Heute hatte ich ein Gespräch, da ging es um Hausordnungen. Hausordnungen sind oft nicht zu verstehen. Da waren sich alle einig. Eine Hausordnung ist dazu da, dass das Zusammenleben ein paar Regeln bekommt. Sie sollen auch helfen, dass sich die Menschen in einem Haus nicht streiten. Es geht vor allem um Lärm und Schmutz. Und um mögliche Gefahren. Wichtig ist jetzt, dass die Menschen die Hausordnung auch lesen. Darum hängen Hausordnungen üblicherweise in einem Stiegenhaus, wo alle vorbeigehen. Und dann dachte ich an unser Wohnhaus und unser Stiegenhaus und unsere Hausordnung. Habe ich die eigentlich schon mal gelesen? Ehrlicherweise muss ich gestehen: Nein, habe ich nicht.
Mein erster Blick heute beim Nachhausekommen war dann auf unsere Hausordnung. Es blickte mir aus dem Rahmen ein Text entgegen, der ohne Lupe fast nicht zu lesen ist und obendrein wahrscheinlich noch mit Schreibmaschine geschrieben wurde. Als Germanistin habe ich gelernt mich ohne Angst jedem Text zu nähern.
Spannend spannend, was ich da zu lesen bekam. Endlos lange Sätze im klassischen Beamtendeutsch. Also viele Hauptwörter und altertümliche Ausdrücke. Hätte ich nicht das Gespräch am Vormittag gehabt, wäre ich nach dem ersten Absatz schnurstracks weitergegangen. Aber ich habe durchgehalten. Und so habe ich mich in die Hausordnungsprosa vertieft. Manche Sätze musste ich zwei Mal lesen, um sie zu verstehen. Besonders gefallen haben mir die maschinellen Einrichtungen in Waschküchen. Außer einer Waschmaschine und einem Trockner kann ich mir keine „maschinelle Einrichtung“ in der Waschküche vorstellen. Aber vielleicht habe ich die letzten Jahre ja etwas übersehen und es befindet sich auch ein Geschirrspüler dort. Bevor ich die Hausordnung gelesen habe, wäre ich allerdings auch nie auf die Idee gekommen „Strümpfe in die Toilette einzubringen“.
Und ein Wort kam öfters vor. Ein Wort, das mich an einen Roman aus einer Zeit erinnerte an dem dieses Wort durchaus seine Berechtigung hatte. Ich hatte beim Lesen des Wortes sofort „Effi Briest“ von Fontane vor Augen. Effi Briest, die als junges Mädchen zwangsverheiratet wurde, sich dann einer Liebschaft hingab und damit den Ehrenkodex ihres Ehemannes brach. Das war natürlich „unstatthaft“ damals im 19. Jahrhundert. In der Hausordnung steht, dass „jedwede Wasserverschwendung unstatthaft ist“. Ein fast poetischer Satz.
Und etwas, was ich in der derzeit aufgeheizten Diskussion um die gendergerechte Sprache eigentlich gar nicht erwähnen will: Die Hausordnung gilt natürlich nur für Hausbewohner ;)