In diesen Stunden wird der neue Erzbischof von Salzburg ernannt. Jetzt geht es schnell, denn das

Wappen der Erzdiözese Salzburg

Wappen der Erzdiözese Salzburg

Salzburger Domkapitel ist an einer zügigen Wahl interessiert. Das ist für mich sehr spannend, denn die Zukunft einer nicht nur historisch gesehen wichtigen Erzdiözese liegt in seinen Händen.

Viel wurde spekuliert über den zukünftigen Erzbischof. Morgen werden die Spekulationen endlich ein Ende haben. Als einfaches Kirchenmitglied, dem die Kirche am Herzen liegt, hätte ich da aber schon ein paar Anregungen, die mir wichtig erscheinen.

1.) Ich wünsche mir, dass er authentisch ist und sich nicht hinter dem Amt und der Rolle versteckt. Wir möchten in der Kirche Offenheit und Transparenz.

2.) Ich wünsche mir offene Ohren für die Lebensfragen der Menschen. Dazu ist ein offensiv kommunikativer Stil wichtig. Darüber hinaus gibt es ja die Möglichkeit, demokratische Strukturen (synodale) mehr zu nützen. Dann sollen aber auch Entscheidungen fallen, die gemeinsam durchgetragen werden. Zu oft sind richtungsweisende Entscheidungen in den Schubladen gelandet.

3.) In der Frauenfrage sind entscheidende Schritte zu setzten. Denn es ist kein Geheimnis, dass die Kirche von Frauen getragen ist. Das spiegelt sich jedoch nicht in der Leitungsstrukur wider. Die Diakonatsweihe ist für Frauen zugänglich zu machen. Gerade beim Diakonat – dem klassischen sozialen Amt der Kirche – ist die Kluft am größten. Das kann offiziell zwar ein Bischof nicht alleine durchsetzen. Aber es hilft nicht weiter, generell in strittigen Fragen sich auf die „Weltkirche“ hinausauszureden. Langfristiges Ziel kann es da nur sein, dass auch einmal eine Frau zur Wahl des Bischofsamtes steht. Das ist nicht so schwer, mir fielen da jetzt schon geeignete Frauen ein.

4.) Der Weg der Ökumene (das bedeutet: ein Haus) innerkirchlich, interkonfessionell und interreligiös ist ein wichtiges Zeichen für die Glaubwürdigkeit einer Religion. Letztendlich sind ja die unterschiedlichen Gruppierungen, Konfessionen und Religionen mögliche Antworten auf die grundsätzlichen Lebensfragen der Menschen. Global gesehen leben wir ja auch unter einem Dach im selben Haus.

5.) Da scheint es mir wichtig, die Vision der schon einmal stärkeren ökumenischen Bewegung noch einmal ganz deutlich hervorzuheben: „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ sind nach wie vor die großen regionalen, aber auch weltweiten Herausforderungen. Im starken Miteinander können wir so wirklich Akzente setzen gegen eine Kultur die nur auf den eigenen Gewinn schaut, aber den selbst produzierten Kollateralschäden hilflos gegenübersteht.

6.) Die Sprache, die der neue Bischof spricht, wird lebensnah sein. Freude, Trauer, Hoffnung der Menschen haben hier ihren festen Ort. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn die Begründung dessen liegt in dem christlichen Gott, der selbst Mensch geworden ist. Das ist doch unglaublich! – Ich glaube daran. Und das gibt mir sehr viel Mut und Power.

7.) Ich lebe ja gerne in der Kirche, feiere mit ihr die Feste und arbeite auch in ihr mit Freude. Diese Freude habe ich auch in den letzten Jahren mit Erzbischof Dr. Alois Kothgasser erleben dürfen. Vieles der gerade angeführten Punkte hat er für mich verkörpert. Er war vor allem auf einen Ausgleich der Kräfte bemüht. Das ist eine große Kunst. Er hat mir auch in schwierigen Zeiten Hoffnung gegeben, weiter in dieser Kirche zu arbeiten und zu leben. Dafür bin ich sehr dankbar.

Ps: Das ist eine subjektive Sichtweise. Das kann natürlich ergänzt werden. Ich freue mich über viele Kommentare!

