Beiträge

Die Geschichte Foxcatcher erzählt eine wahre Begebenheit und versucht zu erklären, wie es dazu kam, dass John du Pont den Ringer Dave Schulz erschoss. Die Vorlage liefert das autobiografische Buch seines Bruders Mark Schulz.

Der Film setzt Mitte der 80er Jahre an. Mark Schulz, obwohl Gewinner einer Olympischen Goldmedaille im Ringen, stand sein Leben lang im Schatten seines älteren Bruders Dave. Völlig überraschend wird er als Trainer des Foxcatcher Ringer-Teams des Milliardärs John du Pont engagiert. Es entwickelt sich eine Art Freundschaft zwischen Mark und John du Pont. Doch es kommt zum Streit aus einem nichtigen Anlass – trotz Erfolgen des Teams Foxcatcher. Mark wird durch seinen Bruder Dave als Trainer ersetzt. John du Point bekommt von Dave allerdings nicht, was er sich wirklich wünscht. Und das hat tragische Folgen.

Foxcatcher Teaser Poster (Sony Pictures Classics)

Foxcatcher Teaser Poster
(Sony Pictures Classics)

Nicht jeder kann mit Sportlerfilmen viel anfangen. Ich zum Beispiel. Doch Sport beiseite: Im Vordergrund steht das Drama, das sich zwischen den Personen entwickelt – in leisen Tönen und durchgehend in getragenem Tempo. Der Regisseur Bennett Miller lässt uns in langen Einstellungen die Figuren John du Pont, Mark und Dave Schulz beobachten. Damit stellt er durchaus Ansprüche an ein heutiges Publikum, das von hohem Tempo und schnellen Schnitten „verwöhnt“ ist. Ich selbst hatte nach den ersten paar Minuten voreilig beschlossen, dass mich der Film nicht sonderlich interessieren wird. Doch schon bald wurde immer mehr in die Entwicklung der Beziehungen eingesogen: dank der brillanten Besetzung.

Unter den Schauspielern sind zwei besondere Überraschungen für mich dabei. Und ich möchte mit dem Mann beginnen, der für keinen Oscar nominiert ist:

Channing Tatum/Mark Schulz
In bisherigen Rollen wurde Channing Tatum als der Schönling vermarktet, man denke an Magic Mike. In seiner Rolle als der etwas schwerfällige Mark Schulz spielt sein Aussehen keine Rolle. Er ist einer, den der sportliche Erfolg nicht selbstbewusst gemacht hat. Er braucht die Anlehnung an ein Vorbild, ob an seinen Bruder oder an John du Pont, in dem er eine Vaterfigur findet. Kräftig, aber introvertiert und einsilbig; Channing Tatum spielt diese Rolle subtil und gerade dadurch ist seine Performance so beeindruckend.

Steve Carell (Foto: Eva Rinaldi Lizenz: CC BY-SA 2.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode)

Steve Carell
(Foto: Eva Rinaldi
Lizenz: CC BY-SA 2.0
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode)

Steve Carell/John du Pont
Steve Carell ist bisher nicht als Charakterdarsteller aufgefallen. Und zwar überhaupt nicht. Er ist bekannt aus der amerikanischen Version von The Office, Dinner für Spinner, The Incredible Burt Wonderstone und vielen anderen Komödien. Durch Maskenbildnerkunst kaum wiederekennbar, stellt er John du Pont als schwach, dünnlippig und verbissen dar – eine aus vielen Gründen tragisch-lächerliche  Figur. Was er an körperlichen Voraussetzungen nicht mitbringt, macht er mit Geld wett. Er kauft sich einfach die Leute, und macht deren Erfolge zu den seinen. Zur generellen Subtilität des Films und aller schauspielerischen Darstellungen passt es, dass du Pont nicht als so verrückt porträtiert wird, wie er im richtigen Leben gewesen sein muss, sondern eher als abstoßend und unberechenbar. Steve Carell beweist hier, was als Schauspieler in ihm steckt und wird hoffentlich in der Zukunft viele gute Rollenangebote erhalten. Darauf freu ich mich jetzt schon.

