Brüderle Stern

Ein paar Tage schon bestimmt die „Herrenwitz“-Debatte die Medien, die Sozialen Medien und auch viele private Diskussionen. Die junge Journalistin Himmelreich hat den älteren deutschen Liberalen Brüderle portraitiert und ein persönliches Erlebnis an der Hotelbar gibt den Rahmen für den Artikel. Der #Aufschrei, der durch die Öffentlichkeit geht, ist besonders laut. Das Thema Sexismus bestimmt nun die Tagesordnung der Kommentare, Feuilletons, Glossen und Karikaturen. Jakob Augstein läutet im Spiegel-Online das Ende des weißen Mannes ein. Günther Jauch hat sich am Sonntag Abend mit Alice Schwarzer darüber gematcht. Bild hat eine Online-Umfrage gestartet, in der sich zwei Drittel der LeserInnen gegen eine Entschuldigung von Brüderle aussprechen.

Brüderle SternIch forsche in meinem Leben und frage mich, wann mir das Thema Sexismus erstmals bewusst wurde. Als 19jährige Studentin begann ich in einem Restaurant zu arbeiten. Es gab viele Stammgäste, vom einfachen Arbeiter bis zu Festspielgästen, ganz bunt gemischt. Ich werde nie vergessen, dass mein Chef, der Wirt, damals zu mir sagte:“Anja, wenn ein Gast übergriffig wird, ob mit Händen oder Worten, wehr dich, sag es mir, dann werde ich klar stellen, dass das in unserem Gasthaus nicht angebracht ist.“ Das war vor fast 25 Jahren. Das hat mir das Selbstbewusstsein gegeben klare Grenzen zu ziehen. Danke Peter! Aber ich weiß, dass das damalige Verhalten meines Chefs, auch heute nicht überall und immer selbstverständlich ist.

Darum ist die jetzt durch den Stern-Artikel los getretene Debatte wichtig!

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/jakob-augstein-ueber-die-sexismus-debatte-a-879988.html

http://www.bild.de/politik/inland/sexismus/sexismus-diskussion-um-fdp-bruederle-busen-handicap-28299674.bild.html

Dienstagabend. Ein Saal im Musikum. Voll mit Kindern, Eltern, Großeltern und Patentanten. Magdalena wird aufgerufen und vorgestellt. Das Notenbuch fest an die Brust gedrückt, geht sie ganz konzentriert auf die Bühne. Sie setzt sich ans Klavier, schlägt das Notenbuch auf. Dann rückt sie den Klavierhocker zurecht. Sie nickt ins Publikum. Dann beginnt sie zu spielen. Die Finger klopfen in die Tasten, ein- zweimal trifft sie den Ton nicht. Das Stück ist zu Ende. Sie steht auf, verbeugt sich, ganz tief. Das Publikum applaudiert. Stolze Eltern, stolze Geschwister und eine stolze Patentante.

FotoMit sieben Jahren beim Klavierabend kann man sich Fehler leisten, trotzdem sind alle begeistert. Aber ist diese Fehlertoleranz eigentlich normal. Noch immer regiert der Rotstift in vielen Schulheften. Kinder lernen ganz schnell, was sie nicht können. „Du musst das noch mehr üben!“ „Da musst du dich ein bisserl mehr anstrengen!“ „Das geht noch besser!“ Ich tappe in die gleiche Falle. Viel öfter hören meine Schülerinnen von mir, wo sie einen Fehler gemacht haben. Viel seltener sage ich, wie gut sie es eigentlich gemacht haben.

Das Lob soll den Tadel überwiegen.

Das ist mir heute beim Klavierabend meines Patenkindes wieder richtig bewusst geworden.

 

„Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän“ ist ein sehr langes deutsches Wort. Der Schwierigkeitsgrad in der Aussprache wird an Deutschlernenden oft mit unserem berühmten „Oachkatzlschwoaf“ geprüft. Aber wie steht es eigentlich mit den Lieblingswörtern von Menschen, die Deutsch lernen?

Ich habe meine Schülerinnen gebeten mir ihre Lieblingswörter im Deutschen zu verraten.

Gleich zweimal hat es das Wort „schön“ zum Lieblingswort gebracht. Eine Schülerin meint: „Ich mag das Wort schön, weil alles, was Gott erschaffen hat schön ist. Die ganze Welt ist schön, die Blumen, die Menschen, die Tiere…“. Die andere Schülerin sagt, dass sie Schimpfwörter gar nicht mag und darum lieber das Wort „schön“ verwendet. Sie gibt ein Beispiel: „Wenn ich zuhause sauber mache und mein Mann kommt mit schmutzigen Schuhen nach Hause, schimpfe ich nicht. Ich sage sehr laut „sehr schön!“, dann weiß mein Mann, dass ich böse bin.“

Praktisch geht es eine Schülerin aus Asien an. Sie liebt das Wort „Küche“. Ihre Begründung: „Der Begriff „Küche“ gefällt mir am besten, wie man ohne Essen nicht überleben kann. Damit man das zubereiten kann, braucht man die Küche!“

