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Zur Einführung von Netflix haben alle Medien über die Fernsehrevolution geschrieben. Natürlich war ich Netflix Kunde der ersten Stunde. Das Angebot fand ich für den Anfang ganz ordentlich. Und auch wenn in den ersten beiden Monaten wenig dazugekommen ist: Ich habe immer wieder Filme und Serien entdeckt, die ich noch nicht kannte und ohnehin schon länger ansehen wollte.

Doch jetzt tut sich anscheinend wirklich was in der schönen Welt des Streaming-Fernsehens. Netflix hat bekannt gegeben, dass es bald alle drei Wochen neue Eigenproduzierte Serien veröffentlichen wird. Da die Firma schon einige wirkliche Hits produziert hat, darf man sich hier einiges erhoffen.

Mit seiner ersten selbst produzierten Serie „House of Cards“ hat Netflix vor fast 2 Jahren ganz schön großes Aufsehen erregt. Auch die Frauengefängnis-Serie „Orange is the New Black“ kam bei Kritik und Publikum sehr gut an.

Foto 1Ist das schon die versprochene Revolution?
Bis zur versprochenen großen Serien-Offensive im 3-Wochen-Takt ist es zwar noch ein wenig hin – erst 2015 soll es so weit sein –, aber es gibt einen weiteren Vorgeschmack auf die Qualität, die Netflix seinen Abonnenten bieten will. Seit 12. Dezember steht nämlich die neue Serie „Marco Polo“ zur Verfügung. Die Presse beeilte sich, die Serie gleich als Konkurrenzprogramm zum Mega-Hit der letzten Jahre „Game of Thrones“ zu platzieren und die Erwartungen damit eigentlich ins fast Unerreichbare hochzupuschen.

Nach den ersten beiden Folgen von „Marco Polo“ kann ich nur sagen: Ich bin schon beeindruckt. Es gibt Armeen, Schlachten, fernöstliche Kampfkunst, wunderschöne und detailreiche Set-Ausstattungen sowie aufwändige Kostüme. Und natürlich Sex, denn in diesem Punkt scheint man tatsächlich mit den erfolgreichen Produktionen des Senders HBO mithalten zu müssen. Ein neues „Game of Thrones“ ist „Marco Polo“ trotzdem nicht. Warum auch? Es gibt „Game of Thrones“ ja schon. „Marco Polo“ kann durchaus mit seinen eigenen Qualitäten bestehen.

Die Geschichte ist allen bekannt. Oder irgendwie auch nicht. Mein eigenes Wissen – und ich getraue mich zu behaupten, das Wissen der meisten Leute – über Marco Polo geht zum Beispiel kaum darüber hinaus, dass er Jahrzehnte am Hof Kublai Khans verbrachte und dass er bei seinen Berichten über diese Zeit möglicherweise einiges dazuerfunden hat. Das gibt auch den Produzenten der Serie einige Freiheiten und sie haben sie gut genutzt. Warum nicht einen mehrere Jahre dauernden Krieg auf einen dramatischen Zweikampf zwischen zwei Brüdern auf den Punkt bringen? Bei aller Verzerrung zugunsten der Dramatik, darf man das Gefühl haben, dass man beim Ansehen ein bisschen mehr über Marco Polo und die politischen Umstände im Reich des Kublai Khan lernt. Die Geschichte beginnt zwar etwas langsam, nach zweieinhalb Episoden habe ich aber den Eindruck, dass sie zunehmend interessanter wird und auch etwas an Fahrt aufnimmt.

Hier gibt’s den Trailer zu sehen

Andere Vorbilder
Die richtige Mischung aus Geschichte und fernsehtauglich hingebogenen Geschichten bescherte bereits anderen Serien durchaus Erfolg: zum Beispiel „Rom“ (zumindest Staffel 1), „Die Tudors“ oder „Die Borgias“. „Marco Polo“ sollte man eher an ihnen messen. Und ich finde, es schneidet gut ab.

Die Zeit Online hat die Serie mit folgendem Kommentar bedacht: „Marco Polo wirkt wie das altmodische Vorweihnachtsprogramm konventioneller TV-Sender.“ Gar nicht so falsch, eigentlich. Ich habe früher die Vorweihnachts-Serien (es hieß immer Weihnachts-Vierteiler) geliebt – ob „Shogun“ oder „Der Seewolf“. Und ich habe sie, ehrlich gesagt, in den letzten Jahren sogar ein bisschen vermisst. Freilich wünscht man sich auch mehr Innovatives von Netflix. Aber der Weihnachts-Vierteiler-Vergleich klingt für mich nicht schlechter, als dass die Serie ein zweites „Game of Thrones“ sein soll.

