Gedanken über einen Tag: Der Verlust der Goldenen Mitte
Von Brita Pilshofer
Der heutige Tag begann beschwingt mit sehr positiven Gedanken. Ich erwartete zwar einen Auftrag, der mir am Samstag Abend (sic!) umständlich angekündigt worden war. Ich befand mich wohlgemerkt im Wochenende und treffe mich auch unter der Woche nicht Hals über Kopf mit Kunden – für Termine und Schriftliches habe ich Telefon und Email.
Der Auftrag kam nicht obwohl er ja so dringend war. Dafür machte ich mich per Bus auf den Weg zur Polizeidirektion um für meine kostenlose ehrenamtliche Tätigkeit, Deutschkurse für Flüchtlinge zu halten, ein Leumundszeugnis zu holen . Ich bekam es zwar billig aber auch nicht kostenlos. So viel sind dem Staat die Integration und die Mithilfe der Bürger wert.
Bei meinem Kaffee danach sagte mir der Ober: Wir haben lang nicht gefragt wer kommt aber um sie zu unterstützen brauchen wir jetzt noch ein Leumundszeugnis. Interessanter Standpunkt an das Außenministerium.
In der Folge ging ich ins Büro um zu arbeiten und wartete den ganzen Nachmittag auf Anrufe die angekündigt waren und nicht kamen. Es war ja auch diesmal so, dass ICH sie brauchte und nicht umgekehrt-ich besitze noch die Höflichkeit abzuheben oder zurückzurufen.
Nach Feierabend führte ich ein paar private Gespräche mit lieben Freunden, die alle an der Unwegsamkeit der Bürokratie verzweifeln, sei es geschäftlich oder privat, sei es Steuern, aufgezwungenes Digitalfernsehen, fehlende Kaufkraft, nicht funktionierende Technik, die Frage der fairen Schuhe oder doch lieber barfuß etc. .Dann begab ich mich auf Facebook und las die Meinungen der Finanzexperten zum Brexit, dass deshalb europaweit das Fehlen von 500.000 Arbeitsplätzen zu erwarten ist und dass die Populisten im UK jetzt damit nichts mehr zu tun haben wollen. Ihren Karren sollen andere aus dem Dreck ziehen, sie machen Urlaub.
Ich frage mich ob ich im falschen Film bin.
Als ich dann noch weitere absurde Ideen auf Facebook lese, unter anderem über ein so ernstes Thema wie Genitalverstümmelung ohne jede Selbstachtung von Frauen und deren Intimsphäre, begreife ich: Es wird Zeit für einen neuen Ephraim Kishon, der über die Absurditäten seiner Zeit so schreiben konnte dass man sich vor Lachen bog. Sein Talent fehlt dass man befreit wird vom täglichen Wahnsinn und diese fehlende Goldene Mitte zu ertragen beginnt. Dann würde man vielleicht auch das Fernsehprogramm dank ihm hin und wieder genießen können.