Es hat mich schon gefreut, als mich mein Chef Pepo Mautner gefragt hat, ob ich mit ihm die Lesung halte für die Buchpräsentation seines neuen Buches „Agenda Menschenrechte“. Er hat zwar gleich gesagt „Honorar gibt’s dafür leider keines“, aber das ist wirklich Ehrensache. Vor allem, weil dieser Abend am 5. November im Literaturhaus in Salzburg ein besonderes Zuckerl zu bieten hat: Die urcoole Ute Bock wird da sein. Also das ist eigentlich schon Grund genug hinzugehen.

Pepo Mautner

Pepo Mautner

Hier gleich ein kleiner Vorgeschmack auf das Buch, das an diesem Abend druckfrisch zu erwerben ist. Bei der ersten Lektüre wird gleich deutlich, wer die Hauptpersonen sind. Es handelt sich um Menschen, denen Mautner in seiner mehr als zehnjährigen Arbeit in der „Plattform für Menschenrechte“ begegnet ist. Sie sind die Hauptprotagonisten, die in kurzen Kommentaren und Erzählungen ins Blickfeld rücken. Die sogenannten Anderen, die wir gerne aus unserer abgesicherten Position Fremde, Asylanten und BettelmigrantInnen nennen, ohne sie wirklich zu kennen.

Die beschriebenen Szenen fokussieren die unsichtbaren Grenzen, denen sie gegenüberstehen. Die Schranken von Institutionen und Behörden, aber auch denen, der „Einheimischen“. Diese unsichtbaren Barrieren beschrieb auch Franz Kafka in seinem Roman „Der Prozeß“, auf den sich Mautner bezieht. Die Agenda Menschenrechte inspiriert, aufmerksam zu sein, wahrzunehmen, was ist und die abstrakt wirkenden Menschenrechte lebendig werden zu lassen. Bei zwei Erzählmomenten konnte ich meine Tränen nicht verbergen. Der Autor macht einer breiteren Öffentlichkeit die berührenden Geschichten zugänglich, die sonst in der Anonymität verloren wären. Der wesentliche inhaltliche Unterschied zum „Prozeß“ von Kafka besteht darin, dass in der Agenda Menschenrechte begründete Hoffnung durchscheint. Menschenrechtsverletzungen sind kein Schicksal, sondern wir haben die Möglichkeit, im Sinne der Einhaltung der Menschenrechte zu handeln. Das wird erst geschehen, wenn wir uns von diesen Geschichten der anderen berühren lassen, und sie in ihrem anders Sein anerkennen.

Mehr dazu am 5. November, um 19 Uhr im Literaturhaus

 

„Notreisende und BettelmigrantInnen benötigen eine wohlwollende Aufnahme und tatkräftige Unterstützung durch die Salzburger Politik und Zivilgesellschaft!“ sagt Heinz Schoibl, von Helix – Forschung und Beratung. Aus erster Hand beschreibt er die Ergebnisse der hoch aktuellen und in der Ergebnissen sehr aufschlussreichen im Jahr 2013 durchgeführten Studie über BettelmigrantInnen in Salzburg:

Autor der Studie Heinz Schoibl

Autor der Studie Heinz Schoibl

„Also? Das war’s dann. Ich bin alt, ich bin nicht gesund. Alles fällt mir schon schwer, aber ich sehe nicht, wie sich das ändern könnte. Nein, das wird wohl so bleiben bis zum Schluss.“ (Roma, männlich, 66 Jahre alt, Slowakei)

So beschreibt Peter E. seine aktuellen Perspektiven: Zuhause gibt es für ihn nichts zu tun, von Erwerbsbeteiligung ist er bereits seit vielen Jahren exkludiert. Ohne regelmäßiges Einkommen kann er kaum dafür sorgen, ordentlich zu essen. Er sieht keine Chance, dass sich in den nächsten Jahren daran was ändert. Deshalb kommt er jetzt schon zum wiederholten Mal nach Salzburg, um hier zu betteln und anschließend mit den lukrierten Notgroschen heimzufahren, bis das Geld wieder ausgegangen ist und er wieder kommen muss – solange ihm das eben möglich ist.

