann. Wenn ich daran denke, wie manche Probleme unserer Gesellschaft mit kurzsichtigen Entscheidungen und Einsparungen aufgehalten werden sollen, dann ist dieses Szenario gar nicht so weit hergeholt.

Meine Bewertung auf IMDB: 9 Punkte
Technisch perfekt, aber nicht überfrachtet, und mit einer Handlung, die ausgefeilt, durchgehend spannend und auch auf der menschlichen Ebene glaubwürdig ist.