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Ich arbeite am Hauptbahnhof in Salzburg in einem Mobilfunk-Shop. Zur Zeit kommen sehr viele Flüchtlinge zu uns, die verschiedenste Dinge brauchen, um mit ihren Familien, Freunden und Kindern Kontakt zu halten oder, wichtiger, wieder aufzunehmen.

Foto Alfred Aigner

Foto Alfred Aigner

Gestern gab es eine Begebenheit, die mich sehr berührt hat.

Ein junger syrischer Mann kam zu mir in den Shop, weil sein Handy auf der Flucht kaputt ging. Er erzählte mir, dass er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern unterwegs war. Sie mussten sich trennen, da die Route die sie gingen, für seine Frau und Kindern zu gefährlich wurde. Er ging die gefährlichere Route, um schneller zu uns zu kommen – in ein sicheres Land. Er hat es geschafft. Er war dann drei Tage in Wien und nun bei uns in Salzburg. Dadurch, dass sein Handy kaputt ging, konnte er nicht mit seiner Frau kommunizieren. Das war das Schlimmste für ihn. Ich kann das verstehen.

Seine Geschichte berührte mich sehr. Darum half ich ihm sein neues Telefon einzurichten, das er bei mir kaufte – etwas, das wir normalerweise nicht tun (können). Noch dazu war die Kommunikation mit ihm nicht so einfach. Er sprach nur Arabisch und ein zweiter Mann übersetzte in gebrochenes Englisch. Ich habe eigentlich keine Ahnung von Viber oder anderen Internet-Telefonie-Apps, aber letztlich schafften wir drei das, auch wenn wir teilweise zu dritt durcheinanderredeten. Nun sollte er wieder Kontakt zu seinen Lieben aufzubauen können. Er hatte einen kleinen, halb verschmierten Karton dabei, auf dem in arabischer Schrift Namen und die dazugehörigen Telefonnummern geschrieben waren. Mit zittrigen Händen wählte er eine Nummer. Er bedankte sich sehr herzlich bei mir und ging aus dem Geschäft. Nach drei Minuten kamen der Mann und sein Übersetzer wieder und erklärten mir, dass es nicht funktioniert. Ich war ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht von mir selbst. Immerhin wollte ich ihm ja helfen. Aber der Fehler war schnell gefunden.
Nun hatte er ein Lächeln auf den Lippen und er wählte wieder die Nummer seiner Frau. Ich konnte noch sehen, wie seine Augen glänzten, als er am Telefon zu reden begann. Ich freute mich mit.Bahnhof.salzburg

Fünf Minuten später kamen die beiden ein drittes Mal zur Tür herein. Ich befürchtete, dass doch wieder etwas nicht funktioniert. Ganz im Gegenteil! Ich erfuhr, dass er nun nach zehn langen Tagen endlich wieder mit seiner Frau und seinen Kindern sprechen konnte. Er weiß jetzt, dass es Ihnen soweit gut geht. Auch sie haben es geschafft. Allerdings nur nach Ungarn. Dort sitzen sie jetzt fest und kommen derzeit nicht weiter. Trotzdem sah er mich mit freudigen Augen an und sagte: „Du bist bis jetzt der netteste Österreicher, den ich kennen gelernt habe. Du bist ab jetzt mein Freund.“ In diesem Moment bekam ich vor Freude Gänsehaut. Ich bedankte mich bei ihm und wünschte ihm eine gute sichere Weiterreise, wo auch immer diese hingehen soll.

Es sind so kleine Dinge, die Menschen verbinden.

Ich verfolge schon seit Beginn der ersten Flüchtlingsströme die Berichte hierüber via Fernsehen (z.B. Weltspiegel), Zeitungen und Facebook. Bei letzteren von Fall zu Fall auch die Kommentare hierzu. In letzter Zeit allerdings immer weniger, da mich der viele Hass und die Hetze zu sehr belasten. Ich kann es einfach nicht verstehen, dass Erwachsene Menschen so abgrundtief böse sein können. Aber zum Glück ist der Großteil der Bevölkerung nicht so und hilft, wie es nur möglich ist.