Aber Peter E. ist nicht der Einzige. Jahr für Jahr kommen ca. 1.350 Menschen aus Südosteuropa nach Salzburg, halten sich hier durchschnittlich drei bis vier Wochen auf, betteln oder arbeiten (unangemeldet und für einen Hungerlohn) oder betätigen sich als StraßenmusikantInnen.

Ihr prekäres (Über-)Leben findet auf der Straße, im öffentlichen Raum oder in überfüllten Personenkraftwagen statt. Sie verbringen ihre Tage und Nächte in Salzburg unter höchst unwürdigen und letztlich gesundheitsschädlichen Rahmenbedingungen. Sie sind Regen, Wind und Kälte schutzlos ausgesetzt und müssen gleichermaßen auf Privatsphäre als auch darauf, sich was Warmes zum Essen zu machen, sich oder die Bekleidung zu reinigen, verzichten. Diese Entbehrungen nehmen sie auf sich, um mithilfe des Notgroschens, den sie durch prekäre Erwerbsarbeit (ohne Sozialversicherung versteht sich), durch den Verkauf von Straßenzeitungen oder durch Betteln erwerben und mit äußerster Sparsamkeit zusammenkratzen, zu ihrem eigenen sowie dem Überleben ihrer Familien in der Herkunftsregion beizutragen – bis das Geld dann eben wieder ausgegangen ist und sie sich erneut auf die Notreise machen müssen – solange es in gesundheitlicher Hinsicht noch geht.

Über die Lebens- und Bedarfslagen von Notreisenden, BettelmigrantInnen und Wanderarmen liegt nun eine neue Studie vor, für die im Zeitraum Februar bis Mai 2013 mehr als 170 Interviews, jeweils in der Muttersprache der Notreisenden, durchgeführt wurden.

Die Kernergebnisse dieser Erhebung widersprechen den medial verbreiteten Befürchtungen und Unterstellungen und belegen stattdessen:

• Für eine mafiaähnliche Organisation von Bettelmigration gibt es keinen einzigen Hinweis – im Gegenteil: das zentrale beobachtbare Organisationsmuster verweist auf familiären Zusammenhalt, nachbarschaftliche Unterstützungsformen und informelle Vereinbarungen zur Verringerung von Reisekosten, zur Erleichterung des Aufenthalts und zum gegenseitigen Schutz.

• Hintermänner, die in regelmäßigen Abständen die Schalen der Bettelnden ausleeren, wären wohl angesichts des äußerst bescheidenen Einkommens der BettlerInnen selbst von Marginalisierung betroffen oder selbst zum Betteln gezwungen. Von einem Erwerb von durchschnittlich 10 Euro pro ganztägigem Bettel bleibt in jedem Fall kaum etwas übrig, das ein Abkassieren lukrativ machen würde.

• Anstelle des unterstellten Sozialtourismus und der Befürchtung, die Notreisenden würden die Sozialkassen der Kommunen belasten, kann festgestellt werden, dass in Inanspruchnahme öffentlich finanzierte Sozialeinrichtungen durch Notreisende bestenfalls die Ausnahme und keinesfalls die Regel darstellt. Die meisten Sozialeinrichtungen müssen Notreisende aus den südöstlichen EU-Ländern, sofern diese überhaupt den Weg in diese Einrichtungen finden, abweisen, weil sie entsprechende Dienstleistungen gar nicht verrechnen könnten. Notreisende ohne regulären Aufenthaltstitel sind dezidiert von einem Recht auf Hilfe und Unterstützung ausgeschlossen.

• Die Notreisenden oder BettelmigrantInnen kommen nicht nach Salzburg, weil sie über die großzügigen Sozialleistungen, Chancen und Perspektiven, die sie hier vorfinden, so gut Bescheid wissen. Der zentrale Pullfaktor für Salzburg als Wunschdestination ihrer Notreise ist stattdessen das mit Hochglanzbroschüren von der Salzburger Tourismusbranche kräftigst ausgemalte Image als Weltkulturstadt und einmalige Wohlstandsregion.

