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Die Wahl ist in Wien ist vorbei. Und fast 70% der Wiener sind mit dem Ausgang der Wahl wohl zufrieden – Hauptsache Strache ist weit davon entfernt, Bürgermeister zu werden. Und zwar so weit, dass man ihn durchaus als Verlierer der Wahl bezeichnen kann. Wie kann das sein? Die FPÖ hat immerhin beachtlich zugewonnen, während die SPÖ 4% der Stimmen verloren hat.

Doch das erklärte Ziel der FPÖ war es, Kopf an Kopf mit der SPÖ zu liegen und diese sogar zu überflügeln. Strache sollte Bürgermeister werden. Nach dem vorläufigen Ergebnis liegt die SPÖ fast 9% vor der FPÖ. Das ist tatsächlich eine herbe Niederlage für die Blauen und schwer zu verwinden. Im Netz verbreiten deren Anhänger bereits, man habe die Partei um 50% ihrer Stimmen betrogen.

Alle haben mitgemacht
Währenddessen herrscht in ganz Österreich großes Aufatmen. Im ganzen Land wurde im Zuge des Wiener Wahlkampfs leidenschaftlich, ja, bis ins Hysterische hinein diskutiert. Anhänger der FPÖ wurden als Rechtsextremisten und Dummköpfe beschimpft, die anderen als linkslinkes Gutmenschenpack – und das sind noch die nettesten Ausdrücke. Man hat sich gegenseitig nichts geschenkt. Und es wurde ein tiefer Riss in der Gesellschaft sehr deutlich sichtbar. Erschreckend!

Thema Asyl verhindert FPÖ-Sieg?
Losgetreten hat das die FPÖ, indem sie sich völlig ins Thema Asyl verbiss. Michael Häupl wollte sich aber nicht von den Blauen treiben lassen, sondern bekannte sich mit Nachdruck zu einer menschlichen Politik. Und fast 70% der Bevölkerung Wiens haben mit ihren Stimmen ausgedrückt, dass Sie die Ausgrenzung, die Angstmache gegen Flüchtlinge ablehnen.

Strache hat bereits in ersten Interviews zum Wahlergebnis zu beklagen begonnen, dass die FPÖ trotz ihrer Stärke ausgegrenzt wird, dass man damit ein Drittel der Wiener Bevölkerung nicht respektiere, wenn man die FPÖ nicht mitregieren lasse. Doch es war von vornherein klar: Ohne Nummer 1 zu sein, konnte die FPÖ nie damit rechnen zu regieren.

Die FPÖ hat sich mit ihrer Art, wie sie den Wahlkampf in den Sozialen Netzwerken führte, noch mehr zum Schmuddelkind gemacht, als sie es schon vorher war. Was bringen 31%, wenn mich dann doch keiner mitspielen lassen will? Am Ende hat sich die FPÖ durch ihre fremdenfeindlichen Wahlkampfaussagen selbst geschadet und gefällt sich nun wieder einmal in der Opferrolle.

Seid nett zueinander
Doch die gute Nachricht ist: Es besteht jetzt die Möglichkeit, dass wir alle gewinnen. Alle Menschen in ganz Österreich. Ja, es wird weiter über Asyl debattiert werden. Das müssen wir auch. Doch so, wie wir das in den letzten Wochen getan haben, war es auf beiden Seiten völlig überhitzt und voller persönlicher Beleidigungen – vor allem in den Sozialen Netzwerken.

Jetzt, wo keine Partei mehr eine Wahl mit dem Thema gewinnen muss, sollten wir alle unsere Gemüter abzukühlen. Wir müssen aufhören uns gegenseitig zu beschimpfen, müssen wieder versöhnlicher werden und etwas respektvoller miteinander umgehen. Wenn wir wie in den letzten Wochen weitermachen, werden wir den Riss in der Gesellschaft am Ende nicht mehr kitten können.

