Immer wieder versucht die Europäische Kommission den Wasser- und Abwassermarkt zu liberalisieren. Was es heißt, wenn der berühmte „freie Markt“ den Zugang zu Wasser bestimmt, kann man schon in vielen Ländern beobachten.  Große Konzerne wie Nestle kaufen riesige wasserreiche Gründe und privatisieren damit den Zugang zu Wasser. In Ländern wie Brasilien oder Indien haben sehr viele Menschen nur mehr die Möglichkeit sich sauberes Wasser von Konzernen zu kaufen. Das trifft natürlich dort nur die Ärmsten.

In dem berühmten Dokumentarfilm „We feed the world“ bringt der Nestle-Verwaltungsratpräsident Peter Brabeck die Haltung des Konzerns zum Ausdruck: „Also Wasser ist natürlich das wichtigste Rohmaterial, das wir heute noch auf der Welt haben. Es geht darum, ob wir die normale Wasserversorgung der Bevölkerung privatisieren oder nicht. Und da gibt es zwei verschiedene Anschauungen. Die eine Anschauung – extrem, würde ich sagen – wird von einigen, von den NGOs vertreten, die darauf pochen, dass Wasser zu einem öffentlichen Recht erklärt wird. Das heißt, als Mensch sollen Sie einfach das Recht haben, Wasser zu haben. Das ist die eine Extremlösung. Und die andere, die sagt, Wasser ist ein Lebensmittel; so wie jedes andere Lebensmittel sollte das einen Marktwert haben. Ich persönlich glaube es ist besser, man gibt einem Lebensmittel einen Wert, so dass wir alle bewusst sind, dass das etwas kostet.“

Also Konzerne wollen ja gar nicht verdienen am Wasserkauf, nein sie wollen nur das Bewusstsein dafür schaffen, dass alle Menschen nachhaltig mit dem Wasser umgehen. Als nächstes denkt man wahrscheinlich schon daran, den Zugang zu Luft zu privatisieren, ist sie doch auch ein Mittel zum Leben.

Ich persönlich bevorzuge die „Extremlösung“ und denke, dass Wasser ein Menschenrecht ist. Im April 2012 haben unter anderem die Gewerkschaften eine europäische Bürgerinitiative gestartet, um in der Europäischen Union zu verhindern, dass Wasser eine normale Handelsware wird. Noch bis April 2013 gibt es die Möglichkeit diese Initiative zu unterstützen. Das sollte eigentlich unsere „Menschenpflicht“ sein.

Hier habe ich meine Unterstützungserklärung abgegeben:

http://www.right2water.eu/de/node/45/#kann

 

 

Mir ist klar, dass viele Menschen bei diesem Geständnis den Kopf schütteln. Wie kann man etwas lieben, das in der Schule oft ein Fach der Qual war. Unmögliche Namen lernen, sich Jahreszahlen merken, die man nach dem Test gleich wieder vergisst und Völker erforschen, die es schon lange nicht mehr gibt. Ja, so kann Geschichte auch sein. Die Geschichte, die ich liebe, beinhaltet aber viel mehr.

Karthago im heutigen Tunesien

 

Mein Zugang ist ein anderer. Geschichte ist für mich Zusammenhänge erkennen und verstehen warum die Welt so ist, wie sie ist. Vor zwei Wochen, war wieder so ein Moment. Erstmals  in meinem Leben stand ich in Karthago  zwischen all den Ruinen. In der Schule haben wir von den Phöniziern, Hannibal und den Punischen Kriegen gelernt, das war es dann. Aber Karthago lehrt mich viel mehr. Als damalige Großstadt im Norden Afrikas, gegründet vor ca. 2800 Jahren, gehörten die Stadt und ihre BewohnerInnen selbstverständlich zum Mittelmeerraum, dort wo die Römer, Ägypter, Griechen und andere Völkerschaften siedelten. Über die Jahrhunderte waren der Handel  von Waren, kriegerische Auseinandersetzungen und der Austausch von Wissen selbstverständlich. In dieser Zeit bildeten sich auch die Begriffe Asien, Afrika und Europa heraus. So nannten die Römer ihre Provinz in Tunesien „Africa“, ohne damit einen Kontinent zu bezeichnen und eine Grenze zu Europa zu definieren. Asien, ein alter assyrischer Begriff mit der Bedeutung „Sonnenaufgang“ bezeichnete das heutige Kleinasien.  Europa ist der Name einer phönizischen Königstochter und bezeichnet nach Herodot einfach die Landmasse nördlich des Mittelmeers.

