Hacker am Ball: Seitenstechen und Blumen pflücken
So nun kann also meine erste U10-Trainingseinheit mit 12 Kindern beginnen. Hab all meine Unterlagen durchforstet und das perfekte Training aufgebaut. Hütchen, Stangen, alles nach dem Vorbild der holländischen Nachwuchsarbeit ausgerichtet. Die Kinder brauchen mindestens 1000 Ballkontakte pro Training, um technisch ähnlich versiert wie brasilianische StrandkickerInnen zu werden. Das kann nicht so schwer sein, denn schließlich haben die Kinder einen ausgebildeten Nachwuchstrainer mit Erfahrung im Kampfmannschaftsbereich und als Leiter einer Fußball-Bambinigruppe. Doch was soll das im ersten Training: Ich soll die Schuhbänder binden, muss mit den Kindern aufs Klo gehen, Nasen bluten, Seitenstechen. Während ich wegschaue, werden die Hütchen umgeschossen oder Blumen gepflückt, zwei Kinder sind aufs Tor geklettert. Wo sind meine sieben Co-Trainer, aso, ich habe ja gar keinen. Muss ich die Kinder jetzt mit Geldstrafen oder Liegestützen bestrafen? Ich glaube, mich überfordert schon das erste Training.
Aber bis zum ersten U10-Meisterschaftsspiel werden wir das mit viel Training schon in den Griff bekommen. Bei sommerlichen Temperaturen schauen die Mütter bei jedem Training zu, bestimmen die Trinkpausen, sagen den Kindern, dass sie nicht so viel laufen dürfen und sich mehr im Schatten bewegen sollen. Das sind also meine Co-Trainer. Endlich kommt das erste Meisterschaftsspiel: Ein fulminanter 4:2 Sieg und ein Trainer mit breitgeschwellter Brust. Habe ich doch alles richtig gemacht, die Kinder haben Glück mit dem Trainer, ein Erfolgsgarant. Sieben Spiele später – dazwischen liegen äußerst knappe 2:14 und 2:9-Niederlagen – folgt das das letzte Meisterschaftsspiel: Es geht um den letzten Platz. Mit Ach und Krach 5:3 gewonnen und Platz 7 von 10 Mannschaften belegt. Fazit: Nachwuchstrainer sein ist gar nicht so leicht oder wie viele Mütter als Co-Trainer verträgt ein Trainer oder wie lange muss der Atem als Nachwuchstrainer sein?