• Notreisende bilden keine kriminellen Banden, die durch Österreich ziehen, um sich mittels kleinerer oder größerer Delikte zu bereichern. Es handelt sich bei den Notreisenden in der Regel um kleinere Gruppen, die entweder im familiären oder im nachbarschaftlichen Kontext zusammenhalten. Ihre Lebensverhältnisse sind durch äußerste Armut und Marginalisierung bis Verwahrlosung gekennzeichnet. Auf kriminelle Handlungen im engeren Kontext der Notreisen und oder der Bettelmigration findet sich in der umfassenden und differenzierten Erhebung kein einziger Hinweis. Das Gegenteil dürfte der Fall sein: Vorrangiges Migrationsziel dieser Personengruppe stellt die Suche nach Erwerbsarbeit dar. Für den Fall, dass keine reguläre Arbeitsstelle gefunden werden kann (und das ist eher durchgängig die Regel), nehmen die Notreisenden auch mit prekären Erwerbsmöglichkeiten oder dem Verkauf von Straßenzeitungen vorlieb oder – vor allem wenn die individuellen Voraussetzungen für Erwerbsarbeit aus gesundheitlichen oder Altersgründen nicht gegeben sind – begnügen sich diese mit der Option zu betteln. Damit können zwar kleinkriminelle Handlungen (wie z.B. Ladendiebstahl) nicht ausgeschlossen werden, fest steht jedoch: Kriminelle Karrieren sowie Banden sehen ganz anders aus.

Auf der Grundlage der empirisch gewonnenen Erkenntnisse wurde eine Reihe von Maßnahmenvorschlägen erarbeitet, die am 4.10.2013 formell der Presse und im Anschluss daran den VertreterInnen der politischen Gemeinderatsklubs präsentiert und zur Diskussion gestellt wurden. Dabei konnte als Kernaussage vieler Beteiligter festgestellt werden, dass der politische Wille vorhanden ist, jetzt konkrete Umsetzungsschritte anzugehen und Schritt für Schritt zu realisieren.

Zuallererst gilt es ganz grundsätzlich, eine positive Haltung zur Tatsache der Notreisen und eines regelmäßigen Aufenthalts von Notreisenden oder BettelmigrantInnen einzunehmen und jetzt (noch vor dem Winter!) Strukturen und Ressourcen für eine in quantitativer wie qualitativer Hinsicht adäquate und ausreichende Basisversorgung bereitzustellen. Es gilt, durchschnittlich 150 Personen, mehrheitlich Männer (etwa 50%), Frauen (30%) und mitziehende minderjährige Kinder (etwa 20%), vor den ärgsten Unbilden zu beschützen.

Download der Studie unter: http://www.helixaustria.com/uploads/media/Not-Reisen_und_Bettel-Migration_Bericht_131001.pdf

 

Ein Gastbeitrag von Martin Borger

Nach all den Diskussionen zu In- u AusländerInnen u Asyl u Bleiberecht bin ich doch etwas “nervös” geworden und hätte da eine Frage, die mich sehr beschäftigt seit heute Morgen:

Vor einigen Wochen habe ich in Österreich in einer Filiale einer österreichischen Supermarktkette ein tschechisches Bier – das wohl auch legal nach Österreich eingereist ist – völlig legal gegen Bezahlung erworben und in der Folge ihm in meinem kühlen Keller Bleiberecht gewährt, oder nennen wir es Asyl. Nun habe ich gestern dieses Bier mit Genuss getrunken, als Teil einer multikulturellen Beschäftigung mit den verschiedenen Biersorten der Welt und aller Herren Länder. Da ich aber wohl meine “Trinkfestigkeit” unterschätzt habe, bin ich heute Morgen mit heftigem Kopfweh und einem ausgewachsenen Kater im Kopf aufgewacht, scheint 0,3 L gutes Bier reichten dafür schon aus.Leo

Nun meine Fragen:

1.       Wie soll ich nun mit dem Kater umgehen, den ich nun als “neues Haustier” in meinem Kopf habe und der eindeutig in Österreich geboren wurde?!

2.       Welchen rechtlichen Status hat dieses Tier? Hat es ein “Humanitäres Bleiberecht” in meinem humanoiden Kopf, eine Aufenthaltsgenehmigung, oder gar Asyl?