Das Verhältnis zur Mutter ist auch der Schlüssel zum Charakter des John du Pont. Sie die erfolgreiche Reiterin, er, der nur das Zustande gebracht hat, was mit Geld zu kaufen war. Er sucht nach der Anerkennung seiner Mutter, doch sie hält Ringen für etwas Niedriges. Als John noch ein Kind war, hatte er nur einen Freund – und das war ein Junge, den seine Mutter dafür bezahlte, mit ihm zu spielen. Selbst im Erwachsenenalter nagt das noch an John. Es ist ihm anscheinend nicht bewusst, dass er selbst nichts anderes tut: er kauft sich mit seinem Geld Freundschaft und Bewunderung. Widerrede endet mit Verstoß, wie Mark Schulz zu spüren bekommt.
Und so erhält er einzig vom eigenen, also vom bezahlten, Ringer-Team Anerkennung. Er lässt sich mit allen möglichen ehrbezeugenden Titeln ansprechen, zum Beispiel mit „Goldener Adler“ oder „Coach“, obwohl er im Ringen selbst höchstens Anfängerniveau aufweist und von Coachen keine Ahnung hat. Dennoch machen alle bereitwillig mit. Nur einer nicht: Dave Schulz.

Mark Ruffalo/Dave Schulz
Mark Ruffalo war für mich bisher auch eher der „Schönling“ mit Rollen, die nicht allzu viel Tiefgang zuließen, zum Beispiel in Now You See Me. Und diesmal wurde er für seine Rolle als Dave Schulz für einen Oscar als bester Nebendarsteller nominiert. Ruffalo ist überzeugend als der Bodenständige. Er ist der fürsorgliche ältere Bruder und Familienvater. Im Gegensatz zu seinem introvertierten Bruder Mark, fällt es Dave leichter sich auszudrücken, auch durch Nähe. Sein Fehler ist: Dave stellt seine Familie über John du Pont mit all seinem Geld. Er steht fest im Leben und braucht keine Vaterfigur und keinen Pseudo-Mentor. Und im Job steht er nicht 24 Stunden am Tag zur Verfügung. Das sollte ihm zum Verhängnis werden.

In Wirklichkeit wurde nie ein Motiv für John du Ponts Mord an Dave Schulz festgestellt, sondern seiner paranoiden Schizophrenie zugeschrieben. Der Film deutet jedoch an, dass es einen Auslöser für die Wahnsinnstat gab und John du Pont einfach nicht akzeptieren konnte, dass es einen Mann gab, den er nicht durch Geld unter seinen persönlichen Besitztümern einreihen konnte. Die Wahrheit lässt sich sicher nicht mehr feststellen. Aber die Geschichte, wie sie der Film anbietet, ist eine glaubwürdige Möglichkeit.

Wer kriegt den Oscar?
Bester Hauptdarsteller Steve Carell: 70%
Bester Nebendarsteller Mark Ruffalo: 25%
Beste Regie Bennet Miller: 60%

Meine Bewertung auf IMDB: 9 Punkte

Als ich zum ersten Mal hörte, dass Andy und Lana Wachowski wieder einen neuen Film planen, war ich aufgeregt. 16 Jahre ist ihr Sensationserfolg Matrix her. Gleich zu echten Cyberpunk-Stars aufgestiegen, enttäuschten Sie mit allen folgenden Projekten. Aber, wie gesagt, 16 Jahre später … nach so langer Zeit war meine Hoffnung groß. Es könnte wieder ein großer Wurf gelingen.