Auch das Wort „Danke“ hat eine Liebhaberin gefunden: „Danke, dass ich Deutsch lernen, in Salzburg leben, Freunde kennenlernen und mit den Leuten eine schöne Zeit verbringen kann. Ich bin nicht reich, aber trotzdem bin ich glücklich. Danke.“ Ein ganz besonderes Wort hat sich eine Schülerin aus Thailand zu ihrem Lieblingswort erkoren: „Gigara! Eigentlich kommt dieses Wort aus Wien und Niederösterreich. Es ist mundartlich für ein Pferd. Und wenn ich irgendwo ein Pferd sehe, dann sage ich das Wort Gigara, weil es mir so gut gefällt und es gut klingt. Wahrscheinlich kennen nur wenige Leute in Salzburg dieses Wort!“ Ich gestehe, dass ich dieses Wort auch nicht gekannt habe.

Pragmatisch geht es eine Schülerin aus Bosnien an: „Im Leben gibt es viele Ereignisse, die man nicht voraussehen kann. Man muss versuchen mit diesen unerwarteten Ereignissen fertig zu werden. Daher sage ich: So ist das Leben!“ Das deutsche Lieblingswort einer Schülerin aus dem Norden Europas ist „weiß nicht“. Das hilft ihr oft weiter: „Das ist eine leichte Antwort für viele Fragen. Wenn ich eine Frage nicht verstehe, dann kann ich mit „weiß nicht“ antworten. Oder wenn ich eine Frage nicht beantworten will, so sage ich ihnen „weiß nicht“ und die Leute fragen nicht weiter.“

Gerade anders herum löst es eine Schülerin mit ihrem Lieblingsausdruck „Alles ist klar“, denn das ist eine ausgezeichnete Antwort in jeder Situation!

 

 

Es bestätigt sich von Jahr zu Jahr eindeutiger. Je mehr an Lebensjahren man ansammelt umso schneller vergeht ein Jahr. Was 2012 so alles global, national und lokal passiert ist, kann man in allen Medien seit Tagen verfolgen. Ich möchte mich an besondere Momente 2012 erinnern, beginnend am 1.1. 2012 um 0.00 Uhr in Paris.

Da sind wir beim Eiffelturm gestanden, brav den Sekt in der Plastikflasche abgefüllt. Glas ist in Paris zu Silvester verboten. Wir schenken den Sekt in die mitgebrachten Plastikbecher, prosten uns zu und wünschen uns ein glückliches 2012. Dann richten sich unsere Augen mit etwa einer Million anderer Menschen auf den Eiffelturm, in Erwartung eines gigantischen Feuerwerks. Und der Eiffelturm beginnt zu blinken, etwa eine Minute und dann kommt nichts. Nicht ein Raketchen, nichts. Das war Silvester in Paris, wirklich unvergesslich!

2012 war ein Jahr, in dem Solidarität wieder eine große Rolle spielte. Das österreichische Asylgesetz führt immer wieder dazu, dass gut integrierte Menschen vor der Abschiebung stehen. In Salzburg gibt es einige Fälle, die menschlich völlig unverständlich sind. Jahrelang waren AsylwerberInnen nur negativ in den Schlagzeilen, jetzt hat sich die Situation geändert. Viele Salzburgerinnen und Salzburger wollen es nicht mehr hinnehmen, dass ihre Nachbarn, Schulkolleginnen und Freunde ihre neue Heimat verlieren sollen. Sie solidarisieren sich und engagieren sich öffentlich für das Bleiberecht. Am klarsten wurde mir das beim Flashmob für einen jungen Afghanen, als wir uns am Alten Markt auf die Straße legten. Die Kraft, die dabei zu spüren war, gibt Hoffnung. Das ist einfach schön und zeigt, dass wahre Menschlichkeit sich beim Nächsten zeigt und nicht auf dem Papier!

Jedes Jahr reise ich mit einer Gruppe nach Istanbul und jedes Jahr aufs Neue liebe ich es, wenn die „Istanbulfrischlinge“ das erste Mal den Bosporus überqueren. Auch heuer waren wieder alle überwältigt von der Schönheit, Kraft und dem Charisma der Metropole. Einen ganz besonderen Augenblick erlebten wir im Yerebatan Seray, der größten unterirdischen Zisterne mit ihren unzähligen Säulen, immerhin schon 1500 Jahre alt. Wir spazierten durch den Säulenwald, als plötzlich das Licht ausging. Völlige Dunkelheit, das leichte Wasserplätschern, zig Menschen, die den Atem anhielten und dann der Hauch der Geschichte, der einen ganz leicht streifte. Unheimlich-schön!

