Eine Lanze für den Online-Buchhandel

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Ein Beitrag unserer Gastautorin Monika

Gerade vor Weihnachten war vom größten Online-Buchhändler ständig in den Medien zu hören und zu lesen. Er zahle so schlecht und beute seine Mitarbeiter aus. Streiks waren angesagt. Vielerorts wurde zum Boykott gegen den besagten Online-Buchhändler aufgerufen. Viele sind diesem Aufruf auch nachgekommen. Ich bewusst nicht.

Doch von vorne. Als Kind liebte ich es in die Kinderbücherei zu gehen. Ich schmökerte in vielen Büchern und nahm mir dann jedes Mal das Höchstmaß an Ausleihen mit nach Hause um mich dann ausgiebig dem Lesegenuss hinzugeben. Schon damals war ich eine Leseratte. Und so dauerte es nur wenige Tage bis ich erneut zur Kinderbücherei pilgerte. Das größte war aber für mich, wenn ich meine Großmutter in die Buchhandlung begleiten und mir ein Buch aussuchen durfte. kinderbuecher

Es war dieser Geruch und das viele Papier das mich faszinierte. Viele Abenteuer und viel Interessantes gab es in diesen Büchern zu erobern. Die bunten Einbände ließen meine Phantasie blühen und ich fand es schön mit den Händen über tolle Einbände zu streichen. Stundenlang hätte ich mich diesem Genuss des Besuches einer Buchhandlung hingeben können.

Heute bin ich nicht mehr Fußgängerin sondern Rollstuhlnutzerin. Ich lese immer noch gerne. Was mir allerdings fehlt, ist Bücher in unseren traditionellen Buchhandlungen zu erstehen.

Die meisten Buchhandlungen in unserer Stadt sind für RollstuhlfahrerInnen gar nicht zugänglich und die die es sind, haben derart enge Wege, dass mir die Lust schon beim Eintreten ins Geschäft vergeht. Sind dann auch noch mehrere KundInnen im Geschäft, begleitet mich ständig die Angst über irgendwelche fremde Zehen zu fahren.

Selbst in den Buchhandlungen großer Einkaufszentren, in denen es grundsätzlich keine Platzprobleme gibt, sind die Gänge mit Hürden für RollstuhlfahrerInnen gespickt. Da gibt es einen Ständer mit Mondphasentee und um die nächste Ecke die Glücksschokolade für alle Muffeligen. Dort werden Weihnachtssachen abverkauft und im nächsten Gang lauert der Osterzubehörständer mitten am Weg. Das macht ein Durchkommen in den ohnehin schon eng bemessenen Gängen auch wieder unmöglich.amazon

Stehenbleiben und in einem Buch schmökern geht also auch da nicht. Was tun?

Dann doch beim Online-Buchhändler einloggen und online in den Büchern schmökern. Das hat nicht nur den Vorteil, dass die Auswahl riesengroß ist, ich kann das rund um die Uhr machen, völlig unabhängig von Öffnungszeiten, Sonn- und Feiertagen und Verkehrs- und Wetterbedingungen. Und dann ist auch der Versand noch super schnell. Am einen Tag gekauft und am übernächsten Tag kann ich schon in meinem Wunschbuch blättern. Wenn nicht sogar schneller.

Dagegen wenn ich mir ausrechne welche Vorbereitungszeit ich habe, bis ich mit dem Rollstuhl irgendwohin hinkomme. Und da ist noch gar nicht eingerechnet, dass ich eventuell wieder nur Busse ohne Rampe erwische oder wenn ich mit dem Auto fahre, dann die Behindertenparkplätze wieder Mal von lauter Nichtberechtigten verstellt sind und ich ewig suche oder warte, bis ich einen zum Aussteigen genug breiten Parkplatz finde. Ja und das Wetterproblem ist eine eigene Geschichte.

Das Service ist 1A und rücksenden kein Problem. Wenn ich Glück habe erwische ich vielleicht sogar ein billigeres gebrauchtes Exemplar. Nicht zu vergessen ist der Vorteil viele andere Dinge bestellen zu können und bei allen Dingen eine große Auswahl und Rezensionen zum Produkt von KäuferInnen habe. Ich stelle so auch Preisvergleiche an oder hole mir Anregungen für Geschenke.

Fazit: Boykott des Einkaufs beim Onlinehändler ist für mich kein Mittel um die Arbeitsplätze der MitarbeiterInnen zu verbessern. Für mich ist der Onlinehandel der ideale Einkaufsshop und ich möchte daher hiermit eine Lanze für die Branche und vor allem diesen einen bestimmten brechen.

Nur das Flair unserer alteingesessenen Buchhandlungen fehlt mir. Noch habe ich diesen bestimmten Duft in meinem Gehirn gespeichert …