Beiträge

Gerade hatte ich wieder eine Erbschaftssteuerdiskussion mit Menschen aus der so oft zitierten „Mittelschicht“ von der eigentlich keiner weiß, wo sie anfängt und wo sie aufhört. (*edit 21.02.13: die im Folgenden aufgestellten Thesen sind grds. 1:1 auch auf Vermögens- und Schenkungssteuer anwendbar)

Wenn man es am Einkommen festmacht, reicht das Spektrum von (Hausnummer netto) 1.500 bis 10.000 Euro / Monat. Je nachdem, wen man frägt.
Wenn man es am Vermögen festmacht – was keiner tut – ist es schon viel schwieriger, abgesehen von der Erhebung der Vermögen. Vereinfacht gefragt: Gehört man mit 50.000 am Sparbuch schon, bzw. mit 500.000 nicht mehr zur Mittelschicht? Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Vor allem im Zusammenhang mit Sachwerten sowie Grund & Boden.
Fest steht jedoch, dass die „Mittelschicht“ vermutlich die größte Gesellschaftsgruppierung in Österreich ist, und sehr viele von ihnen die Erbschaftssteuer aus zwei Gründen ablehnen: 1)  weil „sie“ glauben, dass es sie selbst trifft und 2) weil es sich um bereits versteuertes Einkommen handle.

ErbschaftssteuerBevor ich nun auf diese zwei „Irrtümer“ eingehe, möchte ich kurz folgende, immer wieder diskutierte, Punkte in den Raum stellen:

  • Die Mittelschicht läuft der Illusion nach, dass sie aufgrund von relativem (guten) Wohlstand selbst zu den „Reichen“ gehört. Das stimmt jedoch nicht!
  • Die Mittelschicht versteht daher auch nicht, dass eine fehlende Erbschaftssteuer fehlende Einnahmen für den Staat bedeuten, und somit die Lohn- und Einkommenssteuer nicht gesenkt werden kann.
  • Es stöhnt zwar jeder unter dem hohen Steueranteil, (fast) niemand kommt jedoch auf die Idee, dass dieser überhaupt erst ermöglicht, dass eben die wirklichen Superreichen keine Erbschaftssteuer zu zahlen haben, wenn sie ihr Vermögen vererben.
  • Man könnte also sagen, die Mittelschicht bezahlt die Steuerfreiheit der Superreichen und wird mit dem Akzeptieren und Verteidigen der aktuellen Gesetzeslage zu den Steigbügelhaltern der Superreichen.
  • Eine fehlende Erbschaftssteuer ist nichts anderes als die „Reinkarnation“ des Feudalismus. Vermögen und somit Macht oder auch Grundbesitz wird (steuerfrei) weitergegeben. Nichts anderes passierte in den Feudalsystemen Europas.
  • Hohe Vermögen führen zu hohem leistungsfreien (sic!) Einkommen!
  • Eine Erbschaftssteuer trifft – bei Freigrenzen – nicht unbedingt versteuertes Vermögen, da mit steigendem Einkommen und Vermögen die Möglichkeiten der „Steuerschonung“ exorbitant steigen. (Stichwort Stiftungen und Steueroasen)