Ich bin Patentante von zwei wunderbaren Mädchen, Katharina und Magdalena, 3 und 7 Jahre alt. Die beiden kennen sich nicht. Als brave Patentante gibt es natürlich zu Weihnachten Geschenke. Dieses Jahr auch ein Kuscheltier. Die kleine Katharina packte das Tierchen aus, streichelte es und verkündete dann, dass es von nun an Magdalena heißen möge. Das hat mich natürlich überrascht und gefreut. Stunden später war ich bei Magdalena. Auch sie befreite das Tierchen aus der Verpackung, drückte es fest an sich. Neugierig fragte ich sie, wie es wohl heißen sollte. Magdalena sagte wie aus der Pistole geschossen: “Katharina!“ Das hat mich zu Tränen gerührt und ich bin fest davon überzeugt, dass das ein ganz positives Zeichen für beider Zukunft ist!

Ich wünsche allen ein zufriedenes 2013 und glückliche Momente im kommenden Jahr!

 

Diese Tulpenknolle pflanzte ich am 25. November in die Erde unseres Gartens. Im Grunde zu spät, da dies bis zum Oktober geschehen sollte, damit im Frühjahr eine prächtige Blume erblühen kann. Aber mal sehen, was geschieht. Die Kraft der Natur hat mich schon öfters überrascht.
Diese Tulpenknolle bekam ich geschenkt von Sr. Ishpriya, einer englischen Ordensschwester, die lange Zeit in Indien lebte und jetzt in Österreich wohnt. Wir sprachen damals über die Schlagzeile des Tages: Dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Was hat das alles zu bedeuten? Warum nimmt das kein Ende? Warum können anscheinend nur Mauern und Bomben schützen? Was geschieht, wenn es einen Dominoeffekt der Gewalt gibt? Das ist doch völlig absurd. Faktum ist, dass hier politische Versuche der Einigung immer wieder scheitern und Religionen nicht zur Lösung beitragen, sondern durch die Besitzansprüche auf das „heilige Land“ die Konflikte verfestigen und somit verschärfen.

Der Konflikt steht für mich stellvertretend für die unzähligen Kriege, die weltweit geführt werden. Anja hat am 26. Februar darauf hingewiesen, dass es 2011 insgesamt 20 kriegerische Konflikte gegeben hat. Machen wir uns nichts vor. Wir sind Teil dieser Konflikte, sie beginnen in uns. Das heißt in mir selbst. Im Missverstehen, in der täglichen Gewalt und in der Gier des mehr haben Wollens. Das möchte ich KRIEGen. Aber worin gründet das Ganze? Ich vermute in der Angst. Der Mensch ist geplagt von zahllosen Ängsten. Diese verwurzeln im Abgrund der Nichtexistenz.
Ich werde sterben. Ich weiß zwar nicht wann, aber irgendwann sicher. Dieses Bewusstsein schafft mir unglaublichen Freiraum und nimmt mir meine Lebensängste. In der Erkenntnis, dass ich sterben werde, liegt meine – so paradox das klingen mag – Lebensfreude. Jede gelungene Grenzüberschreitung hin zum Anderen, zum Unbekannten und zum Fremden bereitet mir Freude. Aber auch im Aufweichen ideologischen Lagerdenkens, im Aufbrechen verkrusteter Traditionen und natürlich im Eingeständnis, dass ich auch falsch liegen kann, fühle ich mich heimisch.
Ich sehne mich danach, dass sie wächst. Diese einzigartige Blume möge sich im Jahr 2013 den Weg durch die Schichten von Hass, Gewalt und der Angst bahnen. Ich bin voller Hoffnung, da das Potential des Lebens in ihr und in uns Menschen angelegt ist.

Weihnachten naht und der Stress nimmt zu. Noch schnell ein Geschenk kaufen, das Weihnachtsmenü zum zehnten Mal überdenken und außerdem hat man vergessen der lieben Tante in Frankreich einen Weihnachtsgruß zu schreiben. Und dieser ganze Stress, um rund um Weihnachten die heile Welt zu erleben.

Manchmal kommt es dann ganz anders. Die Statistik sagt, dass zu dieser Zeit die Streitereien und die Gewalt in der Familie zunnehmen. Unterm Christbaum erklingen keine schönen Lieder, sondern Tränen kullern. Was das ganze Jahr tief im Inneren schlummert bricht sich den Weg in Richtung Festtafel. Das darf aber nicht sein sagt man sich, bestärkt durch die „HeileWelt-Werbespots“.

Ich bin so naiv zu glauben, dass Weihnachten trotzdem eine Zeit der Besinnung sein kann. Vielleicht sollten wir im Vorfeld schon versuchen die Erwartungen nicht so hoch zu stecken, den Vorbereitungsstress zurückzuschrauben. Nicht die perfekten Tage sollen das Ziel sein, sondern die schönen und beschaulichen. Wenn etwas schief geht, was soll’s? Wenn das Geschenk nicht passt, es war trotzdem gut gemeint, oder? Wenn das Gesprächsthema zu kontrovers wird, einfach übers Wetter reden, da sind sich immer alle einig!

In diesem Sinne wünsche ich allen schöne Tage und ein bisschen heile Welt, denn die haben wir uns auch verdient!