Hundiversum: Im Auge des Betrachters

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Ein Beitrag unserer Gastautorin Martina Zidek

Franzi1Eigentlich mag ich weder Komplimente noch Schmeicheleien. Sie machen mich verlegen und ich habe keine Ahnung, was ich darauf antworten soll. Allerdings gibt es eine Ausnahme und die heißt Franzi. Für mich sind Hunde die edelsten Geschöpfe auf Gottes Erden und ich kann kaum fassen, dass ausgerechnet der hübscheste aller Hunde sein Leben mit mir teilt. Unzählige Fotos füllen meinen Computer und jede Wand in Büro und Wohnung sind von seinen Bildern bedeckt. Meine Facebookfreunde verzweifeln, weil ich seine Fotos zu allen Fotowettbewerben schicke und vehement jedes einzelne „Like“ einfordere – dass wir niemals allzu viele Stimmen bekommen, kann ich mir nur mit der Missgunst anderer Hundebesitzer erklären. Wer Franzi kennenlernt und ihm kein Lächeln schenkt, wird von mir argwöhnisch betrachtet und wehe dem, der Kritik an ihm äußert. Auch scheue ich nicht davor zurück, Komplimente für ihn zu verlangen, notfalls formuliere ich sie selbst und gebe mich mit einem „Ja“ als Antwort zufrieden.

Es ist was es ist

Objektiv betrachtet ist Franzi eine etwas pummelige Promenadenmischung, ein ehemaliger Straßenhund mit zahlreichen Narben an Leib und Seele. Seine Vorfahren waren hauptsächlich Podencos, eine Hunderasse, die es nie zum Modehund geschafft hat, weil ihre Optik keinem gängigen Ideal entspricht und von der er zwar nicht den zarten Körperbau, wohl aber die Sturheit geerbt hat. Seine Ohren sind halb stehend und halb geknickt, sein Nackenfell ist borstig wie das eines Ebers und sogar unsere wohlmeinende Nachbarin vergleicht ihn immer wieder mit einem Frischling, einer Knackwurst oder einem Kartoffelkäfer.

Your true Colours

CollageNeu17414Wenn jedoch ich ihn betrachte, dann sehe ich den kleinen Hund, der vor Angst kaum noch stehen kann und dennoch in den Operationssaal geht, weil ich es ihm befohlen habe. Ich sehe seinen Blick, den er mir in der Tür zum Abschied zuwirft und der mir bis an mein Lebensende immer wieder das Herz brechen wird, weil er mir damit sagt, dass er auch in den Tod gehen wird, wenn ich es von ihm verlange.
Ich sehe einen Hund, der noch nie in seinem Leben böse geworden ist. Selbst wenn andere Hunde ihn anknurren oder gar verletzen wollen setzt er sich nicht zur Wehr sondern versucht sie zu beschwichtigen. Wenn er allerdings glaubt, sein Frauli sei in Gefahr nimmt er seinen ganzen Mut zusammen und stellt sich todesmutig dem vermeintlichen Angreifer entgegen. Trotzdem er in seinem ersten Lebensjahr viel Gewalt erleiden musste, liebt er die Menschen und ist dankbar für jede Streicheleinheit und jedes gute Wort, und wenn ich traurig oder krank bin, kommt er um mich zu trösten.

Wie könnte ich ihn nicht wunderschön finden, wenn ich alle diese Erinnerungen und Gefühle in ihm sehe? In meinen Augen ist er ein Meisterwerk und wenn Sie sein Foto auf Facebook entdecken, dann bitte liken sie es. Aber Sie kennen das ja, falls sie Halter eines Haustieres sind – denn so wie Franzi ist natürlich auch Ihr Haustier das schönste Wesen der Welt.

PS. Falls Sie das paradox finden, adoptieren Sie bitte schnellstmöglich ein Tier – dann wissen Sie, wovon ich spreche.

Bilder: Tanja Hofer Photographie