Die große Fernsehrevolution läutet zwar auch „Marco Polo“ nicht ein, aber wenn gut gemachtes Fernsehen geboten wird, dann ist das schon viel mehr, als wir von vielen unserer Privatsender geboten bekommen – und auch von unseren viel teureren öffentlich-rechtlichen Sendern.

Ein Held befreit sein Volk von seinen Unterdrückern und wird zum König. Er regiert in einer Zeit des Friedens – bis ein Mann des Nachbarvolks (die ehemaligen Unterdrücker) sich versehentlich in das Reich dieses Königs begibt und aus Angst einen jungen Mann erschießt. Anstatt den ängstlichen Mörder zu töten, lässt ihn der König nur aus seinem Reich fortjagen. Ein Fehler, denn ein bislang treuer Gefolgsmann unterstellt dem König Schwäche. Ihm dürstet nach Rache und Macht. Vordergründig noch immer den treuen Vasallen spielend, vereitelt er wiederholt das friedliche Nebeneinander mit dem Nachbarvolk und wiegelt sogar den jugendlichen Sohn des Königs gegen seinen Vater auf.

Ach ja, bei dem Film, den ich hier gesehen habe, handelt es sich nicht um ein Fantasy-Epos in einer pseudo-mittelalterlichen Welt, sondern um „Planet der Affen – Revolution“ (Rise of the Planet of the Apes).

Will er genauso wie ein Mensch sein? (Foto: Thomas Lersch/http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

Will er genauso wie ein Mensch sein?
(Foto: Thomas Lersch http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)


Viele Verfilmungen

Ich mochte die „Planet der Affen“-Filme der 70er Jahre, wobei natürlich der erste Film ein unsterblicher Klassiker ist. Das Remake mit Mark Wahlberg aus dem Jahr 2001 war uninspiriert. Einzig das Ende hätte originell sein sollen, doch leider war es nur völlig unsinnig. Als vor drei Jahren „Planet der Affen – Prevolution“ (Rise of the Planet of the Apes) in den Kinos lief, war ich überrascht: Der Film bot eine wirklich gute Geschichte. Das Schicksal des im Pharma-Labor geborenen Schimpansen, Caesar [in beiden Filmen: Andy Serkis], war berührend und dramatisch. Die gesellschaftskritische Geschichte war gut aufgebaut und ein überzeugendes Prequel, das die Auslöschung der Menschheit und den Aufstieg der Affen ankündigte.

Nach so einem Film durfte man sich von der Fortsetzung einiges erwarten. „Planet der Affen – Revolution“ setzt 10 Jahre nach dem Ende des ersten Teils an: Die Menschen sind fast vollständig ausgelöscht und die Affen, dank früherer Medikamenten-Versuche nun mit stark erhöhter Intelligenz, haben die Wälder außerhalb San Franciscos besiedelt. Dort haben sie sich eine Burg gebaut, Waffen gefertigt, Pferde zugeritten. Sie beleuchten ihr Zuhause und jagen Wild, das sie dann über offenem Feuer braten.
Das Leben ist ein bisschen wie das der Wildlinge in der Fantasy-Serie „Game of Thrones“. Ich wurde ich den Vergleich die ganze Zeit über nicht los. Der einzige Unterschied ist: Wäre die Geschichte von „Game of Thrones“ so konventionell und ihre Charaktere so platt, wäre die Serie nie zum weltweiten Hit geworden.

So schön war San Francisco mal – bevor die Menschen fast ausgestorben waren

So schön war San Francisco mal – bevor die Menschen fast ausgestorben waren


Nachahmenswerte menschliche Gesellschaft?

Ich habe den Eindruck, dass man sich bei „Planet der Affen – Revolution“ ein bisschen zu sehr darauf verlassen hat, dass das Publikum sich von den aufwändigen computer-generierten Bildern und den Affen (in beeindruckender Motion bzw. Performance Capture-Technik) blenden lässt.

