Grammatik gut und schön, aber Deutsch lernen heißt auch Wörter und Begriffe lernen, die einem immer begegnen, nur nicht im Deutschbuch. Heute war es wieder mal so weit und wir haben uns mit Zwillingsformeln und Paarbegriffen beschäftigt. Das sind Begriffe wie „klipp und klar“, „in Saus und Braus“ oder „Fix und Foxi“. Und da gibt es dann auch Begriffspaare, die in der Reihenfolge das Wichtige vor das weniger Wichtige setzen. So wie „Herr und Frau“, „Oma und Opa“ oder „Braut und Bräutigam“. Und „mit Kind und Kegel“, was man aufs Erste nicht versteht. Was haben ein Kind und ein Kegel miteinander zu tun? Und dann kommt immer die Überraschung. Ein Kegel ist ein altes Wort für ein uneheliches Kind. Und schon ist man im Deutschkurs mitten in der Diskussion. Warum ist ein uneheliches Kind unwichtiger als ein eheliches? Wie ist das in Österreich und wie in den Herkunftsländern der Deutschschülerinnen? Ein interessanter Austausch über die gesellschaftlichen Normen folgt und ich bin dankbar. Dankbar, dass die Sprache etwas konserviert hat, was nicht mehr der Wirklichkeit in Österreich entspricht, aber nicht vergessen werden sollte. Ein eheliches Kind oder ein uneheliches Kind- schön, dass jetzt beide gleich wichtig sind!
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Heute ist mir wieder mal das Wort „Randgruppe“ untergekommen. Und heute habe ich beschlossen dieses Wort nicht mehr zu gebrauchen. Beim Obusfahren hatte ich genug Zeit darüber nachzudenken, was es für mich bedeutet. Das Wort „Gruppe“ ist ja ganz in Ordnung. Es gibt unzählige Gruppen. Jeder von uns gehört zu mehreren Gruppen, die sich durch etwas definieren. Etwa eine Volkstanzgruppe, eine Berufsgruppe oder die Fröschegruppe im Kindergarten. Das Wort „Rand“ gibt allerdings dem Wort „Gruppe“ einen richtig negativen Beigeschmack. Weil der „Rand“ halt nicht in der Mitte ist und der „Rand“ so eine Grenze bezeichnet, hinter der sich oft etwas Unbekanntes auftut. Vor 500 Jahren hatten Seefahrer noch große Angst an den Rand der Welt zu kommen und dann einfach runter zu fallen. Das ist irgendwie geblieben, dass sich hinter dem Rand was verbirgt, was Angst macht. Als Randgruppen werden viele verschiedene Menschengruppen bezeichnet. Das können sein:
Menschen, die eine Beeinträchtigung haben
Menschen, die wenig Geld oder auch sehr viel verdienen
Menschen, die einer ethnischen, religiösen oder kulturellen Minderheit angehören
Menschen, die eine besondere Krankheit haben
Menschen, die in einem besonderen Viertel wohnen
Menschen, die nicht heterosexuell sind
Menschen, die einem gesellschaftlich geächteten Erwerb nachgehen, wie Prostituierte oder Bettler
Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind
Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden.
Ich bin ja keine Bevölkerungsstatistikerin, aber Daumen mal Pi gerechnet dürften alle Mitglieder aller Randgruppen zusammengerechnet eine schöne Mehrheit ergeben. Also ist der Begriff Randgruppe eigentlich irreführend, denn alle gehören doch dazu zu der großen Gruppe der Menschen.
Ab heute ist das Wort „Randgruppe“ aus meinem Wortschatz gestrichen.
Es war im Jahre 1998 im kleinen zentralamerikanischen Land El Salvador. Ich wollte Theologie der Befreiung studieren. Das war von Wien aus nur theoretisch möglich. Große Namen dieser sozialen Theologie mit gerechtem und menschlichem Gesicht hat dieses Land hervorgebracht: Ignacio Ellacuria, Oscar Romero und Jon Sobrino. Von diesen drei Personen hat nur Sobrino die Mordanschläge überlebt in der Zeit des Kalten Krieges. Dieser wurde bekanntlich an der Peripherie der Großmächte geführt. El Salvador war nicht das einzige Land, das für die Machtinteressen dieser beiden Großmächte mit Blut bezahlen mussten…
Natürlich kommt es im Leben meistens anders als man denkt. Denn die Theologie der Befreiung lernte ich nicht wirklich auf der Universität: Ich inskribierte auf der Universidad Centroamericana undsuchte eine Unterkunft. Fast durch Zufall bin ich dann in einer Wohngemeinschaft gelandet, die außergewöhnlich gewesen ist und mich die acht Monate meines Studiums geprägt hat: Suyapa Perez Escapini unterrichtete als erste Frau auf der Theologischen Fakultät, dem Centro Monsenor Romero. Ellmer Romero war ehemaliger Kämpfer der Stadtguerilla und arbeitete in einem Alphabetisierungsprogramm für Frauen. Und schließlich Hannah Atkins, eine damals frisch geweihte Priesterin der Episcopal Church (Teil der Anglikanischen Kirche).