Gestern haben die zaunbauenden Ungarn die ins Land drängenden Flüchtlinge unkontrolliert Richtung Deutschland ausreisen lassen. Die Fahrten mit der Bahn gingen über Salzburg. Einige kamen durch, einige strandeten für eine Nacht in Salzburg. Dank Facebook tat sich eine große Welle der Hilfe auf. Auch wurden dankenswerter Weise Bilder gemacht. Somit konnte ich die Hilfe mitverfolgen. Zu gerne wäre ich auch vor Ort gewesen, ich bin aber aufgrund eines Nervenleidens momentan an den Rollstuhl angewiesen. Mit so einer Mobilitätshilfe ist man aber nur eingeschränkt mobil, zumal die Busverbindung vom Land in die Stadt in der Nacht logischerweise lückenhaft ist. Das einzige was mir gestern möglich war ist, dass ich über Facebook jemanden bat, diverse Lebensmittel auf die Schnelle beim Spar am Bahnhof einzukaufen und für mich zu verauslagen. Prompt meldete sich umgehend eine sehr junge Helferin und wir vereinbarten, dass sie für mich ca. 20 Euro auslegen soll. Ich werde ihr das Geld umgehend überweisen.

Mit Rolli und Rollator unterwegs zum Bahnhof

Mit Rolli und Rollator unterwegs zum Bahnhof

Dienstags und freitags kommt immer Muttern zu Besuch. Die verfolgt auch immer die Berichte über die Flüchtlinge. Gestern sah sie auch Maybrit Illner dazu und regte sich maßlos darüber auf. Da kam mir die Idee, sie zu fragen, wie sie denn momentan drauf sei. Körperlich meinte ich. Sie sagte, es ginge ihr soweit gut und fragte, warum ich das wissen wolle. Neben dem Wäschewaschen in der Gemeinschaftswaschküche, zischen wir auch immer zusammen zum Einholen in den hiesigen Spar Markt. Auf dem Weg dahin trainiere ich mit dem Rollator und Muttern schiebt den Rollstuhl hinterher. Retour nimmt Muttern den Rollator, mal mehr, mal weniger mit den Einkäufen bepackt. Heute fragte ich sie, ob wir denn auch unseres dazu beitragen wollen und gemeinsam das Nötige mit dem Bus zum Bahnhof zu bringen. Muttern ist immer sofort zur Stelle, wenn sie helfen kann. Wir überlegten, was wir alles kaufen und staksten nach dem Befüllen der ersten Waschladung los. Im Facebook lasen wir, was so alles benötigt wird und danach richteten wir uns. Normalerweise legt Muttern mittags immer die Fussi hoch und macht ein Nickerchen. Zeitlich ging sich das heute nicht aus, nach dem Einkauf mussten wir noch zum zweiten Mal die Waschmaschine bemühen. Gleich nach der Befüllung zum zweiten Waschgang gingen und rollten wir zur Bushaltestelle. Die Fahrt zum Hauptbahnhof war kürzer als ich dachte, somit hatten wir keinen Stress. Nachmittags war nicht viel los, die Truppe vom Roten Kreuz war aber vor Ort und steht im Bedarfsfall habt Acht! Dort gaben wir unsere Einkäufe ab, die wurden zu den anderen Gaben der vielen Helfenden gelegt.

Danach gönnten wir uns noch einen Kaffee und Kuchen in einem Gastgarten beim Bahnhof. Um 16.05 Uhr fuhren wir wieder mit der Linie 25 zurück ins beschauliche Grödig. Auf der Fahrt lies ich noch mal alles Revue passieren und freute mich, dass wir auch einen kleinen Teil zur Hilfe beitragen konnten. Aber ich stellte mir auch die Frage, ob wir denn das Richtige gekauft haben. Die Menschen aus dem Süden sind ja eine andere Ernährung gewöhnt. Bei der Babynahrung kann man nicht viel falsch machen, aber zum Beispiel beim Brot. Ist hier Vollkornbrot opportun? Wir kauften beides, Vollkornbrot in Scheiben und Weißbrot in Scheiben. Da lern ich sicher noch dazu, es war sicherlich nicht die letzte Aktion von Muttern und mir!

P.S.: Es gibt auch noch was Erfreuliches zum heutigen Tag zu berichten! Ich bekam bei der Hinfahrt zum Bahnhof einen Anruf mit Grödiger Nummer. Ich dachte schon, dass es vielleicht eine hysterische Nachbarin ist, weil irgendwas aus der Wohnung kam. Aber nein, es war die Chefin des hiesigen Spar Marktes. Ich steckte mal einen Kassenzettel mit meinem Namen und Telefonnummer versehen in eine Gewinnbox bei der Kasse. Wenn man auf dem Bon ein Bio-Produkt von Spar Natur hatte, durfte man mitmachen. Und siehe da: ich habe den Hauptpreis, einen Grill gewonnen!