3.       Wann könnte es in meinem Kopf eine Staatsbürgerschaft bekommen? Hat es als Haustier aus einem EU-Land den Status eines EU-Katers oder ist es doch ein Drittland-Kater?

4.       Welcher Nation, Ethnie gehört dieser Kater an, welche Staatsangehörigkeit hat er? In welches Drittland würde der Kater abgeschoben wenn es ganz schlimm kommt?

5.       Welche Voraussetzungen für eine Staatsbürgerschaft des Katers wären fair. Wie lange hätte das Bier vorher lagern müssen, welche Sprachen muß der Kater beherrschen und welches Soziale ehrenamtliche Engagement kommt für ihn in Frage?

6.       Wie ist sein Auftauchen in meinem Kopf rechtlich zu bewerten? Handelt es sich um “Besetzung”, um “Quartiernahme” oder gar um “Spirituelles Asyl” in meinem Geist?

Bitte um schnelle, detaillierte Antwort weil ich alle Vorschriften und Gesetze einhalten will und mich schon geistig darauf vorbereite, den Kater den ich fast schon liebgewonnen habe, in Quarantäne geben oder gar abschieben zu müssen?

Wer sich mit der Einstufung dieser Fabel und Parabel noch schwer tut ersetze einfach das Wort “Kater” durch “Mensch”, “Flüchtling” und “Asylant” …

Erschienen original unter: http://mabogsi.wordpress.com/2012/12/23/fragen-zur-abschiebung-meines-katers/

Ich habe im September für die Salzburger Kirchenzeitung „Rupertusblatt“ die Evangelienkommentare zum Sonntagsevangelium geschrieben. Aufgrund des hohen Interesses, möchte ich es den ZartbitterleserInnen nicht vorenthalten. Der kommentierte Text vom kommenden Sonntag ist die „Beispielerzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus“ (Lukas Kapitel 16, Verse 19 bis 31)

Lukas ist der sozialkritischste unter den Evangelisten. Das wird schon im vierten Kapitel beim ersten Auftreten Jesu in Galiläa ganz deutlich: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe.“ Lukas legt den Fokus auf die sozial Benachteiligten. Es wundert mich deshalb nicht, wenn nur er die Beispielerzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus in sein Evangelium aufgenommen hat.

In drastischen Bildern wird die Kluft zwischen arm und reich geschildert. Der in Purpur gekleidete Reiche gegen den mit Geschwüren geplagten armen Lazarus. Nach dem Tod der beiden wird die Situation praktisch umgekehrt. Die Kluft bleibt jedoch bestehen. Hinter diesen Bildern wird offenkundig, dass die Grenze zwischen arm und reich nur schwer zu überwinden ist.  Aber weder Angst noch Hoffnung vor einem Leben nach dem Tod helfen uns hier weiter. Will man die Armutsfrage ernsthaft angehen, braucht es neben der Einzelhilfe auch strukturelle Veränderungen. Arm reich in Sao Paulo

An diesem Sonntag schreiten wir zur Wahl. Österreich hat viele Baustellen, an denen gearbeitet werden muss. Die Armutsfrage ist sowohl eine nationale, aber auch eine globale. Hier gibt Österreich ein beschämendes Bild ab. „Unser Land hat sich als eines der reichsten Länder der Erde dazu verpflichtet, 0,7 % des BNE (Bruttonationaleinkommens) für die weltweite Armutsbekämpfung zu verwenden – ignoriert diese Verpflichtung aber konsequent.“ Vergangenes Jahr betrug der Anteil nur 0,28 % – und ist damit meilenweit vom Ziel entfernt. Die Kampagne „mir wurscht…“ (www.mirwurscht.org) vom Dachverband für GLOBALE VERANTWORTUNG mit 42 Mitgliedsorganisationen, darunter auch viele kirchliche NGO’s machen starken Druck auf die Regierung. Wir können durch unsere Stimme am Sonntag auch dieses Thema mitentscheiden. 

