Warum muss eigentlich immer alles einen Zweck haben? Feiertage sind eine gute Zeit über Zweckmäßigkeit und Zwecklosigkeit nachzudenken. Beginnen wir gleich einmal mit dem Zweck eines Feiertages. Viele von uns haben am Pfingstmontag frei, warum eigentlich? Es gibt die immer wieder kehrende Diskussion um die Sinnhaftigkeit von Feiertagen, ob es jetzt staatliche oder religiöse sind. Es werden verschiedenste Argumente gebracht, beginnend mit Gott, über die Familie bis zur Erholung.
Müßiggang
Ich bringe jetzt das Argument des Müßiggangs ein. Müßiggang ist eigentlich Nichtstun. Es ist das eigentliche Sein. Ohne Ziel einfach nur nichts tun. Vielleicht ein bisschen Denken dazwischen oder etwas beobachten, was einem sonst gar nicht auffällt. Etwa das Bohnenkraut, das gerade versucht die Erde im Gewürzkisterl am Balkon zu durchbrechen. Dazwischen wirft man noch einen Blick auf die Amsel, die schimpfend im Baum sitzt, weil wahrscheinlich die Nachbarkatze im Gebüsch auf ihre große Chance wartet. Warum der Müßiggang zu den sieben Todsünden gehört, hat sich mir noch nicht erschlossen. Im Gegenteil, eigentlich sollte der Müßiggang endlich seinen angemessenen Platz in unserer Gesellschaft finden. In einer Gesellschaft, die ständig irgendetwas nachhetzt. Der besseren Figur, der idealen Partnerschaft, dem gesündesten Schnitzel. Wo bleibt das Innehalten? Sich für einen Tag reduzieren auf ein zweckloses Sein, ohne darüber zu sinnieren, was für einen Zweck das haben sollte.
Müßiggang in London: http://www.merian.de/magazin/london-ruhezonen-in-der-metropole.html
Ein Hoch auf die Orchideenfächer
Eine weitere Zweckmäßigkeit irritiert mich schon seit einiger Zeit. Studierende sind heute unfreier. Sie durchlaufen ihr Studium unter dem Diktat der Credits. Nebenbei sind sie angehalten so viele Praktikas wie möglich zu machen, um möglichst beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Die Universitäten werden ausgehungert und versuchen durch Kooperationen mit der Wirtschaft ihre Lage zu verbessern. Auf der Strecke bleiben zwei für mich besonders wichtige Dinge. Ein Studium sollte auch die Möglichkeit zu einer umfassenden humanistischen Bildung geben. Dazu gehört auch das Engagement in und außerhalb der Universität, das nicht mit Credits bewertet wird. Diskussionsrunden und Auseinandersetzungen mit der Visionen, Philosophien, alten und neuen Denkansätzen, Debattieren um des Debattierens willen. Für die Universität heißt es, dass Forschungsfelder, die vordergründig keinen erkennbaren Wert besitzen, nicht aufzugeben. Das kann die Erforschung des Neidhartliedes oder sumerischer Tontafeln sein oder ein Orchideenfach wie Afrikanistik. So wie die Physik vor 200 Jahren noch ein solches Fach war. Dazu braucht es den Mut nicht alles der Zweckmäßigkeit unterzuordnen.
Orchideenfächer: http://www.zeit.de/2012/02/C-Kleine-Faecher