Recht auf Information – für selbstbestimmtes Lieben

von Gabriele Rothuber

„Eigentlich sind wir nicht besonders innovativ …“ – so steht es in der Presseaussendung der HOSI Salzburg: es geht um die Vorstellung der Broschüre „Frau. Mann. Und noch viel mehr“. Es ist die erste deutschsprachige Broschüre in Leichter Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten, die sich mit den Themen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt befasst. Und die wunderschön illustriert ist. Und die weibliche Körperteile als Scheidenlippen und Venushügel mit positiven Worten beschreibt – fernab jeder Scham.

„Wir haben zwar die erste Broschüre im deutschsprachigen Raum, aber eigentlich sind wir nicht besonders innovativ“ sagt Anton Wittmann, Transgender Referent der HOSI Salzburg und – gemeinsam mit Paul Haller, Geschäftsführung HOSI und mir – verantwortlich für den Inhalt in Standardsprache. „Seit 2008 ist in Österreich die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft. Darin ist auch das Recht auf Information festgelegt. Das bedeutet notwendigerweise auch Informationen in Leichter Sprache zur Verfügung zu stellen, damit alle Menschen an der Gesellschaft teilnehmen können. Gerade für lesbisch, schwule, bisexuelle, asexuelle, transidente oder intergeschlechtliche Menschen mit Lernschwierigkeiten ist es wichtig adäquate Informationen zu erhalten. Aus diesem Grund bieten wir seit letztem Jahr in der HOSI Salzburg ein Austausch-Treffen für selbstbestimmtes Lieben an.“ Hier kommt auch Eva Moser, Behindertenpädagogin und Sexualpädagogin bei Selbstbewusst, ins (ehrenamtliche) Spiel: einmal im Monat einen Raum für Menschen mit Lernschwierigkeiten schaffen – um „über Liebe, Sex und Vielfalt zu reden“.

Sexualität ist ein Menschen-Recht.
Ich kann meine Rechte nur leben, 
wenn ich sie verstehe.

Menschen mit Beeinträchtigung(en) haben ein Recht auf Sexualität, auf Selbstbestimmung und auf Information. Die Broschüre ist in ihrer ersten Auflage leider schon vergriffen, eine zweite Auflage wird in den kommenden Monaten erwartet.

Leicht Lesen – das ist große Schrift, übersichtliche Gestaltung, dickes Papier und Spiralbindung. Und natürlich die Leichte Sprache – etwa viele Zeilenumbrüche, maximal 2 Infos pro Satz, englische Ausdrücke in Lautsprache und erklärt.

Wir haben die Texte zuerst in Standardsprache verfasst – und es war auch für uns mal ganz gut, sich damit auseinander zu setzen, was beim Zielpublikum eigentlich so ankommt, von dem, was wir sagen. Der Verein Leicht Lesen hat das dann in Leichte Sprache übersetzt. Eine „Kontrollgruppe“ – das waren Menschen mit Lernschwierigkeiten wie Iris Grasel – hat diesen Text dann auf Verständlichkeit gelesen – und wir haben dann nochmals drüber geschaut, ob das, was wir ausdrücken wollten, auch in Leicht Lesen so rüberkommt, wie wir uns das vorgestellt hatten. Eine „Fokusgruppe“, die „Erfahrungen“ mit geschlechtlicher und sexueller Vielfalt hat, hat dann den Text nochmals auf inhaltliche Richtigkeit geprüft.

Wunderschön abgerundet wird die Broschüre durch Texte von Menschen mit Lernschwierigkeiten zum Thema Bi- und Homosexualität.

Und dann geht es auch noch ums Coming Out (vom inneren Bewusstwerden bis zum äußeren Coming Out, dem Erzählen), es geht um Regenbogenfamilien (in denen Kinder mit 2 Mamas, 2 Papas oder mit Trans* oder Inter*Personen leben), es geht um Asexualität, um Cis*, um pan, demi, um Trans* und Inter* und noch viel mehr. Es geht um Selbstbestimmung und Grenzen beim Sex. Um vielfältige Begrifflichkeiten rund um ein immens vielfältiges Thema: ums Menschsein in all seinen bunten Facetten. Und es geht darum, wie man eine Person unterstützen kann oder wo man sich selbst Unterstützung holen kann (auf der homepage findet man Institutionen für alle Bundesländer).

Bei der Vorstellung der Broschüre im Pegasus-Zimmer kam die Frage eines Teilnehmers auf, ob die Broschüre in andere Sprachen übersetzt werde. Was für eine gute Idee! Sie ist sicherlich nicht nur im deutschsprachigen Raum ein Novum!

Der Verein Leicht Lesen, das sind Elisabeth Laister und Maria Seisenbacher: www.leichtlesen.at
Die schönen Illustrationen kommen von Barbara Hoffmann.

Viel mehr Infos zu dieser Broschüre gibt es auf www.undnochvielmehr.at

Die nächsten Termine für das Austausch-Treffen für selbstbestimmtes Lieben:
HOSI Salzburg
Gabelsbergerstraße 26

Immer Donnerstag ab 19 Uhr:
15.3., 19.4., 17.5., 21.6.
office@hosi.or.at
www.hosi.or.at