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Vor einigen Tagen gab es die Diskussion „Neue Freiheiten – alte Zwänge“ über die Integration von geflüchteten Frauen. Da ist mir etwas ganz klar geworden: Dieses Mal muss es schneller gehen.

20 Jahre habe ich mitarbeiten dürfen im Verein VIELE, ein Verein, der sich um die Integration von Frauen bemüht: damals noch Gastarbeiterinnen, dann Flüchtlingsfrauen vom Balkan, Frauen, die einen Österreicher geheiratet haben, Frauen, die in einer arrangierten Ehe leben. Analphabetinnen und Unilektorinnen. 20 Jahre durfte ich diesen Frauen die deutsche Sprache näher bringen und sie beratend ein Stück ihres Weges begleiten.

Die traditionellen Strukturen sind stark

2009 im Verein VIELE

Immer ging es darum, dass die Frauen den Spagat zwischen Herkunftskultur und dem Leben in Österreich schaffen mussten. Bei manchen ging es ganz leicht, andere mühten sich lange, viele zogen sich nach der Absolvierung des Deutschkurses in ihre Herkunftskultur zurück. Andere assimilierten sich, manche besannen sich noch stärker auf ihre Traditionen. Damals fiel es mir ganz leicht all diese Lebensentwürfe zu respektieren, ich zeigte Verständnis für traditionelle Lebensweisen mitten in Österreich. Oft erlebte ich, wie die Frauen unter dem Druck litten, vor allem die Erwartungen der Familie, mussten erfüllt werden. Mutter werden, die Familie zusammenhalten, arbeiten gehen, niemandem eine Schande machen.

Heute sehe ich die vielen Flüchtlingsfrauen und ich sehe die gleichen traditionellen Strukturen und Erwartungen an die Frauen. Und ich sehe in unserer Gesellschaft immer noch viel Verständnis, sensibles Herangehen, Begegnen auf Augenhöhe. Ich sehe auch das, was ich damals vor Jahren oft gemacht habe: zu wenig über die Werte und Erwartungen der österreichischen Gesellschaft zu sprechen und zu oft das Hinnehmen fremder Traditionen, die eigentlich nicht akzeptabel sind, weil sie dem Konzept von Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung und Säkularität unserer Gesellschaft widersprechen.

Ich bin jetzt ungeduldig

Heute will ich auch vieles nicht mehr akzeptieren, was ich etwa vor 15 Jahren noch gemacht hätte. Ich habe die Geduld nicht mehr. Und ich habe jetzt das Wissen, dass es schneller gehen kann. Indem wir unsere Erwartungen sagen und klar stellen, dass unsere Werte und Haltungen hier in Österreich für alle gelten und nicht verhandelbar sind.

Heute weiß ich, dass zu viel Rücksichtnahme, aber auch Wegschauen die Traditionellen stärkt und die Integration noch schwieriger macht. Das beginnt beim Kopftuch im Kindergarten, was ich absolut ablehne. Ich kann auch nicht akzeptieren, wenn Männer fordern, dass ihre Frauen keinen Kurs gemeinsam mit anderen Männern machen dürfen. Und eine Frau ist keine Hure, wenn sie nicht verheiratet ist und alleine ausgeht. Das will ich alles nicht mehr diskutieren müssen. Diese Geduld will ich nicht mehr aufbringen.

Nach Jahrzehnten Integrationsarbeit habe ich gedacht, dass ich schon alle Statements zur Integration gehört habe. Sehr überheblich von mir! Heute gab’s für mich eine große Überraschung. Eine Podiumsdiskussion im Rahmen des Monats der Vielfalt. Es ging um Integration und wie sie gelingen kann. Nein nicht die Diskussion war die Überraschung. Ein Satz war DIE Überraschung. Zerina Hadzihajdarevic, eine Juristin. Sie ist in 1990er Jahren aus Bosnien nach Österreich geflüchtet. War zuerst lange im Gastgewerbe tätig. Hat sich Deutsch selbst beigebracht. Und seit Jahren schon in der Flüchtlingsarbeit tätig. MigrantInnen begleitet oft ihr Leben lang, dass sie zugewandert sind. Es gibt dann immer das WIR, die aus Österreich, und die ANDEREN. Das betrifft auch meist noch die Kinder. Aber Zerina Hadzihajdarevic hat es nach über 20 Jahren in Österreich bei der Podiumsdiskussion für sich und das Publikum ganz selbstbewusst klargestellt: „Ich bin jetzt wir“. JA, Zerina du bist Österreich und das ist gut so!