Zu Punkt 1)
Ich selbst bin der Meinung, dass es bei einer allfälligen Erbschaftssteuer Freigrenzen geben muss. Vermögen sollte erst ab einer bestimmten Höhe besteuert werden. Dann trifft es auch nicht den vielzitierten Haus- oder Wohnungserben. Wenn eine solche – zu diskutierende – Höhe bei z.B.: 1 Mio Euro in liquiden Mitteln liegt, fallen 99 %, die sich selbst zur „Mittelschicht zählen“, automatisch raus. (Sachwerte müssen seperat betrachtet werden)
Dass dann niemand mehr überbleibt, der noch eine Erbschaftssteuer zahlen müsste halte ich für eine Mähr. Das belegen auch Berichte über Vermögensverteilungen a la „10 % der Bevölkerung besitzt 90% des Vermögens“:
Laut ÖNB besitzen 50% der Bevölkerung 8 % des Nettovermögens. Das reichste Tausendstel der österreichischen Bevölkerung besitzt (zufällig) auch 8 %.
Das bedeutet dass 50 % der Bevölkerung im Grunde über gleich viel Vermögen verfügen wie die reichsten 0,1 % !! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen und es zeigt, dass sehr wenige Menschen sehr viel Vermögen besitzen, welches bei einer Erbschaft (derzeit) nicht zu versteuern ist.
Im Moment stehen in Österreich und der restlichen EU viele Erbschaften an! Nicht umsonst spricht man von „der Erbengeneration“.
Deutschland beispielsweise verdient bereits und in Zukunft mit der Erbschaftssteuer Millarden. Im kommenden Jahrzehnt werden dort 2,6 Billionen (sic!) vererbt! Österreich verdient nichts!

Heute ist mir zum ersten Mal klar geworden, was der Grund sein könnte, dass viele Menschen denken, sie wären von einer Erbschaftssteuer betroffen: Die Tatsache, dass man ab 60.000 Euro Einkommen vom „Spitzensteuersatz“ spricht legt nahe, dass man an der Spitze des Wohlstandes angekommen ist. Dies ist jedoch nicht im geringsten der Fall. Es gibt ganz andere Einkommen und somit Vermögensbildungen, und je höher diese sind, desto steuerschonender (Stichwort Stiftungen und Schweiz) wird aus Brutto Netto.

Das führt unmittelbar zu Punkt 2) Ich stelle hiermit folgende mit Zahlen und Beispielen unterlegbare Theorie auf: je höher das Einkommen, desto steuerschonender kann man aus Brutto Netto machen!
Beispiele hierfür gibt es genügend. Sei es über Stiftungen, die Gruppenbesteuerung oder schlichtweg in Steueroasen wie der Schweiz, Zypern, Caymans, Channel Islands etc. Ich wage zu behaupten, dass niemand aus der „Mittelschicht“ nur einen Cent in einer Steueroase „offshore“ oder in Stiftungen parkt. Das machen die „Oberschicht“ bzw. die „Superreichen“.
Daher ist für mich das Argument, dass es bei Erbschaften und deren Besteuerung (natürlich mit Freigrenzen) um bereits versteuertes Vermögen handelt, fast schon zur Gänze widerlegt.

Fazit: Meiner Ansicht nach unterliegen die Gegner der Erbschaftssteuer in der „Mittelschicht“ einem fatalen Irrtum, den sie teuer bezahlen. Außer sie gehören tatsächlich selbst zu denjenigen, die ungeheuer große Vermögen angehäuft haben. Dann wären sie aber nicht mehr die „Mittelschicht“.
Die „Oberschicht“ hingegen glaubt – mangels anderer Situationen – nicht daran, dass ein höherer (Steuer)-Beitrag ihrerseits gerechtfertigt ist, weil ihnen dadurch viele Sorgen erspart bleiben.

P.S.: Der oft von gewissen Politikern verwendete Stehsatz: „Leistung muss sich lohnen“ bekommt eine schiefe Optik, wenn man ihn mit dem Bankenspruch „Lassen Sie ihr Geld für sie arbeiten“ kombiniert. Daraus folgt: Superreiche haben haufenweisen leistungsfreies Einkommen! Aber dies ist ein Thema für einen weiteren Artikel. Ich habe auf jeden Fall noch nie Geld arbeiten gesehen. Es sind zum Schluss immer Menschen, die arbeiten!

 

Ein Beitrag unseres Gastautors Wolfgang K.Heindl

 

Jährlich vor dem Sommer präsentieren u.a. eine Investmentgesellschaft aus Liechtenstein (Valluga AG) und insbesondere die Boston Consulting Unternehmensberatungs-Gruppe Reichtumsstudien („Global Wealth Report“). Resümee aus 2011 und 2012: Die Millionärsdichte in Österreich ist spitze.