Ich begleite Hannah in ihre Gemeinde Santa Teresa in San Martin. Ich war fasziniert mit welcher Kraft, Energie und Lebensfreude sie in der Gemeinde aktiv war. Vor allem für Frauen hatte sie eine befreiende Botschaft zu vermitteln. Sie kämpfte weiter, obwohl sie immer wieder mit Drohungen konfrontiert gewesen ist. In einem machistisch geprägten Umfeld war sie vielen ein Dorn im Auge.
Keine Sorge Hannah ist nichts geschehen, aber ich lernte damals, wie zentral es ist, sich für Frauenrechte innerhalb der Kirche einzusetzen. Suyapa und Hannah haben mich auf die österreichische Initiative „Wir sind Kirche“ (Somos Iglesia) angesprochen. Sie waren begeistert, was damals beim sogenannten Kirchenvolksbegehren zur Sprache kam.
Es hat sich bis heute strukturell wenig getan. Ein strenges Denk- und Diskussionsverbot erließ Papst Johannes Paul II. 1994 in seinem „Apostolischen Schreiben über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe – Ordinatio sacerdotalis“, wo er am Schluss kraft seines Amtes erklärte, „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“.
Ich bleibe dabei: Es ist biblisch und theologisch nicht zu begründen, dass es kein Priesteramt für Frauen in der Katholischen Kirche gibt. Wenn wir Christen in zwei Wochen Ostern feiern, dann wird uns klar vor Augen geführt: Die ersten Menschen, die dem Auferstandenen begegneten, waren Maria aus Magdala und eine andere Maria, danach erst Simon Petrus. Der neue Papst kann in der Frauenfrage zukunftsweisende Zeichen setzen.
- Suyapa Perez Escapini
Ich bin dankbar für die Erfahrungen und Begegnungen v.a. mit Hannah und Suyapa in El Salvador. Manchmal werden einem erst in der Fremde die Augen geöffnet.
Noch gibt es viel zu tun und der Internationale Frauentag am 8. März ist auch ein Tag der Forderungen. Aber es gibt auch viel, worauf die Frauenbewegung stolz sein kann. Wer kann sich eigentlich noch vorstellen die Erlaubnis des eigenen Mannes einholen zu müssen, um arbeiten zu gehen. Meine Mutter musste das noch machen, das verlangte das Gesetz. Heutzutage ist es für viele Paare selbstverständlich in einer gleichberechtigten Partnerschaft zu leben und für ihre Kinder da zu sein. Ein Mann mit Kinderwagen ist ein fast alltägliches Bild, vor 30 Jahren blieb einem noch der Mund offen vor Erstaunen. Vor 40 Jahren hieß es im Gesetz noch: „Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen und sie in allen Vorfällen zu vertreten.“ Unvorstellbar in Österreich im Jahre 2013.
Leider noch immer Realität ist, dass Frauen für die gleiche Arbeit nicht den gleichen Lohn wie die Männer bekommen. Und ehrlich gesagt, ich habe bis jetzt nicht verstanden, was so schwierig ist, das einfach zu ändern. Es gibt seit Jahren die gesetzliche Grundlage, faktisch täglich fordert jemand gleichen Lohn für gleiche Arbeit und es passiert nichts. Sogar bei Versicherungen gibt es seit 2012 die sogenannten Unisex-Tarife. Auch bei der Steuer wird ja kein Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht, beide zahlen prozentuell gleich. Das scheint relativ leicht handhabbar zu sein.
Das WARUM des ungleichen Lohns ist allerdings klar. Geld bedeutet in unserer Gesellschaft ganz einfach Macht. Und Macht fair zu teilen, scheint unmöglich zu sein. So erarbeiten laut UNO Frauen 80% der Nahrungsmittel auf der Welt, dafür verrichten sie auch zwei Drittel der Weltarbeitsstunden. Ihr Lohn dafür sind 10% des Welteinkommens und sage und schreibe 1% des Welteigentums.
Es tut gut am 8. März zu feiern. Am 9. März muss es für Frauen und Männer heißen, unermüdlich weiter auf dem Weg zu einer echten Gleichstellung!