Auch wenn man bereit ist, die Handlung als sehr konventionell aber grundsätzlich solide zu akzeptieren, bleibt ein Makel: Würde der Film die Geschichte zweier Menschenvölker erzählen, müsste man nichts daran verändern. Sprich: Es gibt keinen Grund, warum die Geschichte überhaupt von Affen handelt. Offenbar haben sich die Drehbuchautoren keine Gedanken dazu gemacht, wie Affen ihre Gesellschaft organisieren könnten. Würden sie diese wirklich 1:1 so gestalten wie die Menschen es tun würden? Bei aller Ähnlichkeit zwischen Hominiden und Menschen: Ist genau wie ein Mensch zu sein das einzig erstrebenswerte Ziel intelligenter Affen? Und wäre ihre Einstellung anderen Tieren gegenüber genau dieselbe, wie jene des Menschen?

Doch das sind nur Nebenfragen. Im wesentlichen geht es darum, wie Menschen und Affen einander als Feinde betrachten. Die jeweils andere Spezies gehört vernichtet, so die Propaganda der Unruhestifter auf beiden Seiten. Der Film bietet psychologische Erklärungen für das Handeln der Kriegstreiber – das ist auf der Seite der Affen das ehemalige Versuchtstier, Koba [Toby Kebbell], und auf Seite der Menschen Dreyfus [Gary Oldman]. Doch anstatt Vielschichtigkeit wurden diesen Figuren nur platte Klischees aufgestülpt. Und wo diese zu finden sind, bleiben reichliche Sentimentalitäten auch nicht weit.

Computer- oder Schauspielkunst?
Wo der Film überzeugt, ist natürlich die technische Perfektion, mit der die Affen sich bewegen. Die Mimik ist freilich ebenso großartig. Es gibt auch schauspielerische Glanzleistungen. Da die Menschen eher auf Statistenrollen reduziert sind (schade um Keri Russel), findet man diese bei den Affen. Koba hat zwei sehr starke, sehenswerte Szenen. Er erinnert Caesar daran, was Menschenwerk ist, und zeigt auf seine Entstellungen, die ihm ein unheimliches Aussehen geben – wie das eines Affenzombies. In einer anderen wandelt er sich vom gerade noch ziemlich furchteinflößenden Eindringling bei den Menschen in einen lustigen Zirkusaffen, der Späße macht und die ängstlichen, schwerbewaffneten Menschen mit seinen Kunststücken köstlich unterhält.
Wie viel davon die CGI und wie viel Schauspielerei ist, ist zwar schwer zu sagen. Aber bei aller Tricktechnik: Ich denke, dass das ohne eine tolle Leistung von Toby Kebbell nicht möglich gewesen wäre.

Meine Bewertung auf IMDB: 7 Punkte
„Planet der Affen – Prevolution“ (Rise of the Planet of the Apes) hätte eine interessantere Fortsetzung verdient. Doch gibt es sehenswerte, atemberaubende Bilder und ein paar wenige, schauspielerisch packende Momente.

Hier der Link zum Trailer

Liebhaber guter Filmgeschichten reden schon lange darüber, wie gut die neuen (amerikanischen) Fernsehserien sind und wie schwach die Filme in den Kinos.Parfum

 Ich selbst bin ein großer Serienfan. Trotzdem muss ich zugeben: Es wird hauptsächlich für Männer produziert. Und die lieben, Sex und Gewalt – besonders Gewalt. Ob in Dexter, Breaking Bad, Game of Thrones oder Hannibal. Es spritzt das Blut und die Todesarten könnten nicht vielfältiger und auch nicht grauslicher sein. Nicht dass das Foltern und Töten alleiniger Zweck der Serien wären, die Geschichten und Darsteller sind meist großartig. Doch der Magen muss schon einiges aushalten, denn es wird nichts der Fantasie überlassen. Echte Kerle halten so was auch aus.

 Und was ist mit den Frauen? Ich sag nicht, dass sie nicht auch bei Dexter mitfiebern, aber seine Zielgruppe sind sie nicht. Frauen waren lange darauf eingeschränkt, Zeitungskolumnistinnen und ihre überdrehten Schicksen-Freundinnen zu begleiten. Irgendwie drehte sich immer alles um teure Schuhe und Kleider. Und sie redeten offen über Sex – wie revolutionär. Dabei ging’s in Wahrheit bis zum Serienende doch nur wieder darum, ob die Kolumnistin ihren Mr. Big (!!!) heiraten darf. Dann taten ein paar Hausfrauen so, als wollten sie aufklären, warum ihre Freundin sich umgebracht hat. Irgendwie haben sie sich dann aber so sehr in ihren eigenen Problemen (und tollen Kleidern, Häusern und Liebschaften) verzettelt, dass viele Serienjahre lang nichts dabei rauskommt – auch wenn sich die tote Freundin noch als Erzählerstimme dauernd aus dem Grab in Erinnerung rief. Und sonst waren da noch allerhand romantische Comedys.