Weltweit zählen die Millionäre nur 0,9% der Haushalte besitzen aber über 39% des Vermögens. In Relation zur jeweiligen Bevölkerung gesetzt, kommen in Österreich 8 Superreiche auf 100.000 Einwohner/innen. Damit reihte sich Österreich im 2011er Wealth-Report nach Saudi Arabien, der Schweiz, Hongkong und Kuwait auf Platz 5 ein und ist zugleich Nr. 1 in der EU. Im 2012er Bericht belegt Österreich in diesem Ranking der Superreichen nach der Schweiz (11 Superreich pro 100.000 Einwohner/innen) und Singapur (10 Superreiche pro 100.000 Einwohner/innen) sogar Platz drei.

Neben diesen Studien gibt es jedoch wenig wissenschaftliche Erkenntnis über die Vermögensverteilung in Österreich. Und wie seriös diese Studien tatsächlich sind, bezweifeln naturgemäß allen voran die österreichischen Privatstiftungen. Die Österreichische Nationalbank möchte dem mit einer aller Voraussicht nach noch im Herbst 2012 erscheinenden Veröffentlichung abhelfen: Expert/innen gehen bereits jetzt davon aus, dass diese Veröffentlichung zu einem Aufschrei führen wird. Ein erster Vorgeschmack: Die reichsten 10% der Haushalte in Österreich verfügen über 54% des Geldvermögens (€ 238 Mrd.). Die reichsten 5% besitzen 40% (rund 176 Mrd. €) und die oberste Promille der Haushalte (3.500 Haushalte) hält etwa gleich viel Vermögen wie die untere Hälfte aller Haushalte (das sind 1,75 Mil.). Mehr als 2/3 aller österreichischen Haushalte besitzen überhaupt kein nennenswertes Geldvermögen. Nur 2% der Sparbücher weisen mehr als 50.000 Euro auf, doch auf ihnen liegt fast 1/3 des Gesamtwerts aller Sparbücher.

Ähnlich hoch ist die Konzentration im Immobilienbereich: Das oberste Fünftel der Haushalte hält ¾ des gesamten Immobilienvermögens: Die reichsten 10% halten 61%.

Interessant ist auch ein Blick auf die Unternehmensbeteiligungen: Nur 100.000 Menschen besitzen in Österreich Unternehmensbeteiligungen (mit einem Gesamtwert von 18,6 Mrd. €).40 Prozent davon halten Beteiligungen die weniger als 10.000 Euro wert sind, während das oberste Zehntausendstel (10 Personen) über Beteiligungen in der Höhe von 5 Mrd. Euro verfügt. 

Das fragen sich Millionen junge Menschen in Europa tagtäglich. Wieder sind die Jungen in Spanien auf die Straße gegangen. Wieder haben sie auf ihre hoffnungslose  Lage aufmerksam gemacht. Wieder hat die Polizei die Demonstrationen aufgelöst.

Millionen junge Frauen und Männer, gut ausgebildet, aus Spanien, Griechenland, Portugal, Italien und anderen Staaten der EU, sehen für sich keine Zukunft. Architektinnen, Pädagogen, Installateure, Ingenieurinnen, Tischler sind in der Warteschleife, ohne zu wissen, wo das Ziel ist. Sie fühlen sich nicht gewollt und unverstanden. Die Staaten sind angehalten zu sparen, das heißt weniger Investitionen in die Zukunft ihrer EinwohnerInnen.

Was geht im Kopf einer jungen Lehrerin vor, die weiß, dass unvorstellbare Summen für die Rettung von Banken ausgegeben wurden. Dass Milliarden bereitstehen, um die ominösen Finanzmärkte zu beruhigen. Dass ihr Land Stellen kürzt um kurzfristig zu sparen. Die junge Lehrerin hat keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft, sie geht auf die Straße, um ihren Unmut kund zu tun. Und mit ihr viele andere. Eine  Antwort des Staates bleibt aus.