Was lerne ich daraus? Vor mehr als 2000 Jahren war der Mittelmeerraum eine selbstverständliche Einheit. Es gab noch keine Flugzeuge, Telefonie oder Internet. Trotzdem waren die Grenzen im Kopf wahrscheinlich noch offener als heute. Wir können innerhalb kürzester Zeit mit fast allen Menschen auf diesem Planeten in Kontakt treten, wir sind innerhalb 24 Stunden an fast jedem Punkt der Erde. Aber wir haben Grenzen im Kopf, die uns als jetzt selbstverständlich erscheinen und die wir als „ewig“ hinnehmen. Aber die Geschichte lehrt uns, dass dies nicht immer so war und darum nicht immer so bleiben muss.

Spanien braucht Milliarden Euros, Griechenland hat schon ein paar hundert bekommen, Italien weiß ich grad nicht und Portugal und Irland und und und… Ich gebe zu, ich verstehe es nicht mehr. Und ich bin überzeugt, dass ich damit nicht alleine bin. Meine große Befürchtung ist allerdings, dass es auch vielen Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft ähnlich geht. Indes werden sie es kaum zugeben. Das spüren wir aber alle, darum trauen wir den ganzen Rettungsschirmen und- paketen nicht mehr. Viele von uns haben sich schon geistig von den vielen ESM – Diskussionen und Stabilitätspakten verabschiedet.

Aber das ist der falsche Weg. Da die meisten von uns keine FinanzexpertInnen sind, glauben wir nichts zu einer Lösung beitragen zu können. Vielleicht braucht es doch mehr als das Finanzexpertentum, um das Ruder herum zu reißen. Wo sind die PhilosophInnen, die SoziologInnen, die GeisteswissenschafterInnen, die eine Grundsatzdiskussion über unser Finanzsystem und unsere Gesellschaft  führen. Nicht die Definition des Geldes muss im Mittelpunkt stehen, sondern jene Werte, die eine Gesellschaft zukunftsfähig machen. Dazu gehören Gerechtigkeit, Solidarität, Mitmenschlichkeit und Demokratie.

Derzeit sind wir scheint’s jenen Mächten ausgeliefert, deren Denken und Handeln nur um den schnöden Mammom kreisen. Aber jeder einzelne von uns soll darüber nachdenken, was wir außer Geld noch vom Zusammenleben erwarten. Wollen wir weiter wie das Kaninchen vor der Finanzmarktschlange erstarren? Oder wollen wir jene Menschen im Großen und im Kleinen unterstützen, die über Alternativen nachdenken? So wie die Occupy-Bewegung, Attac oder die Engagierten in diversen alternativen Wirtschaftsforen. Ich denke, einen Versuch ist es wert!

Die Olympischen Spiele stehen vor der Tür und damit das Motto „schneller, höher, weiter“. Es gibt wohl keine Zeit in der dieses Motto unser Leben tagtäglich prägt. Beim Sport kann ich das ja noch nachvollziehen, der Sinn der Sache ist ja für die SportlerInnen zu gewinnen. Und für die, die keine Chance auf den Gewinn haben gibt es ja das zweite olympische Motto: „Dabei sein ist alles!“.

In unserer modernen Gesellschaft verhalten wir uns aber oft wie siegeswillige OlympionikInnen, obwohl die wenigsten von uns wohl Olympiareife hätten. Da kann uns der Bus nicht schnell genug kommen, im Facebook kann ein „Gefällt mir“ nicht schnell genug gehen. Wir sollten auf alles sofort eine Antwort haben, ein Problem muss ruckzuck gelöst sein. Wer will schon länger als nötig an der Supermarktkasse stehen? Und wenn die Amazon-Lieferung nicht innerhalb 72 Stunden da ist, dann werden wir ungeduldig. Der Sommer soll schon im März da sein und spätestens Ende Oktober wollen wir eine Schneedecke fürs Skivergnügen.

Was in unserem Alltag vielleicht ein persönliches Ärgernis ist, hat in der Politik fatale Auswirkungen. Das können wir gerade in der verkorksten europäischen Politik erleben. Fast täglich schreit der berühmte „Markt“, dass Feuer am Dach ist und morgen die Welt aus den Fugen gerät. Die Politik versucht alles das Feuer zu löschen. Ist der erste Brand eingedämmt, fängt es am anderen Eck zu glimmen an. Regierungen entscheiden auf dem gefühlt 150. Gipfel und die nationalen Parlamente winken die Entscheidungen durch. Alles unter dem Druck jener, die die Ursache der Krise sind, ob Banken, Hedgefonds oder WirtschaftswissenschaftlerInnen. Es wird Zeit auf die Bremse zu steigen und zu entschleunigen. Es braucht wieder die Zeit über die großen und kleinen Probleme nachzudenken, zu hinterfragen und zu debattieren. Und dem Motto des guten alten Konfuzius zu folgen: „In der Ruhe liegt die Kraft!“

Das ist der Anteil am österreichischen Bruttonationalprodukt, der für die Entwicklungshilfe ausgegeben wird. Geht wirklich nicht mehr?  Dass Griechenland und Spanien ihre Ausgaben noch mehr als Österreich gekürzt haben ist keine rühmliche Ausrede, sondern beschämt. Warum kürzen wir dann eigentlich? Ich vermute, dass wir hier den Klassiker „Das Hemd ist uns näher als der Rock“ sehen. So denken und entscheiden Menschen, die nicht über das Eigene hinaussehen und kurzfristig glauben etwas sparen zu können.