Ich lese gerne Krimis und Thriller, grusle mich dabei und bin froh, dass es immer ein gutes Ende nimmt. Frank Schirrmachers neues Buch hat alle Qualitäten eines Krimis, allerdings schaut es noch nicht nach einem guten Ende aus. „EGO-Das Spiel des Lebens“ ist ein Sachbuch, das einem das wahre Gruseln lehrt. Schirrmacher, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen, zeichnet ein Bild unserer Gesellschaft, das sich nicht einmal Orwell in seinen kühnsten Träumen ausdenken hätte können.
Er schildert die Erfindung des modernen „Homo oeconomicus“. Begonnen hat alles zu Beginn des Kalten Krieges, als das amerikanische Militär mit Hilfe der Physik und Mathematik das Gleichgewicht des Schreckens herstellte. Zentral war in diesem Modell, dass der Mensch nur seinen eigenen Vorteil sucht, ein Gemisch aus Egoismus, Misstrauen und Angst. Das menschliche Verhalten wird in mathematische Modelle und Formeln gegossen. Und bald drang dieses Menschenbild, gesteuert vom Militär, dem Markt und Computern in die Zivilgesellschaft ein. Mit Ende des Kalten Krieges kommen die Mathematiker und Physiker an die Wallstreet und entwickeln ihre Modelle weiter. Und hier erst wird ein Monster erschaffen, das gefährlicher, weil unsichtbarer ist, als das von Frankenstein. Computer berechnen die Entwicklung des Marktes immer schneller und liefern dazu auch die Interpretation. Der Mensch handelt nicht mehr aus freien Stücken und eigenen Überlegungen, der Computer, also der Markt, zwingt ihm das Handeln auf. Ersichtlich ist das, wenn Banken damit drohen, dass ihr Untergang zum Untergang des gesamten Systems führt. So wie keiner im Gleichgewicht des Schreckens bis 1989 den Knopf für die Atombombe gedrückt hat (was positiv war), so riskiert keiner einen einzelnen Spieler des Finanzsystems untergehen zu lassen. „To big to fail“ nennt man diese Strategie. Wenn Angela Merkel von einer „marktkonformen“ Demokratie spricht, dann heißt es, alles soll den Marktgesetzen unterliegen, wirtschaftlich, politisch und sozial.
Was Schirrmacher in seinem Rundumschlag vergisst sind die vielen Menschen, die nicht gewillt sind, sich der Diktatur der Informationsökonomie und dem Monster des alles bestimmenden Marktes zu unterwerfen. Denn mit Occupy Wallstreet, alternativen Finanzierungsformen und dem Ruf nach einer nachhaltigen Gesellschaft gibt es eine Bewegung, die sich Gerechtigkeit, Fairness und Solidarität auf die Fahnen heftet. Kein Computer kann den freien und kritischen Geist berechnen, wie auch er selbst mit dem Schreiben dieses Buches bewiesen hat.
Frank Schirmmacher: „Ego- Das Spiel des Lebens“ –empfehlenswert!
http://www.perlentaucher.de/buch/frank-schirrmacher/ego.html
Es tat jetzt einfach gut!
Heute gingen Millionen Menschen auf die Straße, um gegen Gewalt an Frauen zu protestieren. Aber nicht mit erhobenem Zeigefinger! In der Stadt Salzburg waren es hunderte Frauen, Männer und Kinder, die durch die Stadt tanzten.
Für unzählige Frauen ist es nicht selbstverständlich ein Leben frei von Gewalt und selbstbestimmt zu führen. Ein Zeichen zu setzen, gerade am Valentinstag, ist notwendig. Und das weltweit. 199 Länder machten mit. Natürlich ist ab morgen die Welt nicht frei von Gewalt an Frauen. Aber ich bin überzeugt, dass die Aufmerksamkeit steigt, das Bewusstsein wieder geschärft wird. Darum war es wichtig, Solidarität zu zeigen.
In meiner beruflichen Tätigkeit habe ich immer wieder mit Frauen zu tun, die Gewalt erleben. Alle sagen, dass sie sich alleine fühlen. Sie schämen sich. Manche suchen einen Grund, warum sie selbst schuld sind, dass sie Gewalt erleben müssen. Weltweite Solidarität und Offenheit sind ein Baustein, um viele Frauen zu ermutigen, es nicht mehr hinzunehmen. Sie sollen wissen und spüren, dass sie nicht alleine sind.
Darum ONE BILLION RISING!
http://www.onebillionrising.de/
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