Ein russisches Einwanderermädchen in Chicago, Jupiter Jones [Mila Kunis], bringt sich gemeinsam mit ihrer Mutter als Putzfrau bei reichen Leuten durch. Doch bald erfährt sie, dass sie zu Höherem geboren ist. Und zwar nicht, weil ihr Vater Astrophysiker war und die Mutter eigentlich Mathematikerin ist. Sie ist genetisch identisch mit der jüngst verstorbenen Eigentümerin der Erde. Intergalaktische Herrscher-Familien teilen sich nämlich das Universum auf und Jupiter ist somit Mitglied des Abrasax Clans, einer der mächtigsten Familien des Universums. Nur dass ihre drei neuen Verwandten (es sind sozusagen ihre Kinder!) sie gleich wieder loswerden wollen – vorzugsweise durch Mord. Die verzogenen Space-Adeligen hatten von ihrer Mutter einige von Menschen dicht bevölkerte Planeten geerbt. Durch Jupiters Existenz würden sie Planeten und Völker wieder verlieren – und Menschen sind aus makabren Gründen ein wertvolles Gut. Caine Wise, ein Mensch-Wolf-Hybridwesen/gefallener Engel [Channing Tatum, derzeit auch in Foxcatcher zu sehen] hilft Jupiter, zu ihrem Recht zu kommen und ihr Leben zu retten – nicht ganz ohne Eigennutz.

Mila Kunis alias Jupiter lässt andere SciFi-Prinzessinnen vor Neid erblassen

Mila Kunis alias Jupiter lässt andere SciFi-Prinzessinnen vor Neid erblassen – und dann trägt sie auch noch dieses Outfit

Visuell ist Jupiter Ascending beeindruckend: elegante Raum-Kampffluggeräte, kathedralenhafte Raumschiffe und opulente Kostüme. Selbst die Raumanzüge sind so schick, dass ich unbedingt einen davon haben wollte. Und die Outfits von Mila Kunis erst – dagegen sieht Prinzessin Leia in Star Wars wie eine Landpomeranze aus Hintertupfing aus. Leider ist damit auch schon alles Positive gesagt, das mir zu dem Film einfällt.

Mila Kunis spielt also eine einfache Haushaltshilfe, die völlig unverhofft zum Spielball einer mächtigen Elite wird. Das läuft dann so ab: Jupiter wird verfolgt, wahlweise bedroht oder mit Lügen getäuscht, fast getötet und in allerletzter Sekunde von Caine Wise gerettet – vorzugsweise mitten im (minutenlangen) freien Fall. Man wiederhole dieses Muster so oft, bis der letzte Widersacher tot ist. Und das geht einige Male hintereinander so dahin.

In der Mitte des Films ist ein Moment, in dem Jupiter eine schockierende Wahrheit erfährt. Das hätte der große Höhe- und Wendepunkt im Film sein sollen – war es aber nicht. Dabei hat es mich nicht gestört, dass die Wachowskis, einen recht ähnlichen Effekt bereits Cloud Atlas verbraten haben (dieser Schock-Moment ist aus dem Film Soylent Green ausgeliehen). Nur kann man diesen Moment schon eine Stunde lang kommen sehen. Ich war jedenfalls nicht im Geringsten überrascht oder schockiert. Und letztlich war diese Enthüllung für die weitere Entwicklung der Geschichte völlig belanglos.

Bis alle Abenteuer bestanden sind, wollte man es auch spannend machen, ob die Majestät Jupiter und der Underdog Caine denn zusammenkommen. Doch bis sie endlich einander küssen, war ich aber schon nicht mehr an der Handlung interessiert. Handlung ist überhaupt das große Stichwort hier. Über die Tatsache, dass eine Story etwas abgestanden ist, sehe ich wirklich recht gern hinweg. Aber: Von einer Hauptfigur erwartet das Publikum, dass sie tatsächlich handelt. Jupiter wird aber nur herumgeschupst und kann aus eigenem Antrieb keine Entscheidungen fällen, die tatsächlich Einfluss auf den Verlauf der Geschichte haben. Jupiter reagiert nur auf die Umstände. Schwach. Einem männlichen Haupthelden hätte man solche Ohnmacht sicher nicht zugemutet.

Jupiter Ascending ist also doch nicht der neue, große Wurf der Geschwister Wachowski, auf den viele gehofft haben. Vielleicht das nächste Mal.

Meine Bewertung auf IMDB: 6 Punkte
Visuell ist der Film großartig. Es mangelt aber an Originalität, Leidenschaft für Geschichten, die Figuren und die Menschheit insgesamt.

(alle Fotos: Courtesy of Warner Bros. Pictures)