 Das schauen Frauen einfach gern. Finden jedenfalls, die Männer, die Barbie-Serienfiguren schaffen, die mit dem richtigen Leben irgendeiner Frau gar nix zu tun haben. Aber war das schon alles? Zum Glück nicht. Hier ein paar Beispiele für großartige Serien von echten Frauen für echte Frauen:Schminke

 Girls

zeigt das Leben einer Gruppe gut gebildeter junger Frauen der Generation Praktikum, die beruflich und privat ihren Weg machen wollen. Finanzielle Not, Abhängigkeit von Eltern und sogar psychische Störungen gehören zu ihren Problemen. Und sie haben Sex – manchmal mehr, manchmal weniger erfüllend und auch hier geht es um Abhängigkeiten. Sehr lebensnah, manchmal deprimierend, oft aber auch leicht und positiv. Im Zentrum steht Hannah Horvath, die von Lena Dunham nicht nur großartig gespielt wird, sie hat auch die Serie entwickelt und dabei autobiografische Elemente einfließen lassen. Man merkt es: Der Weg der jungen Frauen, ihr Leben zu meistern wirkt sehr authentisch.

 Enlightened

wurde ebenfalls von seiner Hauptdarstellerin, Laura Dern, mitentwickelt. Es geht auch hier um Selbstfindung – doch auf ganz andere Art. Nach einem totalen Nervenzusammenbruch verbringt die Mittvierzigerin Amy Monate in einem Esotherik-Lager auf Hawaii und kehrt spirituell erleuchtet zurück. Ganz auf Positivität gebrieft (fast gehirngewaschen), versucht sie ihr Umfeld (ihre Mutter, ihren drogen- und alkoholsüchtigen Ex-Ehemann und ihren ehemaligen Arbeitgeber, einen bösen Konzern) zu überzeugen, dass auch sie Eins mit der Natur sind, Gutes tun müssen, die Wale retten etc. Doch alle sind von ihrem penetranten Eso-Gutmenschen-Getue genervt. Amy muss sich ganz schön oft ihre Mantras vorbeten, um nicht vor Wut und Enttäuschung über die Ablehnung weinend zusammenzubrechen. Doch sie ist entschlossen, die Firma zu zwingen, sich dem Guten zuzuwenden. Auch wenn sie illegale Mittel ergreifen muss. Es geht in einer unglaublich steilen Spirale bergab, doch Amy bleibt besessen merkt lange nicht, dass sie auch noch die letzten Menschen verliert, die noch zu ihr halten.

 Orange is the New Black

hört sich ein wenig nach Modetipp aus „Sex and the City“ an. Ist es aber nicht. Eine junge Frau hat für ihre Freundin Drogengeld geschmuggelt – ein einziges Mal. Dafür muss sie 10 Jahre später hinter Gitter. Herausgerissen aus ihrem behüteten Leben mit ihrem Verlobten, ist sie im Frauengefängnis erst einmal als Opfer prädestiniert. Sie muss lernen, in der Hierarchie des Gefängnisses ihren Platz zu finden. Dabei erfahren wir in Rückblenden viel über sie und über Geschichten der anderen Insassinnen. Vom Gefängnis aus muss sie auch ihre Beziehungen zu anderen Menschen aus einem neuen Blickwinkel betrachten – zu ihrem Verlobten genauso wie zu ihrer (mitinhaftierten) Ex-Freundin. Wieder wirkt alles sehr authentisch, das Umfeld ebenso wie die Personen. Und tatsächlich basiert die Geschichte auf den Memoiren der Autorin Piper Kerman über ihre Zeit im Gefängnis.

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Das sind drei Beispiele, wie das Fernsehen Frauen auch zeigen kann. Frauen mit Problemen, Frauen die sich finden oder Stärke entwickeln müssen. Frauen, die sich wie richtige Frauen verhalten – ob in Alltags- oder Extremsituationen. Frauen, die sich zu interessanten Identifikationsfiguren entwickeln. Auch für Männer.

 Meine Bewertung für diese Serien auf IMDB: 8–9

Jetzt fehlt nur mehr die Serie für Männer, die richtige Männer in lebensnahen Situationen darstellt.