Für eine Gesellschaft ist es besonders schlimm, wenn sie ihren jungen Menschen keine Hoffnung geben kann. Die Staaten der Europäischen Union müssen sich die Kernfrage stellen: Was ist uns mehr wert? Die Finanzmärkte oder die Zukunft unserer Jugend? Das bedeutet auch die Gelder neu aufzuteilen. Wenn in die abstrakten Finanzmärkte Milliarden gesteckt werden, dann müssen auch Milliarden bereit stehen, um jungen Menschen Arbeit und Lohn zu geben. Das Geld für die Finanzmärkte ist wichtig, um kurzfristig eine Katastrophe abzuwenden. Das Geld für die Jugend ist mittel- und langfristig eine sichere Investition in ein Europa der Chancengleichheit und Lebensqualität für alle.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/spanische-polizei-loest-camp-der-empoerten-auf-a-832888.html

Das Sparpaket, das den Griechen von der Europäischen Union aufgezwungen werden soll, wird Griechenland kaputt machen. Die Lohneinschnitte für die Griechen sind dramatisch. Das bedeutet, dass die Menschen nichts mehr haben werden, um die Wirtschaft im eigenen Land zu stärken und damit ihr Land wieder auf den Weg der Genesung zu bringen.

Die Europäische Union beklagt die lasche Steuerpolitik der Griechen. Aber wie jemand, dem das Einkommen gekürzt wird, mehr Steuern zahlen soll, wird völlig ausgeblendet. Natürlich hat Griechenland in der Vergangenheit große Fehler gemacht. Aber das waren Fehler, die nicht im Geheimen passierten. Allein bei der Aufnahme in den Euroraum hätten die Alarmglocken in Brüssel klingeln müssen. Die EU hat bewusst weggeschaut und jetzt will sie nichts davon gewusst haben. Dazu kommt eine strukturelle Ungleichheit in den Ländern Europas. Deutschland hat es mit seinem Lohndumping geschafft, Exportweltmeister zu bleiben.  Natürlich auf Kosten anderer Länder. Nun will Deutschland mit seinem Modell Europa aus der Krise führen. Das kann nicht funktionieren. Das geht vielleicht für ein Land, aber wenn alle es machen, zahlen auch alle drauf.

Der Theaterbesuch

Friederike Spieker, eine deutsche Volkswirtin, die schon lange vor der Katastrophe warnt hat ein ganz einfaches, aber klares Beispiel gebracht. Stellt dir ein vollbesetztes Theater vor. Alle, die in der ersten Reihe sitzen, haben einen tollen Blick auf die Bühne. In Reihe zwei ist der Blick nicht mehr so toll. Nun denkt sich ein Theaterbesucher: „Ich stehe auf, dann sehe ich besser!“ Natürlich folgen ihm nach der Reihe alle anderen. Zum Schluss stehen alle Theaterbesucher, bis auf die Menschen in der ersten Reihe. Was ist das Ergebnis? Die erste Reihe sieht immer noch gut. Alle anderen sehen genau so schlecht wie vorher und haben zusätzlich noch Beinschmerzen vom ungemütlichen Stehen. Insgesamt hat sich die Lage verschlechtert! Auf unsere Wirtschaft in Europa übertragen heißt das, dass für den Einzelnen sich aufgrund einer Maßnahme kurzfristig etwas bessert, folgen alle ihrem Einzelinteresse wird es für alle mieser.  

Einer für alle und alle für einen

Die Europäische Union hat die Verantwortung ein Mitgliedsland nicht willentlich in die Katastrophe zu schicken. Die Kürzung von Löhnen wird den Menschen dort das Leben noch erschweren. Damit würgt man Investitionen in eine produktive Zukunft ab. Wenn dieses Modell Schule macht, wird es über kurz oder lang auf Portugal, Spanien usw. übertragen. Und dann? Wenn man Menschen an der Entwicklung nicht teilhaben lässt, dann steht eine Radikalisierung bevor, die auch nicht vor den „reichen“ Ländern halt machen wird.

http://www.fspiecker.de/Home