 Aber das ist in der Entwicklungspolitik genau so kurz gedacht wie es in der Sozial- oder Umweltpolitik wäre. Entwicklungshilfegelder sind keine Almosen. Diese Gelder sollen Teil der Verantwortung sein, die wir haben müssen, wenn uns ernsthaft etwas an den Menschen in armen Ländern liegt. Denn wir haben auch keine Gewissensbisse auf Kosten vieler Menschen zu leben, die für uns Produkte fertigen, ohne die wir uns ein Leben nicht mehr vorstellen können. Wenn im Kongo Zigtausende unter unmenschlichsten Bedingungen Rohstoffe für unsere Handys, Fernseher und Computer fördern, dann sind wir auch in ihrer Schuld. Es muss uns ein Anliegen sein die dortigen politischen Bedingungen zu ändern, um auch in diesen Ländern menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Dazu gehören Entwicklungsgelder, die vor Ort etwa Kindern den Besuch einer Schule gestatten. Bildung ist nun einmal der beste Weg aus Armut und Fremdbestimmtheit.

Darum erwarte ich mir mehr als „0,27% Verantwortung“ von einem der reichsten Länder der Erde…

http://www.orf.at/stories/2123482/2123496/


oder: die Suche von Zeit-Autor Wolfgang Uchatius nach den Gründen des billigen T-Shirts*

Das „Welt-Leiberl“ hängt bei so ziemlich allen von uns im Kleiderschrank. Es ist weiß, hat einen Rundkragen oder V-Ausschnitt und kostet bei H&M 4,95 Euro. Wenig für 100% Baumwolle. Wahrscheinlich weil die Baumwolle aus einem Billigland kommt. Zum Beispiel aus Mali, Burkina Faso oder Indien. Dort leben 10 Millionen Baumwollbauern. Doch weit gefehlt: Die Baumwolle kommt aus den USA, dem weltweit größten Baumwollexporteur. Rund 20.000 Baumwoll-Farmer gibt es in den USA. Sie produzieren doppelt so teuer wie die Afrikaner. Doch sie erhalten staatliche Förderungen: 25 Mrd. Dollar waren es in den vergangenen zehn Jahren. Mit diesen Subventionen können sie billiger verkaufen als die Konkurrenz. 40 Cent kosten in Texas die 400 Gramm Baumwolle, die für ein T-Shirt benötigt werden. Die amerikanischen Steuerzahler/innen stützen ihre Baumwollbauern und damit den Preis des Welt-Leiberl. Die weltweiten Konsument/innen freuen sich über ein billiges T-Shirt. Die Bauwollbauern in Mali, Bukina Faso oder Indien kämpfen ums Überleben.

Von den Baumwollfeldern im Norden Texas geht die Reise des Welt-Leiberls dann nach Bangladesh, einem der ärmsten Länder der Welt und einem der größten Nachschublieferanten für die Kleiderstangen der Welt. 1,18 Euro pro Tag inklusive aller Überstunden bekommen Näherinnen bezahlt. Das ist immerhin der Mindestlohn. Zum Leben reicht es kaum. Für die Fabrik aber immerhin zur Anschaffung von Nähmaschinen inkl. Fahrzeug samt Fahrer für den Mangager.1,35 Euro kostet das Leiberl aus Bangladesh seinen Käufern. Zu den 40 Cent für die Baumwolle, kommen also noch 95 Cent für Stoffproduktion und Nähen.

Von Bangladesh geht´s dann über den Containerhafen in Malaysia nach Europa. Sechs Cent fallen pro T-Shirt für den Transport im Container an. Wenn das Leiberl also in Europa ankommt, hat H&M etwas mehr als 1,40 Euro dafür bezahlt. Auch wenn auf dem Etikett „Made in Bangladesh“ steht, bleibt die Differenz auf die 4,95 Euro in Europa. Rund 2 Euro machen der Transport nach Österreich, Filialmieten, Gehälter von Verkäufer/innen, Buchhalter/innen für Kataloge und Werbung aus. Abzüglich der Umsatzsteuer bleibt H&M ein Gewinn von 60 Cent pro T-Shirt

Wolfgang K. Heindl, Entwicklungspolitischer Referent von SEI SO FREI Salzburg

*http://www.zeit.de/2010/51/Billige-T-Shirts