Erfreuliches gibt es diesbezüglich aus dem Vatikan zu berichten: Papst Franziskus hat Mitte September in einer Privataudienz Gustavo Gutierrez getroffen. Gutierrez gilt als einer der Väter der „Theologie der Befreiung“, die die vorrangige Option Gottes für die Armen in den Mittelpunkt stellt. Das hat insofern große Bedeutung, da ich glaube, mit diesem neuen Papst besinnt sich die Kirche wieder ihrer großen sozialen Verantwortung. Vermutlich ist das Lieblingsevangelium des Papstes ebenfalls das lukanische.   

 

 

Rechtzeitig zum Finale der Salzburger Festspiele ein Kommentar von Gerhard Scheidlermehr Subventionen:

Neulich wieder mal geärgert! Da verlangt doch eine schreibende Kollegin in einer großformatigen Salzburger Tageszeitung doch glatt, die Subventionen für die Salzburger Festspiele zu erhöhen. Geht’s noch?! Klar, wir verjuxen ja für alles Mögliche unser Geld, zum Beispiel für die Verdoppelung der ohnehin schon weltweit spitzenmäßig hohen Parteienförderung, für doppelte und dreifache Verwaltung, für großflächige Inserate im journalistischen Abschaum des heimischen Blätterwaldes etc. Da kommt’s auf ein paar Milliönchen mehr oder weniger auch nicht mehr an. Jetzt aber mal im Ernst. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen von ihrem (sogar Full-Time-)Job nicht leben können und der Staat an allen Ecken und Enden (und hier sind ja bekanntlich immer die Schwächsten daheim) sparen muss, höhere Subventionen für einen Millionenbetrieb zu fordern, ist erstens dreist und zweitens aber eben auch ein immer wiederkehrender, scheinbar automatischer Reflex der Kulturszene. Stopp! Ohne jetzt für eine Kritik an diesen Zeilen zu dünnhäutig zu sein, aber um gleich den wichtigsten Gegenargumenten entgegenzutreten – erstens: Dies ist kein Plädoyer für mehr Unterstützung für den Sport zu Lasten der Kunst. Im Gegenteil: Auch – und besonders – im Sport liegt Vieles im Argen, angefangen von der Seuche Doping über Kriminalität bis in höchste Etagen wie FIFA und IOC. Und auch regional kann beim Sport an Förderungen genügend eingespart werden oder zumindest besser verteilt werden. Oder warum soll man einen Amateur-Fußballverein auch nur mit 500 Euro – angeblich für den Nachwuchs – unterstützen, wenn der dann unter der Hand teure Spieler kauft, nur um dem Nachbarklub eins auszuwischen? Wenn ein Verein einen finanziell potenten Sponsor an der Hand hat, kann von den Euros ruhig auch was für den Nachwuchs übrig bleiben, ohne dass man damit die Allgemeinheit belasten muss – und von Stadion-Zufahrtsstraßen für Profi-Neureichen-Klubs ganz zu schweigen. Zweitens zurück zur Hochkultur: Kulturförderung – ein klares Ja! Aber da, wo’s nötig ist. Denn, kann mir das einer erklären, wie es bei den Festspielen trotz längerer Laufzeit, trotz Rekord-Einnahmen bei den Ticket-Verkäufen und beim Sponsoring zu einem (möglichen) Verlust und daraus resultierenden Rufen nach mehr Subventionen kommen kann? Schlüssig wohl niemand. Und das, obwohl eh gespart wird, wo’s nur geht – also bei den weniger bekannten Künstlerinnen und Künstlern, beim Personal, bei den Unterkünften. Nicht umsonst ernten die Facebook-Gruppe „Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen und Auditionerlebnisse“ und die Interessenvertretung „art but fair“ derzeit so viel Zuspruch. Anstatt ideenlos und automatisch mehr Geld zu fordern, wie wär’s mal, die Gagen der hochbezahlten Superstars (das gilt für Sport, Kultur und Wirtschaft gleichermaßen) in Frage zu stellen und die gar zu unterschiedliche Bezahlung von Künstlerinnen und Künstlern zu thematisieren? Es ist halt so, wie es immer ist – in Wirtschaft, Sport und Kultur: Die oben kassieren ab, die unten werden ausgebeutet. Nach mehr Subventionen zu schreien, ist der falsche Ansatz.

 

Der Autor ist Journalist, Kabaretttexter und Gründer von „Comedy im Pub“