Flüchtlinge in Istanbul

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Sankt Antonius Kirche in Istanbul

Viele Flüchtlinge habe ich nicht gesehen in Istanbul. Ich war nicht in den Stadtteilen, wie etwa Aksaray, wo viele anzutreffen sind, weil dort auch die Schlepper ihre Büros haben. Bekannte erzählten, dass es viele Flüchtlinge in der Stadt gibt. Wenn das Wetter nicht so kalt ist, dann kann man vor allem die Kinder und Alten auf den Straßen betteln sehen. Oft auch vor den Moscheen nach dem Freitagsgebet. Staatliche Hilfe gibt es für die Flüchtlinge in Istanbul nicht. Sie müssen selbst sehen, wie sie im Moloch überleben. Mehr als eine halbe Million sollen es sein. Oft bekommen sie Arbeit erzählen die Istanbuler. Allerdings nicht den Lohn, den ein Türke für dieselbe Arbeit bekommen würde. Und schlafen würden sie entweder in Abbruchhäusern, unter Brücken oder in Wohnungen für die mehr Miete als üblich verlangt würde.

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Krippe vor der Kirche

Eindringlich begegnet sind mir die Flüchtlinge vor einer Kirche. Wie bei jedem Besuch in Istanbul gehe ich in die Sankt Antonius Kirche in Beyoglu, um eine Kerze anzuzünden. Die ganze Kirche war festlich geschmückt. Draußen stand eine Krippe, ganz traditionell. Maria, Joseph, Jesus und ein Esel. Aber daneben war ein Schlauchboot, alle Figuren hatten kaputte Schwimmwesten übergeworfen. Und da waren noch T-Shirts, Schuhe und Spielsachen  von Kindern. Echte, wie die Tafel davor Auskunft gab. Von toten Kindern, im Mittelmeer ertrunken.  Die Tafel lasen aber nicht alle. Aber einige verstanden die Symbolik der Kleidung auch nicht, nach all den Monaten, in denen über fast nichts anders mehr als über Flüchtlinge berichtet wurde. Vor der  Krippe posierten Menschen, lächelten und strahlten in die Kamera. Einheimische wie Touristen, es hat mich beschämt. Und gleichzeitig war es das Abbild der Wirklichkeit. Hier Leid und Tod, dort Leben und Unbeschwertheit. Und manchmal trifft es direkt aufeinander. Und ist schwer auszuhalten.