Ungarn zieht weiter Grenzzäune hoch. Die rechtspopulistische Orban-Regierung will das Land abschotten und bekämpft Flüchtlinge entgegen der Genfer Konvention mit Polizeigewalt. Der junge EU-Mitgliedsstaat nimmt es mit den gemeinsamen europäischen Werten nicht so eng. Sicherheit ist in diesen Tagen wieder ein viel geflügeltes Wort, auch im heimischen Wahlkampf. Das österreichische Innenministerium sieht angesichts des Flüchtlingsstroms eine „Gefahr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch die massive Bindung des Polizeipersonals“. Tatsächlich ist die Präsenz von Exekutivbeamten auf Bahnhöfen, in Zügen oder an Grenzen enorm und manchmal schon beinah unheimlich. Die Kontrollen betreffen freilich jene Personen, die versuchen auf „illegalem Weg“ nach Österreich zu gelangen. Wer mit der Bahn von Salzburg nach Innsbruck reist, muss sich dennoch einer Gesichtskontrolle stellen. Wachsame Beamtenaugen verfolgen die Fahrgäste schon auf dem Weg zum Bahnsteig, die Kameras zeichnen ohnehin jede Bewegung auf. Im noch stehenden Zug gilt dann das Vier-Augen-Prinzip. Aber egal. Man nimmt die Überwachung durch den Staat in Kauf, lehnt sich zurück und trinkt seinen Frühstücks-Cappuccino, während sich der Railjet sanft in Gang setzt. Man fühlt sich gut aufgehoben, fast schon sicher. Keine Flüchtlingsfamilie überrascht einem auf der Zugtoilette. Gut, dass die alle nach Deutschland fahren oder doch nicht, weil dorthin ja gar keine Züge mehr gehen. Na ja, dann nehmen sie halt einen anderen Weg. Vielleicht über die Autobahn, aber dort ist ja auch bei der Grenze, die eigentlich keine sein sollte, Schluss. Dafür dürfen sich Frau und Herr Österreicher sicherer fühlen. Doch wer sind denn eigentlich Frau und Herr Österreicher? Da wird es dann schwierig. Obwohl, eigentlich ist die Losung ganz einfach. So einfach wie ein Wahlkampfslogan der FPÖ: „Sicherheit für unsere Bürger“.

Nein, ich möchte kein Bürger der FPÖ sein. Eigentlich von keiner Partei oder Regierung. Schon gar nicht dann, wenn diese die Freiheit mit einem Grenzzaun beschneiden will, mehr Polizei fordert und obendrein eine Sicherheitswache.

Aber Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner hat ohnehin seine eigene Definition von Sicherheit. Er meint laut Standard-Interview zu wissen, dass „Viele Leute, die jetzt zu uns wollen“, aus der Sicherheit kämen. Welche Sicherheit er damit meint, bleibt Haimbuchner schuldig. Aber es ist gut zu wissen, dass sie eher verhungern könnten als durch eine Fassbombe getroffen zu werden. Na dann kann es ja nicht so schlimm sein. Und bei aller Tragik dürfe man die Vernunft nicht ausblenden. Ansonsten könne unsere Gesellschaft kippen. Bitte wie?

Wer legt denn immer wieder ein Züngelchen auf die Waage? Wer verhindert die Integration in eine Gesellschaft? Wer nährt den Boden von Neid und Missgunst? Wer schützt eine Gesellschaft vor Politikern, die Menschen gegeneinander aufbringen? Die Feindbilder proklamieren, welche Jahrhunderte alt sind und aus dem Osten kommende Zuwanderer kriminalisieren? Wer kontrolliert Medien, die mit diskriminierenden Zuschreibungen ein vorurteilbeladenes Menschenbild zeichnen?

Fragen, die kein Grenzzaun lösen kann. Aber wenn Vernunft mehr Sicherheit im Sinne von mehr Staatsgewalt bedeutet, nein danke schönes freies Österreich!